TE OGH 2018/9/25 4Ob52/18b

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Veröffentlicht am 25.09.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.

 Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.-Prof. Dr. Brenn, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache des Klägers K***** R*****, vertreten durch Rechtsanwälte Mandl GmbH in Feldkirch, gegen die Beklagten 1. 3***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Hirsch und Dr. Ursula Leissing, Rechtsanwälte in Bregenz, 2. E***** W*****, vertreten durch Bechtold Gunz Wichtel Rechtsanwälte GmbH in Dornbirn, wegen 73.529 EUR sA und Feststellung (Streitwert 15.000 EUR), über die außerordentlichen Revisionen der Erstbeklagten und des Zweitbeklagten gegen das Teil- und Zwischenurteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 29. Jänner 2018, GZ 2 R 163/17p-75, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Beide außerordentliche Revisionen werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Erstbeklagte erstellte für den Kläger ein geotechnisches Gutachten, der Zweitbeklagte errichtete den Keller für das in Hanglage gelegene Ferienhaus des Klägers. Nach Fertigstellung des Gebäudes kam es zu Setzungen und Hangverformungen, wodurch das Gebäude leicht absackte. Der Kläger macht den Sanierungsaufwand in Höhe von 73.529 EUR samt Feststellungsbegehren gegen beide Beklagte geltend.

Das Berufungsgericht sprach mit Teil- und Zwischenurteil – unter gleichzeitiger Nichtzulassung der Revision – aus, dass das Zahlungsbegehren dem Grunde nach zu drei Viertel zu Recht bestehe und wies das Teilbegehren von 18.382,25 EUR und das Feststellungsbegehren ab.

Dagegen richten sich die außerordentlichen Revisionen beider Beklagten mit dem jeweiligen Antrag, die Klage zur Gänze abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionen sind in Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen iSv § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

1. Revision der Erstbeklagten

1.1.1. Die von der Revisionswerberin gerügte Aktenwidrigkeit der Annahme des Berufungsgerichts (angesichts einer gegenteiligen Feststellung des Erstgerichts), der Vertreter der Erstbeklagten habe am 14. 5. 2013 erkennen können, dass die Ausführung des Gebäudes „nicht dem Einreichplan entsprechen“ werde, liegt insofern nicht vor, als sich aus den Ausführungen des Berufungsgerichts bloß ergibt, dass die Erstbeklagte zwar nicht die Planabweichung selbst, jedoch die daraus folgende (unzureichende) teilweise Gründung der Bodenplatte des Gebäudes auf Humus/Zwischenboden hätte erkennen können. Dies findet in der entsprechenden Feststellung des Erstgerichts Deckung.

1.1.2. Wenn die Revisionswerberin in diesem Zusammenhang geltend macht, es habe sie keine vertragliche Verpflichtung zur Werkherstellung getroffen, verkennt sie das Wesen einer Warnpflichtverletzung: Bei der Verletzung von Prüf- und Warnpflichten nach § 1168a ABGB besteht das rechtswidrige Verhalten des Unternehmers in einer Unterlassung. Erfolgt die Schädigung aber durch ein Unterlassen, so ist Kausalität dann anzunehmen, wenn die Vornahme einer bestimmten aktiven Handlung das Eintreten des Erfolgs verhindert hätte (RIS-Justiz RS0022913). Es muss daher versucht werden, den hypothetischen Ablauf bei Vermeiden der Unterlassung durch Setzen des gebotenen Verhaltens herauszufinden. Das gebotene Verhalten ist hinzuzudenken (4 Ob 137/11t mwN).

Dass die Erstbeklagte nicht zur Errichtung des Kellers verpflichtet war, ist evident und den Ausführungen des Berufungsgerichts auch so zu entnehmen. Das steht aber nicht der Annahme entgegen, infolge ihres Werks, der Erstattung eines geotechnologischen Gutachtens, wäre sie verpflichtet gewesen, den Kläger davor zu warnen, dass die tatsächliche Bauausführung nicht den – ihr bekannten – Plänen zur Gründung der gesamten Bodenplatte auf gewachsenem Grund entsprach.

1.1.3. Als aktenwidrig beanstandet die Erstbeklagte weiters die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Ablagerung des Aushubmaterials. Die Annahme, ohne die unsachgemäße Ablagerung wären die Verschiebung des Gebäudes lediglich leichter erkennbar gewesen, stehe in Widerspruch zu den Feststellungen des Erstgerichts.

Abgesehen davon, dass die Revisionswerberin gar keine Feststellungen, sondern eine Passage der Beweiswürdigung und einen Ausschnitt der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts zitiert, stehen diese der vom Berufungsgericht gezogenen Schlussfolgerung (vgl RIS-Justiz RS0118191) keineswegs entgegen, sondern stützen diese sogar (arg: „nicht zu jedem Zeitpunkt klar und offensichtlich“; „nicht klar erkennbar“).

1.2. Weshalb das Berufungsurteil deswegen mangelhaft sein soll, weil das Berufungsgericht – anders als das Erstgericht – nicht noch einen weiteren Sorgfaltsverstoß zu Lasten der Beklagten annahm, ist nicht nachvollziehbar. Alleine aus dem Fehlen einer Begründung dafür sind die Beklagten nicht beschwert (vgl RIS-Justiz RS0041929; RS0043947).

1.3.1. In ihrer Rechtsrüge bestreitet die Erstbeklagte zunächst die Kausalität, da der Schaden ausschließlich durch die Aufschüttung des Klägers verursacht worden sei.

Ursächlich im Sinne der natürlichen Kausalität ist für ein bestimmtes Ereignis jede Bedingung, das heißt jeder Umstand, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Geschehensablauf ein anderer gewesen wäre (RIS-Justiz RS0022687; vgl auch RS0022582).

Da es ohne die Warnpflichtverletzung nicht zur Notwendigkeit eines nachträglichen (wenn auch untauglichen) Sanierungsversuchs in Form der Aufschüttung gekommen wäre, hat das Berufungsgericht die Kausalität vertretbar bejaht. Dass der reale Schaden schlussendlich auf einem nicht zielführenden Verhalten des Verletzten selbst basierte, begründet allenfalls eine Verletzung der Schadensminderungsobliegenheit, lässt aber die Kausalität unberührt (vgl RIS-Justiz RS0022912 [T4], RS0023573).

1.3.2. Das Berufungsgericht hat dem Kläger ohnedies ein Mitverschulden angelastet. Die Höhe der konkreten Mitverschuldensquote ist wegen ihrer Einzelfallbezogenheit aber grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0087606). Eine grobe Fehlbeurteilung wird in der Revision diesbezüglich gar nicht behauptet.

1.4. Im Übrigen bekämpft die Rechtsrüge nur die Ausführungen des Erstgerichts zu einem Sorgfaltsverstoß, den aber bereits das Berufungsgericht nicht mehr angenommen hat. Insoweit ist sie nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt (vgl 4 Ob 238/16b).

2. Revision des Zweitbeklagten

2.1. Die vom Revisionswerber in Zweifel gezogene Sachkunde des Sachverständigen, der nicht für das Fachgebiet Hochbau in die Sachverständigenliste eingetragen sei, gehört in das Gebiet der in dritter Instanz unbekämpfbaren Beweiswürdigung (RIS-Justiz RS0043163 [T14]). Das gilt ebenso für die Frage, ob ein weiteres Gutachten eines Sachverständigen aus diesem Fachgebiet hätte eingeholt werden sollen (RIS-Justiz RS0043320).

2.2.1. Weiters behauptet der Revisionswerber, das Berufungsgericht sei aktenwidrig davon ausgegangen, sein Auftrag habe die Gründung des Gebäudes auf gewachsenem Grund umfasst. Zudem sei aktenwidrig, dass er dies habe erkennen können.

Dem ist entgegen zu halten, dass das Erstgericht ausdrücklich festgestellt hat, dass alle Beteiligten, mithin auch der Zweitbeklagte, davon ausgingen, dass die (vom Zweitbeklagten herzustellende) Bodenplatte zur Gänze auf gewachsenem Grund zu liegen kommen solle. Überdies hat das Erstgericht festgestellt, dass auch der Zweitbeklagte den ungeeigneten Untergrund hätte erkennen können und den Kläger warnen hätte müssen.

2.2.2. Entgegen der weiteren (Aktenwidrigkeit behauptenden) Rüge der Revision hat das Erstgericht festgestellt, dass die nicht mit den Einreichplänen übereinstimmende Gebäudeabsteckung vom Vermessungsbüro vorgenommen wurde. Die vom Revisionswerber dagegen zitierte Feststellung des Erstgerichts, es könne nicht festgestellt werden, „wie und warum es zu der Planabweichung kam“, steht dem nicht entgegen.

2.3. Zur Frage der Verschuldensteilung wird auf die obigen Ausführungen zur Revision der Erstbeklagten verwiesen. Die Rechtsrüge des Zweitbeklagten geht dazu über weite Strecken nicht vom festgestellten Sachverhalt aus.

2.4. Durch Zwischenurteil wird nur das Bestehen des Anspruchs dem Grunde nach abschließend geklärt, nicht jedoch die Anspruchshöhe (RIS-Justiz RS0040736; RS0040754). Ob einzelne Schadenspositionen zu Recht bestehen, ist daher Gegenstand des fortgesetzten Verfahrens.

Textnummer

E122982

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0040OB00052.18B.0925.000

Im RIS seit

24.10.2018

Zuletzt aktualisiert am

09.10.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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