TE OGH 2010/6/30 4R57/10z

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Veröffentlicht am 30.06.2010
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Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat als Rekursgericht durch den Richter Dr.Rothenpieler (Vorsitz) und die Richterinnen Dr.Angerer und Dr.Scherz in der Rechtssache der klagenden Partei R***** D*****, *****, vertreten durch Dr.Siegfried Rack und Mag.Gottfried Tazol, Rechtsanwälte in Völkermarkt, gegen die beklagte Partei W***** E*****, *****, vertreten durch Dr.Hans Herwig Toriser, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Kosten, über den Kostenrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt vom 12.Februar 2010, 24 Cg 129/05k-79, in nichtöffentlicher Sitzung den

B e s c h l u s s

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit € 350,46 (darin € 58,41 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

B e g r ü n d u n g :

Die Klägerin und ihr Lebensgefährte sind Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** mit dem darauf errichteten Gebäude ***** und ***** in St.Stefan im Lavanttal. Der Beklagte ist Inhaber einer Einzelfirma, die sich mit Schwimmbadtechnik befasst. Er lieferte und montierte Beckeneinbauteile für ein im Obergeschoss des Hauses Klagenfurter Straße 70 im August 2002 errichtetes Swimmingpool. Im Juni 2003 trat ein Wasserschaden auf, nachdem die Klägerin das Becken mit Wasser gefüllt hatte.

Die Klägerin begehrte in diesem Rechtsstreit vom Beklagten zunächst die Zahlung (eines Teilschadens) von € 20.000,-- samt Anhang. Sie brachte vor, der Beklagte habe die Absaugleitungen mangelhaft verlegt, wodurch es zu einem Riss in der Leitung gekommen sei, der den Wasserschaden verursacht habe. Sie habe dadurch einen Schaden von zumindest € 85.000,-- erlitten, der aus Trocknungsarbeiten, Beschädigung von Stoffen, Malerarbeiten, Reparatur der elektrischen Leitungen und Sanierungsarbeiten am Pool selbst resultiere. Davon begehre sie vorerst nur € 20.000,--. Später brachte sie noch vor, dass das vom Beklagten verlegte Rohr „Gegengefälle – Wassersäcke“ aufweise und deformiert sei. In den Biegungen bilde sich Wasser, das auch nach dem Entleeren des Rohres vorhanden bleibe. Dieses Wasser könne im Winter gefrieren. Mit dem am 30.6.2006 eingelangten Schriftsatz dehnte die Klägerin ihr Begehren auf € 56.375,67 samt Anhang aus. Die Sanierungskosten für die ordnungsgemäße Wiederherstellung des Pools bezifferte sie nunmehr mit € 35.000,--. Schließlich brachte die Klägerin im ersten Rechtsgang vor, dass die Sanierungskosten zumindest € 25.000,-- beträgen.

Der Beklagte wendete ein, die Klägerin sei nicht aktiv legitimiert, weil ihr Lebensgefährte den Auftrag zur Verrohrung des Pools erteilt habe. Er habe die Werkleistungen aber auch sach- und fachgerecht erbracht. Sie entsprächen dem Stand der Technik und den Ö-Normen. Die Rohre seien dicht. Die mit Schriftsatz vom 30.6.2006 ausgedehnten Ansprüche seien verjährt. Sanierungskosten von € 35.000,-- für die angebliche Wiederherstellung des Pools seien auch weit überhöht. Der Klägerin stehe daher kein Anspruch gegen ihn zu.

Mit Urteil im ersten Rechtsgang hat das Erstgericht das Klagebegehren abgewiesen. Im Umfang der Abweisung von € 31.375,67 blieb dieses Urteil unangefochten. Im Übrigen (also im Umfang der weiteren Abweisung von € 25.000,-- samt Anhang) hob das Berufungsgericht in Stattgebung der Berufung der Klägerin dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Auf diesen Aufhebungsbeschluss vom 11.3.2009, 4 R 193/08x (ON 62), wird verwiesen.

Im zweiten Rechtsgang schlossen die Streitteile in der Verhandlung am 22.12.2009 (ON 73) einen Vergleich, wonach sich der Beklagte verpflichtete, der Klägerin zur Mängelbehebung € 4.500,-- zu bezahlen. Die Kostenentscheidung behielten die Parteien dem Gericht vor. In dieser Verhandlung legten die Streitteile vor Verhandlungsschluss Kostenverzeichnisse, gegen die vom Prozessgegner jeweils schriftliche Einwendungen erhoben wurden.

Mit dem angefochtenen Beschluss verpflichtete das Erstgericht die Klägerin zum Ersatz der mit € 21.992,68 bestimmten Prozesskosten des Beklagten. Das Kostenmehrbegehren von € 16.530,33 wies es ab. Aufgrund der Ausdehnung des Klagebegehrens mit Schriftsatz ON 19 und infolge der Teilrechtskraft des Urteils ON 53 im ersten Rechtsgang sei das Verfahren in drei Abschnitte zu teilen. Im ersten Abschnitt habe die Klägerin mit 22,5 % obsiegt, weshalb sie zu 55 % kostenersatzpflichtig sei. Die Schriftsätze vom 19.9., 21.10. und 30.11.2005 seien nicht zu honorieren. Der Einspruch, die Tagsatzungen vom 11.10.2005 und 18.5.2006, der Schriftsatz vom 14.11.2005, die aufgetragene Urkundenvorlage vom 30.5.2006 und die Befundaufnahme vom 26.6.2006 ergäben zusammen € 5.445,95; 55 % davon seien € 2.995,27. Die Saldierung der Barauslagen der Streitteile in diesem Verfahrensabschnitt ergäbe einen Saldo von € 465,35 zugunsten des Beklagten. Im zweiten Verfahrensabschnitt sei die Klägerin nur mit rund 8 % durchgedrungen, weshalb sie dem Beklagten gemäß § 43 Abs 2 ZPO sämtliche Kosten zu ersetzen habe. Nicht zu honorieren seien in diesem Abschnitt die Vertagungsbitten vom 2.2.2007 und 5.2.2007 und der damit verbundene Schriftsatz, die ergänzende Urkundenvorlage und der Beweisantrag vom 11.4.2007, der Fristerstreckungsantrag vom 11.7.2008, der Schriftsatz vom 29.7.2008 und der Schriftsatz vom 24.10.2008. Für die Kosten der Rekursbeantwortung gebühre nur ein Ansatz nach TP 3A RATG. Der Schriftsatz vom 18.4.2007 sei nur nach TP 2 zu honorieren. Dem Beklagten stehe daher in diesem Abschnitt ein Verdienst von € 11.011,96 und ein Barauslagenersatz von € 1.000,-- zu. Im dritten Abschnitt habe der Beklagte einen Abwehrerfolg von 82 % erzielt, weshalb er einen Kostenersatzanspruch von 64 % habe. Für die Berufungsbeantwortung gebühre nur der dreifache Einheitssatz. Der Schriftsatz vom 10.9.2009 sei zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich gewesen. Es ergebe sich somit in diesem Abschnitt ein Verdienst von € 2.972,54 und ein Barauslagensaldo von € 151,61 zugunsten des Beklagten. Kopierkosten seien nicht zu berücksichtigen. Zum Maß der Überprüfungspflicht des Gerichtes ohne Einwendungen einer Partei werde auf die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Linz vom 16.11.2009, 4 R 205/09h, verwiesen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Kostenrekurs der Klägerin mit dem Antrag, die Kostenentscheidung dahin abzuändern, dass ihr nur ein Kostenersatz von € 15.617,19 auferlegt werde.

Der Beklagte beantragt, dem Kostenrekurs nicht Folge zu geben.

Der Rekurs ist nicht begründet.

Rechtliche Beurteilung

1. Die mündliche Verhandlung wurde in diesem Rechtsstreit vom Erstgericht am 22.12.2009 geschlossen. Gemäß Art 16 Abs 10 des Budgetbegleitgesetzes 2009, BGBl I 2009/52, ist daher § 54 ZPO idF dieses Bundesgesetzes anzuwenden. Durch das Budgetbegleitgesetz 2009 wurde in dieser Bestimmung der Abs 1a eingefügt. Danach ist das am Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz (§ 193 ZPO) dem Gericht zu übergebene Kostenverzeichnis gleichzeitig auch dem Gegner auszuhändigen. Dieser kann dazu binnen einer Notfrist von 14 Tagen Stellung nehmen. Auf diese Frist hat die verhandlungsfreie Zeit keinen Einfluss. Soweit der Gegner gegen die verzeichneten Kosten keine begründeten Einwendungen erhebt, hat das Gericht diese seiner Entscheidung zu Grunde zu legen.

2. Dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.12.2009 (ON 73) ist zwar nur zu entnehmen, dass die Parteien Kostennote gelegt haben, nicht aber auch, ob sie ihre Kostenverzeichnisse auch dem Prozessgegner übergeben haben. Die Klägerin macht in ihrem Rekurs aber auch nicht geltend, dass der Bestimmung des § 54 Abs 1a ZPO insoweit nicht entsprochen worden sei. Auch in ihren Einwendungen vom 7.1.2010 gegen das Kostenverzeichnis des Beklagten erstattet sie kein Vorbringen in diese Richtung, sondern nimmt nur Bezug darauf, dass der Beklagte diese Kostennote in der Verhandlung vom 22.12.2009 gelegt habe (AS 63 Band II). Dagegen erklärt der Beklagte in seinen Einwendungen gegen das Kostenverzeichnis der Klägerin (ON 78) und in seinem Antrag auf Zurückweisung der Einwendungen der Klägerin (ON 77) ausdrücklich und unwidersprochen, dass die Kostennoten in der Verhandlung am 22.12.2009 wechselseitig ausgehändigt worden seien. Es ist daher bei diesem Aktenstand davon auszugehen, dass auch die Klägerin das Kostenverzeichnis des Beklagten bereits in der Verhandlung am 22.12.2009 erhalten hat. Letzter Tag der 14-tägigen Einwendungsfrist war daher der 5.1.2010. Da die verhandlungsfreie Zeit (hier gemäß § 222 ZPO vom 24.12.2009 bis 6.1.2010) auf diese Frist keinen Einfluss hatte, sind die erst am 7.1.2010 elektronisch beim Erstgericht eingebrachten Einwendungen der Klägerin gegen die Kostennote des Beklagten verspätet. Daran vermag auch der Verweis in diesen Einwendungen auf das Vorbringen im Kostenrekurs der Klägerin vom 29.10.2008 (ON 56), mit dem sie die Kostenentscheidung im Urteil des Erstgerichtes im ersten Rechtsgang teilweise bekämpft hat, nichts zu ändern. Von der Teilaufhebung dieses Ersturteils war auch die erstgerichtliche Kostenentscheidung betroffen, weshalb der (nur eventualiter für den Fall der Erfolglosigkeit ihrer Berufung in der Hauptsache erhobene) Kostenrekurs vom Rechtsmittelgericht auch nicht mehr zu behandeln war. Vor Schluss der Verhandlung im zweiten Rechtsgang hat der Beklagte ein völlig neues, das gesamte bisherige Verfahren umfassendes Kostenverzeichnis gelegt, weshalb die Klägerin zur Vermeidung der in § 54 Abs 1a ZPO normierten Folgen verhalten war, Einwendungen gegen dieses Kostenverzeichnis binnen der durch dessen Übergabe am 22.12.2009 ausgelösten Frist von 14 Tagen zu erheben (vgl 113 BlgNR 24.GP 32). In ihren Auswirkungen ist die Verspätung von Einwendungen (die Versäumung der Notfrist für die Einwendungen) gemäß § 144 ZPO (vgl Deixler-Hübner in Fasching/Konecny² § 144 Rz 17) mit der Unterlassung von Einwendungen gleichzusetzen. Versäumung liegt dann vor, wenn eine Prozesspartei eine – wie hier – durch Gesetz innerhalb einer bestimmten Frist vorzunehmende Prozesshandlung gar nicht oder nicht rechtzeitig vornimmt (Deixler-Hübner aaO § 144 Rz 1).

3. Die Frage, welche Folgen die Unterlassung (oder nicht rechtzeitige Erhebung) von begründeten Einwendungen im Sinn des § 54 Abs 1a ZPO hat, wird in Lehre und Judikatur unterschiedlich beantwortet:

Höllwerth (Einwendungen gegen die Kosten, ÖJZ 2009/80) vertritt unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien die Auffassung, dass die Partei begründete Einwendungen erheben müsse, um zu verhindern, dass das Gericht die vom Gegner verzeichneten Kosten ungeprüft seiner Entscheidung zu Grunde legt. Die Begründungspflicht der Partei finde im Inhalt des Prozessaktes und der daraus möglichen Kenntnis über die (Gründe für die) Verfahrensgestion des Gegners ihre objektive Grenze. Die Partei sei nur verpflichtet, plausible Argumente gegen die Richtigkeit einer bestimmten Kostenposition, eines bestimmten Ansatzes oder einer bestimmten Berechnungsgrundlage vorzutragen; (bereits) damit sei die Prüfpflicht des Gerichtes ausgelöst. Der Sinn der neuen Regelung bestehe darin, die strittigen Kostenpositionen herauszufiltern, nicht aber dem Gericht noch zusätzlich die Begründung für die richtige Honorierung zu liefern. Einwendungen seien gegen jene Positionen des gegnerischen Kostenverzeichnisses zu erheben, in denen die verzeichnete Leistung schon dem Grunde nach nicht honoriert werden dürfe, weil diese nicht erbracht wurde. Ebenso müsse sich die Partei gegen die Honorierung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung nicht notwendiger Leistungen sowie von Leistungen, die der Gegner infolge gebotener Kostenseparation selbst tragen müsse, aussprechen. Im Rahmen der Einwendungen aufzugreifen seien auch die Unrichtigkeiten bei der Wahl der Bemessungsgrundlage, des Tarifansatzes und der veranschlagten Verhandlungsdauer, die unterlassene Aufgliederung von Kostenpositionen, das Fehlen notwendiger Belege sowie Rechenfehler zugunsten des Prozessgegners. Erhebe die Partei gegen die verzeichneten Kosten des Prozessgegners keine Einwendungen, habe das Gericht diese ungeprüft seiner Entscheidung zugrundezulegen. Da hinsichtlich des (der) gänzlich unbekämpften (Teile des) Kostenverzeichnisses angenommen werde, „dass (die Partei) einer entsprechenden Berücksichtigung im Rahmen der Kostenentscheidung nicht entgegentritt“, erübrige sich in diesem Umfang auch eine substantielle Begründung der Kostenentscheidung.

Fucik (Mustereinwendungen gegen das Kostenverzeichnis, ÖJZ 2009/86) folgt diesem Standpunkt: Jene Positionen, zu denen der Ersatzgegner keine begründeten Einwendungen erhoben habe, müsse das Gericht der Kostenentscheidung ungeprüft zu Grunde legen, wolle doch das Gesetz die Dispositionsmaxime auf den Kostenersatzanspruch ausdehnen und die Wahrnehmung von Amts wegen entfallen lassen. Fälle für Einwendungen sind seiner Ansicht nach: Überhöhte Bemessungsgrundlagen, falsche Tarifansätze, nicht erbrachte Leistungen, zu hoch verzeichnete Dauer [von Leistungen], nicht verbrauchte Kostenvorschüsse, nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendige Kosten, unzulässige Schriftsätze, die Verletzung der Verbindungspflicht, Kostenseparationsfälle, Fehlen von Belegen, Probleme bei der Umsatzsteuer, Fragen zum Einheitssatz und Streitgenossenzuschlag sowie im Zweifel auch Rechenfehler.

Woller (Budgetbegleitgesetz 2009, ecolex 2009,567) leitet aus den Gesetzesmaterialien ebenfalls ab, dass das Gericht ein vom Prozessgegner nicht beanstandetes Kostenverzeichnis seiner Kostenentscheidung ungeprüft zu Grunde zu legen habe. Das bisherige Korrektiv des Gerichts, das das Kostenverzeichnis vor der Entscheidung zu überprüfen hatte, bestehe nun nicht mehr. Die Dispositionsmaxime werde nun auch auf den Kostenpunkt übertragen.

Mayr dagegen (Zivilverfahrensrechtliche Neuerungen des Budgetbegleitgesetzes 2009, ecolex 2009, 562) meint, den ErläutRV könne nicht gefolgt werden, weil dies bedeuten würde, dass Kostenpositionen, die zwar eindeutig unrichtig verzeichnet worden sind – etwa weil eine verzeichnete Leistung gar nicht erbracht worden ist oder (irrtümlich) von einer unrichtigen Bemessungsgrundlage ausgegangen wurde – denen die gegnerische Partei (oder besser: der gegnerische Parteienvertreter) jedoch – aus welchen Gründen auch immer – nicht rechtzeitig und begründet widersprochen hat, jedenfalls vom Gericht zuzusprechen wären. Dies liefe im Endeffekt darauf hinaus, dass die Höhe des Kostenersatzes gar nicht mehr vom Gericht entschieden, sondern von den Parteien(Vertretern) bestimmt wird, was den Grundprinzipien des österreichischen Kostenrechts (und dem unverändert beibehaltenen § 21 RATG) widerspräche und entschieden abzulehnen sei. Selbst wenn man jedoch den Vorstellungen der Gesetzesmaterialien näher treten wollte, so wäre die neue Rechtslage wohl am ehesten mit der Situation bei einem Versäumungsurteil nach § 396 ZPO zu vergleichen. Auch dort werde der Richter nicht gezwungen, eine offensichtlich unrichtige Entscheidung zu fällen, sondern er habe das unwidersprochen gebliebene tatsächliche Vorbringen nur insofern für wahr zu halten, als es nicht offenkundig oder gerichtsbekannt unrichtig ist oder durch vorliegende Beweise widerlegt wird, und „auf dieser Grundlage“ zu entscheiden. Wenn sich also zB aus dem Gerichtsakt ergäbe, dass eine verzeichnete Leistung gar nicht erbracht worden ist, so sei der Richter weiterhin nicht verpflichtet, diese Kosten mangels Einwendungen des Gegners zuzusprechen.

Salficky (Gedanken zu § 54 Abs 1a ZPO, AnwBl 2009,473) schließt sich der Ansicht von Mayr an und nimmt zum Umfang der Überprüfungspflicht des Gerichts im Fall fehlender Einwendungen eine Differenzierung vor: Sinn der neuen Bestimmung könne nicht sein, dass das Gericht „sehenden Auges“ eklatant unrichtige Kostennoten seiner Kostenentscheidung zugrundezulegen hätte, nur weil der Gegner die gesetzlich vorgesehene Stellungnahme versäumt habe. „Offenkundige Fehler“ eines Kostenverzeichnisses, wie nicht erbrachte Leistungen, eine zu hoch verzeichnete Verhandlungsdauer, eine unrichtige Bemessungsgrundlage, Rechenfehler, unrichtige Bezeichnungen (wie ein erhöhter Einheitssatz), seien daher auch ohne Rüge des Prozessgegners vom Gericht zu berücksichtigen, weil sie oftmals auch ohne besondere Prüfung schon durch einfachen Vergleich mit der Kostennote des Gegners festgestellt werden könnten. Soweit eine darüber hinausgehende Prüfung der Aktenlage erforderlich sei, um Ermessensfragen bei der Kostenentscheidung beurteilen zu können, die eine inhaltliche Prüfung der im Kostenverzeichnis verzeichneten Leistungen bedingen, seien begründete Einwendungen des Prozessgegners erforderlich. Dies betreffe die Frage der Notwendigkeit von Maßnahmen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, der Honorierung von Schriftsätzen nach den Tarifposten und auch der Ersatzfähigkeit vorprozessualer Kosten. Will der Gegner den Zuspruch derartiger Kosten vermeiden, habe er fristgerecht begründete Einwendungen zu erheben. Unterlasse er dies, sei das Gericht nicht mehr verpflichtet und wohl auch nicht mehr berechtigt, eine vom Kostenverzeichnis abweichende Kostenentscheidung zu treffen.

Das Oberlandesgericht Wien (7 Rs 145/09h = RIS-Justiz RW0000465 = Zak 2010/67) hat sich der Auffassung von Höllwerth, Fucik und Woller unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien angeschlossen. Mangels Einwendungen sei davon auszugehen, dass die Partei einer vollinhaltlichen Berücksichtigung der vom Gegner verzeichneten Kosten im Rahmen der Kostenentscheidung nicht entgegentrete, und diese der Kostenentscheidung ungeprüft zu Grunde zu legen. Der gegenteiligen Meinung von Mayr und Salficky könne nicht gefolgt werden, weil den Gesetzesmaterialien zu entnehmen sei, dass der Gesetzgeber nunmehr die Dispositionsmaxime über das bisherige Prinzip der (amtswegigen) Überprüfung der verzeichneten Kosten stelle. Es werde damit nunmehr auch in diesem Bereich den Parteien überlassen, durch prozessuale Handlungen oder Unterlassungen – ähnlich wie bei einer Außerstreitstellung oder bei Fehlen einer substantiierten Bestreitung – jenen Rahmen zu definieren, in dem eine Überprüfung der vom Prozessgegner verzeichneten Kosten durch das Gericht stattzufinden habe. Der Auffassung von Mayr sei auch entgegenzuhalten, dass eine Erweiterung der Dispositionsmaxime im streitigen Zivilprozess von der Hauptsache auf die Verfahrenskosten keineswegs als so systeminkonform erscheine, dass bei einer Auslegung des § 54 Abs 1a ZPO vom klaren Gesetzeswortlaut, dass das unwidersprochen gebliebene Kostenverzeichnis der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde zu legen sei, abzugehen wäre. Wenn vom Gesetzgeber angeordnet werde, dass die Kostenentscheidung, der Zuspruch von Kosten an eine der Parteien, auf der Grundlage des vorliegenden Kostenverzeichnisses zu erfolgen habe, so ergebe sich eindeutig, dass keine weitere Kompetenz des Gerichtes zur Überprüfung dieser Grundlage mehr bestehe. Dem widerspreche auch § 21 Abs 1 erster Satz RATG nicht, weil diese Bestimmung nur aussage, dass die richterliche Befugnis, die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der einzelnen Leistungen zu prüfen, durch das RATG unberührt bleibe. Die nunmehr angeordnete Ausweitung der Dispositionsmaxime auf das Kostenersatzrecht sei systemkonform in der ZPO geregelt. Ein Widerspruch zu § 21 RATG liege nicht vor, beziehe sich diese Norm doch nur auf die Bestimmungen dieses Gesetzes und im Übrigen auch nur auf eine Überprüfung der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der einzelnen Leistungen. Eine Überprüfungsmöglichkeit der verzeichneten Kosten in Bezug auf eine offenkundige oder gerichtsbekannte Unrichtigkeit werde vom Gesetzgeber (anders als etwa in § 396 Abs 1 ZPO) gerade nicht vorgesehen.

Nach der gegenteiligen Rechtsansicht des Oberlandesgerichtes Linz (4 R 205/09h = AnwBl 2010/8226) bringe die Bestimmung des § 54 Abs 1a ZPO ihrem Wortlaut nach nichts Neues: „zu Grunde legen“ bedeute „[für etwas] als Grundlage nehmen“. Unterstelle man, dass die neue Bestimmung die Gerichte entlasten solle, werde man sie so verstehen können, dass der Prozessgegner im Fall der Unterlassung von Einwendungen als zustimmend zu behandeln sei. Damit stelle sich die Frage, wie weit diese Zustimmungsfiktion gehe und die Prüfpflicht des Gerichtes entfalle. Der Richter dürfe selbst dort, wo das Gesetz Zustimmung fingiere, nicht „sehenden Auges“ falsch entscheiden. So dürfe etwa gemäß § 396 Abs 1 ZPO ein Versäumungsurteil nicht erlassen werden, wenn das Tatsachenvorbringen durch vorliegende Beweisergebnisse widerlegt wird. An offenkundig unrichtige Geständnisse sei das Gericht nicht gebunden. Eine gemäß § 56 Abs 2 und Abs 3 EO anzunehmende Zustimmung sei dann unbeachtlich, wenn der Antrag des Gegners oder das beabsichtigte amtswegige Vorgehen zwingenden gesetzlichen Bestimmungen widerspreche. Im Außerstreitverfahren seien die rechtlichen Voraussetzungen für eine Stattgebung des Begehrens, insbesondere dessen Schlüssigkeit, auch dann zu prüfen, wenn die Säumnisfolgen des § 17 AußStrG eingetreten seien. Unterlasse es eine Partei, sich gemäß §  39 Abs 1a GebAG zur Gebührennote des Sachverständigen zu äußern, sei diese dennoch auf ihre Schlüssigkeit, Übereinstimmung mit dem Akteninhalt sowie auf zwingende gesetzliche Bestimmungen zu überprüfen. Eine Auszahlung der Gebühr ohne Beschlussfassung sei nur dann zulässig, wenn nicht nur keine Einwendungen erhoben wurden, sondern auch keine Bedenken gegen die Höhe der Gebühren bestehen. Aus all dem könne für die Auslegung des § 54 Abs 1a ZPO abgeleitet werden, dass das Gericht die verzeichneten Kosten auch dann nicht gänzlich ungeprüft zusprechen dürfe, wenn der Gegner keine Einwendungen erhoben habe. Als Maß für die Überprüfungspflicht biete sich die Rechtsprechung zu § 39 GebAG an, also Schlüssigkeit der Kostennote, Übereinstimmung mit dem Akteninhalt und mit dem Gesetz. Die in den ErläutRV, 113 der Beilagen XXIV.GP 31f, vertretene Ansicht, das Gericht müsse nicht bestrittene Positionen der Entscheidung ungeprüft zugrundelegen und sogar nicht erbrachte Leistungen honorieren, sei durch den Wortsinn des § 54 Abs 1a ZPO nicht mehr gedeckt. Sollte es wirklich Absicht des Gesetzgebers gewesen sein, die Gerichte dazu zu zwingen, geltende Gesetze (RATG) nicht anzuwenden und wissentlich falsch zu entscheiden, dann hätte er diese Absicht im Gesetzestext und nicht bloß in den Erläuterungen festschreiben müssen, was etwa durch Einfügung des Wortes „ungeprüft“ vor „zu Grunde zu legen“ ganz leicht möglich gewesen wäre. Das Erstgericht sei daher berechtigt gewesen, über die Einwendungen hinaus die Kostenbemessungsgrundlage richtig zu stellen.

Der dritte Senat des Oberlandesgerichtes Graz (3 R 68/10k) hat sich der Rechtsansicht des OLG Wien angeschlossen und daraus die Schlussfolgerung gezogen, dass ungerügte Positionen der Kostennote, die mangels Notwendigkeit zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bei amtswegiger Überprüfung nicht zugesprochen hätten werden dürfen, gemäß § 54 Abs 1a ZPO der gerichtlichen Überprüfung entzogen seien. Hingegen sei das Gericht im Fall eines unrichtig verzeichneten Streitgenossenzuschlages (so wie bei einer gemäß § 43 Abs 2 ZPO reduzierten Bemessungsgrundlage und bei von Rückzahlungen aus Kostenvorschüssen abhängigen Sachverständigengebühren) nicht an das Kostenverzeichnis gebunden, weil der Streitgenossenzuschlag gemäß § 15 RATG keine tatsächlich erbrachte Leistung (arg: „verzeichnete Kosten“: § 54 Abs 1a letzter Satz ZPO), sondern eine gesetzliche Ermächtigung zur Erhöhung der Entlohnung betreffe.

Der erkennende Senat des OLG Graz (4 R 11/10k, 4 R 29/10g) hat die Rechtsansicht von Höllwerth und Fucik sowie des OLG Wien bisher jedenfalls insoweit geteilt, als es um die Frage der Notwendigkeit erbrachter Leistungen ging (idS auch Salficky), die Frage, ob ungeachtet des Willens des Gesetzgebers in anderen Fällen im Sinne der Meinung von Mayr und des OLG Wien aber eine amtswegige Prüfpflicht (weiterhin) besteht, hingegen noch nicht abschließend beurteilen müssen.

4. In ihrem Rekurs wendet sich die Rekurswerberin gegen einzelne Positionen des Kostenverzeichnisses des Beklagten, die das Erstgericht ungekürzt zuerkannt hat, sowie gegen die Anwendung des § 43 Abs 2 ZPO im zweiten Verfahrensabschnitt. Letzterer Einwand kann von einer möglichen Präklusion im Rekursverfahren mangels begründeter Einwendungen gegen die verzeichneten Kosten im Sinn des § 54 Abs 1a ZPO von vornherein nicht betroffen sein, weil Einwendungen gegen die vom Prozesserfolg abhängige Anwendung der §§ 41 und 43 ZPO im Zeitpunkt der Legung der Kostenverzeichnisse vor Schluss der Verhandlung in erster Instanz noch gar nicht erhoben werden können. Im Übrigen rügt die Rekurswerberin die unrichtige Anwendung von Tarifposten des RATG auf verzeichnete Schriftsätze, die verzeichnete Dauer der Teilnahme an zwei Befundaufnahmen des Sachverständigen sowie die kumulierte Verzeichnung von Kosten für diese Teilnahme nach TP 7 RATG mit Fahrtkosten und der Entschädigung für Zeitversäumnis in einem dieser Fälle, den Zuspruch von Kosten für mehrere Schriftsätze, die nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (gemeint: -verteidigung) notwendig gewesen seien, und letztlich die unzulässige Verzeichnung von Kopierkosten.

5. Nach den Gesetzesmaterialien (113 der Beilagen XXIV.GP-Regierungsvorlage, 31f) diene die Anordnung, dass sie jene Positionen, zu denen der Gegner keine begründeten Einwendungen erhoben hat, und damit erkennen hat lassen, dass er einer entsprechenden Berücksichtigung im Rahmen der Kostenentscheidung nicht entgegentritt, der Kostenentscheidung zu Grunde zu legen haben, als Entlastung für die Gerichte. Dies erleichtere dem Richter die Prüfung des Kostenersatzanspruches insofern, als sich die Streitpunkte, deren Anzahl meist nicht groß sein werde, klar herausstellen. Damit könne die Dispositionsmaxime auf den Kostenersatzanspruch erweitert werden. Nicht begründet bestrittene Positionen seien der Entscheidung ungeprüft zugrundezulegen. Werde also zB die gewählte Bemessungsgrundlage als unrichtig erachtet, die Auffassung vertreten, dass anstelle von TP 3 nur TP 1 zustehe, die verzeichnete Leistung als nicht erbracht angesehen (etwa weil die verzeichnete Tagsatzung entfallen sei oder der erlegte Kostenvorschuss nicht verbraucht und daher rücküberwiesen worden sei) oder ein Schriftsatz als nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig befunden, so müsse dies vom Gegner bemängelt werden; eine amtswegige Wahrnehmung sei nicht vorgesehen. Diese Regelung solle aber nur für das am Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz gelegte Kostenverzeichnis gelten; in allen anderen Fällen bleibe es bei der bisherigen Regelung.

6. Am Anfang jeder Gesetzesauslegung steht die wörtliche (sprachliche, grammatikalische) Auslegung, die nach dem Wortsinn der Norm und innerhalb des durch den äußerst möglichen Wortsinn abgesteckten Rahmens nach der Bedeutung eines Ausdruckes im allgemeinen Sprachgebrauch oder dem des Gesetzgebers und in seinem Zusammenhang innerhalb der Regelung fragt (2 Ob 39/07k mwN; RS0008896; RS0008796; RS0008895; RS0008788).

Es ist wohl im Sinn der Entscheidung des OLG Linz richtig, dass das Gericht auch nach der bisherigen Rechtslage das Kostenverzeichnis einer Partei seiner Kostenentscheidung „zu Grunde zu legen“ hatte, also „als Grundlage“ für seine Kostenentscheidung nehmen musste. Höhere als in diesem Kostenverzeichnis geltend gemachte Kosten durfte es der Partei nicht zuerkennen. Wohl aber durfte es von Amts wegen die dort geltend gemachten Kosten uneingeschränkt sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach prüfen. Dass § 54 Abs 1a ZPO schon seinem Wortlaut nach eine von der bisherigen Rechtslage abweichende Regelung trifft, bedarf wohl keiner weiteren Begründung. Offen lässt der Wortlaut dieser Bestimmung auch in seinem Gesamtzusammenhang nur, ob das Gericht jene Positionen in einem Kostenverzeichnis, gegen die der Gegner keine begründeten Einwendungen erhebt, der Kostenentscheidung gänzlich ungeprüft zu Grunde zu legen hat (wofür die Gesetzesmaterialien sprechen) oder ungeachtet des Fehlens solcher Einwendungen dennoch eine – gegenüber der bisherigen Rechtslage aber in ihrem Umfang wohl nur eingeschränkte – Prüfungskompetenz bestehen bleibt (wofür ein Vergleich mit anderen Normen und ihre Auslegung im Sinne der Entscheidung des OLG Linz sprechen könnte).

Lässt sich die Norm durch die Wortinterpretation und die systematisch-logische Auslegung nicht eindeutig klären, ist die Absicht des Gesetzgebers zu erforschen (7 Ob 133/01m; RS0008765; RS0008806; RS0010053 [T 1]; RS0008800 ua). Eine Auslegung durch Feststellung des Willens des historischen Gesetzgebers an Hand der Gesetzesmaterialien bedarf zwar besonderer Vorsicht, weil diese nicht Gesetz geworden sind und mit dem wahren Willen des Gesetzgebers nicht übereinstimmen müssen (2 Ob 173/08z; RS0008776). Die Norm selbst mit ihrem Wortlaut, mit ihrer Systematik und ihrem Zusammenhang mit anderen Normen steht insoweit über der Meinung der (Gesetzes)Redaktoren (2 Ob 173/08t mwN; RS0008776). Infolgedessen ist das Gesetz – selbst im Rahmen historischer Auslegung – nach der „ihm eigenen Vernünftigkeit“, also teleologisch „gemäß den erkennbaren Zwecken und dem Grundgedanken einer Regelung“ zu verstehen (4 Ob 131/08f; RS0109735). Die subjektive Absicht des Gesetzgebers verliert deshalb vor allem mit zunehmender zeitlicher Entfernung der Rechtsanwendung auch zunehmend an Gewicht (RS0008772). Bei relativ „jungen“ Gesetzen kommt ihr aber größere Bedeutung zu (RS0008768).

7. Die Absicht des Gesetzgebers des Budgetbegleitgesetzes 2009 ist unmissverständlich. Er will eine Entlastung der Gerichte dadurch erreichen, dass das Gericht – zwingend (arg „hat“) - jene verzeichneten Kosten seiner Kostenentscheidung ungeprüft zu Grunde zu legen hat, gegen die der Gegner keine begründeten Einwendungen erhebt, wobei diese Rechtsfolge selbst dann eintreten soll, wenn gar nicht erbrachte Leistungen verzeichnet werden. Der Gesetzgeber weist ausdrücklich auch darauf hin, dass eine amtswegige Wahrnehmung nicht (mehr) vorgesehen ist. Die vom Gesetzgeber in § 54 Abs 1a ZPO gewählte Formulierung („Soweit der Gegner gegen die verzeichneten Kosten keine begründeten Einwendungen erhebt, hat das Gericht diese seiner Entscheidung zu Grunde zu legen.“) spricht durchaus für das Verständnis, das die Gesetzesmaterialien unterstellen und das auch Höllwerth und Fucik sowie das OLG Wien dieser Bestimmung zugrunde legen. Für eine an anderen Bestimmungen des Verfahrensrechtes und insbesondere an der Bestimmung des § 39 GebAG orientierte Auslegung besteht daher kein Anlass. Anders als in § 39 Abs 3 GebAG (idF der ZVN 2009), der dem Gericht ungeachtet fehlender Einwendungen gegen die Gebührennote des Sachverständigen eine amtswegige Prüfungskompetenz einräumt, wenn es dennoch Bedenken gegen die Höhe der Gebühren hegt, hat der Gesetzgeber des Budgetbegleitgesetzes 2009 eine amtswegige Prüfung des Kostenverzeichnisses der obsiegenden Partei zur Entlastung der Gerichte bewusst ausschließen wollen. Für eine teleologische Reduktion des § 54 Abs 1a ZPO im Sinn der Bestimmung des § 39 Abs 3 GebAG bleibt somit kein Raum (RS0106113). Es liegt auch keine planwidrige Gesetzeslücke vor, die durch Analogie zu schließen wäre (RS0098756). Eine Lücke läge nur vor, wenn das Gesetz gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie unvollständig, also ergänzungsbedürftig wäre und die Ergänzung aber auch nicht vom Gesetz gewollten Beschränkungen widerspricht (RS0098756 [T 6]; 2 Ob 32/08g). Gerade diese Voraussetzungen sind aus den dargelegten Erwägungen aber nicht erfüllt. Allenfalls als unbefriedigend erachtete Gesetzesbestimmungen zu ändern oder zu beseitigen, ist nicht Sache der Rechtsprechung, sondern der Gesetzgebung (RS0009099; RS0008880).

8. Das Rekursgericht schließt sich daher aus diesen Überlegungen der Auslegung des § 54 Abs 1a ZPO durch das OLG Wien sowie durch Höllwerth und Fucik an, die in Übereinstimmung mit dem Wortlaut der Bestimmung und dem klaren Willen des Gesetzgebers steht.

9. Soweit sich die Rekurswerberin daher in ihrem Rechtsmittel in den Punkten 1. bis 8. (AS 109f in Band II = Seite 2f in ON 84) gegen Grund und Höhe einzelner vom Erstgericht im Sinn des nicht rechtzeitig gerügten Kostenverzeichnisses des Beklagten zuerkannten Leistungen wendet, sind diese Rekursausführungen unbeachtlich, weil das Erstgericht diese verzeichneten Kosten mangels rechtzeitiger Einwendungen der Klägerin seiner Kostenentscheidung ungeprüft zu Grunde zu legen hatte. Das Erstgericht hatte daher weder die Notwendigkeit der nunmehr im Rekurs gerügten Leistungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, noch allfällige Unrichtigkeiten bei der Wahl der Tarifpost oder eine allenfalls zu hoch verzeichnete Dauer einzelner Leistungen von Amts wegen zu prüfen. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass das Erstgericht dem unter Punkt 6. des Rekurses enthaltenen Einwand und der im Punkt 7. vorgebrachten Rüge gegen die Entlohnung von Kopierkosten in der angefochtenen Entscheidung ohnehin Rechnung getragen hat (siehe Seite 4 des erstgerichtlichen Beschlusses).

10. Unbegründet ist der Rekurs hingegen, soweit sich die Klägerin gegen die Anwendung des § 43 Abs 2 ZPO im zweiten Verfahrensabschnitt ausspricht. Nach nunmehr herrschender Auffassung ist Geringfügigkeit im Sinn des ersten Falles des § 43 Abs 2 ZPO bis zu einer Quote von 10 % anzunehmen, wobei diese Grenze nicht im Sinn einer starren Größe, sondern als Richtwert zu verstehen ist. Dem Gericht kommt bei seiner Entscheidung also Ermessen zu, das im Einzelfall eine geringe Abweichung in jeder Richtung ermöglicht (Fucik in Rechberger³ § 43 Rz 9; Bydlinski, Kostenersatz, 246; Obermaier, Kostenhandbuch Rz 130 mwN; Arb 11.759; WR 852; 7 Ob 188/01z; OLG Graz 4 R 128/02d, 4 R 50/06i, 4 R 167/09z ua).

Dass die Bestimmung des § 43 Abs 2 ZPO bei einem Unterliegen von rund 8 % herangezogen werden kann, bestreitet auch die Klägerin nicht. Sie wendet insoweit nur ein, dass zur Durchsetzung „des verglichenen Hauptsachebetrages“ vor allem im zweiten Verfahrensabschnitt ein verhältnismäßig großer Aufwand erforderlich gewesen sei; es seien aufwendige Sachverständigengutachten eingeholt und Befundaufnahmen durchgeführt worden.

Voraussetzung für die Anwendung des § 43 Abs 2 erster Fall ZPO ist nicht nur, dass das Unterliegen einer Partei rein rechnerisch geringfügig ist. Aus der Sicht der kostenrechtlichen Eingriffshaftung ist vielmehr auch entscheidend, ob die Überklagung (oder die nicht gerechtfertigte Rechtsverteidigung) „besondere Kosten“ veranlasst hat (vgl Bydlinski in Fasching/Konecny² § 43 Rz 17; Obermaier aaO Rz 132; Fucik aaO § 43 Rz 9; 3 Ob 268/09x ua). Wie der Beklagte in seiner Kostenrekursbeantwortung aber mit Recht einwendet, haben die von der Klägerin insgesamt geltend gemachten Ansprüche den von ihr aufgezeigten Verfahrensaufwand verursacht. Dass der Beklagte bis zum Vergleich die Abweisung des gesamten Klagebegehrens, und somit auch im Umfang der letztlich verglichenen Forderung von € 4.500,--, begehrt hat, hat nach der Aktenlage keine besonderen zusätzlichen Kosten verursacht. Das geringfügige Unterliegen von rund 8 % mit seinem Abwehrinteresse im zweiten Verfahrensabschnitt fällt daher bei der Ermittlung seines Kostenersatzanspruches nicht ins Gewicht.

11. Aus diesen Gründen war dem Kostenrekurs ein Erfolg zu versagen.

12. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO und § 11 RATG, der Ausspruch über die Unzulässigkeit eines weiteren

Rechtsmittels auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.

Textnummer

EG00065

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0639:2010:00400R00057.10Z.0630.000

Im RIS seit

09.09.2010

Zuletzt aktualisiert am

09.09.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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