TE Vwgh Erkenntnis 2000/11/30 2000/20/0356

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Veröffentlicht am 30.11.2000
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über die Beschwerde des SS in Wien, geboren am 11. Mai 1963, vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 14, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 13. Juli 2000, Zl. 217.146/0- IV/10/00, betreffend Abweisung eines Asylantrages gemäß § 7 AsylG und Feststellung gemäß § 8 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundeskanzleramt) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Indiens, betrat am 3. Juni 1999 das Bundesgebiet und stellt am 14. Juni 1999 einen Asylantrag, den er bei seiner Vernehmung durch das Bundesasylamt am 5. April 2000 wie folgt begründete:

"Fluchtgrund

F.: Warum haben Sie Ihr Heimatland verlassen?

A.: Ich bin ein Homosexueller und hatte deswegen Probleme in Indien.

Auff.: Konkretisieren Sie dies.

A.: Wo ich gewohnt habe, haben die Leute erfahren, dass ich homosexuell bin und wurde ich von den Leuten gehasst. Dies wurde auch der Polizei berichtet. Es wurde für mich schwer in Jalandhar zu leben und bin ich deswegen ausgereist.

F.: Gab es sonstige Vorfälle außer den Bericht an die Polizei?

A.: Mir wurde durch die Priester nicht erlaubt, den Tempel zu

besuchen. Meine eigenen Verwandten haben mich verurteilt und war ich ein minderwertiger Mensch für sie.

F.: Hatten Sie je Probleme mit den ind. Behörden?

A.: Nein.

F.: Hatten Sie jemals Probleme mit der Polizei?

A.: Ja.

F.: Welche Probleme hatten Sie mit der Polizei?

A.: Ich wurde einige Mal von der Polizei verhaftet,

mitgenommen und geschlagen. Es gab keine Anzeige, es war so eine 'halboffizielle' Sache von der Polizei. Mir wurde öfters ein Papier gezeigt und sagten die Beamten, dass dies mein Haftbefehl sei. Ich habe das Papier nicht gelesen.

Auff.: Schildern Sie diese Vorfälle genau (Datum, Polizeistation, etc.)

A.: Die erste Verhaftung fand im März 1996 statt und wurde ich für vier Tage auf die Polizeistation im Nachbardorf gebracht. Den Namen der Polizeistation weiß ich nicht. Ich wurde befragt, geschlagen und wurde ich von Zivilpersonen auf der Polizeistation sexuell missbraucht. Ich trug zwei Platzwunden an den Augen davon, die Narben sind zu sehen. Ich wurde ohne Auflagen freigelassen und gleichzeitig verwarnt, wenn nochmals was in Erfahrung gebracht werde, würde es mir schlecht gehen.

Insgesamt wurde ich drei mal verhaftet.

Die zweite Verhaftung war im April 1998 für eine Woche. Mir wurde wieder ein Papier gezeigt, das ich nicht lesen konnte und wurde ich zur Polizeistation in einem Nachbardorf, deren Namen ich nicht weiß, gebracht. Ich wurde bei allen Verhaftungen in einem verdunkelten Auto zu dieser Polizeistation gebracht und wieder nach Jalandhar zurückgeführt und kann ich deshalb nicht genau sagen, wo die Polizeistation war.

Ich wurde wieder befragt, geschlagen. Mir wurde nichts zu essen gegeben und wurde ich immer wieder während des Schlafens gestört. Ich wurde wieder sexuell missbraucht. Ob es Polizisten waren kann ich nicht genau sagen, da die Männer keine Uniformen trugen und betrunken waren. Verletzt wurde ich nicht. Ich wurde ohne Auflagen freigelassen. Ich wurde jedesmal anal missbraucht. Ich bin nach der zweiten Verhaftung im Juni 1998 nach Neu-Delhi gegangen.

Im Dezember 1998 wurde ich in Neu-Delhi für drei Tage verhaftet. Ich wurde auf die Polizeistation Chanakpuri gebracht. Ich wurde wieder befragt, geschlagen und sexuell missbraucht. Es waren wieder Personen in Zivilkleidung, die mich missbrauchten. Verletzt wurde ich nicht. Ich wurde ohne Auflagen freigelassen. Es hätte eine Kontrolle eines Offiziers auf der Polizeistation stattfinden sollen und um meine Verhaftung zu vertuschen, wurde ich freigelassen.

F.: Haben Sie alle Gründe für Ihren Asylantrag angegeben?

A.: Als Homosexueller kann ich nicht so leben wie ich will.

Die Gesellschaft akzeptiert keine Homosexuellen.

     ...

     F.: Sie haben Frau und einen Sohn. Was sagen Sie dazu?

     A.: Die wollen mit mir auch nichts zu tun haben.

     V.: Sie gaben vorhin an, zuletzt nur in Jalandhar gelebt zu

haben. Was sagen Sie dazu?

     A.: Ich habe in Neu-Delhi nicht ständig gelebt. Ich war wegen

meines Geschäftes oft dort.

     F.: Was würde Ihnen bei einer Rückkehr in Ihr Heimatland

passieren?

     A.: Meine Verwandten und meine Familie wird mir daraufkommen,

dass ich zurück bin und kann ich als Homosexueller nicht 'normal' in Indien leben."

Mit Bescheid vom 5. Mai 2000 wies das Bundesasylamt diesen Asylantrag gemäß § 7 AsylG ab und sprach aus, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien gemäß § 8 AsylG zulässig sei.

Das Bundesasylamt begründetet die Abweisung des Asylantrages im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer nicht glaubwürdig sei. In Indien habe sich die Toleranz gegenüber der Homosexualität wesentlich verbessert. Eine größere Anzahl NGOs fördere das Wohlergehen von homosexuellen Männern und Frauen. Offene Homosexualität sei zwar in Indien ebenso wenig akzeptiert wie offene Heterosexualität, es existierten aber organisierte Schwulen- und Lesbengruppen sowie Homosexuellenmagazine. Dies festige die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers, der auch nicht in der Lage gewesen sei, nähere Angaben zum Dorf, der Polizeistation oder den Tätern zu machen. Er habe seine Behauptung nicht näher ausführen oder substantiieren können und habe bei seiner Einvernahme ständig zur Konkretheit angehalten werden müssen.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Bundesasylamt die Auffassung, dass das Asylbegehren des Beschwerdeführers - abgesehen von der Unglaubwürdigkeit seines Vorbringens - auch deshalb keinen Erfolg haben könne, weil dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zur Verfügung stehe, sich in einem anderen Bundesstaat Indiens, wie zB Cerala, niederzulassen.

Das Bundesasylamt führte ferner aus:

"Dass die staatlichen Behörden Ihres Heimatlandes nicht in der Lage oder nicht gewillt gewesen wären, Ihnen Schutz vor Verfolgung zu gewähren, ergibt sich aus Ihrem Vorbringen nicht. Sie haben nie je, auch nicht über eine NGO, eine Anzeige erstattet und geben sogar an, dass es sich um 'so eine halboffizielle Sache' gehandelt hätte. Zuletzt erklärten Sie sogar ohne Auflagen freigelassen worden zu sein, da es eine Kontrolle eines Offiziers geben hätte sollen und Sie freigelassen worden wären um Ihre 'Verhaftung' zu vertuschen. Dies indiziert, dass es sich bei den von Ihnen geschilderten Sachverhalten um illegale Aktionen von Beamten in niederer Position oder Zivilpersonen gehandelt haben müsste. Des weiteren ergibt sich daraus, dass gegen solche Übergriffe von Seiten des Staates sehr wohl eingegriffen wird und Maßnahmen der staatlichen Justiz zur Folge hätten."

Die Refoulemententscheidung begründete das Bundesasylamt unter anderem damit, dass die bloßen Befürchtung des Beschwerdeführers, in Indien nicht "normal" leben zu können und von der Familie und den Verwandten gemieden zu werden, kein Abschiebungshindernis im Sinne des Artikel 3 MRK darstelle.

In seiner Berufung gegen diesen Bescheid führte der Beschwerdeführer Folgendes aus:

"Der Asylwerber hat im Zuge seiner Einvernahme jedenfalls konkret dargestellt, dass er wegen seiner Homosexualität drei Mal verhaftet worden war und in ein Nachbardorf verbracht wurde. Weiters hat er detailliert die Misshandlungen geschildert, wobei aber zum einen zu berücksichtigen ist, dass der Einschreiter diese für ihn sehr belastenden Erlebnisse teilweise verdrängt hat, sodass eine Einvernahme Jahre nach den Ereignissen nicht zu konkreten Ergebnissen führen kann, zum anderen der Asylwerber aber über befragen, soweit es ihm möglich war, glaubwürdig bemüht war, die Situation ausführlich darzustellen.

Es liegen keinesfalls bloße Behauptungen des Asylwerbers, sondern konkrete Tatsachen, die der Asylwerber substantiiert, schlüssig und plausibel geschildert hat, vor. Die Erstbehörde meint nun aus den erwähnten Unterlagen Feststellungen über den Umgang mit Homosexuellen in Indien treffen zu können und leitet daraus - zu Unrecht - die Unglaubwürdigkeit des Asylwerbers ab.

...

Für die Glaubhaftmachung der Asylgründe genügen jedenfalls die vom Asylwerber dargelegten Schilderungen und liegt es an der Erstbehörde, sollte sie Zweifel haben, entsprechende Ermittlungen anzustellen."

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung gemäß § 7 AsylG abgewiesen. Zugleich wurde (neuerlich) gemäß § 8 AsylG in Verbindung mit § 57 FrG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien zulässig sei.

Nach Darstellung der Rechtslage verwies die belangte Behörde insbesondere auf die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage durch die Behörde erster Instanz und erhob diese zum Inhalt des angefochtenen Bescheides. Die Beweiswürdigung der Erstbehörde erscheine schlüssig und der Beschwerdeführer habe im Rahmen des Berufungsverfahrens keine neuen und konkreten Tatsachenbehauptungen aufgestellt, weshalb auch von einer mündlichen Verhandlung Abstand habe genommen werden können.

Die Behörde erster Instanz habe richtig festgestellt, dass gegen offenes Ausleben jeder Sexualität gewisse Vorbehalte in der Gesinnung der historischen gewachsenen Gesellschaft bestünden. Auch in demokratischen Gesellschaften Westeuropas könne in der offenen Demonstration sexueller Handlungen und Praktiken und der Zurschaustellung von Zuneigung und sexuellen Vorlieben ein öffentliches Ärgernis erblickt werden. Zusammenfassend sei dem Kern der Meinung der Behörde erster Instanz beizutreten, es sei maßgeblich, dass keine staatliche Verfolgung Platz greife und in einer gesellschaftlichen Ablehnung, insbesondere in der Ablehnung durch die eigene Familie und Freunde oder Verwandte kein asylrelevanter Verfolgungsgrund erblickt werden könne. Dies gelte auch für den Bereich der Refoulemententscheidung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

I. Nach § 7 AsylG ist Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (FlKonv) droht und keiner der im Art. 1 Abschnitt C oder F FlKonv genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorlegt. Gemäß Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv (in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974) ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Zwar ist die Behörde verpflichtet, in der Begründung ihres Bescheides in eindeutiger (einer nachprüfenden Kontrolle zugänglichen) Weise aufzuzeigen, von welcher konkreten Sachverhaltsannahme sie bei ihrem Bescheid ausgegangen ist und worauf sich die getroffenen Tatsachenfeststellungen im Einzelnen stützen. Dieser Rechtspflicht nicht entsprechend gestaltete Bescheide werden nicht nur dem Sinn und Zweck der §§ 58 Abs. 2 und 60 AVG nicht gerecht, sondern lassen im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes inhaltlich auch keine Überprüfung "auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalts" (§ 41 Abs. 1 VwGG) zu (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1997, Zl. 97/21/0576, mwN aus Rechtsprechung und Literatur).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 24. Oktober 1985, Zl. 83/06/0258, mit weiteren Judikaturhinweisen) genügt die Berufungsbehörde allerdings ihrer Begründungspflicht allgemein mit der kurzen Verweisung auf die Gründe im Bescheid der Vorinstanz, falls sie bezüglich des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes und dessen rechtlicher Beurteilung mit ihr einer Meinung ist und ihr keine durch die Begründung der Vorinstanz offen gelassene Frage vorgelegt worden ist.

Im Hinblick darauf, dass die Berufung sich letztlich auf einen Verweis auf die erstinstanzlichen Angaben des Beschwerdeführers und auf eine nicht griffige Bemängelung der Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz beschränkte und der Bescheid des Bundesasylamtes obigen Anforderungen im Wesentlichen entspricht, durfte die belangte Behörde zulässig von einem Verweis auf die Begründung des bei ihr bekämpften Bescheides Gebrauch machen.

Der unabhängige Bundesasylsenat ist gemäß Art. 129 und 129c B-VG in der Fassung BGBl. I Nr. 87/1998 ein unabhängiger Verwaltungssenat. Er hat gemäß § 23 AsylG das AVG anzuwenden. Deshalb finden für das Verfahren vor dem unabhängigen Bundesasylsenat auch die Bestimmungen des AVG für das Verfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten, insbesondere die Bestimmung des § 67d AVG, Anwendung, sofern im AsylG oder in einem anderen Gesetz keine spezielle Bestimmung normiert ist. Im AsylG findet sich zu § 67d AVG keine spezielle Regelung. Gemäß Art. II Abs. 2 Z 43a EGVG hat der unabhängige Bundesasylsenat § 67d AVG jedoch mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt erscheint. Im Sinne dieser Bestimmung ist der Sachverhalt im Verfahren vor dem unabhängigen Bundesasylsenat etwa dann nicht aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung als geklärt anzusehen, wenn in der Berufung ein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Behörde erster Instanz entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt - erstmalig und mangels Bestehens eines Neuerungsverbotes zulässigerweise - neu und in konkreter Weise behauptet wird (vgl. insoweit dazu das hg. Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 98/01/0308).

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren seine (neuerliche) Einvernahme durch den unabhängigen Bundesasylsenat nicht beantragt. In der Berufung wurde nicht behauptet, die belangte Behörde hätte auf Grund eines persönlichen Eindruckes vom Beschwerdeführer zu einem anderen beweiswürdigenden Ergebnis als die Erstbehörde gelangen können. Die Berufung strebte im vorliegenden Fall somit im Ergebnis ausschließlich die Überprüfung der im erstinstanzlichen Bescheid enthaltenen Beweiswürdigung durch die belangte Behörde an. Sie enthielt auch keine konkreten Ausführungen im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung, die die belangte Behörde zur Abhaltung einer mündlichen Verhandlung hätte veranlassen müssen. Das Vorbringen in der Berufung, es lägen keinesfalls bloße Behauptungen des Beschwerdeführers, sondern konkrete Tatsachen vor, die der Beschwerdeführer substantiiert, schlüssig und plausibel geschildert habe, beinhaltet zwar die Bestreitung der Annahme im erstinstanzlichen Bescheid, die Sachverhaltsgrundlage sei im Sinne der Angaben des Beschwerdeführers nicht feststellbar, jedoch genügt eine bloße - nicht substantiierte - Bestreitung des Sachverhaltes noch nicht, um die Pflicht des unabhängigen Bundesasylsenates zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu begründen. Art. II Abs. 2 Z 43a EGVG normiert die Ausnahme von der grundsätzlichen Pflicht zur Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gerade auch für den Fall, dass sich im Falle einer schlüssigen Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz in der Berufung kein zusätzlicher Hinweis findet, der eine mit dem Beschwerdeführer zu erörternde Auseinandersetzung über den maßgeblichen (positiv oder negativ festgestellten) Sachverhalt erforderlich machen würde (vgl. das zu einem ähnlichen verfahrensrechtlichen Sachverhalt ergangene hg. Erkenntnis vom 25. März 1999, Zl. 98/20/0559).

Das Bundesasylamt - und mit diesem die belangte Behörde - ist von der Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers deshalb ausgegangen, weil sich dessen Angaben mit den Feststellungen über den Umgang mit der Homosexualität in Indien nicht in Einklang bringen ließen. Dem Beschwerdeführer sei es nicht gelungen, seine Behauptungen näher auszuführen oder zu substantiieren; er sei im gesamten Verfahren unkonkret geblieben. Er sei bei seiner Einvernahme ständig zur Konkretheit ermahnt worden. Er habe nach seinen Angaben nicht einmal versucht, behördliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Die aus den dargestellten Grundlagen gezogene Schlussfolgerung auf die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers stößt auf dem Boden der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur (eingeschränkten) Überprüfungsbefugnis hinsichtlich der behördlichen Beweiswürdigung (vgl. insbesondere das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 2. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) insoweit auf keinen Einwand, als es Aufgabe des Beschwerdeführers ist, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen. Der Beschwerdeführer hat es in seiner Berufung unterlassen, der Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz konkrete stichhaltige Argumente entgegenzusetzen. Auch die vorliegende Beschwerde wiederholt lediglich das Argument, der Beschwerdeführer habe konkrete Tatsachen substantiiert, schlüssig und plausibel geschildert. Damit vermag die Beschwerde aber keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde aufzuzeigen.

Der angefochtene Bescheid verweist aber zutreffend auch darauf, die Freilassung aus der Polizeistation wegen einer zu erwartenden Kontrolle durch einen "Offizier" weise darauf hin, dass der Beschwerdeführer bei staatlichen Stellen hätte Schutz finden können, sowie darauf, dass dem Beschwerdeführer insofern eine inländische Fluchtalternative offen stünde, als er bei seiner Rückkehr das ablehnende Verhalten seiner Familie und seiner Verwandten fürchtet.

II. Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat nach § 57 FrG zulässig ist; diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden (§ 8 AsylG). Gemäß § 57 Abs. 1 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass sie Gefahr liefen, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden. Gemäß § 57 Abs. 2 und 4 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder - mit einer für den vorliegenden Fall nicht in Betracht kommenden Einschränkung - Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 FlKonv).

Im vorliegenden Beschwerdefall hat die belangte Behörde den Angaben des Beschwerdeführers über den von ihm ins Treffen geführten, in seiner Person gelegenen Grund für die behaupteten Ereignisse, aus denen er eine drohende Verfolgung ableitet, keine Glaubwürdigkeit beigemessen. Wenn die belangte Behörde davon ausgehend zur Schlussfolgerung gelangte, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, der Beschwerdeführer sei in Indien gemäß § 57 Abs. 1 und 2 FrG bedroht, so ist der darauf aufbauende Ausspruch gemäß § 8 AsylG nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Nach dem Gesagten war die Beschwerde zur Gänze gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 30. November 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000200356.X00

Im RIS seit

14.02.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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