TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/25 I406 2230630-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.05.2020
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Entscheidungsdatum

25.05.2020

Norm

AVG §57 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1
FPG §76 Abs2a
FPG §76 Abs3 Z3
FPG §76 Abs3 Z5
FPG §76 Abs6
FPG §77
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §35 Abs3

Spruch

I406 2230630-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Flüchtlingsdienst, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion XXXX vom 17.04.2020,
Zl. XXXX , sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 06.05.2020 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 1FPG iVm § 22a Abs.1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 6 FPG iVm § 76 Abs. 3 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs.3 VwGVG abgewiesen.

IV. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG iVm § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat der Beschwerdeführer dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 06.08.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahme Stelle Ost, vom 12.08.2011, Zl. XXXX, wurde sein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Der Beschwerdeführer wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Die dagegen erhobene Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 06.08.2012, Zl. C9 421043-1/2011/9E hinsichtlich § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet ab, behob die Spruchpunkte II. und III. und verwies die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurück.

Am 15.10.2012 langte ein Abschluss-Bericht der Staatsanwaltschaft XXXX beim Bundesamt ein, aus welchem hervorgeht, dass der Beschwerdeführer beschuldigt wurde und geständig war, einen Mitbewohner mit dem Umbringen bedroht zu haben, indem er diesen bedrohte „Das ist ein schlechter Mensch (Anmerkung: gemeint Opfer) - ich bring ihn um." Dabei deutete er mit dem Finger quer über den Hals und wurde in weiterer Folge festgenommen.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Innsbruck, vom 22.10.2012, Zl. XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen.

Im Zeitraum vom 11.11.2013 - 08.07.2014 wies der Beschwerdeführer laut Zentralem Melderegister keinen gemeldeten Wohnsitz in Österreich auf.

Am 26.06.2014 wurde der Beschwerdeführer gemäß der Dublin ll-VO von Großbritannien nach Österreich rücküberstellt.

Der oben angeführten Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 20.03.2015, GZ W172 1421043-1/8E, statt und erkannte dem Beschwerdeführer subsidiären Schutz in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zu.

Am 24.06.2015 wurde der Beschwerdeführer vom Bezirksgericht XXXX wegen dem Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und dem Vergehen des Diebstahles nach § 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einer Woche und zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Diese Freiheitsstrafe wurde unter Bestimmung einer Probezeit von einem Jahr bedingt nachgesehen.

Dem Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gab das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) mit Bescheid vom 08.03.2016, Zl. XXXX, statt und erteilte dem Beschwerdeführer eine bis zum 19.03.2018 befristete Aufenthaltsberechtigung.

Am 30.03.2016 wurde der Beschwerdeführer vom Bezirksgericht XXXX neuerlich wegen dem Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. la StGB und dem Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat und gemäß § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Gemäß § 494a Abs. 1 Z 4 StPO wurde die mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 24.06.2015, XXXX gewährte Strafnachsicht von einer Woche Freiheitsstrafe widerrufen.

Am 22.06.2016 wurden der Beschwerdeführer vom Bezirksgericht XXXX wegen dem Vergehen der sexuellen Belästigung nach § 218 Abs. 1Z 2 StGB zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu EUR 4,00 im Falle der Uneinbringlichkeit 50 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.

Am 04.01.2018 langte ein Strafantrag des Bezirksgerichtes XXXX beim BFA ein, welcher auf den Tatbestand des § 83 (1) StGB lautete und aus dem hervorgeht, dass der Beschwerdeführer sein Opfer durch das Versetzen von Faustschlägen gegen die Schulter und das Gesicht, welche Schmerzen im Gesichtsbereich zur Folge hatten, vorsätzlich am Körper verletzt hatte und die Brille des Opfers mit einem Faustschlag gegen das Gesicht beschädigte und er das Handy des Opfers beschädigte, indem er es diesem aus der Hand schlug, wodurch dieses zu Boden fiel und in mehrere Stücke zerbrach.

Am 16.02.2018 wurde der Beschwerdeführer vom Bezirksgericht XXXX wegen dem Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und dem Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 1 (einem) Monat verurteilt. Zudem wurde er gemäß § 389 Abs. 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt, wobei das Gericht die bereits dreifachen einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen mehrerer Vergehen und den Einfluss von Alkohol erschwerend anlastete.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX wurde die mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 14.12.2015 zu AZ XXXX gewährte bedingte Strafnachsicht widerrufen.

Am 10.07.2018 langte ein Abtretungs-Bericht der LPD XXXX beim Bundesamt ein, wonach der Beschwerdeführer des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtmitteln gemäß § 27 Abs. 2 SMG verdächtigt wurde.

Am 16.10.2018 wurde der Beschwerdeführer vom Landesgericht XXXX wegen dem Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 3 StGB, unter Einbeziehung des rechtskräftigen Schuldspruches des Landesgerichtes XXXX vom 20.03.2018, XXXX , nach dem Strafsatz des § 83 Abs. 3 StGB in Anwendung des § 28 StGB und gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 16.02.2018, XXXX , zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten und zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

Am 27.10.2018 erging ein Abschluss-Bericht der LPD XXXX , wonach der Beschwerdeführer der Vergehen der Sachbeschädigung und der Körperverletzung beschuldigt wurde.

Im Zeitraum vom 12.10.2018 - 21.11.2018 wies der Beschwerdeführer laut Zentralem Melderegister keinen gemeldeten Wohnsitz in Österreich auf.

Mit Schreiben vom 23.02.2018 hatte das BFA dem Beschwerdeführer mitgeteilt, gegen ihn werde ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten geführt, mit Schreiben vom 31.10.2018 forderte das BFA ihn auf, zur beabsichtigten Aberkennung sowie zu 17 Fragen Stellung zu nehmen.

Mit Schreiben vom 21.11.2018 führte der Beschwerdeführer aus, dass er in Österreich nicht verheiratet sei und keine Beziehung führe. Er habe keine Kinder. Er habe keine Verwandten in Österreich. Er könne auf Deutsch schreiben und lesen. Er habe bei der Caritas den Deutschkurs 1-4 sowie einen Sprachkompetenzkurs besucht. Darüber habe er aber keine Bestätigungen mehr, da er diese zu dem Zeitpunkt, als er nach England zurückgekehrt sei, verloren habe. Diese Kurse habe er vor ungefähr fünf Jahren gemacht. Er sei in Österreich bis vor zwei Wochen bei der Leasingfirma XXXX beschäftigt gewesen. Er habe immer wieder auf verschiedenen Baustellen gearbeitet. Insgesamt sei er seit ca. 2,5 bis 3 Jahren über die Leasingfirma beschäftigt gewesen. Er besuche weder eine Schule noch eine Universität in Österreich sei nicht Mitglied in einem Verein, habe viele Freunde in Österreich, mit denen er Zeit gemeinsam verbringen, etwas trinke und Musik höre. Im Jahr 2013 sei er nach England zurückgefahren und im Jahr 2014 wieder nach Österreich gekommen. Er sei gerne in Österreich. Er wolle sich hier ein Leben aufbauen und keinesfalls von Sozialleistungen leben, sondern sein Leben durch seine eigene Arbeitstätigkeit finanzieren. Er habe zwar bereits einige Verurteilungen im Strafregister aufzuweisen, jedoch handle es sich dabei „ausschließlich lediglich um Vergehen. […] vorwiegend bloß um leichte Körperverletzungen und kleinere Vermögensdelikte. Daher könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass er eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt.“

Am 17.01.2019 wurde der Beschwerdeführer vor dem BFA, XXXX , niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er unter anderem an, dass er derzeit keiner Erwerbstätigkeit nachgehe. Er sei gesund und es gehe ihm gut. Es sei richtig, dass er in Österreich „kleine, kleine Fehler gemacht [habe]. Die Polizei sagte, dass ich ein guter Mann bin, das hat auch der Richter gesagt.“ Auf nochmaligen Vorhalt seiner Verurteilungen sagte der Beschwerdeführer, dass seine Fehler alles kleine Fehler gewesen seien und er nicht wisse, wann er zuletzt angezeigt worden sei.

Mit Bescheid des BFA, Regionaldirektion XXXX, vom 04.02.2019, Zl. XXXX, wurde der dem Beschwerdeführer mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.03.2015, GZ W172 1421043-1/8E, zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und ihm die mit Bescheid des BFA vom 08.03.2016, Zl. XXXX, erteilte befristete Aufenthaltsbewilligung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt II), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.), für die freiwillige Ausreise wurde eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt (Spruchpunkt VI.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII) und sein Antrag vom 19.02.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt VIII).

Dagegen erhob der Beschwerdeführer am 07.03.2019 Beschwerde.

Mit Bescheid des BFA, Regionaldirektion XXXX, vom 06.05.2019, Zl. XXXX, wurde die mit Bescheid des BFA vom 04.02.2019, Zl. XXXX, eingeräumte Frist zur freiwilligen Ausreise von 14 Tagen gemäß § 55 Abs. 5 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG widerrufen. Dieser Bescheid wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers am 07.05.2019 zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.

Am 06.03.2019 wurde der Beschwerdeführer durch Beamte der LPD XXXX festgenommen.

Am 07.03.2019 wurde der Beschwerdeführer in die JA XXXX zur Verbüßung der Freiheitsstrafe überstellt.

Mit Erkenntnis vom 03.10.2019, GZ W255 1421043-3/27E wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 04.02.2019, betreffend die Spruchpunkte I., II., III., IV., V. und VIII. als unbegründet ab, wies die Beschwerde betreffend Spruchpunkt VII. mit der Maßgabe ab, dass die Dauer des Einreiseverbotes auf acht Jahre erhöht wurde, und wies die Beschwerde betreffend Spruchpunkt VI. mit der Maßgabe ab, dass dieser zu lauten hatte: „Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht.“

Am 06.03.2020 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Strafhaft einen zweiten Antrag auf Gewährung von internationalen Schutz.

Die Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft in der Justizanstalt XXXX wurde für den 06.05.2020 terminisiert.

Am 08.04.2020 wurde dem Beschwerdeführer nachweislich das behördliche Schriftstück „Ergebnis der Beweisaufnahme" zur Aufforderung einer schriftlichen Stellungnahme zur Erlassung einer Schubhaft im Anschluss an die Strafhaft, ausgefolgt.

Die ihm gestellten Fragen beantwortete der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 10.04.2020 wie folgt:

Ich habe keine Schritte unternommen, da mein Ziel darin besteht in Österreich zu bleiben. In Afghanistan erwartet mich der Tod.

Ich habe die Befürchtung, dass ich in Afghanistan ermordet werde. Darum habe ich auch einen neuen Asylantrag am 06.03.2020 gestellt. Eine Beantwortung steht noch aus.

Eine Veränderung in familiärer Hinsicht oder meiner sozialen Situation hat sich nicht wirklich verändert, da ich durchgehend in Haft war. Meine Einstellung zum Leben und zu meinen Pflichten hat sich aber deutlich verändert. Ich bin in Haft erwachsenen geworden und entschuldige mich für meine Fehler. Ich werde in Zukunft beweisen, dass ich ein ordentliches Leben führen kann und werde. Viele aus meiner Familie sind im Krieg gestorben.

Meine Beraterin bei NeustartXXXX ist mir sehr wichtig und sie hilft mir sehr.

Ich habe keinen Wohnsitz mehr in Österreich, da ich die Wohnung aufgrund meiner Inhaftierung auflösen musste. Jedoch könnte ich in einem Übergangszimmer für die erste Zeit nach der Haft wohnen.

Ich kann über die Caritas, Flüchtlingshilfe ein Zimmer bekommen. Jedoch kann in der COVID-19 Krise keine verlässliche Zusage gemacht werden.

Ich könnte mir von Kollegen Geld borgen. Mit meinem gestellten neuerlichen Asylantrag gehe ich davon aus, dass ich wieder über die Caritas Unterstützung finde.

Ich kann von Bekannten Geld ausleihen, aber dazu muss ich mit ihnen persönlich sprechen. Mit der COVID-19 Krise erhalte ich in der Justizanstalt keinen Besuch und somit habe ich keinerlei Sozialkontakte mehr.

Seit der Rechtskraft der Rückkehrentscheidung hat sich keine Veränderung hinsichtlich des privaten Umfeldes ergeben.

Persönliche Gründe, die einer möglichen Schubhaft hinderlich entgegenstehen, gibt es insofern, als ich einen neuerlichen Asylantrag gestellt habe.

Mit dem im Spruch angeführten Mandatsbescheid des BFA vom 17.04.2020 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm. § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet. Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 18.04.2020, um 13.15 Uhr, durch persönliche Übergabe zugestellt.

Die belangte Behörde sah aufgrund der strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers wegen Körperverletzung und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit iSd §§ 67 und 76 Abs. 2 Z 1 FPG. Fluchtgefahr sei aufgrund des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers in Hinblick auf § 76 Abs. 3 Z 1, 3, 5 und 9 FPG gegeben. Die Anordnung eines gelinderen Mittels sei bereits aufgrund des wiederholten Abtauchen sowie der hohen „räumlichen Mobilität und Selbstorganisation des Beschwerdeführers nicht effektiv und daher zu versagen gewesen. Verhältnismäßigkeit sei in Hinblick auf die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers gegeben. Der Beschwerdeführer sei haftfähig.

Mit Verfahrensanordnung, dem Beschwerdeführer mit dem Bescheid nachweislich übergeben, stellte das BFA dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH und die Volkshilfe Flüchtlings- und MirgantInnenbetreuung GmbH in 1170 Wien, Wattgasse 48/3. Stock, als Rechtsberater amtswegig zur Seite.

Gegen den Mandatsbescheid, die Schubhaftanordnung sowie die fortdauernde Anhaltung in Schubhaft erhob der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 04.05.2020 Beschwerde und begründete diese im Wesentlichen mit der Unvereinbarkeit der Anordnung der Schubhaft mit dem Unionsrecht in Hinblick auf die Prüfung der dem Beschwerdeführer unterstellten Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, mit der mangelnden Begründung der Fluchtgefahr insbesondere in Hinblick auf die Verankerung des Beschwerdeführers in Österreich sowie der mangelnden Prüfung der Anwendbarkeit eines gelinderen Mittels.

In der Beschwerde wurde beantragt, die Anordnung der Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären und auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung nicht vorlägen. Weiters wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung sowie Kosten- und Barauslagenersatz beantragt.

Die Beschwerde wurde am 04.05.2020 der Gerichtsabteilung I417 zugeteilt. 

Mit Mail der Gerichtsabteilung I417 vom 05.05.2020 erfolgte eine Aktenanforderung an das BFA.

Am 05.05.2020 erfolgte die Anzeige der Unzuständigkeit der Gerichtsabteilung I417 angesichts des Krankenstandes deren Leiters.

Die Beschwerde wurde am 05.05.2020 der Gerichtsabteilung I406 zugeteilt.

Mit Mail vom 06.05.2020 erfolgte eine elektronische Übermittlung des Schubaktes.

Mit Mails der Gerichtsabteilung I406 vom 07. sowie vom 14.05.2020 wurden die Vorakten vom BFA angefordert.

Mit Mail vom 14.05.2020 teilte das BFA zu den Vorakten mit, diese würden angesichts ihres Umfanges per Post übermittelt.

Wegen der im ganzen Bundesgebiet auftretenden Verzögerungen im Postverkehr auf Grund von COVID-Infektionen in einem Postverteilzentrum langten die Vorakten erst am 18.05.2020 bei der Gerichtsabteilung I406 ein.

In seiner Stellungnahme vom 06.05.2020 führte das BFA nach Darlegung des Sachverhaltes aus:

Entsprechend dem bisherigen Verhaltens des BF begründen folgende Kriterien eine Fluchtgefahr:

Die Behörde hat keinerlei Grund zur Annahme, dass sich der BF den weiteren Verfahren auf freiem Fuß stellen wird.

Der BF ist nicht willig selbstständig in sein Heimatland zurückzukehren. Weiters hat der BF Österreich in einen anderen Mitgliedstaat verlassen und ist untergetaucht. Der BF hält an seinem illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet fest, da er entgegen der Rechtslage nicht gewillt ist nach Afghanistan zurückzukehren. Der BF hat bereits illegale Grenzverletzungen betreffend die Staatsgebiete der Republik Österreich und Italien begangen. Der BF versucht die gebotene Abschiebung nach Afghanistan zu vereiteln und wieder in die Illegalität abzutauchen. Diese Umstände lassen erkennen, dass der BF seine Abschiebung umgehen und behindern will, welche für 26.02.2020 geplant ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX. Er wurde im Dorf XXXX, Afghanistan, geboren.

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan und ist somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen und sunnitischer Muslim. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Paschto, er spricht darüberhinaus Dari, Urdu, Hindi und Englisch und Deutsch.

Der Beschwerdeführer verbrachte seine ersten acht bis zehn Lebensjahre in seinem Heimatdorf in Afghanistan. Nachdem seine Mutter im Jahr 2000 eines natürlichen Todes verstorben war, übersiedelte er zu seiner Tante nach Pakistan und wuchs dort im Kreis der Familie der Tante väterlicherseits auf.

Der Beschwerdeführer ist ledig, arbeitsfähig, im erwerbsfähigen Alter und leidet an keinen nennenswerten gesundheitlichen Einschränkungen.

Der BF ist haftfähig.

Gegen den Beschwerdeführer ergingen in Österreich folgende rechtskräftige Verurteilungen:

1)       BG XXXX vom 24.06.2015 RK 21.07.2015 § 83 (1) StGB § 127 StGB

Datum der (letzten) Tat 19.04.2015 Freiheitsstrafe 1 Woche, bedingt, Probezeit 1 Jahr Vollzugsdatum 19.10.2016

zu BG XXXX RK 21.07.2015 Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen

BG XXXX vom 30.03.2016

2)       LG XXXX vom 14.12.2015 RK 17.12.2015 §§ 125, 126 (1) Z 7 StGB

Datum der (letzten) Tat 27.09.2014

Geldstrafe von 120 Tags zu je 5,00 EUR (600,00 EUR) im NEF 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, davon Geldstrafe von 60 Tags zu je 5,00 EUR (300,00 EUR) im NEF 30 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, bedingt, Probezeit 3 Jahre Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf BG XXXX RK 21.07.2015 Vollzugsdatum 17.12.2018

zu LG XXXX RK 17.12.2015 Höhe des Tagessatzes neu bemessen mit je 4,00 EUR LG XXXX vom 22.04.2016

zu LG XXXX RK 17.12.2015 Unbedingter Teil der Geldstrafe vollzogen am 15.12.2016 LG XXXX vom 19.01.2017

zu LG XXXX RK 17.12.2015

Probezeit des bedingten Strafteils verlängert auf insgesamt 5 Jahre

BG XXXX vom 19.05.2017

zu LG XXXX RK 17.12.2015

Der bedingt nachgesehene Teil der Geldstrafe wird widerrufen

BG XXXX vom 16.02.2018

3)       BG XXXX vom 22.06.2016 RK 28.06.2016 § 218 (1) Z 2 StGB

Datum der (letzten) Tat 17.01.2016

Geldstrafe von 100 Tags zu je 4,00 EUR (400,00 EUR) im NEF 50 Tage

Ersatzfreiheitsstrafe

Vollzugsdatum 15.02.2017

4)       BG XXXX vom 30.03.2016 RK 28.07.2016 § 83 (1) StGB

§ 125 StGB

Datum der (letzten) Tat 18.10.2015

Freiheitsstrafe 1 Monat Vollzugsdatum 12.10.2016

5)       BG XXXX vom 19.05.2017 RK 15.11.2017 § 125 StGB

Datum der (letzten) Tat 17.02.2017

Geldstrafe von 80 Tags zu je 18,00 EUR (1.440,00 EUR) im NEF 40 Tage

Ersatzfreiheitsstrafe

Vollzugsdatum 03.12.2018

6)       BG XXXX vom 16.02.2018 RK 20.02.2018 §83 (1) StGB

§ 125 StGB

Datum der (letzten) Tat 25.11.2017 Freiheitsstrafe 1 Monat Vollzugsdatum 01.06.2018

7)       LG XXXX vom 16.10.2018 RK 20.10.2018 § 83(3) StGB

Datum der (letzten) Tat 02.12.2017 Freiheitsstrafe 3 Monate

Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf BG XXXX RK 20.02.2018 Vollzugsdatum 09.06.2019

8)       BG XXXX vom 18.01.2019 RK 04.04.2019 §83(1) StGB

§ 125 StGB

Datum der (letzten) Tat 08.10.2018 Freiheitsstrafe 3 Monate Vollzugsdatum 09.09.2019

9)       LG XXXX vom 24.04.2019 RK 24.04.2019 § 15 StGB § 105 (1) StGB

§ 83 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 06.03.2019 Freiheitsstrafe 8 Monate

Diesen Verurteilungen lagen folgende Sachverhalte zu Grunde:

Dem Urteil des BG XXXX vom 24.06.2015, Zl. XXXX , wegen §§ 83 und 127 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einer Woche, lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer einem anderen Asylwerber mehrere Schläge in das Gesicht verpasste und am rechten Augen verletzte sowie aus einem PKW einer Pizzeria ca. 7 Stück Kaugummi stahl.

Der Verurteilung des Landesgerichts XXXX vom 14.12.2015, Zl. XXXX wegen §§ 125, 126 Abs. 1 Z 7 StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je EUR 5,-, im Nichteinbringungsfall 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer in XXXX Steine auf vier geparkte PKWs warf und einen Schaden von insgesamt EUR 6.208,- herbeiführte.

Der Verurteilung des BG XXXX vom 22.06.2016, Zl. XXXX wegen § 218 Abs. 1 Z 2 StGB zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je EUR 4,-, im Nichteinbringungsfall 50 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer eine Mitarbeiterin einer Bäckerei in XXXX dadurch belästigte, dass er vor dem Fenster der Bäckerei onanierte.

Der Verurteilung des BG XXXX vom 28.07.2016, Zl. XXXX, wegen §§ 83 Abs. 1 und 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer in XXXX in einem Lokal zwei ihm unbekannten Frauen nacheinander mit seinen beiden Händen fest an das Gesäß griff und einer der beiden Frauen, nachdem diese ihm eine Ohrfeige verpasst hatte, zwei kraftvolle Ohrfeigen mit der Handinnenfläche und eine mit der Handaußenfläche verpasste. Durch diese Schläge stürzte die Frau und wurde verletzt. Der Beschwerdeführer wurde aus dem Lokal verwiesen, vor dem Lokal versuchte er, auf den Begleiter einer der beiden betroffenen Frauen einzuschlagen und wurde von der Polizei in ein Dienstfahrzeug verbracht. Auf der Rückbank des Dienstfahrzeuges trat er mit den Füßen gegen die innere Beifahrertüre, schlug mit dem Kopf gegen die hintere Fahrertüre und spuckte in das Fahrzeuginnere. Dadurch beschädigte er das Dienstfahrzeug, dessen hintere Türe sich nicht mehr ordnungsgemäß schließen ließ. Der Beschwerdeführer blieb der Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht XXXX fern, weshalb ein Abwesenheitsurteil erging.

Der Verurteilung des BG XXXX vom 19.05.2017, Zl. XXXX, wegen § 125 StGB zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je EUR 18,-, im Nichteinbringungsfall 40 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, bestätigt mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 15.11.2017, Zl. XXXX, lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer in einer Flüchtlingsunterkunft gegen die versperrte Zimmertüre des Zimmers eines anderen Bewohners schlug und drückte, wodurch diese Tür beschädigt wurde.

Der Verurteilung des BG XXXX vom 16.02.2018, Zl. XXXX, wegen §§ 83 Abs. 1 und 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer einem behinderten Mann mehrere Faustschläge gegen die Schulter und das Gesicht versetzte, wodurch er den Mann verletzte und dessen Brille und Handy beschädigte.

Der Verurteilung des Landesgerichts XXXX vom 16.10.2018, Zl. XXXX, wegen § 83 Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer einem XXXX Security Mitarbeiter während oder wegen der Ausübung seiner Tätigkeit zweimal mit der Faust ins Gesicht schlug, wodurch dieser eine Prellung der linken Augenhöhe und eine Schwellung unter dem linken Auge erlitt.

Der Verurteilung des BG XXXX vom 18.01.2019, Zl. XXXX, wegen §§ 83 Abs. 1 und 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer einem Mann, der ihm erlaubt hatte, kostenlos bei ihm in der Wohnung zu schlafen, einen Faustschlag verpasste und unter dem linken Auge verletzte. Nach der Auseinandersetzung nahm der Beschwerdeführer einen auf der Straße liegenden Ziegelstein und warf ihn gegen die Windschutzscheibe des Autos jenes Mannes, den er zuvor geschlagen hatte.

Der Verurteilung des Landesgerichts XXXX vom 24.04.2019, Zl. XXXX , wegen §§ 15, 105 Abs. 1 StGB und § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer

1.) einen Mann aufforderte, ihm EUR 50,- zu geben und die Forderung durch einen Fußtritt und zwei Faustschläge gegen diese Person unterstrich und dadurch den Mann am Oberschenkel und im Bereich des linken Ohrs verletzte.

2.) einem anderen Mann drohte, diesen noch einmal zu schlagen, sollte dieser seine Anzeige gegen den Beschwerdeführer nicht gegen Zahlung eines Geldbetrages zurückziehen.

Die Staatsanwaltschaft XXXX führte zur Zl. XXXX ein Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachts, Ende Juli 2019 – während seiner Inhaftierung in der Justizanstalt XXXX – unbekannte Mengen Cannabis erworben, besessen und konsumiert zu haben.

Der Beschwerdeführer verließ Pakistan im Jahr 2011 und reiste nach Österreich, wo er am 06.08.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Im November 2013 verließ der Beschwerdeführer während seines anhängigen Asylverfahrens Österreich und hielt sich ca. ein halbes Jahr in Großbritannien auf, ehe er im Juli 2014 nach Österreich zurückkehrte. In Großbritannien arbeitete der Beschwerdeführer auf Baustellen.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes, XXXX , vom 12.08.2011, Zl. XXXX, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Der Beschwerdeführer wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Die dagegen erhobene Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 06.08.2012, Zl. C9 421043-1/2011/9E hinsichtlich § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet ab, behob die Spruchpunkte II. und III. und verwies die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurück.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes, XXXX, vom 22.10.2012, Zl. XXXX, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen.

Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgerichts mit Erkenntnis vom 20.03.2015, GZ W172 1421043-1/8E, statt und erkannte dem Beschwerdeführer subsidiären Schutz in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zu.

Dem Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gab das BFA mit Bescheid vom 08.03.2016, Zl. XXXX, statt und erteilte dem Beschwerdeführer eine bis zum 19.03.2018 befristete Aufenthaltsberechtigung.

Mit Bescheid des BFA, Regionaldirektion XXXX, vom 04.02.2019, Zl. XXXX, wurde der dem Beschwerdeführer mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.03.2015, GZ W172 1421043-1/8E, zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und ihm die mit Bescheid des BFA vom 08.03.2016, Zl. 810844909-1384486, erteilte befristete Aufenthaltsbewilligung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt II), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.), für die freiwillige Ausreise wurde eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt (Spruchpunkt VI.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII) und sein Antrag vom 19.02.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt VIII).

Mit Bescheid des BFA, Regionaldirektion XXXX, vom 06.05.2019, Zl. XXXX, wurde die mit Bescheid des BFA vom 04.02.2019, Zl. XXXX, eingeräumte Frist zur freiwilligen Ausreise von 14 Tagen gemäß § 55 Abs. 5 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG widerrufen. Dieser Bescheid wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers am 07.05.2019 zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.

Mit Erkenntnis vom 03.10.2019, GZ W255 1421043-3/27E wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 04.02.2019, betreffend die Spruchpunkte I., II., III., IV., V. und VIII. als unbegründet ab, wies die Beschwerde betreffend Spruchpunkt VII. mit der Maßgabe ab, dass die Dauer des Einreiseverbotes auf acht Jahre erhöht wurde, und wies die Beschwerde betreffend Spruchpunkt VI. mit der Maßgabe ab, dass dieser zu lauten hatte: „Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht.“

Am 06.03.2020 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Strafhaft einen zweiten Antrag auf Gewährung von internationalen Schutz.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.10.2019 lag somit gegen den Beschwerdeführer vor seiner Stellung des Antrages auf internationalen Schutz aus dem Stande der Strafhaft eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vor.

Die Entlassung des Beschwerdeführers aus dem Stande der Strafhaft, vollzogen in der Justizanstalt XXXX , wurde für den 06.05.2020 terminisiert.

Mit Mandatsbescheid des BFA vom 17.04.2020 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm. § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet. Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 18.04.2020, um 13.15 Uhr, durch persönliche Übergabe zugestellt.

Nach Entlassung aus der Strafhaft wurde der Beschwerdeführer in Schubhaft genommen.

Die gegenständliche Schubhaft wurde zur Sicherung des laufenden Asylverfahrens verhängt, daher ist eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme in diesem Stadium noch nicht erforderlich.

In folgenden Zeiträumen war der Beschwerdeführer nicht im Zentralen Melderegister (ZMR) gemeldet:

11.2013-08.07.2014

12.10.2018-21.11.2018

Der Beschwerdeführer hat in Österreich Deutschkurse auf A1-Niveau besucht. Der Beschwerdeführer hat in Österreich noch nie einen Deutschkurs auf einem höheren Niveau besucht. Er hat in Österreich noch nie eine Deutschprüfung bestanden.

Der Grad der sozialen Verankerung des Beschwerdeführers in Österreich ist nicht gegeben:

Der Beschwerdeführer verfügt über keine Verwandten in Österreich. Er verfügt über keinen engen Freundeskreis. Er ist nicht Mitglied in einem Verein. Er hat sich seit seiner Ankunft in Österreich noch nie ehrenamtlich engagiert. Er hat keine nennenswerten sozialen Bindungen in Österreich, übt keine legale Erwerbstätigkeit aus und verfügt weder über ausreichende Existenzmittel noch einen gesicherten Wohnsitz. Der Beschwerdeführer verfügt über keine gesicherten Bindungen und ist in Österreich nicht integriert.

Der Beschwerdeführer ist nicht zu einer Rückkehr in den Herkunftsstaat bereit.

Der Beschwerdeführer ist bereits mehrmals straffällig geworden, seine schlechte finanzielle Situation lässt befürchten, dass er zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes weitere Straftaten begehen wird.

Der Beschwerdeführer verließ im November 2013 während seines anhängigen Asylverfahrens Österreich und hielt sich ungefähr ein halbes Jahr in Großbritannien auf. Dadurch hat er die Fortführung seines Asylverfahrens qualifiziert behindert bzw. sich dem Verfahren entzogen. Er tauchte ein weiteres Mal im Oktober 2018, als strafrechtlich gegen ihn ermittelt wurde, unter und erschien zu einer Verhandlung vor dem Strafgericht nicht, worauf ein Abwesenheitsurteil erging.

Der Beschwerdeführer stellt angesichts seiner Straftaten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefährdung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

Der Beschwerdeführer ist nicht vertrauenswürdig.

Es besteht daher Fluchtgefahr. Durch die Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten und eine periodische Meldeverpflichtung kann nicht das Auslangen gefunden werden.

Ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer wurde bereits ausgestellt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers

Die Feststellungen zum Namen und Geburtsdatum des Beschwerdeführers stützen sich auf seine Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem BFA und vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Identität des Beschwerdeführers (Name und Geburtsdatum) konnte aufgrund der diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers mit der für das Asylverfahren ausreichenden Wahrscheinlichkeit festgestellt werden.

Die Feststellungen zur Staats-, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit gründen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben.

Die Feststellungen zum Personenstand und seinen Verwandten stützen sich auf seine dahingehend weitgehen übereinstimmenden Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem Bundesasylamt, vor dem BFA und vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Heimatort, seiner Herkunftsprovinz, seinen Aufenthaltsort in Afghanistan und zum Aufenthalt in Pakistan ergeben sich aus seinen im Laufe des Verfahrens getätigten, im Wesentlichen gleichlautenden und daher glaubhaften Angaben.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand stützt sich auf die in der Beschwerde unwidersprochene Feststellung im angefochtenen Bescheid.

Die Feststellungen zu den Deutschkursen und – prüfungen stützen sich auf die Angaben des Beschwerdeführers in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 21.11.2018 und der Einvernahme vor dem BFA vom 17.01.2019.

Zum Sicherungsbedarf und zur familiären/sozialen Komponente:

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer Österreich im November 2013 verließ und sich bis Juli 2014 in Großbritannien aufhielt, stützen sich auf seine eigenen Angaben, die mit dem ZMR sowie den zwischen Österreich und Großbritannien geführten Konsultationsverfahren übereinstimmen.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in den Zeiträumen 11.2013 - 08.07.2014 sowie 12.10.2018 - 21.11.2018 nicht gemeldet war, beruht auf dem Zentralen Melderegister (ZMR).

Die Feststellungen zum Grad der sozialen Verankerung des Beschwerdeführers in Österreich, dem Nichtbestehen familiärer Beziehungen, das Nichtausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise dem Fehlen ausreichender Existenzmittel beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers in Beantwortung des Parteiengehörs vom 01.04.2020 sowie den in der Beschwerde unwidersprochene Feststellungen im angefochtenen Bescheid.

Die Feststellungen zur strafrechtlichen Delinquenz des Beschwerdeführers beruhen auf dem Strafregister der Republik Österreich und den ergangenen Urteilen.

Die Feststellung zum Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachts, Ende Juli 2019 Cannabis erworben, besessen und konsumiert zu haben, stützt sich auf den Abtretungsbericht der Landespolizeidirektion XXXX vom 20.09.2019 zur GZ XXXX.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer über keinen Wohnsitz in Österreich verfügt, beruht auf seinen Angaben in Beantwortung des Parteiengehörs vom 01.04.2020. Der Beschwerdeführer gibt zwar an, in einer von ihm genannten Unterkunft der Caritas womöglich unterkommen zu können, diese bloße Annahme reicht jedoch nicht, um von einem gesicherten Wohnsitz ausgehen zu können. Im Verfahren sind diesbezüglich keinerlei Anhaltspunkte ans Tageslicht gekommen und blieb das diesbezügliche Vorbringen gänzlich unsubstantiiert.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nicht gewillt ist, auszureisen, beruht auf seinen Angaben in Beantwortung des Parteiengehörs vom 01.04.2020.

Die Feststellungen, dass ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer bereits ausgestellt wurde, beruht auf einer telefonischen Erklärung des zuständigen Referenten des BFA.

Dass der Beschwerdeführer nicht vertrauenswürdig ist, ergibt sich unzweifelhaft aus den mehrfachen strafrechtlichen Verurteilungen. Der Beschwerdeführer wurde wiederholt wegen Gewaltdelikten zu Haftstrafen verurteilt (mehrfach wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung und sexueller Belästigung und Nötigung) und ließ sich auch durch den Vollzug der Freiheitsstrafen nicht von weiteren strafbaren Handlungen abhalten.

Dabei zeigt sich, dass der Beschwerdeführer die Intensität seiner Gewaltdelikte steigerte, zuletzt unterstrich er seine Forderung nach einem Geldbetrag durch einen Fußtritt und zwei Faustschläge und verletzte dadurch den betroffenen Mann am Oberschenkel und im Bereich des linken Ohrs verletzte und drohte einem anderen Mann, diesen noch einmal zu schlagen, sollte dieser seine Anzeige gegen den Beschwerdeführer nicht gegen Zahlung eines Geldbetrages zurückziehen. Dafür wurde der Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Die wiederholten Gewaltausübungen zeigen eine gegenüber rechtlich geschützten Werten besonders ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters auf, insbesondere fällt auf die Gewaltbereitschaft gegen besonders vulnerable Gruppen wie Behinderte und gegen den Mann, der ihm erlaubt hatte, kostenlos bei ihm in der Wohnung zu schlafen, weiters, dass der Beschwerdeführer in zwei Fällen ein Auge und weiters ein Ohr und damit besondere sensible und wichtige Organe verletzte.

Der Beschwerdeführer ist sichtlich nicht gewillt, sein Verhalten zu ändern. Aus seinen Angaben ist kein Anzeichen einer ernst gemeinten Reue zu erkennen: In seiner Einvernahme vor dem BFA vom 17.01.2019 bezeichnete er seine Taten als „kleine, kleine Fehler“ und betonte, dass ihm die Polizei bescheinigt hätte, „ein guter Mann“ zu sein. Sofern er nun vorbringt, seine Einstellung geändert zu haben und in der Haft erwachsen geworden zu sein, ist zunächst zu beachten, dass hinsichtlich einer Besserung nur der - hier nicht gegebene - Zeitraum nach Haftentlassung zu berücksichtigen ist. Hinzu kommt, dass eine Einstellungsänderung und das Vorbringen, in der Haft erwachsen geworden zu sein, zum einen angesichts eines Alters von 30 Jahren unglaubhaft ist, dies gilt ebenso für das Beschwerdevorbringen betreffend den Kontakt zu seiner Bewährungshelferin, welche von seiner Besserung überzeugt sei; angesichts der mit neun überaus hohen Anzahl von strafrechtlichen Verurteilungen in lediglich vier Jahren mit zunehmender Intensität der Gewaltdelikte und Gewaltausübung gegen einen Behinderten und eine Person, die ihn kostenlos nächtigen ließen, und des breiten Spektrums verschiedener Verstöße gegen die österreichische Rechtsordnung ist dieses Vorbringen nicht geeignet, eine positive Prognose für den Beschwerdeführer zu erstellen, dies gilt ebenso für das Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer habe in der Haft gearbeitet, insbesondere da dies für ihn jedenfalls vorteilhaft war, war die Arbeit doch mit für ihn unmittelbar mit sehr greifbaren finanziellen Vorteilen verbunden und die Haft weiters durch eine sinnvolle Betätigung erträglicher.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt I – Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft:

3.1.1. §§ 76 und 77 Fremdenpolizeigesetz (FPG), § 22a Bas 4 Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Verfahrensgesetz (BFA-VG) lauten auszugsweise:

Schubhaft (FPG)

„§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Gelinderes Mittel (FPG)

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

2. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen;

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft (BFA-VG)

§ 22a (4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Zur Judikatur:

3.1.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen s

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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