TE OGH 2018/4/20 7Ob53/18x

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Veröffentlicht am 20.04.2018
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*****Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Mag. Franz Müller, Rechtsanwalt in Krems an der Donau, gegen die beklagte Partei Ing. B***** P*****, vertreten durch Dr. Anton Hintermeier und andere, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Berufungsgericht vom 26. Jänner 2018, GZ 1 R 213/17d-12, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Vorweg ist klarzustellen, dass der Frage, ob wirksam ein wichtiger Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG vereinbart wurde, keine Relevanz zukommt. Die Klägerin stützt nämlich die vorzeitige Auflösung des Bestandverhältnisses auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1118 erster Fall ABGB. Die vertragliche Erweiterung der Auflösungsgründe des § 1118 ABGB um andere Tatbestände, mögen sie auch als Kündigungsgründe anerkannt sein, ist im Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes unzulässig (RIS-Justiz RS0020872). Der Vermieter kann die vorzeitige Auflösung nur dann fordern, wenn ihm einer der Auflösungsgründe des § 1118 ABGB zur Seite steht (RIS-Justiz RS0020998).

2. Ein erheblich nachteiliger Gebrauch vom Mietgegenstand iSd § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG (wie des gleichlautenden Vertragsaufhebungsgrundes nach § 1118 erster Fall ABGB) liegt vor, wenn durch eine wiederholte, längerwährende vertragswidrige Benützung des Bestandobjekts oder durch eine längere Reihe von Unterlassungen notwendiger Vorkehrungen eine erhebliche Verletzung der Substanz des Mietgegenstands erfolgte oder auch nur droht (RIS-Justiz RS0020981, RS0067832, RS0067939, RS0068076, RS0102020) oder wenn durch das nachteilige Verhalten des Mieters wichtige wirtschaftliche oder persönliche Interessen des Vermieters oder der anderen Mieter gefährdet werden (RIS-Justiz RS0020940 [insbes T11], RS0021031, RS0070348).

3. Die Klägerin argumentiert, der Beklagte habe durch die Verwendung der Wohnung zu gewerblichen Zwecken, den eigenmächtigen Umbau von Beheizung und Warmwasserversorgung und das Anbieten des Bestandobjekts an fremde Personen zur kostenlosen Übernachtung gegen die ihm vertraglich überbundene Verpflichtung zur Einhaltung der Bestimmungen des NÖ WFG 2005 verstoßen, wodurch er das Bestandobjekt vertragswidrig nutze und wichtige Interessen der Klägerin verletze.

3.1 Die Auslegung von Willenserklärungen hat stets nach den Umständen des Einzelfalls zu erfolgen, sodass sich dabei eine erhebliche Rechtsfrage in der Regel nicht stellt (RIS-Justiz RS0042555 [T2, T4, T29], RS0042936).

3.2 Im Mietvertrag wurde die „Nichteinhaltung der Förderungsbestimmungen entsprechend dem NÖ WFG“ als wichtiger Kündigungsgrund iSd § 30 Abs 2 Z 13 MRG vereinbart. Unmittelbar nachfolgend lautet es im Vertrag: „Gemäß diesen Förderungsbestimmungen darf der Mieter kein … (es erfolgt die konkrete Nennung dreier – hier nicht interessierender – Tatbestände)“. Das Berufungsgericht ist zu dem Ergebnis gekommen, dass eine allfällige Nichteinhaltung von Förderungsbestimmungen hinsichtlich der im Mietvertrag nicht angeführten Tatbestände nicht als vertragswidrige Nutzung des Bestandobjekts angesehen werden könne. Dieses Auslegungsergebnis ist nicht korrekturbedürftig, zumal die Bestimmungen des Mietvertrags zu den Förderungsbedingungen im Zusammenhalt gelesen beim Mieter den Eindruck erwecken mussten, die für ihn relevanten Anforderungen wären dort vollständig genannt.

4.1 Ob im Hinblick auf den Inhalt der Prozessbehauptungen eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist, ist eine Frage des Einzelfalls, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung keine erhebliche Bedeutung zukommt. Auch ob das bisher erstattete Vorbringen soweit spezifiziert ist, dass es als Anspruchsgrundlage hinreicht bzw wie weit ein bestimmtes Vorbringen einer Konkretisierung zugänglich ist, ist eine Frage des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0042828).

Die Klägerin brachte vor, dass die Objektförderung durch das Land unter der Bedingung erfolgt sei, dass die Beheizung mittels erneuerbarer Energie in Form biogener Brennstoffe erfolge und der Beklagte sich über diese Förderungsgrundlage hinwegsetze, indem er eigenmächtig die Beheizung und Warmwasserversorgung seines Bestandobjekts umgebaut habe, weshalb ein grob nachteiliger Gebrauch vorliege.

Die Auffassung des Berufungsgerichts, diese Ausführungen würden sich allein auf die dem Beklagten nicht überbundene Einhaltung der Förderungsbestimmungen beziehen, wohingegen sich die Klägerin in ihrem Vorbringen auf die Verletzung einer konkreten Bestimmung des Mietvertrags ebenso wenig gestützt habe, wie darauf, dass der Umbau auch sonst einen erheblich nachteiligen Gebrauch darstelle, ist vertretbar. Der bloße Hinweis auf den Mietvertrag im Beweisanbot ersetzt nicht die – der Klägerin obliegenden (7 Ob 158/07x mwN) – Tatsachenbehauptungen für das Vorliegen wichtiger Auflösungsgründe.

4.2 Richtig ist, dass in einem Bestandobjekt, das – wie hier – nur zu Wohnzwecken in Bestand gegeben wurde, vom Bestandnehmer kein Gewerbe ausgeübt werden darf (vgl RIS-Justiz RS0020522). Der Beklagte bewohnt das Bestandobjekt, zusätzlich hat er den Sitz eines Einzelunternehmens und einer GmbH, deren Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer er ist, an seiner Wohnadresse im Firmenbuch eintragen lassen. In diesem Zusammenhang verwendet er die Wohnadresse aber nur als Postanschrift und als Rechnungsadresse und ist dort für Behörden und Geschäftspartner telefonisch erreichbar. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, allein diese Umstände könnten nicht als eine – dem vereinbarten Wohnzweck – widersprechende Ausübung geschäftlicher Tätigkeit qualifiziert werden, ist nicht korrekturbedürftig.

4.3 Die weitere Beurteilung des Berufungsgerichts, das über ein Couchsurfing-Profil erfolgte Anbot zum unentgeltlichen Übernachten von höchstens zwei Gästen auf der Couch im Bestandobjekt, das noch dazu auf keinerlei Interesse gestoßen sei, stelle weder einen Verstoß gegen ein vereinbartes Untermietverbot noch gegen den vereinbarten Wohnzweck dar, ist nicht zu beanstanden.

5. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).

Textnummer

E121650

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0070OB00053.18X.0420.000

Im RIS seit

14.06.2018

Zuletzt aktualisiert am

12.11.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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