TE AsylGH Erkenntnis 2008/11/13 E10 401835-1/2008

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Veröffentlicht am 13.11.2008
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Spruch

E10 401.835-1/2008-7E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Vorsitzenden und den Richter Mag. R. ENGEL als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. DUTZLER über die Beschwerde des M.E., geb. am 00.00.1989, StA. Armenien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.09.2008, FZ. 08 06.156-BAL, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs 1 Z 1, 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2008/4 als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Republik Armenien, brachte am 15.07.2008 beim Bundesasylamt (BAA) einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Dazu wurde er erstbefragt und zu den im Akt ersichtlichen Daten von einem Organwalter des BAA niederschriftlich einvernommen. Der Verlauf dieser Einvernahmen ist im angefochtenen Bescheid vollständig wieder gegeben, weshalb an dieser Stelle hierauf verwiesen wird.

 

Als Begründung für das Verlassen des Herkunftsstaates brachte er im Wesentlichen vor, er wäre aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Yeziden Diskriminierungen ausgesetzt gewesen. So wäre beispielsweise die armenische Polizei nicht bereit gewesen, nach der Begehung von näher beschriebenen Straftaten einzuschreiten.

 

Der eigentliche ausreisekausale Sachverhalt hätte sich während der Ableistung des Präsenzdienstes ereignet. Hierbei wäre der BF dermaßen massiven Übergriffen durch andere Soldaten ausgesetzt gewesen, dass er sich veranlasst sah zu desertieren und das Land zu verlassen. Konkret hätte man versucht, ihm und einen weiteren Kameraden, ebenfalls yezidischer Herkunft, Geld abzupressen. Hierbei hätte man dem Kameraden des BF ein Messer in den Bauch gerammt. Der BF hätte flüchten können. Zwischenzeitig wären die Eltern des BF ebenfalls geflüchtet.

 

Das Bundesasylamt richtete eine Anfrage an den Ländersachverständigen Dr. V.A., bei der sich ua. ergab, dass der BF nie zum Militärdienst eingerückt war. Er wäre mehrmals aufgefordert worden, seinen Militärdienst anzutreten. Diesen Einberufungen kam er jedoch nicht nach. Die Eltern des BF sind noch im Dorf Z. gemeldet. Im Jahre 2007 hätte der BF einen Reisepass erhalten.

 

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich mit Bescheid des BAA vom 23.09.2008, Zahl: 08 06.156-BAL, gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet Armenien verfügt (Spruchpunkt III.).

 

Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen des BF als unglaubwürdig. Hierzu wird auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid verwiesen.

 

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 03.10.2008 innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Im Wesentlichen wurde nach Darlegung allgemeiner rechtlicher und sonstiger Ausführungen bzw. Wiederholungen des erstinstanzlichen Vorbringens vorgebracht, dass das Vorbringen des BF keinesfalls als unglaubwürdig zu qualifizieren sei.

 

Weiters wurde der Antrag auf die Einholung eines medizinischen Gutachtens hinsichtlich des vom BF behauptetermaßen stattgefundenen Übergriffes, in dessen Zusammenhang er einen Schlag auf ein Ohr erhalten hätte zum Beweis der Glaubwürdigkeit seines Vorbringens.

 

Ebenso führte der BF aus, dass aus dem Umstand, dass die Eltern des BF noch an der angegebenen Adresse gemeldet sind, nicht per se geschlossen werden kann, dass sie noch dort aufhältig sind.

 

Darüber hinaus zitierte der BF weiteres Quellenmaterial zur Lage der Yeziden in der Republik Armenien, insbesondere eine Anfragebeantwortung von ACCORD vom 14.2.2008, wobei hierzu anzuführen ist, dass sich ACCORD hierbei überwiegend auf Quellen aus den Jahren 2002, 2003 und 2004. Vereinzelt wird auf Quellen aus dem Jahre 2006 und 2007 Bezug genommen wird. Auch wird ein Gutachten des TKI vom 25.10.2007 beigeschlossen, welches sich auf die Wehrpflicht in Armenien generell bezieht.

 

Im Falle einer Rückkehr nach Armenien wäre dem BF laut Ausführungen in der Berufungsschrift seine Existenzgrundlage entzogen.

 

In weiterer Folge wird davon ausgegangen, dass auch die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten sowie die Ausweisung des BF nicht rechtmäßig erfolgt wäre.

 

Hinsichtlich des Inhaltes der Beschwerde im Detail wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

 

Hinsichtlich des weiteren Verfahrensherganges bzw. des Vorbringens im Detail wird ebenfalls auf den Akteninhalt verwiesen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Der AsylGH hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) fest.

 

Die vom BAA vorgenommene Beweiswürdigung ist im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze im Rahmen der freien Beweiswürdigung in sich schlüssig und stimmig

 

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

 

Aus Sicht des Asylgerichtshofes ist unter Heranziehung dieser, von der höchstgerichtlichen Judikatur festgelegten, Prämissen für den Vorgang der freien Beweiswürdigung dem Bundesasylamt nicht entgegenzutreten, wenn es das ausreisekausale Vorbringen im dargestellten Ausmaß als nicht glaubhaft qualifiziert. Der Asylgerichtshof schließt sich daher diesen beweiswürdigenden Argumenten an.

 

Für den AsylGH besteht kein Anlass, das Ermittlungsergebnis von Dr. A. anzuzweifeln. Es wird angeführt, dass dieser aufgrund seiner bisherigen beruflichen Laufbahn die erforderliche fachliche Qualifikation zur Abgabe der hier genannten gutachtlichen Äußerungen aufweist.

 

Der im gegenständlichen Verfahren konnte sich der den Vorsitz führende Richter im Rahmen eines eingehenden Gesprächs im Jahre 2007 von dessen fachlichen Qualifikation zur Heranziehung von Erhebungen in Armenien, sowie zur Erstellung von Lagebildern überzeugen.

 

Dem erkennenden Gericht ist trotz der Vermehrten Heranziehung von Dr. A. zur Durchführung von Recherchen und Auskunftserteilung kein Fall bekannt, in dem sich dessen Angaben im Nachhinein als unwahr herausgestellt hätten.

 

Dr. A. hat am Ausgang eines entsprechenden Asylverfahrens -in welche Richtung auch immer- kein rechtliches Interesse. Falsche Angaben seinerseits hätten für ihn straf- und zivilrechtliche Folgen.

 

Im Gegensatz hierzu hat gerade der Beschwerdeführer ein besonderes Interesse an einem Ausgang des Asylverfahrens in seinem Sinne. Ebenso haben falsche Angaben zu seinen Ausreisegründen in der Regel nicht die oa. Konsequenzen, sodass aus Opportunitäts-erwägungen allenfalls unwahre Angaben zu seinem Ausreisgrund in der Regel für den BF weder straf- noch zivilrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, weshalb dem Ausführungen von Dr. A. im gegenständlichen Fall erhöhte Glaubwürdigkeit zukommt.

 

Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass der BF nie seinen Wehrdienst antrat, weshalb sein gesamten Vorbringen, soweit es sich auf den von ihm behaupteten teilweise abgeleisteten Wehrdienst, insbesondere die vorgebrachten erlittenen Übergriffe in der Kaserne in Karabach, bzw. sich auf den vorgebrachten Umstand, der BF könnte allenfalls der Judikative der international nicht anerkannten Behörden von Berg Karabach unterliegen, beziehen, ins Leer gehen.

 

Der Gerichtshof weist darauf hin, dass in dieser Hinsicht der vom BF geschilderte Handlungsablauf auch aufgrund der nachfolgenden Erwägungen gänzlich unplausibel und daher nicht glaubwürdig (VwGH v. 29.6.2000, 2000/01/0093) erscheint:

 

Zum einen ist es nicht nachvollziehbar, warum man dem BF die regelmäßig im Verlauf des Militärdienstes unangenehmere Zeit der Grundausbildung hätte ersparen sollen und ihn gleich zu den von ihm geschilderten Tätigkeiten hätte einsetzen sollen, noch dazu zumal es sich hierbei um Tätigkeiten handelt, welche von jenem Personenkreis zu entrichten wären, welche sich für den Dienst ohne Waffe entschließen, wobei der BF nicht einmal ansatzweise vorbrachte, sich für diesen Dienst entschieden zu haben bzw. zur Absolvierung der Grundausbildung untauglich zu sein. Zum anderen ist es auch völlig unplausibel, dass ein Rekrut nicht einmal die Kaserne benennen kann, in der er seinen Wehrdienst antritt. Auch ist es nicht nachvollziehbar, dass der BF in Bezug auf seinen yezidischen Freund nur dessen Vornamen nennen kann. Es kann nämlich als notorisch bekannt angesehen werden, dass die Anrede im militärischen Dienstbetrieb mit dem Dienstgrad und dem Familiennamen erfolgt, weshalb davon auszugehen ist, dass auch der BF und sein yezidischer Freund auf diese Weise von ihren Vorgesetzten angesprochen wurden und daher dem BF sehr wohl auch der Nachname seines Freundes bekannt sein müsste, wenn er tatsächlich mit diesem Dienst versehen hätte.

 

Auch das vom BF geschilderte Fluchtverhalten erscheint äußerst unwahrscheinlich und somit unglaubwürdig (Erk. d. VwGH 11.11.1987, 87/01/0191): Einerseits erscheint es nicht nachvollziehbar, dass der BF -dem ein Messer angesetzt wurde- bei einer derartigen Überzahl von Gegnern flüchten konnte und noch dazu in weiterer Folge das Kasernengelände -von dem auch in Karabach davon auszugehen ist, dass es bewacht ist und welches der BF laut seinen eigenen Angaben nicht verlassen durfte- einfach so verlassen konnte. Auch ist es absolut nicht nachvollziehbar, dass sich dann der BF vom ihm nicht bekannten Garnisonsort zu einem ihm nicht bekannten Dorf begibt und von dort aus seinen Vater ersucht ihn abzuholen und der Vater dieses unbekannte Dorf in der Nähe des unbekannten Garnisonsortes anscheinend ohne Schwierigkeiten findet.

 

Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die behauptete Flucht der Eltern schon alleine deswegen nicht nachvollziehbar ist, weil sich jener Sachverhalt, welcher als fluchtauslösendes Ereignis dienen soll, als unglaubwürdig erwies. Wenn die Eltern noch an der besagten Adresse gemeldet sind, ist das zwar kein Beweis, dass dort noch tatsächlich aufhältig sind, indiziert diesen Umstand jedoch. Auch ist in Erwägung zu ziehen, dass der nunmehrige Eigentümer dort gemeldet sein müsste, war jedoch offensichtlich nicht der Fall ist und ein zusätzliches Indiz darstellt, dass die Eltern ihr Hab und Gut nicht verkauften.

 

Wenn sich der BF auf Vorfälle in der Vergangenheit bezieht, etwa indem Übergriffe aus das Eigentum der Familie stattgefunden hätten ist einerseits anzuführen, dass diese offensichtlich nicht ausreisekausal waren und keine Ausmaße erreichten dass dem BF ein weiterer Verbleib in Armenien etwa wegen der Vernichtung der Existenzgrundlage unerträglich gewesen wäre. Der BF führte selbst an, dass die Familie von der Viehzucht gut leben konnte. Auch führt der BF nicht näher aus, warum er davon ausgeht, dass die Behörden aufgrund der Volksgruppen-zugehörigkeit seiner Familie nach seinem Dafürhalten nicht ausreichend energisch einschritten. Aus den erstinstanzlichen Feststellungen, welchen nicht ausreichend konkret und substantiiert entgegengetreten wurde, ist derartiges jedenfalls nicht ableitbar.

 

Soweit der BF in seiner Beschwerde nun erstmalig und neu das bereits beschriebene Quellenmaterial vorlegt, wird festgestellt, dass - ungeachtet der Prüfung der Glaubwürdigkeit - diese neue Tatsache dem Neuerungsverbot gemäß (§ 40 AsylG in der hier anzuwendenden Fassung) unterliegt. Aus dieser Behauptung und dem sonstigen Akteninhalt ist nicht zu entnehmen, dass sich der Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, "nach" der Entscheidung erster Instanz entscheidungsrelevant geändert hat (Z 1); das Verfahren erster Instanz wurde ordnungsgemäß durchgeführt und ist nicht zu beanstanden (Z 2); ungeachtet der Glaubwürdigkeit dieses nunmehrigen Vorbringens wäre diese Tatsache bis zum Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz dem BF zugänglich gewesen (Z 3); es ergaben sich auch keine Hinweise das der BF nicht in der Lage war diese Tatsache schon im erstinstanzlichen Verfahren vorzubringen, zumal er in wiederholt stattgefundenen Einvernahmen dazu Gelegenheit hatte (Z 4).

 

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist dem Anliegen des Gesetzgebers, Missbräuchen vorzubeugen, auch dadurch Rechnung getragen, dass die Ausnahmen vom Neuerungsverbot "auf jene Fälle beschränkt" werden, in denen der Asylwerber "aus Gründen, die nicht als mangelnde Mitwirkung" am Verfahren zu werten sind, "nicht in der Lage war", Tatsachen und Beweismittel bereits in erster Instanz vorzubringen. Somit bleibt vom Neuerungsverbot ein Vorbringen erfasst, mit dem ein Asylwerber das Verfahren missbräuchlich zu verlängern versucht (VfGH 15. 10. 2004, G 237/03 ua) Im gegenständlichen Fall fand die letzte Einvernahme vor dem BAA am 23.9.2008 statt. Im Rahmen dieser Einvernahme, welche ordnungsgemäß Protokolliert wurde und dessen Protokoll ebenso wie den weiteren im Akt ersichtlichen Einvernahmeprotokollen die Beweiskraft des § 15 AVG zukommt, geht zweifelsfrei hervor, dass der BF alles Vorbringen konnte, was ihm wichtig erschien und er nicht gezwungen war, hiermit bis nach den Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides zuzuwarten. Es wäre ihm möglich und zumutbar gewesen, alles, was er in der Beschwerde vorbrachte, bereits im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens -etwa durch Beiziehung einer in Asylfragen besonders qualifizierten Person oder Organisation, wie er es offensichtlich auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens machtevorzubringen.

 

Da das im vorgenannten Absatz geschilderte, dem BF mögliche und zumutbare Verhalten unterblieb, geht der AsylGH davon aus, dass der BF durch diese Beschwerdeangaben lediglich seinen -durch das nicht rechtskräftig abgeschlossene Asylverfahren legalisierten- Aufenthalt missbräuchlich zu verlängern versucht (VwGH 27.9.2005, 2005/01/0313).

 

Auch die in der Berufung zitierten Berichte aus den Jahren 2002 - 2006 sind -ungeachtet der Ausführungen zum Neuerungsverbot- von vornherein nicht geeignet die wesentlich aktuelleren Feststellungen des BAA zur Lage in Armenien bzw. der Lage der Yeziden in Zweifel zu ziehen (zur den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle vgl. etwa Erk. d. VwGH v. 4.4.2001, Gz. 2000/01/0348). Insbesondere wird durch diese Berichte bzw. in der Berufung in keiner Weise substantiiert dargetan, inwieweit sich daraus eine asylrelevante Verfolgung oder die Gewährung von subsidiärem Schutz konkret für den BF ergeben soll. Der AsylGH ist vielmehr der Ansicht, dass der BF durch diese Beschwerdeangaben ebenfalls lediglich seinen Aufenthalt missbräuchlich zu verlängern versucht (Erk, d, VwGH v. 30.8.2007, 2006/19/0554-7).

 

Zu den Quellen jüngeren Datums ist -ebenfalls ungeachtet des bereits erwähnten Neuerungsverbotes- anzuführen, dass diese mit den Feststellungen des Bundesasylamtes im zwar in der Wortwahl, aber nicht wesentlichen Aussagekern im Widerspruch sehen. Auch das Bundesasylamt geht davon aus, dass Diskriminierungen im Einzelfall möglich, aber nicht maßgeblich wahrscheinlich sind. Genau dieser Umstand ist auch aus dem noch aktuellen Quellenmaterial ableitbar. Dort werden einzelne Vorfälle geschildert, aus denen sich jedoch kein abgerundetes Lagebild ableiten lässt. Viel mehr lässt sich daraus ableiten, dass es sich lediglich um Einzelfälle handelt.

 

Wenn derBF nunmehr moniert, das BAA hätte die von ihm genannten Quellen nicht zur Entscheidungsfindung herangezogen ist auszuführen, dass das Bundesasylamt als Spezialbehörde (Erk. d. VwGHs vom 11.11.1998, GZ. 98/01/0283, 12.5.1999, GZ. 98/01/0365, 6.7.1999, GZ. 98/01/0602) verpflichtet ist, sich aufgrund aktuellen Berichtsmaterials ein Bild über die Lage in den Herkunftsstaaten der Asylwerber zu verschaffen. In Ländern mit besonders hoher Berichtsdichte, wozu die Republik Armenien zweifelsfrei zu zählen ist, liegt es in der Natur der Sache, dass selbst eine Spezialbehörde nicht sämtliches existierendes Quellenmaterial verwenden kann, da dies ins Uferlose ausarten würde und den Fortgang der Verfahren zum Erliegen bringen würde. Viel mehr entspricht das Bundesasylamt den oa. Anorderungen schon dann, wenn es einen repräsentativen Querschnitt des vorhandenen Quellenmaterials zur Entscheidungsfindung heranzieht, was im gegenständlichen Fall geschah und daher die vom BAA getroffene Auswahl des Quellenmaterials nicht zu beanstanden ist.

 

Letztlich ist anzuführen, dass sich die vom BF genannten Quellen über erhebliche Strecken Sachverhalte erörtern, welche mit der individuellen Situation des Beschwerdeführers nicht im Zusammenhang stehen und daher für die Entscheidung des Asylgerichtshofes nicht maßgeblich sind. Über deren Zulässigkeit muss daher in diesem Umfang nicht entscheiden werden (§ 40 Abs. 2 AsylG).

 

In Bezug auf den in der Berufungsschrift gestellten Beweisantrag wird festgehalten, dass hier über dessen Zulässigkeit nicht entschieden werden muss, weil dieser für die Entscheidung des Asylgerichshofes nicht maßgeblich ist (§ 40 Abs. 2 AsylG). Dies ist deshalb der Fall weil aus der Beeinträchtigung des Ohres nicht auf deren tatsächliche Ursache geschlossen werden kann. Selbst wenn sich herausstellen sollte, dass diese von mechanischer Einwirkung herrührt, wären die Ursachen hierzu dermaßen vielfältig (denkbar wäre etwa ein Unfall), dass dies keinesfalls eine stattgefundene Misshandlung bescheinigen und die Überzeugung des erkennenden Gerichts in Bezug auf die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens erschüttern könnte.

 

Sofern in der Beschwerde seitens des Beschwerdeführers moniert wird, dass die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes mangelhaft sei, ist daher aufgrund der getroffenen Ausführungen festzustellen, dass sich der AsylGH dieser Ansicht nicht anschließen kann und davon ausgeht, das Bundesasylamt ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst hat. Dem BF ist es nicht gelungen, der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes dermaßen konkret und substantiiert entgegen zu treten, dass Zweifel an der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes aufgekommen wären. Vom BF wurde es unterlassen, durch klare, konkrete und substantiierte Ausführungen darzulegen, warum er vom Vorliegen einer mangelhaften Ermittlungstätigkeit durch das Bundesasylamt ausgeht, was jedoch unterblieb. Da somit weder aus dem amtswegigen Ermittlungsergebnis im Beschwerdeverfahren noch aus den Ausführungen des BF ein substantiierter Hinweis auf einen derartigen Mangel vorliegt, kann ein solcher nicht festgestellt werden. Lediglich dem Vorhalt, der BF könne sich durch einen Wohnsitzwechsel seinen Problemen entziehen ist nicht beizupflichten, wobei dieser Vorhalt, soweit es sich auf den unglaubwürdigen Teil des Vorbringens entzieht obsolet ist.

 

Im gegenständlichen Fall ist auch darauf hinzuweisen dass die Behörde nicht verpflichtet ist, dem Antragsteller Gelegenheit zur Stellungnahme hinsichtlich einer vorgenommenen Beweiswürdigung zu geben [Hinweis E 23. April 1982, 398/80] (VwGH25.11.2004, 2004/03/0139; Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, Rz 25 zu § 45 mwN). Wenn die Behörde bzw. das Gericht aufgrund der vorliegenden Widersprüche zur Auffassung gelangte, dass dem Asylwerber die Glaubhaftmachung (seiner Fluchtgründe) nicht gelungen ist, so handelt es sich um einen Akt der freien Beweiswürdigung (VwGH 4.11.1992, 92/01/0560). Kommt die Behörde nun aufgrund der vorgenommenen Beweiswürdigung zum Schluss den Antrag abzuweisen, handelt es sich um eine Rechtsfrage, welche nicht dem Parteiengehör unterliegt (VwSgl 16.423 A/1930; VwSlg 6580 A/1961; VwSlg 7509 A/1969; VwGH 16.11.1993, 90/07/0036; 9.11.1994, 92/13/0068). Die Einträumung des Parteiengehörs im Sinne des § 45 Abs. 3 AVG bezieht sich nämlich ausschließlich auf die materielle Stoffsammlung, d. h. auf die Beweisergebnisse, welche die Sachverhaltsgrundalge für die von der Behörde anzuwendenden Rechtslange bilden sollen. Eine Verletzung des Parteiengehörs durch Unterlassung der Anhörung der Partei zu der von der Behörde vertretenen Rechtsansicht kann daher begrifflich nicht vorliegen (VwGH 28.3.1996, 96/20/0129; auch VwGH 13.5.1986, 83/05/0204/0209). Die Behörde ist nicht verhalten, der Partei mitzuteilen, welche vorgangsweise sie in rechtlicher Hinsicht sie ins Auge fasst (VwGH 9.3.1992, 91/19/0391; 5.7.2000, 2000/03/0019) oder in welcher Richtung sie einen Bescheid zu erlassen gedenkt (VwGH 20.5.1992, 92/01/0306) bzw. wie sie den maßgeblichen Sachverhalt rechtlich zu beurteilen und ihren Bescheid zu begründen beabsichtigt, einschließlich der Frage, auf welche Bestimmungen sie ihren Bescheid stützen wird (vgl. auch Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar Rz 26 zu § 45 mwN). Im gegenständlichen Fall ist daher davon auszugehen, dass dem BF ausreichendes Parteiengehör gewährt wurde.

 

Letztlich ist im gegenständlichen Verfahren im Rahmen einer Gesamtschau festzustellen, dass die Beweiswürdigung des BAA in der Beschwerde sich als plausibel darstellt und nicht substantiiert bekämpft wurde, weshalb der Asylgerichtshof nicht veranlasst war das Ermittlungsverfahren zu wiederholen bzw. zu ergänzen (vgl. zB. VwGH 20.1.1993, 92/01/0950; 14.12.1995, 95/19/1046; 30.1.2000, 2000/20/0356; 23.11.2006, 2005/20/0551 ua.).

 

III. Rechtliche Beurteilung

 

Artikel 151 Abs. 39 Z. 1 und 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) lauten:

 

(39) Art. 10 Abs. 1 Z 1, 3, 6 und 14, Art. 78d Abs. 2, Art. 102 Abs. 2, Art. 129, Abschnitt B des (neuen) siebenten Hauptstückes, Art. 132a, Art. 135 Abs. 2 und 3, Art. 138 Abs. 1, Art. 140 Abs. 1erster Satz und Art. 144a in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. 2/2008 treten mit 1. Juli 2008 in Kraft. Für den Übergang zur neuen Rechtslage gilt:

 

Z 1: Mit 1. Juli 2008 wird der bisherige unabhängige Bundesasylsenat zum Asylgerichtshof.

 

Z 4: Am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof weiterzuführen.

 

Gemäß § 61 (1) AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. [.....]

 

(2) [.....]

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

[......]

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Aufgrund der ozit. Rechtslage ist davon auszugehen, dass der AsylGH im gegenständlichen Fall im Senat zu entscheiden hat.

 

Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG idgF hat der Asylgerichtshof [Berufungsbehörde], sofern die Beschwerde [Berufung] nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er [sie] ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) seine [ihre] Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gem. § 73 (1) Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) tritt dieses Gesetz mit der Maßgabe des § 75 (1) leg. cit in Kraft, wonach alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen sind.

 

Gegenständliches Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig, weshalb es nach den Bestimmungen des AsylG 2005 idgF zu führen war.

 

Das erkennende Gericht ist berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das Erk. d. VwGH vom 4. 10. 1995, 95/01/0045; VwGH 24. 11. 1999, 99/01/0280; auch VwGH 8. 3. 1999, 98/01/0278), weshalb im gegenständlichen Fall im bereits genannten Umfang auf den erstinstanzlichen Bescheid verwiesen wird.

 

Ebenso ist das erkennende Gericht berechtigt, auf die außer Zweifel stehende Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) zu verweisen, weshalb auch hierauf im gegenständlichen Umfang verwiesen wird.

 

Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Die Erstbehörde hat sich sowohl mit dem individuellen Vorbringen auseinander gesetzt, als auch ausführliche Sachverhaltsfeststellungen zur allgemeinen Situation im Herkunftsstaat auf Grundlage ausreichend aktuellen und unbedenklichen Berichtsmaterials getroffen und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation des BF gebracht. Aufgrund der Feststellungen des Bundesasylamtes ist von auf ausreichend aktuelle Quellen (vgl. Erk. d. VwGHs. vom 9. März 1999, Zl. 98/01/0287 und sinngemäß im Zusammenhang mit Entscheidungen nach § 4 AsylG 1997 das E. vom 11. November 1998, 98/01/0284, bzw. auch das E. vom 7. Juni 2000, Zl. 99/01/0210) basierenden Feststellungen auszugehen, welche den weiteren Ausführungen zu Grunde gelegt werden. Auch die rechtliche Beurteilung begegnet keinen Bedenken.

 

Der AsylGH schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenem Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses (vgl. für viele exemplarisch VwGH 25.3.1999, 98/20/0559; 8.6.2000, 99/20/0366; 30.11.2000, 2000/20/0356; 22.2.2001, 2000/20/0557; 21.6.2001, 99/20/046; 01.3.2007, 2006/20/0005; 21.3.2007, 2007/19/0085-3 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]; 31.5.2007 2007/20/0488-6 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]).

 

Dem Bundesasylamt ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau jedenfalls beizupflichten, dass kein Sachverhalt hervorkam, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Armenien dort einer Gefahr im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK bzw. § 8 AsylG ausgesetzt wäre.

 

Ein systematisches, flächendeckendes Vorgehen gehen Yeziden, welches dieser Personengruppe einen Verbleib in der Republik Armenien unerträglich machen würde, ist nicht feststellbar. Der Umstand, dass die Republik Armenien gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete welche Österreich bietet ist jedenfalls irrelevant (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964, oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99). Sonstige außerordentliche, ausnahmsweise vorliegende Umstände, welche im Rahmen einer Außerlandeschaffung zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (EGMR 02.05.1997 -146/1996/767/964) führen, kamen ebenfalls nicht hervor. Jedenfalls ist aus der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat (vgl. VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984; ebenso: kein Hinweis auf die Existenz einer allgemein existenzbedrohenden Notlage im Sinne einer allgemeinen Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige Elementarereignisse) in Verbindung mit den individuellen Situation des BFs (junger, gesunder, mobiler Mann, der bisher sein Leben im Herkunftsstaat meistern konnte [vgl. Erk. d. VwGHs vom 22.8.2007, Zahlen 2005/01/0015-6, 2005/01/0017-8]) kein Hinweis hierauf ableitbar, welche zur gegenteiligen Feststellung führen könnte. Ein Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen in Bezug auf das Territorium der Republik Armenien ist nicht feststellbar. Hinweise auf einen Sacherhalt Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe scheiden schon aufgrund der Ausgestaltung des armenischen Strafrechts aus.

 

Soweit der BF in der Vergangenheit Probleme mit Privatpersonen gehabt haben soll, etwa indem man Kühe stehlen wollte, wäre es dem BF möglich und zumutbar, sich im Falle der behaupteten Bedrohungen an die Polizei bzw. andere staatliche Stellen zu wenden, welche willens und fähig wären, ihm Schutz zu gewähren. Selbst wenn ein lokaler Polizist nicht willens gewesen sein sollte, entsprechend einzuschreiten ist hierzu anzuführen, dass es sich dabei nicht um ein systematisches, landesweites Vorgehen der armenischen Exekutive, sondern allenfalls um eine vom armenischen Staat unerwünschte und verpönte individuelle Fehlleistung eines einzelnen Organwalters handelt, gegen die man sich beispielsweise durch die Anrufung einer vorgesetzten Dienststelle oder des Ombudsmannes zur Wehr setzen kann.

 

Auch wenn ein solcher Schutz (so wie in keinem Staat auf der Erde) nicht lückenlos möglich ist, stellen die vom BF geschilderten Übergriffe in der Türkei offensichtlich amtswegig zu verfolgende strafbare Handlungen dar und andererseits existieren in der Türkei Behörden welche zur Strafrechtspflege bzw. zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit berufen und auch effektiv tätig sind. Die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit der Behörden ist somit gegeben (vgl. hierzu auch die Ausführungen des VwGH im Erk. vom 8.6.2000, Zahl 2000/20/0141 zu den Voraussetzungen der Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des türkischen Staates; Im soeben zitierten Erk. führte der weiter aus: "Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem die Gewährung von Asyl an einen algerischen Staatsangehörigen betreffenden Erkenntnis vom 22. März 2000, Zl. 99/01/0256, ausgesprochen, dass mangelnde Schutzfähigkeit des Staates nicht bedeute, dass der Staat nicht mehr in der Lage sei, seine Bürger gegen jedwede Art von Übergriffen durch Dritte präventiv zu schützen, sondern dass mangelnde Schutzfähigkeit erst dann vorliege, wenn eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung "infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt" nicht abgewendet werden könne (wobei auf die hg. Erkenntnisse vom 7. Juli 1999, Zl. 98/18/0037, und vom 6. Oktober 1999, Zl. 98/01/0311, Bezug genommen wird). Dies sei dann der Fall, wenn für einen von dritter Seite Verfolgten trotz des staatlichen Schutzes der Eintritt eines - entsprechende Intensität erreichenden - Nachteiles mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei.

 

Die belangte Behörde leitete aus dem Umstand, dass der türkische Staat bereits die Androhung einer schweren und rechtswidrigen Schadenszufügung strafgerichtlich verpöne, jedenfalls aber eine mit dem Motiv der Blutrache begangene Tötung mit der [Anm: nunmehr in der Türkei nicht mehr angewandten] Todesstrafe bedrohe, die nicht unschlüssige Folgerung ab, dass der türkische Staat gewillt sei, den erforderlichen Schutz zu gewähren. Nach den Feststellungen der belangten Behörde hat der türkische Staat sowohl den Willen als auch die Fähigkeit, den Beschwerdeführer vor den Gefahren einer befürchteten Blutrache ausreichend zu schützen. Die Beschwerde hält dem Argument, der Beschwerdeführer hätte bei staatlichen Stellen Schutz vor Verfolgung finden können, lediglich entgegen, dass ein einmal gegebenes Versprechen, für eine getötete, nahe stehende Person Blutrache zu verüben, nicht einfach wieder zurückgenommen werden könne. Das Versprechen, Blutrache zu üben, binde - nach islamischer Weltanschauung - jene Person, die das Versprechen abgegeben habe, und keine wie auch immer geartete Strafdrohung könne eine die Vollziehung der Blutrache versprechende Person von der Ausübung ihrer nunmehrigen "Pflicht" abschrecken. Der Vollzug der versprochenen Blutrache werde zur Lebensaufgabe des Versprechenden. Es erscheine nicht möglich, sich unter den Schutz des türkischen Staates zu stellen, weil der Beschwerdeführer rund um die Uhr bis zu seinem Lebensende vom türkischen Staat beschützt werden müsste. Der türkische Staat habe weder die finanziellen Mitteln noch ein Interesse an einem solchen Personenschutz.

 

... Die belangte Behörde hat ...klar zum Ausdruck gebracht, dass sie von einer ausreichenden Schutzgewährung durch den türkischen Staat ausgehe und sie hat den Beschwerdeführer erfolglos aufgefordert, Beweismittel vorzulegen, die diese Annahme erschüttern könnten .... Staatliche Schutzgewährung ist um so eher zu erwarten, als es sich bei den mutmaßlichen Verfolgern um verhältnismäßig leicht auszuforschende Verwandte des vom Beschwerdeführer widerrechtlich Getöteten handeln würde. Der Beschwerdeführer hat überdies nicht einmal den Versuch unternommen, etwa durch Anzeige im Sinne des Art. 191 des türkischen Strafgesetzbuches staatlichen Schutz vor möglicher Blutrache in Anspruch zu nehmen. Es ist auch nicht offenkundig, dass der Beschwerdeführer der von ihm behaupteten Gefahr in der gesamten Türkei ausgesetzt wäre und ihm daher keine Möglichkeit offen stünde, innerhalb seines Heimatstaates einen sicheren Aufenthaltsort zu finden.").

 

Die bloße Möglichkeit, dass staatlicher Schutz nicht rechtzeitig gewährt werden kann, vermag eine gegenteilige Feststellung nicht zu begründen, solange nicht von der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit der Nichtgewährung staatlichen Schutzes auszugehen ist (vgl. hierzu die im Erkenntnis noch zu treffenden Ausführungen zum Wahrscheinlichkeitskalkül.

 

Auf den hier vorliegenden Fall ist vor dem Hintergrund der Verhältnisse in Armenien Folgendes festzustellen: Grundsätzlich existiert in Armenien ein Rechtssystem, welche das vom BF geschilderte Verhalten unter Strafe stellt (zum armen. Strafgesetzbuch und der Strafprozessordnung siehe www.legislationline.org; dort sind englischsprachige Aus-führungen veröffentlicht) und auch Strafverfolgungsbehörden vorhanden sind. Darüber hinaus existieren andere Rechtsschutzorgane (etwa der Ombudsmann oder die in der vom BAA zitierten FFM beschriebenen Institutionen).

 

Im gegenständlichen Fall kam bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein qualifizierter Umstand hervor, welcher den Schluss zuließe, dass abweichend vom grundsätzlichen Willen und der Fähigkeit des armenischen Staates, seine Bürger zu schützen hier das Gegenteil gelten sollte.

 

Auch kann nicht festgestellt werden, dass die Angehörigen der Volksgruppe der Yeziden im Rahmen der Ableistung des Präsenzdienstes systematischen Übergriffen oder Benachteiligungen ausgesetzt sind. Ebenso kann von einer systematischen Benachteiligung im Rahmen der Strafzumessung oder des Strafvollzuges in Bezug auf diese Volksgruppe nicht ausgegangen werden.

 

Wenn in der Beschwerde angeführt wird, den BF würde eine unverhältnismäßig hohe Strafe erwarten, ist anzuführen, dass der BF aufgrund des Ergebnisses der Beweiswürdigung sich seinen Wehrdienst nicht antrat. Aufgrund der getroffenen Länderfeststellungen ist davon auszugehen, dass der BF bei entsprechender Bereitschaft seinen Militärdienst anzutreten mit keiner strafrechtlichen Verfolgung zu rechnen hat.

 

Grundsätzlich ist in Bezug auf die hier fehlenden Asylrelevanz der allgemeinen Wehrpflicht den Ausführungen des BAA zuzustimmen (vgl. hier VwGH, 30.04.1999, 95/21/0831; 11.10.2000, Zl. 2000/01/0326; 29.06.1994, Zl. 93/01/0377, VwSlg. 14089 A [verst. Sen.]). Der BF brachte nicht glaubwürdig vor, dass es ihm aufgrund eines in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grundes nicht zumutbar sei, den Wehrdienst abzuleisten bzw. ergab sich ein solcher Sachverhalt auch nicht aus dem sonstigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens. Der Vollständigkeit sei darauf hingewiesen, dass das hier als erwiesen angenommene Verhalten des BF auch in Österreich einen Straftatbestand darstellt und nicht mit bloß geringer Strafe bedroht ist (vgl. zum als erwiesen angenommen Sachverhalt § 7 MilStG, zum vom BF behaupteten Sachverhalt vgl. §§ 8, 9 leg. cit.). Auch wenn armenische Rechtsvorschriften höhere Strafdrohungen vorsehen mögen, liegt dies innerhalb des rechtspolitischen Gestaltungsfreiraumes des armenischen Staates und stellt keine unverhältnismäßig hohe Strafe dar.

 

Aus dem Vorbringen des BF kann letztlich bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatschen kein Hinweis abgeleitet werden, dass dieser vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) in dessen Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr im Sinne des Art. 1 Abshnitt A Ziffer 2 GFK bzw. § 8 AsylG ausgesetzt wäre.

 

Ebenfalls bestehen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise, dass durch eine Ausweisung in den Herkunftsstaat auf unzulässige Weise in das Privat- und Familienleben des BF gem. Art. 8 EMRK eingegriffen werden würde. Hier wird besonders auf die jüngste Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (Erk. d. VfGH vom 29.9.2007, Zahl B 1150/07-9 und Erk. d. VwGH vom 17.12.2007, Zahl 2006/01/0216 bis 219-6), sowie des EGMR (Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06) verwiesen, bei deren umfassender Beachtung kein Hinweis zu Tage kommt, dass eine Auseisung des BF in unzulässiger Weise in sein durch Art. 8 EMRK geschütztes Privatund/oder Familienleben eingreift.

 

Der Vollständigkeit wird darauf hingewiesen, dass der BF hier die Rechtslage verkennt, wenn er davon ausgeht, dass die Asylbehörde beim Vorliegen eines beliebigen Aufenthaltstitel nicht zur Verfügung der Ausweisung berechtigt ist. Aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut ergibt sich, dass dies dann nicht der Fall ist, wenn sich der Aufenthaltstitel nicht auf das AsylG begründet (§ 10 (2) 1 AsylG). E contrario ist die Ausweisung zu Verfügen, wenn sich das Aufenthaltsrecht lediglich auf das AsylG begründet.

 

Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde zum Beweis der darin vorgebrachten Umstände die (nochmalige) persönliche Einvernahme beantragt, wird festgestellt, dass in der Beschwerde nicht angeführt wird, was bei einer solchen - inzwischen schon wiederholt stattgefundenen persönlichen Einvernahmen (vgl. hierzu auch die hier getroffenen Ausführungen zum Beweiskraft deren Inhaltes und der Möglichkeit des BFs den Sachverhalt auf den er seinen Antrag stützt, vorzubringen) - konkret an entscheidungsrelevantem und zu berücksichtigendem Sachverhalt noch hervorkommen hätte können, insbesondere, womit er die aufgetretenen und für die Entscheidung maßgeblichen Widersprüche und Unplausibilitäten, die zur Nichtglaubhaftmachung seiner ausreisekausalen Gründe führten, aufzuklären beabsichtige. So argumentiert auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass schon in der Beschwerde darzulegen ist, was seine ergänzende Einvernahme an diesen Widersprüchen hätte ändern können bzw. welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hervorgekommen wären. (z. B. VwGH 4.7.1994, 94/19/0337). Wird dies unterlassen, so besteht keine Verpflichtung zur neuerlichen Einvernahme, da damit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung, der sich der Asylgerichtshof anschließt, nicht substantiiert entgegen getreten wird.

 

Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG hat der Asylgerichtshof § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden,

 

dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur außer Kraft getretenen Regelung des Art. II Abs. 2 lit. D Z 43a EGVG war der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung nicht als geklärt anzusehen, wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung substantiiert bekämpft wird oder der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will (VwGH 02.03.2006, 2003/20/0317 mit Hinweisen auf VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533; 12.06.2003, 2002/20/0336). Gemäß dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung

 

einer mündlichen Verhandlung beim Asylgerichtshof unterbleiben, da der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war und darüber hinaus sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Was das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen hinsichtlich allfälliger sonstiger Fluchtgründe des Beschwerdeführers. Auch tritt der Beschwerdeführer in der Beschwerde den seitens der Behörde erster Instanz getätigten Ausführungen nicht in ausreichend konkreter Weise entgegen.

Schlagworte
Ausweisung, Diskriminierung, Glaubhaftmachung, Glaubwürdigkeit, mangelnde Asylrelevanz, Neuerungsverbot, non refoulement, private Verfolgung, staatlicher Schutz, Volksgruppenzugehörigkeit
Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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