TE OGH 2018/7/17 4Ob91/18p

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Veröffentlicht am 17.07.2018
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.-Prof. Dr. Brenn, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Zöchbauer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei M***** J*****, vertreten durch die Gheneff-Rami-Sommer Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 34.000 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 1.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. März 2018, GZ 2 R 16/18i-13, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 24. November 2017, GZ 11 Cg 58/17t-9, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen, die in Ansehung des Unterlassungsbegehrens in Punkt 1. in Rechtskraft erwachsen sind, werden im Übrigen dahin abgeändert, dass ihre Punkte 2. und 3. wie folgt lauten:

„2. Hingegen wird das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, das über diese Klage ergehende Urteil (exklusive Kostenentscheidung) binnen 14 Tagen im redaktionellen Teil des periodischen Druckwerks '*****' – und zwar in der Rubrik *****, in einem Kasten mit Fettdruckumrandung, unter der 20 Punkt großen Überschrift 'Im Namen der Republik!', im Übrigen in 12 Punkt großer Schrift, dies mit gesperrt und fettgedruckten Namen der Prozessparteien, in eventu in einer vom Gericht zu bestimmenden Weise – auf eigene Kosten veröffentlichen zu lassen, abgewiesen.

3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 5.466,04 EUR (darin 786,44 EUR USt und 747,40 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des erstinstanzlichen und die mit 2.941,92 EUR (darin 490,32 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 549,60 EUR (darin 55,94 EUR USt und 214 EUR Gerichtsgebühren) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren statt, der beklagte Tageszeitungskolumnist habe bestimmte herabsetzende Äußerungen in Bezug auf das von der Klägerin herausgegebene periodische Druckwerk sowie deren Herausgeber persönlich zu unterlassen.

Das Erstgericht gab auch dem aus dem Spruch ersichtlichen Veröffentlichungsbegehren statt.

Das Berufungsgericht gab der gegen die gesamte Klagsstattgebung gerichteten Berufung des Beklagten mit der Maßgabe nicht Folge, dass es in Punkt 2. des Urteilstenors nicht den Beklagten zur Veröffentlichung verpflichtete, sondern die Klägerin ermächtigte, das Urteil auf Kosten des Beklagten veröffentlichen zu lassen.

Nur gegen diesen Punkt wendet sich die Revision des Beklagten mit dem Antrag auf Abänderung in klagsabweisendem Sinne, hilfsweise auf Aufhebung und Zurückverweisung.

Die Klägerin beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

Der Beklagte führt ins Treffen, die vom Berufungsgericht zugesprochene Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung sei gegenüber der von der Klägerin beantragten Verpflichtung des Beklagten ein Aliud iSd § 405 ZPO. Den Beklagten zur Veröffentlichung zu verpflichten, sei hier nach § 25 Abs 3 UWG nicht zulässig, weil er nicht Inhaber des betroffenen Mediums sei.

Dazu wurde erwogen:

1.1. Nach § 405 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Auch im Rechtsmittelverfahren ist das Gericht an den Sachantrag der Partei gebunden (RIS-Justiz RS0041059). Ob ein Aliud oder ein Minus anzunehmen ist, ergibt sich aus dem Vergleich zwischen dem gestellten Begehren und dem unter Berücksichtigung der rechtserzeugenden Tatsachen für berechtigt erachteten Anspruch (RIS-Justiz RS0041023). Maßgeblich sind das Klagebegehren und auch der übrige Inhalt der Klage (vgl RIS-Justiz RS0041078). Ein Aliud liegt dann vor, wenn die zugesprochene Rechtsfolge eine andere ist als die begehrte, wobei auch die zur Begründung der Rechtsfolge vorgetragenen und zur Entscheidung herangezogenen Tatsachen miteinander zu vergleichen sind (RIS-Justiz RS0041027). Ein quantitativer Minderzuspruch ist ein Minus, ein qualitativer Minderzuspruch ein Aliud (vgl RIS-Justiz RS0037485 [T4]; 3 Ob 86/16t [4.1]).

1.2. In der Rechtsprechung wurde bereits der Zuspruch einer Veröffentlichungsverpflichtung gegenüber einer begehrten Veröffentlichungsermächtigung als Aliud beurteilt (4 Ob 226/02t; Ciresa, Handbuch der Urteilsveröffentlichung4 Rz 6.66).

Nichts Anderes gilt im hier vorliegenden umgekehrten Fall: Die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung schafft keinen unmittelbar durchsetzbaren Anspruch gegen den Beklagten (vgl RIS-Justiz RS0079975; RS0000012 [T9]), sondern der obsiegende Kläger muss – als Auftraggeber des für die Veröffentlichung ausgewählten Mediums – in aller Regel die Veröffentlichungskosten zunächst selbst zahlen, kann aber dann deren Ersatz vom Beklagten verlangen (RIS-Justiz RS0004695 [T3]). Hingegen würde der Beklagte nach dem ursprünglichen Begehren selbst dazu verpflichtet, die Veröffentlichung vorzunehmen bzw vornehmen zu lassen, was unmittelbar exequiert werden könnte. Damit liegen unterschiedliche Rechtsfolgen vor (vgl RIS-Justiz RS0079615 [T2] zum Zuspruch eines anderen Veröffentlichungsmediums als Aliud, wenn der Kläger sich auf ein bestimmtes Medium festgelegt hat).

1.3. Zwar kann das Berufungsgericht – unter Berücksichtigung des erkennbaren Rechtsschutzziels (vgl RIS-Justiz RS0039010 [T3]) – einen Urteilsspruch an den sachlichen Inhalt des Begehrens anpassen und diesem eine klarere und deutlichere Fassung geben, es hat jedoch auch dabei die Grenzen des § 405 ZPO zu beachten und darf weder ein Plus noch ein Aliud zusprechen (RIS-Justiz RS0039357 [insb T22, T27]; RS0041254 [T15]). Anders als im Fall nur versehentlich unrichtig formulierter Begehren (vgl RIS-Justiz RS0041207; RS0037440) ist eine „Präzisierung“ wie die vorliegende Maßgabebestätigung jedenfalls dann nicht zulässig, wenn der Kläger entweder nach Erörterung (vgl RIS-Justiz RS0037440 [T10]) oder – nach Hinweis des Gegners – noch in seiner Berufungsbeantwortung (vgl 8 ObA 4/18y) auf seinem Begehren beharrt.

Das ist hier der Fall, hat doch die Klägerin schon in ihrer Berufungsbeantwortung nach entsprechendem Einwand der Berufung auf ihrem Standpunkt beharrt, der Beklagte sei unmittelbar selbst zur Veröffentlichung zu verpflichten. Auch noch in ihrer Revisionsbeantwortung vertritt die Klägerin (neben der Auffassung, das Berufungsgericht sei zu einer Verdeutlichung des Spruchs berechtigt gewesen) die Ansicht, der Beklagte als Redakteur der „K*****“ sei vom Erstgericht zu Recht zur Publikation verpflichtet worden.

1.4. Ein Verstoß gegen § 405 ZPO begründet einen Mangel des berufungsgerichtlichen Verfahrens, der auf Einwand des Beklagten wahrzunehmen ist (RIS-Justiz RS0041240; RS0041089).

1.5. Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass der Zuspruch einer Veröffentlichungsermächtigung gegenüber der ursprünglich begehrten Veröffentlichungsverpflichtung ein Aliud ist, weshalb eine „Präzisierung“ durch Ersetzen des einen durch das andere Begehren nicht in Frage kommt.

2. Es bleibt somit zu prüfen, ob das Begehren der Klägerin berechtigt ist. Dies ist zu verneinen:

2.1. § 25 Abs 3 UWG sieht nur eine Ermächtigung der obsiegenden Partei zur Veröffentlichung des Urteils vor. Eine Verpflichtung des Beklagten kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn dieser selbst Medienunternehmer des Veröffentlichungsmediums ist (4 Ob 141/04w; 4 Ob 155/04d; RIS-Justiz RS0119287; Schmid in Wiebe/G. Kodek² § 25 UWG Rz 51).

2.2. Maßgeblich ist die Frage, ob der Beklagte selbst Medienunternehmer oder Medieninhaber ist (§ 1 Abs 1 Z 6 und Z 8 MedienG). Mit Ersterem ist der das Erscheinen und Verbreiten des Mediums besorgende gewerbliche Zeitungsunternehmer gemeint (vgl Noll in Berka/Heindl/Höhne/Noll, MedienG3 § 1 Rz 25; RIS-Justiz RS0129847). Entscheidend ist die Möglichkeit zur Einflussnahme auf die inhaltliche Gestaltung des Mediums und die Verantwortung hierfür (vgl 4 Ob 153/08s; 4 Ob 187/08s), wobei es auf die redaktionelle Letztverantwortung für den Inhalt des gesamten Mediums ankommt (vgl 4 Ob 226/05x). Der Verfasser einzelner Beiträge ist daher nicht Medieninhaber (Rami in WK-StGB2 § 1 MedienG Rz 47; ErläutRV 784 BlgNR 22. GP 6).

2.3. Zusammengefasst ist der Beklagte nicht selbst Medieninhaber oder Medienunternehmer. Gegen ihn als Kolumnisten besteht kein Anspruch der Klägerin, ihn selbst zur Veröffentlichung zu verpflichten. Das Veröffentlichungsbegehren war daher abzuweisen.

3.1. Die Abänderung macht eine Neubemessung der Kosten der Vorinstanzen erforderlich. Die Klägerin ist mit mehr als 97 % ihres Klagebegehrens durchgedrungen, weshalb sie nach § 43 Abs 2 erster Fall ZPO alle ihre erstinstanzlichen Kosten und nach §§ 50, 43 Abs 2 erster Fall ZPO die Kosten ihrer Berufungsbeantwortung jeweils zur Gänze ersetzt zu erhalten hat, allerdings auf Basis der obsiegten 34.000 EUR; zufolge Tarifsprungs waren die Kosten neu zu bestimmen.

3.2. In dritter Instanz ist die Klägerin zur Gänze unterlegen und hat dem Beklagten die Kosten seiner Revision auf Basis von 1.000 EUR zu ersetzen (§§ 50, 41 ZPO).

Schlagworte

Veröffentlichungsmedium,

Textnummer

E122473

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0040OB00091.18P.0717.000

Im RIS seit

23.08.2018

Zuletzt aktualisiert am

13.02.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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