TE Vwgh Erkenntnis 1999/3/8 98/01/0283

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Veröffentlicht am 08.03.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1997 §27 Abs1;
AsylG 1997 §3 Abs1;
AsylG 1997 §44 Abs5;
AsylG 1997 §7;
AVG §37;
AVG §68 Abs1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde des S X in W, vertreten durch Mag. Elisabeth Brandstetter, Rechtsanwältin in 1130 Wien, Wattmanngasse 9A, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 23. Februar 1998, Zl. 200 176/4-IV/12/98, betreffend Zurückweisung eines Asylantrages (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid vom 23. Februar 1968 hat der unabhängige Bundesasylsenat den am 30. Oktober 1997 gestellten Asylantrag des Beschwerdeführers, eines jugoslawischen Staatsangehörigen albanischer Nationalität aus dem Kosovo, der am 13. Juli 1997 in das Bundesgebiet eingereist ist, gemäß § 44 Abs. 5 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer habe bereits am 23. Juli 1997 einen Asylantrag gestellt. Bei seiner Einvernahme am 22. August 1997 habe er dazu angeben, im Mai und Juni 1996 Flugblätter und anderes Propagandamaterial gegen die serbische Regierung verteilt zu haben. Er hätte auch auf Versammlungen gesprochen und dabei zum Ungehorsam gegenüber den Gesetzen aufgerufen. Am 20. August 1996 wäre er von der serbischen Polizei einvernommen worden. Dabei hätte er diese Vorfälle zugegeben, eine Mitgliedschaft zur UCK jedoch (wahrheitsgemäß) geleugnet. Wegen der angeführten Aktivitäten wäre er von einem Gemeindegericht zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Unmittelbar nach Zustellung dieses Urteiles hätte er das Land verlassen.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 29. August 1997 sei dieser Asylantrag gemäß § 3 des Asylgesetzes 1991 (mangels Flüchtlingseigenschaft) abgewiesen worden, wobei dieser Entscheidung das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend seine strafgerichtliche Verurteilung zugrundegelegt worden sei.

Die dagegen gerichtete Berufung sei mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 1. Oktober 1997 als verspätet zurückgewiesen worden.

Im hier gegenständlichen (zweiten) Asylantrag habe der Beschwerdeführer vorgebracht, in seiner Heimat aufgrund seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden. Es handle sich um einen Neuantrag, weil mittlerweile Beweismittel zur Verfügung stünden, welche im ersten Asylverfahren nicht zur Verfügung gestanden wären. Diesem Antrag habe der Beschwerdeführer eine Erklärung seines Vaters beigelegt, in welcher dieser die Tatsache der rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers bestätige.

Bei seiner Einvernahme am 1. Dezember 1997 habe der Beschwerdeführer über die Frage, ob sich seit dem Abschluß des ersten Asylverfahrens irgendwelche Änderungen ergeben hätten, ausgeführt, daß es keine Änderungen gegeben hätte. Von seiner Strafe hätte er bereits im ersten Verfahren gewußt. Zwischenzeitig hätte er das erwähnte Schreiben seines Vaters erhalten.

Da der Beschwerdeführer somit keine neuen Fluchtgründe vorgebracht habe, liege Identität der Sache vor, weshalb der neuerliche Antrag zurückzuweisen gewesen sei.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der am 23. Juli 1997 gestellte Asylantrag des Beschwerdeführers wurde unstrittig rechtskräftig abgewiesen. Die Rechtskraft dieser Entscheidung stünde dem gegenständlichen Asylantrag vom 30. Oktober 1997 dann entgegen, wenn es sich hiebei um dieselbe Sache handelte. Dies wäre nicht der Fall, wenn sich zwischenzeitig der für die Beurteilung des Asylantrages maßgebliche Sachverhalt oder die Rechtslage in einem wesentlichen Punkt geändert hätten (vgl. Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, RZ 485 ff; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, Anm. 6 zu § 68 AVG und die unter E 3 ff zu § 68 Abs. 1 leg. cit. angeführte hg. Judikatur; Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren2, Anm. 12 zu § 68 AVG und die unter E 159 ff zu § 68 leg. cit. wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist durch das Inkrafttreten des Asylgesetzes 1997 am 1. Jänner 1998 keine wesentliche Änderung der Rechtslage eingetreten, weil sich der Flüchtlingsbegriff in Art. I Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention, auf welchen § 1 Abs. 1 Asylgesetz 1997 verweist, mit jenem des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 deckt. Überdies hat der Gesetzgeber in § 44 Abs. 5 Asylgesetz 1997 ausdrücklich normiert, daß abweisliche Bescheide aufgrund (u.a.) des Asylgesetzes 1991 in derselben Sache im Verfahren nach diesem Bundesgesetz den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache begründen.

Die - nicht bekämpfte - Rechtsansicht der belangten Behörde, daß die vom Beschwerdeführer vorgelegte Erklärung seines Vaters betreffend die bereits im Verfahren über den ersten Asylantrag vorgebrachte Verurteilung keine wesentliche Sachverhaltsänderung darstellt, ist unbedenklich.

Das Vorbringen, der Beschwerdeführer sei nicht belehrt worden, daß die Erklärung seines Vaters einen Wiederaufnahmsgrund darstellen könnte, kann nicht zur Rechtswidrigkeit des vorliegend angefochtenen Bescheides führen. Gleiches gilt für die angeblich unterlassene Belehrung über die Möglichkeit der Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages gegen die Versäumung der Berufungsfrist im Verfahren über den ersten Asylantrag.

Der Beschwerdeführer erblickt eine wesentliche Sachverhaltsänderung darin, daß sich die politische Situation für die albanische Minorität im Kosovo Ende 1997/Anfang 1998 wesentlich verschlechtert habe. Es bestehe nunmehr unmittelbare Kriegsgefahr im Kosovo, was sogar der Generalsekretär der Vereinten Nationen am 29. Juni 1998 bestätigt habe.

Dem ist - abgesehen davon, daß die Erklärung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen vom 29. Juni 1998 in dem am 3. März 1998 erlassenen angefochtenen Bescheid naturgemäß nicht berücksichtigt werden konnte - zu entgegnen, daß sich der Beschwerdeführer, dessen Vorbringen die zentrale Entscheidungsgrundlage im Asylverfahren darstellt, im Verwaltungsverfahren zur Begründung des weiteren Asylantrages nur darauf berufen hat, daß er nunmehr im Besitz von Beweismitteln für sein bereits im ersten Asylverfahren erstattetes Vorbringen sei. Das Vorliegen einer Änderung der Sachlage hat er ausdrücklich verneint. Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, daß es sich bei der von der Erstbehörde an den Beschwerdeführer gerichteten Frage, ob es seit rechtskräftigem Abschluß des Verfahrens über den ersten Asylantrag irgendwelche Änderungen gegeben habe, um eine unfaire Frage mit suggestivem Charakter handle, deren Beantwortung die Kenntnis des § 68 AVG voraussetze. Im übrigen tut der Beschwerdeführer die Relevanz des in diesem Zusammenhang geltend gemachten Verfahrensmangels nicht dar, bringt er doch auch in der Beschwerde nicht vor, inwiefern aufgrund der beginnenden Kampfhandlungen eine ihn persönlich treffende Verfolgung zu befürchten sei.

Die Ansicht der belangten Behörde, daß sich seit der rechtskräftigen Abweisung des am 23. Juli 1997 gestellten Asylantrages weder die Sachlage noch die Rechtslage wesentlich geändert hätten, ist daher unbedenklich.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 8. März 1999

Schlagworte

Zurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998010283.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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