TE OGH 2018/11/29 2Ob102/18s

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.11.2018
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé, den Hofrat Dr. Nowotny und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragstellerin Dr. E***** S*****, vertreten durch Dr. Hans Kaska, Rechtsanwalt in St. Pölten, gegen die Antragsgegnerin Mag. C***** H*****, vertreten durch Mag. Helwig Schuster, Rechtsanwalt in Wien, wegen 19.600 EUR sA und Rechnungslegung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 23. Jänner 2018, GZ 7 R 133/17i-36, womit infolge Rekurses der Antragstellerin der Beschluss des Bezirksgerichts Purkersdorf vom 5. Juli 2017, GZ 7 Nc 2/16b-30, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin sind Töchter der H***** H***** und deren am 13. 9. 2008 verstorbenen Ehemannes Ing. H***** H*****. Dieser war Eigentümer einer Liegenschaft. Der Nachlass wurde mit am 15. 1. 2015 rechtskräftigem Einantwortungsbeschluss zu zwei Neunteln der Antragstellerin, zu je einem Neuntel den Kindern der vorverstorbenen dritten Tochter, Mag. M***** K***** und Dr. M***** K*****, und zu fünf Neunteln der Antragsgegnerin eingeantwortet. Auf dieser Grundlage besteht außerbücherliches Miteigentum an der Liegenschaft.

Die Liegenschaft hat eine Gesamtfläche von 6.051 m². Darauf befindet sich ein „Althaus“ sowie ein weiteres Gebäude („Konfektion“), das von den Eltern der Streitteile errichtet worden war und aus einem Ost- und einem Westtrakt besteht. Zu Lebzeiten des Vaters wurde das „Althaus“ samt Garten nach dem Auszug der Kinder zur Gänze von den Ehegatten als Ehewohnung genutzt. Der Westtrakt der „Konfektion“ diente insofern dem Althaus, als dort ein gemeinsamer Heiz- und ein Lagerraum untergebracht waren; die beiden Wohnungen im Osttrakt waren zum Zeitpunkt des Todes des Vaters der Streitteile vermietet.

Am 5. 7. 1976 hatten die Töchter und die Eltern besprochen, dass die Mutter im Fall des Ablebens ihres Ehemannes zu ihren Lebzeiten die gesamte Liegenschaft weiterhin benutzen und bewohnen solle. Sie trafen nachstehende schriftlich festgehaltene Vereinbarung, die von der Mutter und den drei Töchtern unterschrieben, aber nicht grundbücherlich einverleibt wurde:

„Erklärung: Für den Fall, dass ich Miteigentümer des Haus- und Grundbesitzes […] von Ing. H***** H*****, werden sollte – erkläre ich mich mit einem Wohn- und Nutzungsrecht auf Lebensdauer für unsere Mutter H***** H***** einverstanden und verzichte auf Teilungsklage.

Auch räumen sich die Unterfertigten gegenseitiges Vorkaufsrecht auf die Anteile des anderen ein.“

Die Vereinbarung wurde aus Anlass einer bevorstehenden Operation des Vaters getroffen, sie sollte nach dem Willen der unterzeichnenden Personen aber auch für den Fall des günstigen Verlaufs der Operation gültig sein. Die Erklärung wurde mit der Absicht aufgesetzt, die Mutter abzusichern und ihr zu ermöglichen, zu ihren Lebzeiten die gesamte Liegenschaft unentgeltlich zu nutzen und die aus der Liegenschaft gezogenen Erträge dazu zu verwenden, das Wohnhaus („Althaus“) zu erhalten. Der Vater kommunizierte den Kindern und Enkeln immer wieder, dass die Vereinbarung noch gelte. Der Antragsgegnerin, die zum Unterzeichnungszeitpunkt erst zehn Jahre alt war, war die Vereinbarung bekannt; sie war damit auch nach Erreichen der Volljährigkeit einverstanden.

Am 30. 5. 2008 errichtete der Vater ein Testament, mit dem er seine Ehefrau zu einem Drittel, die Antragstellerin zu zwei Neunteln, die Antragsgegnerin zu zwei Neunteln und die beiden Kinder seiner vorverstorbenen Tochter zu jeweils einem Neuntel als Erben einsetzte und alle früheren letztwilligen Verfügungen widerrief; anlässlich dessen übergab er die Vereinbarung vom 5. 7. 1976 seiner Anwältin.

Nach dem Tod ihres Ehemannes bewohnte die Witwe die Liegenschaft zunächst alleine. Da ihr die Betreuung des Hauses und des Gartens zu beschwerlich wurden, ersuchte sie die Antragsgegnerin und deren Lebensgefährten, sie bei der Haus- und Gartenarbeit zu unterstützen. Dadurch kam es dazu, dass die Antragsgegnerin und ihr Lebensgefährte Ende 2011 in das „Althaus“ einzogen. Im Jahr 2012 übersiedelte die Witwe zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt in ihre Eigentumswohnung in T*****, wobei sie einige ihrer persönlichen Gegenstände mitnahm, andere im Haus zurückließ. Seither verbringt sie durchschnittlich ein bis zwei Tage pro Woche sowie mehrere Tage zu Weihnachten und Ostern auf der Liegenschaft. Sie vereinbarte mit der Antragsgegnerin, dass sie jederzeit in das Haus zurückkehren könne.

Die Witwe hatte ihre Bitte, sich um das Haus und den Garten zu kümmern, an die Antragsgegnerin und deren Lebensgefährten gerichtet, weil sie sich mit der Antragstellerin nicht mehr gut verstand. In weiterer Folge untersagte sie der Antragstellerin und deren Ehemann, die Liegenschaft zu betreten. Auch die Antragsgegnerin verwehrte ihnen den Zutritt.

Die Antragstellerin verfasste am 6. 1. 2012 ein Schreiben an den Gerichtskommissär im Verlassenschaftsverfahren nach dem verstorbenen Vater, in dem sie ersuchte, ihrer Mutter und der Antragsgegnerin mitzuteilen, dass letztere vor einer Einigung das Haus nicht umbauen und bewohnen, den übrigen Erben nicht den Zutritt verwehren, im Miteigentum stehende Gegenstände nicht entsorgen und vor Einantwortung und Teilung nicht alleine über das Erbe verfügen dürfe. Wann dieses Schreiben beim Notar einlangte, konnte nicht festgestellt werden. Die Antragsgegnerin wusste aber jedenfalls ab Anfang 2012, dass die Antragstellerin nicht damit einverstanden war, dass sie auf der Liegenschaft wohnte und der Antragstellerin sowie den Nichten und Neffen den Zutritt zur Liegenschaft verwehrte.

Da es im Verlassenschaftsverfahren zu keiner Einigung zwischen den Erben kam und die Witwe der Streitereien überdrüssig war, schenkte sie ihr in Höhe einer Quote von einem Drittel bestehendes Erbrecht mit Vertrag vom 23. 12. 2013 der Antragsgegnerin.

Während des Verlassenschaftsverfahrens verwaltete die Witwe mit Unterstützung durch ihre Enkelin die Mieteinnahmen aus der Vermietung der „Konfektion“. Ab dem vierten Quartal 2014 übernahm die Antragsgegnerin diesbezüglich die Unterstützung ihrer Mutter.

Die Antragstellerin begehrte für den Zeitraum April 2012 bis April 2016 die Zahlung von 19.600 EUR sA an Benützungsentgelt. Sie brachte vor, ihre Mutter sei im Oktober 2011 in ihre Wohnung nach T***** übersiedelt, worauf die Antragsgegnerin mit ihrem Lebensgefährten und ihrem Kind auf der Liegenschaft eingezogen sei. Die Antragsgegnerin nutze die Liegenschaft titellos. Sie könne keine Berechtigung aus dem Vorausvermächtnis ableiten, weil die Mutter mit der Schenkung ihres angefallenen Erbrechts an die Antragsgegnerin darauf verzichtet habe. Die Vereinbarung des Jahres 1976 enthalte keine Rechteeinräumung, sondern habe auf die zukünftige Einräumung von Rechten abgestellt. Sie sei mangels Verbücherung nicht bindend.

Für die Vermietung der gesamten Liegenschaft sei ein monatlicher Hauptmietzins von 3.500 EUR zu erzielen; sie gehe von einem Hauptmietzins ohne Umsatzsteuer und Betriebskosten in Höhe von 1.800 EUR aus. Auf ihren Miteigentumsanteil von zwei Neunteln entfalle daher ein Anteil von 400 EUR monatlich, den sie als Benützungsentgelt fordere. Hilfsweise stützte die Antragstellerin ihren Anspruch darauf, dass die Antragsgegnerin Mietzinse allein vereinnahmt habe.

Nachdem das Erstgericht mit in Rechtskraft erwachsenem Beschluss vom 15. 6. 2015 ausgesprochen hatte, dass das mit Mahnklage erhobene Begehren auf Zahlung von Benützungsentgelten im außerstreitigen Verfahren zu behandeln sei, begehrte die Antragstellerin zusätzlich die Rechnungslegung betreffend die Liegenschaft für die Jahre 2009 bis einschließlich 2014. Die Antragsgegnerin habe bereits während des Verlassenschaftsverfahrens die Liegenschaft verwaltet und führe die Verwaltung seit der Erbrechtsschenkung der Mutter als Mehrheitseigentümerin. Sie ziehe die Mietzinse einer vermieteten Wohneinheit alleine ein und habe einen Steuerberater mit der Vertretung der Vermietungsgemeinschaft beauftragt. Sie sei daher nach § 830 ABGB zur Rechnungslegung verpflichtet.

Die Antragsgegnerin bestritt eine titellose Benützung der Liegenschaft. Sie sei von der Mutter gebeten worden, sie bei der Ausübung des Wohn- und Nutzungsrechts zu unterstützen. Sie leite die „Bewohnung“ der Liegenschaft daher nicht aus ihrem Miteigentumsanteil, sondern aus dem Wohn- und Nutzungsrecht ihrer Mutter ab, das sich sowohl aus dem gesetzlichen Vorausvermächtnis als auch aus der Vereinbarung vom 5. 7. 1976 ergebe.

Selbst unter der Annahme, dass ein Benützungsentgelt zustehe, reduziere sich dieses auf Null, weil sich die Antragstellerin nicht an den auf die Liegenschaft entfallenden Aufwendungen beteilige. Vor Oktober 2012 entstandene Benützungsentgelte seien zudem verjährt. Darüber hinaus könne die Antragstellerin für den Zeitraum vor Einantwortung mangels Stellung als Miteigentümerin keine Benützungsentgelte verlangen.

Die Antragsgegnerin sei hinsichtlich des Rechnungslegungsanspruchs nicht passiv legitimiert, weil die Verwaltung nicht von ihr, sondern von der Mutter der Streitteile geführt worden sei.

Das Erstgericht wies die Anträge ab.

Es traf die eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Feststellungen und erörterte rechtlich, mit der Vereinbarung vom 5. 7. 1976 sei der Mutter der Streitteile ein inhaltlich einem Fruchtgenussrecht entsprechendes Nutzungsrecht eingeräumt worden, mit dem ihr alle Nutzungs- und Verwaltungsrechte übertragen worden seien. Sie sei berechtigt, ihr Nutzungsrecht der Ausübung nach mit obligatorischer Wirkung auf die Antragsgegnerin zu übertragen. Diese nutze daher auch im über ihren Miteigentumsanteil hinausgehenden Umfang nicht titellos, sodass sie kein Benützungsentgelt zu leisten habe. Aufgrund der Verwaltungsbefugnis der Mutter bestehe kein Rechnungslegungsanspruch gegen die Antragsgegnerin.

In ihrem gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs machte die Antragstellerin geltend, dass eine allfällige Rechteeinräumung durch die Vereinbarung vom 5. 7. 1976 mangels Einhaltung der Schenkungsform unwirksam sei.

Die Antragsgegnerin hielt dem entgegen, die Vereinbarung sehe eine Gegenleistung in Form des Erwerbs von Miteigentum an der Liegenschaft vor.

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Die Erklärung vom 5. 7. 1976 sei dahin auszulegen, dass sie sich uneingeschränkt auf die gesamte Liegenschaft und beide Gebäude beziehe. Der Umstand, dass die Vereinbarung aus Anlass einer bevorstehenden Operation des Vaters der Streitteile zum Zweck der Versorgung seiner Ehefrau geschlossen worden sei, spreche dafür, dass das Wohn- und Nutzungsrecht bereits mit der Vereinbarung – aufschiebend bedingt – eingeräumt und nicht bloß eine Rechteeinräumung in der Zukunft in Aussicht genommen werden sollte. Die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung minderjährige Antragsgegnerin habe die Vereinbarung nach Erreichen der Volljährigkeit stillschweigend genehmigt. Durch die spätere Einsetzung der Ehefrau als Erbin und durch das gesetzliche Vorausvermächtnis sei die Grundlage der Vereinbarung nicht weggefallen, da diese der Ehefrau weitergehende Rechte einräume, als sie als Miterbin oder aus dem Vorausvermächtnis erlangt hätte, nämlich die umfassende, uneingeschränkte Nutzung der gesamten Liegenschaft.

Die Vereinbarung sei nicht als notariatsaktspflichtige Schenkung ohne wirkliche Übergabe zu qualifizieren, weil keine Anhaltspunkte für einen Schenkungswillen vorlägen. Sie regle (aufschiebend bedingt) die Benützungsverhältnisse durch ausschließliche Zuweisung der gemeinschaftlichen Sache an die Mutter im Weg einer Benützungsvereinbarung. Benützungsvereinbarungen könnten auch schlüssig zustande kommen; die Zuweisung eines überproportionalen Nutzens an einen Miteigentümer bedürfe daher keines Notariatsakts. Die Kinder der vorverstorbenen dritten Schwester seien als Rechtsnachfolger ebenfalls an die Vereinbarung gebunden. Die Benützungsvereinbarung könne nur einstimmig oder durch den Außerstreitrichter abgeändert werden, beides habe die Antragstellerin nicht behauptet.

Die Vereinbarung berechtige die nunmehrige Witwe, ihr Nutzungsrecht der Ausübung nach mit obligatorischer Wirkung an die Antragsgegnerin zu übertragen. Der gegenwärtige Umfang der Nutzung durch sie (an ein bis zwei Tagen pro Woche sowie zu Weihnachten und Ostern) lasse nicht den Schluss zu, sie hätte auf ihr Recht verzichtet. Die Antragsgegnerin könne ihr Recht zur Nutzung der gesamten Liegenschaft daher aus der Übertragung des Benützungsrechts durch die Berechtigte ableiten. Wegen dieses vertraglichen Rechtsgrundes habe die Antragstellerin keinen Anspruch auf Benützungsentgelt für eine über den Miteigentumsanteil hinausgehende Nutzung durch die Antragsgegnerin. Ob die Antragsgegnerin das Betriebsgebäude (die „Konfektion“) umgebaut und Wohnungen entfernt habe und dort eine Montessori-Einrichtung betreibe, sei für die Beurteilung des Anspruchs auf Benützungsentgelt nicht entscheidend.

Aufgrund der ausschließlichen Zuweisung der Nutzung der Liegenschaft an die Mutter sei diese auch zur Verwaltung berechtigt; das stehe einem Anspruch auf Rechnungslegung gegen die Antragsgegnerin entgegen.

Mit ihrem gegen diese Entscheidung erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs strebt die Antragstellerin die Abänderung des angefochtenen Beschlusses im antragsstattgebenden Sinn an; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Die Antragsgegnerin beantragt mit der ihr freigestellten Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs der Antragstellerin zurückzuweisen, hilfsweise, ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht bei der Auslegung der Vereinbarung vom 5. 7. 1976 von den Grundsätzen der Rechtsprechung in korrekturbedürftiger Weise abgewichen ist. Er ist mit seinem Aufhebungsantrag auch berechtigt.

Die Antragstellerin macht zusammengefasst geltend, das Rekursgericht habe die Vereinbarung vom 5. 7. 1976 unrichtig ausgelegt; nach dem Wortlaut und unter Anwendung von § 915 ABGB ergebe sich, dass nur ein höchstpersönliches Wohnrecht am „Althaus“ eingeräumt werden sollte. In Wahrheit habe es sich überhaupt nur um eine Absichtserklärung über eine zukünftige Rechteeinräumung gehandelt. Das Rekursgericht habe die Vereinbarung zudem zu Unrecht als Benützungsvereinbarung qualifiziert. Eine solche sei nur unter Miteigentümern möglich. Die Mutter sei aber nicht Miteigentümerin der Liegenschaft. Das Rekursverfahren sei mangelhaft, weil die Antragstellerin nicht die Möglichkeit gehabt habe, zur Beurteilung als Benützungsvereinbarung Vorbringen zu erstatten. Selbst unter der Annahme, die Vereinbarung sei als Benützungsregelung zu verstehen, hätte die geänderte Nutzung der Liegenschaft (durch die Antragsgegnerin) der Zustimmung der anderen Miteigentümer bedurft. Richtigerweise sei die Vereinbarung als notariatsaktspflichtige Schenkung zu qualifizieren, weil der Zuwendung an die Mutter keine Gegenleistung gegenüberstehe. Darüber hinaus sei der Zweck der Vereinbarung, die Mutter abzusichern, nachträglich weggefallen. Im Vereinbarungszeitpunkt habe nämlich kein gesetzlich verankertes Wohnrecht des überlebenden Ehegatten bestanden; ein solches sei erst später im Weg des gesetzlichen Vorausvermächtnisses eingeführt worden. Die Antragsgegnerin könne die Nutzung der gesamten Liegenschaft auch nicht auf das gesetzliche Vorausvermächtnis stützen, weil dieses jedenfalls nicht die Nutzung der im Zeitpunkt des Todes des Vaters vermieteten Gebäude umfasse. Schließlich hätte das Rekursgericht dem Rechnungslegungsbegehren stattgeben müssen, weil die Antragsgegnerin als Mehrheitseigentümerin die Verwaltung der gesamten Liegenschaft ausübe und über diese und die erzielten Einkünfte verfüge.

Dazu wurde erwogen:

1. Zum Anspruch auf Benützungsentgelt

1.1. Der Miteigentümer kann für die übermäßige Nutzung der gemeinsamen Sache durch einen anderen Miteigentümer (rückwirkend) ab Zugang des ausdrücklichen oder schlüssigen Widerspruchs gegen die übermäßige Benützung ein anteiliges Benützungsentgelt verlangen (2 Ob 248/08x mwN immolex 2010, 14 [Prader] = wobl 2010, 229 [Vonkilch]; 8 Ob 127/11a; 7 Ob 86/13t; 7 Ob 48/18m; RIS-Justiz RS0013617; Pittl/Steiner, Rechtsnatur und Rechtsfolgen des Widerspruchs eines [schlichten] Miteigentümers gegen die übermäßige Nutzung durch einen anderen Miteigentümer, wobl 2013, 8). Die widerspruchslose Duldung lässt im Zweifel zunächst auf eine konkludente Vereinbarung der Miteigentümer schließen. Erst ab Zugang seines ausdrücklichen oder schlüssigen Widerspruchs gegen die übermäßige Benützung wird der Eindruck eines Einverständnisses widerlegt und der Anspruch des verkürzten Miteigentümers auf ein anteiliges Benützungsentgelt begründet (8 Ob 127/11a).

Das Erfordernis eines Widerspruchs der Antragstellerin gegen die übermäßige Nutzung durch die Antragsgegnerin wäre im vorliegenden Fall erfüllt. Zwar hat die Antragstellerin den Widerspruch nicht an die Antragsgegnerin, sondern an den Gerichtskommissär des Verlassenschaftsverfahrens mit dem Antrag auf Weiterleitung adressiert, wobei nicht einmal der Zeitpunkt des Einlangens bei diesem Notar festgestellt werden konnte. Auch steht nicht explizit fest, dass er dem Antrag Folge leistete und wann der Antragsgegnerin eine entsprechende Mitteilung zugegangen ist. Aus der weiteren Feststellung, die Antragsgegnerin habe „ab Anfang 2012“ vom fehlenden Einverständnis der Antragstellerin gewusst, ist jedoch zu schließen, dass ihr der Widerspruch – sei es auf direktem Weg, sei es über den Gerichtskommissär – tatsächlich zugegangen sein muss.

1.2. Wesentlich für das Bestehen eines Verwendungsanspruchs für eine verhältnismäßig größere Nutzung ist, dass der Miteigentümer den seinen Miteigentumsanteil übersteigenden Nutzen ausschließlich aufgrund seines Miteigentums und nicht aus einem anderen Titel für seine Zwecke verwendet bzw zur Benützung zur Verfügung gestellt erhalten hat (vgl RIS-Justiz RS0013617).

Es ist daher zunächst zu prüfen, ob die Antragsgegnerin ihre die anderen Miteigentümer ausschließende und damit übermäßige Nutzung (vgl 7 Ob 86/13t) aus einem anderen Titel als ihrem Miteigentum ableiten kann.

2. Zur Vereinbarung vom 5. 7. 1976

2.1. Die Antragsgegnerin leitet die Berechtigung zur Nutzung der Liegenschaft aus der Gestattung durch die Mutter ab, die sich ihrerseits auf die Vereinbarung vom 5. 7. 1976 stützen könne. Die Bindung der zu diesem Zeitpunkt noch minderjährigen Antragsgegnerin steht im Verfahren nicht in Frage. Während das Rekursgericht die Vereinbarung als Rechteeinräumung in Form einer wirksamen, keinen Formgeboten unterliegenden Benützungsvereinbarung qualifizierte, geht die Antragstellerin von einer Vereinbarung über eine erst zukünftig vorzunehmende Rechteeinräumung aus; für den Fall der Annahme einer Rechteeinräumung durch die Vereinbarung selbst erblickt sie darin eine formpflichtige Schenkung.

2.2. Diese Fragen sind durch Auslegung der Vereinbarung zu klären.

Bei Auslegung einer Willenserklärung nach den §§ 914 f ABGB ist zunächst vom Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung auszugehen, dabei aber nicht stehen zu bleiben, sondern der Wille der Parteien, das ist die dem Erklärungsempfänger erkennbare Absicht des Erklärenden zu erforschen (RIS-Justiz RS0017915 [T2]; RS0014160 [T27]). Für die Beurteilung der „Absicht“ der Parteien im Sinn des § 914 ABGB kommt es maßgebend auf den Zweck der Regelung an, den die Beteiligten redlicherweise unterstellen mussten (RIS-Justiz RS0017915 [T23]).

Treten nach Abschluss des Geschäfts Konfliktfälle auf, die von den Parteien nicht bedacht und daher auch nicht ausdrücklich geregelt wurden, dann ist unter Berücksichtigung der übrigen Vertragsbestimmungen und des von den Parteien verfolgten Zwecks zu fragen, welche Lösung redliche und vernünftige Parteien vereinbart hätten (RIS-Justiz RS0017758).

2.3. Gegenstand der Vereinbarung vom 5. 7. 1976 war die Einräumung eines Wohn- und Nutzungsrechts durch die Töchter zugunsten ihrer Mutter unter der Bedingung, dass die Töchter Miteigentum an der Liegenschaft erlangen. Die Vereinbarung diente dem Zweck, die Wohnversorgung der Mutter, die selbst nicht Miteigentümerin der Liegenschaft war, sondern diese aufgrund eines von ihrem Ehemann abgeleiteten familienrechtlichen Wohnrechts bewohnte, auch gegenüber ihren Töchtern als präsumtiven Liegenschaftseigentümerinnen abzusichern. Daraus, dass die Vereinbarung aus Anlass einer bevorstehenden Operation des Vaters und Liegenschaftseigentümers getroffen wurde, leitete das Rekursgericht ab, dass die Vertragsparteien bereits mit der Vereinbarung vom 5. 7. 1976 eine verbindliche Einräumung von Rechten zugunsten der Mutter vornehmen wollten.

Diese Auslegung überzeugt, hätte doch der Zweck der Absicherung der Wohnversorgung der Mutter durch die bloße Inaussichtnahme des späteren Abschlusses einer bindenden Vereinbarung nicht erreicht werden können.

2.4. Begriffswesentlich für das Vorliegen einer Schenkung ist die Schenkungsabsicht. Sie besteht in der Absicht einer unentgeltlichen, das heißt auf keiner Gegenleistung bezogenen und freiwilligen (freigiebigen) Leistung (RIS-Justiz RS0018833 [T3]). Die Schenkungsabsicht wird durch jede synallagmatisch, konditional oder kausal verknüpfte Gegenleistung, die in einer Handlung oder Unterlassung bestehen kann und keinen Gegenwert haben muss, ausgeschlossen. Es genügt, dass auf der Seite des Leistenden ein Interesse an einem bestimmten Verhalten des Empfängers der Leistung besteht (8 Ob 3/09p mwN; RIS-Justiz RS0017193 [T9]).

Im vorliegenden Fall konnten redliche, verständige Vertragsparteien aufgrund der gegebenen Umstände die getroffene Vereinbarung nur dahin auffassen, dass die Regelung nur im Fall des Erwerbs von Miteigentum nach dem Vater von Todes wegen gelten sollte. Die Einräumung des Wohnrechts an die Mutter stand daher unter der Bedingung, dass die Töchter die Liegenschaft von Todes wegen aus dem Nachlass ihres Vaters erwerben. Umgekehrt ließ der Vater damit erkennen, dass er nur dann zu einer Zuwendung an die Töchter bereit war, wenn diese der Mutter ein Recht einräumten. Darin liegt eine konditionale Verknüpfung zwischen dem letztwilligen Erwerb aus dem Vermögen des Vaters und der Rechteeinräumung zugunsten der Mutter. Diese Verknüpfung steht der Annahme einer Zuwendung aus Freigiebigkeit und damit einer Schenkung der Töchter (oder ihrer Rechtsnachfolger) an die Mutter entgegen.

Die Vereinbarung ist daher nicht als Schenkung der Töchter gemäß § 938 ABGB zu qualifizieren. Auf die Frage der Einhaltung der Schenkungsform muss daher nicht weiter eingegangen werden.

2.5. Die Vorinstanzen haben die Vereinbarung ferner dahin ausgelegt, dass der Mutter der Streitteile eine einem Fruchtgenussrecht gleichkommende Rechtsposition eingeräumt worden sei, die auch die Befugnis zur Übertragung des Wohnrechts auf Dritte umfasse.

Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen:

Nach dem Wortlaut der Vereinbarung wurde der Mutter der Streitteile ein „Wohn- und Nutzungsrecht auf Lebensdauer“ eingeräumt. Der Umfang dieses Rechts ist in der Vertragsurkunde nicht näher umschrieben. Er ergibt sich jedoch aus dem von den Parteien verfolgten und vom Erstgericht festgestellten Vertragszweck. Demnach sollte die Mutter „abgesichert“ sein; sie sollte die gesamte Liegenschaft unentgeltlich nutzen und die aus der Liegenschaft gezogenen Erträge zur Erhaltung des Wohnhauses verwenden dürfen.

Aus dem Zusammenhang dieser Feststellungen ergibt sich, dass die Vertragsparteien eine Absicherung der Wohnversorgung der Mutter erreichen und ihr ermöglichen wollten, ihr Leben lang in der bisherigen Wohnumgebung zu verbleiben. Damit steht im Einklang, dass ihr die Erträgnisse der Liegenschaft nicht umfassend, sondern nur in jenem Umfang zustehen sollten, in dem sie zur Aufrechterhaltung der Wohnmöglichkeit auf der Liegenschaft erforderlich waren.

Aus dem vordringlichen Regelungszweck, die Wohnversorgung der Mutter der Streitteile sicherzustellen, folgt aber, dass ihr mit der Vereinbarung vom 5. 7. 1976 kein Recht zur uneingeschränkten Nutzung iSd § 509 ABGB, sondern ein einem höchstpersönlichen Wohnrecht entsprechendes, obligatorisches Nutzungsrecht mit der zusätzlichen Befugnis die zur Gewährleistung des Wohnungsrechts nötigen Erträgnisse der Liegenschaft einzuziehen, eingeräumt worden ist (RIS-Justiz RS0011840).

2.6. Auf die im Zusammenhang mit der Auslegung der Vereinbarung stehende Verfahrensrüge ist schon mangels Relevanz für die Entscheidung nicht einzugehen.

3. Zum Nutzungsrecht der Antragsgegnerin aufgrund der Vereinbarung vom 5. 7. 1976

3.1. Eine Berechtigung zur Übertragung des Wohnrechts auf die Antragsgegnerin „der Ausübung nach“, wie von den Vorinstanzen angenommen, kommt nicht in Betracht. Denn ein höchstpersönliches (wenngleich hier nur obligatorisch eingeräumtes) Wohnrecht kann nicht anderen Personen übertragen werden (RIS-Justiz RS0011828).

3.2. Von der Berechtigung zur Übertragung des Wohnrechts zu unterscheiden ist die Frage nach der Berechtigung zur Aufnahme dritter Personen durch den Wohnungsberechtigten. Die Vereinbarung enthält dazu keine Regelung.

Nach der Rechtsprechung ist die Frage, ob ein Wohnungsberechtigter befugt ist, eine dritte Person bei sich aufzunehmen, nach den Verhältnissen des Einzelfalls zu entscheiden (RIS-Justiz RS0011776). Dabei wird die Aufnahme einer notwendigen Pflegeperson durch den Berechtigten als grundsätzlich zulässig beurteilt (4 Ob 75/01k; 1 Ob 848/51 SZ 24/337; 1 Ob 286/56 JBl 1957, 187; vgl 8 Ob 10/10v immolex 2011/103 [Edelhauser]; RIS-Justiz RS0011848; Spath in Kodek/Schwimann, ABGB4 § 521 Rz 9; Hofmann in Rummel, ABGB³ § 521 Rz 4; Koch in KBB5 § 521 ABGB Rz 3). Maßgeblich ist, ob die Aufnahme der dritten Person der Befriedigung von Wohnbedürfnissen üblicher Art im Sinn der natürlichen Lebensverhältnisse entspricht (Polster in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 521 ABGB Rz 27). In der Entscheidung 1 Ob 286/56 wurde die Aufnahme der Schwester der Berechtigten als Pflegeperson samt der Aufnahme ihres Ehegatten als zulässig beurteilt. Zu 4 Ob 75/01k wurde die Befugnis der wohnungsberechtigten Mutter zur Aufnahme ihrer Tochter als Pflegeperson bejaht. Nach dieser Entscheidung ist der Berechtigte zudem nicht erst dann zur Aufnahme einer Pflege- oder Dienstperson berechtigt, wenn er sich nicht mehr selbst versorgen kann, sondern schon dann, wenn er bloß in Teilbereichen auf Hilfe angewiesen ist.

3.3. Die Vereinbarung vom 5. 7. 1976 sollte der Mutter der Streitteile ermöglichen, bis zu ihrem Lebensende in ihrem bisherigen Wohnhaus zu verbleiben. Es liegt auf der Hand, dass die Pflege eines Hauses mit Garten mit höherem Alter beschwerlicher wird. Zur Verwirklichung des Wohnzwecks hätten redliche, vernünftige Vertragsparteien daher auch die Aufnahme Dritter zur Unterstützung der Berechtigten als zulässig angesehen.

3.4. Nach den Feststellungen erfolgte der Einzug der Antragsgegnerin und ihres Lebensgefährten in das Wohnhaus auf der Liegenschaft, weil die Mutter, der die Betreuung des Hauses und des Gartens zu beschwerlich geworden war, sie um Unterstützung bei der Haus- und Gartenarbeit ersucht hatte. Die Aufnahme der Antragsgegnerin und ihres Lebensgefährten in die Wohnung der Mutter der Streitteile ist daher von der Vereinbarung vom 5. 7. 1976 gedeckt.

Dies gilt jedoch nur für jenen Zeitraum, in dem die Mutter der Unterstützung bedurfte, sie also ihr Wohnrecht auf der Liegenschaft ausübte.

3.5. Die Mutter übersiedelte zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2012 in ihre Eigentumswohnung. Sie hält sich seither – als Besucherin –nur noch an durchschnittlich ein bis zwei Tagen pro Woche sowie zu Weihnachten und Ostern auf der Liegenschaft auf. Damit übt sie das ihr eingeräumte Wohnrecht nicht mehr aus. Daran ändert auch die mit der Antragsgegnerin getroffene Vereinbarung nichts, jederzeit auf die Liegenschaft zurückkehren zu können. Die Aufnahme dritter Personen zur Erledigung von Haus- und Gartenarbeiten ist daher auch nicht mehr durch den Zweck der Wohnversorgung der Mutter gedeckt.

3.6. Wie soeben erwähnt, erfolgte die Übersiedlung der Mutter der Streitteile zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2012.

In außerstreitigen kontradiktorischen Verfahren, in denen sich die Parteien in gegenläufigen Rollen gegenüber stehen, sind ganz allgemein die Behauptungs- und Beweislastregeln, die das streitige Verfahren beherrschen, heranzuziehen (RIS-Justiz RS0124141). Die Negativfeststellung hinsichtlich des genauen Zeitpunkts der Übersiedlung geht daher zu Lasten der für die Voraussetzungen ihres Bereicherungsanspruchs beweisbelasteten Antragstellerin. Daraus folgt, dass der Übersiedlungszeitpunkt mit 31. 12. 2012 anzusetzen ist.

3.7. Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass sich die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin für die über ihre anteilige Berechtigung als Miterbin bzw Miteigentümerin hinausgehende Nutzung der Liegenschaft durch den Einzug in das Wohnhaus auf eine durch die Vereinbarung vom 5. 7. 1976 gedeckte Gestattung durch ihre Mutter nur insoweit stützen kann, als dies den Zeitraum bis zur Übersiedlung der Mutter in ihre Eigentumswohnung betrifft.

3.8. Für den Zeitraum vor dem Auszug der Mutter kann aus der Vereinbarung vom 5. 7. 1976 zudem kein unbeschränktes Nutzungsrecht der Antragsgegnerin abgeleitet werden.

Die Befugnis des Wohnungsberechtigten zur Aufnahme Dritter darf nämlich nicht zu einer räumlichen oder sachlichen Ausdehnung der Benützung führen (4 Ob 75/01k; 8 Ob 10/10v immolex 2011/103 [Edlhauser]; RIS-Justiz RS0011848; Hofmann in Rummel, ABGB³ § 521 Rz 4).

Die von der Vereinbarung vom 5. 7. 1976 gedeckte Befugnis der Antragsgegnerin zur Nutzung der Liegenschaft geht daher in ihrem Umfang nicht über die der Mutter eingeräumte Berechtigung hinaus.

3.9. Die Antragstellerin hat die übermäßige Benützung der Liegenschaft durch die Antragsgegnerin auch damit begründet, dass diese das Gebäude der ehemaligen „Konfektion“ umgebaut habe und darin jetzt eine Montessori-Einrichtung betreibe. Zu diesem Vorbringen liegen zwar bisher noch keine Feststellungen vor. Eine derartige Liegenschaftsnutzung durch die Antragsgegnerin könnte aus der Vereinbarung vom 5. 7. 1976 aber keinesfalls abgeleitet werden, stünde sie doch in keinem Zusammenhang mit dem Wohnrecht der Mutter der Streitteile.

4. Zum Nutzungsrecht der Antragsgegnerin aufgrund des gesetzlichen Vorausvermächtnisses

4.1. Das gesetzliche Vorausvermächtnis gemäß § 758 ABGB (in der hier maßgeblichen Fassung vor dem ErbRÄG 2015, BGBl I 2015/87; vgl § 745 Abs 1 ABGB idF ErbRÄG 2015) gewährt dem überlebenden Ehegatten einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Erben oder den sonst durch das Vermächtnis Beschwerten, in der gemeinsamen Ehewohnung im inhaltlich gleichen Umfang weiter zu wohnen (RIS-Justiz RS0012822 [T1], RS0012824 [T3]). Das bisherige, gegen den Ehegatten zustehende Benützungsrecht des überlebenden Ehegatten setzt sich als Anspruch gegen den Erben (Vermächtnisnehmer) fort (RIS-Justiz RS0012824).

4.2. Das Wohnrecht des überlebenden Ehegatten aus dem gesetzlichen Vorausvermächtnis hat subsidiären Charakter (Eccher, Zum neuen Wohnrecht des überlebenden Ehegatten, wobl 1991, 1 [3]; Zankl, Das gesetzliche Vorausvermächtnis des Ehegatten [1996] 19 f; Apathy/Musger in KBB5 § 745 ABGB Rz 4; Welser in Rummel/Lukas, ABGB4 § 758 Rz 8). Es gewährt daher keinen Anspruch, wenn der überlebende Ehegatte die Befriedigung seines Wohnbedürfnisses an der Ehewohnung nach Sonderbestimmungen des Miet- oder Wohnrechts oder auf sonstige Weise aus eigenem Recht sichern kann (2 Ob 187/06y; vgl RIS-Justiz RS0012820 [T1]).

4.3. Die Antragsgegnerin konnte daher aus einer auf das Wohnrecht gemäß § 758 ABGB gestützten Gestattung durch ihre Mutter keine weitergehenden Rechte ableiten, als ihr ohnehin bereits aus der Gestattung auf Grund der Vereinbarung vom 5. 7. 1976 zustehen. Soweit die Antragsgegnerin die gemeinsame Liegenschaft darüber hinaus benützt, vermag sie sich daher auf keinen anderen Titel zu stützen, als ihr Miteigentum (Punkt 1.2.). Daraus kann sich ein Verwendungsanspruch zugunsten der Antragstellerin ergeben, wie sogleich näher darzustellen sein wird.

5. Zum Zahlungsanspruch dem Grunde nach

5.1. Nach § 810 Abs 1 ABGB hat der Erbe, der bei Antretung der Verlassenschaft sein Erbrecht hinreichend ausweist, das Recht, das Verlassenschaftsvermögen zu benützen, zu verwalten und die Verlassenschaft zu vertreten, solange das Verlassenschaftsgericht nichts anderes anordnet; trifft dies auf mehrere Personen zu, so üben sie dieses Recht gemeinsam aus (§ 810 Abs 1 ABGB). Die mehreren Erben stehen bis zur Einantwortung in einer sich auf das Erbrecht beziehenden schlichten Rechtsgemeinschaft gemäß den §§ 825 ff ABGB (RIS-Justiz RS0012313).

Die für den Bereicherungsausgleich unter Miteigentümern geltenden Grundsätze kommen daher auch dann zur Anwendung, wenn nach der Einantwortung ein Bereicherungsanspruch aufgrund einer im Verhältnis zur Erbquote überproportionalen Nutzung der nachlasszugehörigen Liegenschaft während des Verlassenschaftsverfahrens zu beurteilen ist.

Mit der Einantwortung werden die Erben, solange keine Erbteilung stattfindet, Miteigentümer der körperlichen Nachlasssachen nach dem Verhältnis ihrer Erbteile (2 Ob 41/15s SZ 2016/1; 2 Ob 103/15h mwN). Danach kommen mangels abweichender Vereinbarung die Nutzungen (und Lasten) des gemeinsames Gutes den Teilhabern gemäß § 839 ABGB im Verhältnis ihrer Anteile zu (vgl Sailer in KBB5 §§ 839–840 ABGB Rz 1).

5.2. Die Antragstellerin begehrt Benützungsentgelt für die Zeitperiode von April 2012 bis einschließlich April 2016. Innerhalb dieser Zeitspanne standen die Streitteile zunächst in einer aus dem Erbrecht resultierenden Rechtsgemeinschaft; ab dem Eintritt der Rechtskraft des Einantwortungsbeschlusses am 15. 1. 2015 waren sie Miteigentümerinnen der Liegenschaft.

5.3. Zum Grund des Anspruchs der Antragstellerin auf Benützungsentgelt gelangt man auf dieser Grundlage zu folgendem Ergebnis:

5.3.1. Solange die Mutter der Streitteile gemeinsam mit der Antragsgegnerin und deren Lebensgefährten auf der Liegenschaft lebte (das ist der Zeitraum April 2012 bis einschließlich Dezember 2012) besteht ein Bereicherungsanspruch der Antragstellerin nur dann, wenn die Benützung der Liegenschaft durch die Antragsgegnerin über jene der Mutter hinausging, etwa wenn die Antragsgegnerin zusätzlich das Gebäude der „Konfektion“ für sich nutzte.

Dazu wird das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren Feststellungen zu treffen haben.

5.3.2. Für den Zeitraum nach der Übersiedlung der Mutter der Streitteile (ab Jänner 2013) kann sich die Antragsgegnerin für die Benützung der Liegenschaft auf keinen anderen Rechtstitel als ihr Miteigentum stützen. Diese Beurteilung trifft gleichermaßen für den Zeitraum vor Einantwortung wie für den Zeitraum ab dem Eigentumserwerb der Streitteile (mit Rechtskraft des Einantwortungsbeschlusses) zu.

Daraus folgt, dass der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin zumindest ab Jänner 2013 jedenfalls ein Bereicherungsanspruch dem Grunde nach zusteht.

5.4. Die geltend gemachten Ansprüche sind auch nicht verjährt, weil für Ansprüche aus § 1041 ABGB die dreißigjährige Verjährung gilt, sofern – wie im vorliegenden Fall – eine Leistung oder Lieferung im geschäftlichen Betrieb nicht vorliegt (RIS-Justiz RS0020167 [T14]).

6. Zur Anspruchshöhe

6.1. Die Höhe des aus der übermäßigen titellosen Benützung der Liegenschaft resultierenden Verwendungsanspruchs hängt von der Redlichkeit oder Unredlichkeit des Bereicherten ab. Der redliche Benützer hat den Vorteil zu vergüten, der ihm nach seinen subjektiven Verhältnissen entstanden ist. Dieser Vorteil orientiert sich in der Regel am gewöhnlichen Benützungsentgelt, das aber zugleich die Obergrenze des Ersatzes bildet (RIS-Justiz RS0020150; zur übermäßigen Nutzung durch den Miteigentümer: 2 Ob 248/08x). Es kommt nicht auf die Nachteile des Anspruchsberechtigten, sondern auf den Nutzen des Benützers an (vgl 7 Ob 48/18m; RIS-Justiz RS0019850).

Von dem sich daraus ergebenden Benützungsentgelt steht dem entreicherten Miteigentümer der seiner Miteigentumsquote entsprechende Anteil zu (vgl 2 Ob 248/08x; zustimmend Pittl/Steiner, wobl 2013, 8 [13]). Für den Zeitraum vor Rechtskraft des Einantwortungsbeschlusses ist auf die Höhe der Erbquote der Antragstellerin abzustellen.

6.2. Zur Höhe des gewöhnlichen Benützungsentgelts für die Liegenschaft liegen derzeit keine Feststellungen vor. Im fortgesetzten Verfahren werden daher Feststellungen zu den durch die übermäßige Nutzung erlangten Vorteilen der Antragsgegnerin zu treffen sein.

7. Zum Bereicherungsanspruch für vereinnahmte Mieteinnahmen

7.1. Die aus der Liegenschaft gezogenen Nutzungen sind gemäß § 839 ABGB verhältnismäßig aufzuteilen. Zu den aufzuteilenden Nutzungen gehören auch Bestandzinse, es sei denn, sie stehen aufgrund einer Vereinbarung nur einem oder mehreren Miteigentümern zu (H. Böhm in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.01 § 840 Rz 6).

7.2. Die Antragstellerin stützt ihren Bereicherungsanspruch hilfsweise darauf, dass die Antragsgegnerin Mieteinnahmen aus der Liegenschaft allein lukriert habe. Dieses Vorbringen bezieht sich auch auf den Zeitraum vor der Übersiedlung der Mutter der Streitteile in ihre Eigentumswohnung. Sollte sich für diesen Zeitraum nach den oben dargestellten Grundsätzen keine unberechtigte übermäßige Benützung der Liegenschaft durch die Antragsgegnerin ergeben (erste Anspruchsgrundlage), könnte ein Bereicherungsanspruch der Antragstellerin für diesen Zeitraum daraus resultieren, dass die Antragsgegnerin Mieteinnahmen allein vereinnahmte. Für diesen Fall wird auch die Höhe der eingenommenen Mietzinse festzustellen sein.

8. Zum Anspruch auf Rechnungslegung

8.1. Der Verwalter eines gemeinschaftlichen Gutes ist gemäß § 837 ABGB als Machthaber aller Miteigentümer (Mitberechtigten) anzusehen und nach dem ausdrücklichen Wortlaut dieser Gesetzesstelle verpflichtet, ordentlich Rechnung zu legen (RIS-Justiz RS0013784). Der Anspruch auf Rechnungslegung besteht auch gegen den verwaltenden Miterben (vgl 1 Ob 114/50 SZ 23/75; 5 Ob 535/77 SZ 50/56).

Ob ein Rechnungslegungsanspruch gegen die Antragsgegnerin besteht, kann nach den getroffenen Feststellungen noch nicht beurteilt werden.

8.2. Das Erstgericht hat in diesem Zusammenhang nur festgestellt, dass die Mieteinnahmen aus der Liegenschaft nach dem Tod des Vaters der Streitteile auf das Konto der Mutter flossen, die diese während des Verlassenschaftsverfahrens – zunächst mit Unterstützung ihrer Enkelin, ab dem vierten Quartal 2014 mit Unterstützung durch die Antragsgegnerin – verwaltete.

Die Verwaltung der Liegenschaft erschöpft sich aber nicht in der Verwaltung der eingenommenen Mietzinse. Es fehlt vielmehr insgesamt an Feststellungen, die die Beurteilung erlauben, ob die Antragsgegnerin in den Jahren 2009 bis 2014 Verwaltungshandlungen vorgenommen hat. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang etwa auch das Vorbringen der Antragstellerin, die Antragsgegnerin habe bestehende Mietverträge gekündigt und Umbauten vorgenommen.

Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren – nach Erörterung mit den Parteien – konkrete Feststellungen zur Verwaltung der Liegenschaft zu treffen haben.

9. Ergebnis

Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind aus den dargelegten Gründen aufzuheben. Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren die Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofs mit den Parteien zu erörtern und das Verfahren im obigen Sinn zu ergänzen haben. Erst auf der Grundlage eines vollständigen Sachverhalts wird die abschließende Beurteilung der Sache möglich sein.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 78 Abs 1 Satz 2 AußStrG.

Textnummer

E123742

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0020OB00102.18S.1129.000

Im RIS seit

17.01.2019

Zuletzt aktualisiert am

25.04.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten