TE OGH 2021/9/28 5Ob139/21h

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Veröffentlicht am 28.09.2021
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DDr. C*****, vertreten durch Mag. Klaus P. Pichler, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die beklagte Partei D*****, vertreten durch Dr. Erwin Köll, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 110.711,03 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 56.711,03 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 17. Mai 2021, GZ 4 R 53/21g-184, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1]       Der Kläger hatte mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten für eine Reise nach Peru einen Reiseveranstaltungsvertrag abgeschlossen. Auf dieser Reise kam es am 25. 6. 2011 zu einem Unfall, bei dem er sich schwer verletzte. Im Verfahren 56 Cg 70/13v des Erstgerichts wurden ihm 28.053 EUR sA an Schmerzengeld, Pflegekosten, Kosten der Haushaltsführung sowie Verdienstentgang zugesprochen und festgestellt, dass ihm die Beklagte für alle künftigen nachteiligen Folgen aus diesem Unfall haftet. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil mit seiner unbekämpft gebliebenen Entscheidung vom 18. 6. 2015.

[2]            Mit seiner Klage vom 7. 1. 2016 begehrte der Kläger zunächst 18.000 EUR an Verdienstentgang für das Jahr 2012 und dehnte das Klagebegehren in der Tagsatzung vom 1. 4. 2016 sowie mit Schriftsatz vom 3. 2. 2017 um jeweils 18.000 EUR an Verdienstentgang für die Jahre 2013 und 2014 aus. Unmittelbar bevor die Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 13. 10. 2020 geschlossen wurde, dehnte er das Klagebegehren auf 110.711,03 EUR aus. Sein Verdienstentgang für das Jahr 2012 habe 31.835,04 EUR, für 2013 45.090,20 EUR und für 2014 33.785,79 EUR betragen. Die Klageforderung sei nicht verjährt.

[3]       Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 54.000 EUR sA und wies das aus der Klageausdehnung in der Tagsatzung vom 13. 10. 2020 resultierende Mehrbegehren wegen Verjährung ab. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil in der Hauptsache und ging wie das Erstgericht von der Verjährung der vom Kläger am 13. 10. 2020 geltend gemachten Ansprüche aus.

Rechtliche Beurteilung

[4]       Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers, in der er keine Rechtsfragen von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufzeigen kann.

[5]            1.1 Die Klage unterbricht die Verjährung eines Anspruchs nur soweit, als er vom Klagebegehren erfasst ist. Bei einer Teileinklagung wird die Verjährung daher nur für den eingeklagten Betrag unterbrochen und läuft für den nicht eingeklagten Betrag weiter (RIS-Justiz RS0019184).

[6]       1.2 Durch die Einbringung einer Feststellungsklage (der später stattgegeben wird) wird die Verjährung aller in diesem Zeitpunkt zukünftigen Schadenersatzansprüche gemäß § 1497 ABGB unterbrochen (RS0034771). War daher die Leistungsklage mit einer erfolgreichen Feststellungsklage verbunden, kann einer Ausdehnung nach Ablauf der Verjährungsfrist der Verjährungseinwand nicht erfolgreich entgegengesetzt werden (RS0031702 [T5]).

[7]       1.3 Als „künftige“ Schäden werden solche bezeichnet, deren Ersatz im maßgeblichen Zeitpunkt der Einbringung der Feststellungsklage mangels Fälligkeit des Anspruchs noch nicht begehrt werden kann (RS0034771 [T7; T8]).

[8]       2.1 Grundsätzlich zutreffend macht der Kläger geltend, dass nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ein die Schadenersatzpflicht der Beklagten bejahendes Feststellungsurteil die Verjährung von Folgeschäden für die Dauer von 30 Jahren ab seiner Rechtskraft ausschließt. Davon sind jedoch wiederkehrende Leistungen im Sinn des § 1480 ABGB nicht erfasst (RS0034215). Soweit ein stattgebendes Feststellungsurteil die Verpflichtung zum Ersatz solcher Leistungen betrifft, unterliegen diese dann neuerlich der dreijährigen Verjährung (RS0034202). Der Kläger erkennt zwar diese Grundsätze, meint aber dennoch, ihm müsse die allgemeine Verjährungsfrist von 30 Jahren zugute kommen. Dabei verkennt er, dass es sich bei dem von ihm begehrten Verdienstentgang um einen Anspruch handelt, der seiner Natur nach auf Leistungen gerichtet ist, die in regelmäßiger zeitlicher Wiederkehr zu erbringen sind, und daher nach der Rechtsprechung der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1480 ABGB unterliegen (RS0030928). Entgegen seinem Standpunkt liegt in der Ansicht des Berufungsgerichts, die von ihm geltend gemachten Ansprüche seien nicht der allgemeinen Verjährungsfrist von 30 Jahren zu unterstellen, daher auch keine Fehlbeurteilung.

[9]            2.2 Da „künftige“ (wiederkehrende) Leistungen nicht nur solche sind, die erst nach Zustellung des Feststellungsurteils fällig werden, sondern auch solche, die zwischen der Einbringung der Feststellungsklage und der Zustellung (Rechtskraft) des Feststellungsurteils angefallen sind (9 Ob 219/02z; 10 Ob 88/07z), beginnt auch für sie die Verjährungsfrist mit dem Wegfall der Unterbrechungswirkung neu zu laufen. Ansprüche, die während des anhängigen Feststellungsprozesses noch gar nicht geltend gemacht worden sind, müssen daher ebenfalls innerhalb von drei Jahren nach Zustellung (Rechtskraft) des Feststellungsurteils eingeklagt werden (2 Ob 33/09f).

[10]     3.1 Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Verjährungsfrist für den vom Kläger für die Jahre 2012 bis 2014 begehrten Verdienstentgang mit der Rechtskraft des (nicht angefochtenen) Berufungsurteils über die Feststellungsklage im Vorprozess zu laufen begonnen hat, entspricht den dargestellten Grundsätzen. Der daraus abgeleiteten Verjährung seiner ausgedehnten Ansprüche hält der Kläger – zusammengefasst – entgegen, ihm sei die Bezifferung seines Verdienstentgangs für diesen Zeitraum vor der mündlichen Erörterung des Sachverständigengutachtens in der Tagsatzung vom 13. 10. 2020 nicht möglich gewesen. Er meint, erst dadurch sei die Verjährungsfrist gemäß § 1489 ABGB in Gang gesetzt worden, weil ihm als Geschädigten der Schaden nicht früher bekannt geworden sei (vgl dazu RS0034951). Damit vermag er schon deshalb keine Bedenken gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts zu erwecken, weil er in seiner Revision selbst betont, stets eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung erstellt und sich dazu eines Steuerberaters bedient zu haben. Da bei einem selbständigen Unternehmer der Verdienstentgang in der Regel nach Kalenderjahren berechnet wird (vgl 2 Ob 129/09y), kann er mit dieser Argumentation nicht nachvollziehbar darlegen, dass es ihm nicht möglich gewesen wäre, den ihm dem Grunde nach bekannten Schaden durch naheliegende zweckmäßige Maßnahmen auch der Höhe nach zu ermitteln (vgl RS0118968). Soweit er unter Berufung auf die Lehrmeinung Harrers (in Schwimann/Kodek, ABGB 4 § 1325 Rz 25) meint, es seien auch steigende Gewinne zu berücksichtigen, und daraus erkennbar ableitet, dass er ohne das im Verfahren eingeholte Gutachten die Schadenshöhe nicht beziffern habe können, zitiert er diese Belegstelle nur unvollständig, weil danach steigende Gewinne bereits vor der Verletzung erzielt worden sein müssen. Dazu fehlt es aber bereits an einem Vorbringen in erster Instanz, sodass seine Argumentation schon deshalb ins Leere gehen muss.

[11]           3.2 Damit bedarf es insgesamt keiner Korrektur, wenn die Vorinstanzen übereinstimmend die in der Tagsatzung vom 13. 10. 2010 ausgedehnten Beträge wegen Verjährung abwiesen. Dass die Rechtsprechung, wonach eine Ausdehnung eines Schadenersatzbegehrens nach Ablauf der ursprünglichen Verjährungsfrist auch dann zulässig ist, wenn die Klageausdehnung nicht auf neue Schadenswirkungen gestützt wird, sondern ihren Grund lediglich in einem unverhofft günstigen Sachverständigengutachten hat, nur für Schmerzengeldansprüche gilt und nicht auf Ansprüche, die nicht bemessen, sondern – wenngleich mit Hilfe eines Sachverständigengutachtens – durch Berechnung eruiert werden, übertragen werden kann, hat bereits das Berufungsgericht zutreffend festgehalten (vgl nur 6 Ob 174/17g mwN). Dass die im Vorbringen vorbehaltene Ausdehnung des Klagebegehrens für die Verjährung bedeutungslos ist, entspricht ebenfalls der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RS0019184 [T5]).

[12]           4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Textnummer

E133069

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2021:0050OB00139.21H.0928.000

Im RIS seit

15.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.11.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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