TE OGH 2009/9/24 12Os99/09i

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.09.2009
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Der Oberste Gerichtshof hat am 24. September 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. T. Solé und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als weitere Richterin in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Hofer als Schriftführerin in der Strafsache gegen G***** B***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 7. Mai 2009, GZ 10 Hv 167/08t-55, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den zugleich gefassten Beschluss nach § 494a StPO nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Holzleithner, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Hiebler zu Recht erkannt:

Spruch

Die den Schuldspruch I./ bekämpfende Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, welches im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der vom Schuldspruch II./ erfassten Taten unter § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG sowie im Schuldspruch III./, demgemäß auch im Strafausspruch und im Umfang des unter einem gefassten Beschlusses nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO aufgehoben und in der Sache selbst zu Recht erkannt:

G***** B***** hat durch die ihm nach Schuldspruch I./ und II./ zur Last liegenden Taten das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG, teils iVm § 12 dritter Fall StGB begangen.

Im Umfang des Schuldspruchs III./ sowie zur Strafneubemessung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit seiner weiters ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerde, der Berufung und der Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde - so die vom Erstgericht vorgenommene Subsumtion - G***** B***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG, teils iVm § 12 dritter Fall StGB (I./), des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG (II./) und hinsichtlich der Tathandlungen bis 31. Dezember 2007 der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und sechster Fall SMG aF (III./) sowie hinsichtlich der Tathandlungen ab (gemeint: nach; vgl US 22) dem 31. Dezember 2007 der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach § 27 Abs 1 Z 1 erster, fünfter und achter Fall SMG (III./) schuldig erkannt.

Danach hat er

im Zeitraum von zumindest Anfang 2006 bis Oktober 2008 in Niklasdorf, Leoben, Graz und anderen Orten des Bundesgebiets sowie in St. Gallen (Schweiz) in wiederholten Angriffen

I./ vorschriftswidrig Suchtgifte in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich amphetaminhältiges Speed mit einer Reinsubstanz von insgesamt zumindest 799,40 Gramm, anderen überlassen, indem er

1./ teils im bewussten und gewollten Zusammenwirken als unmittelbarer Täter mit den gesondert verfolgten A***** H*****, R***** M***** und A***** B***** insgesamt zumindest 1.360 Gramm amphetaminhältiges Speed (Reinheitsgehalt von 43 %) an nicht näher bekannte Abnehmer in der Diskothek B***** sowie bei Rave-Veranstaltungen im Bundesgebiet gewinnbringend verkaufte, teils zum gewinnbringenden Verkauf durch die gesondert verfolgten R***** M*****, A***** B***** und A***** H***** dadurch beitrug, dass er gemeinsam mit den genannten Personen Teile des angeführten Speeds mit Schüsslersalzen aufstreckte und in Baggies zu 0,8 bzw 1 Gramm zum Zwecke des gewinnbringenden Verkaufs portionierte;

2./ teils im bewussten und gewollten Zusammenwirken als unmittelbarer Täter mit den gesondert verfolgten R***** M***** und A***** H***** insgesamt 200 Gramm amphetaminhältiges Speed (Reinheitsgehalt von 86 %) an nicht näher bekannte Abnehmer im Zuge von Rave-Veranstaltungen und in der Diskothek B***** in Niklasdorf gewinnbringend verkaufte;

3./ zumindest 3 Gramm amphetaminhältiges Speed (Reinheitsgehalt von zumindest 20 %) an die gesondert verfolgten A***** H***** (1 Gramm) sowie an M***** N***** (2 Gramm) gewinnbringend verkaufte;

4./ zum gewinnbringenden Verkauf durch den gesondert verfolgten A***** B***** dadurch beitrug, dass er insgesamt zumindest 120 Gramm amphetaminhältiges Speed (Reinheitsgehalt von zumindest 35 %) mit Schüsslersalzen aufstreckte und in Baggies zu je 1 Gramm zum Zweck des gewinnbringenden Verkaufs portionierte;

II./ vorschriftswidrig Suchtgifte in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er teils im bewussten und gewollten Zusammenwirken als unmittelbarer Täter mit den gesondert verfolgten R***** M***** und A***** H***** insgesamt zumindest 700 Stück Ecstasy-Tabletten an den gesondert verfolgten A***** H***** sowie an weitere nicht näher bekannte Personen im Zuge von Rave-Veranstaltungen und in der Diskothek B***** größtenteils gewinnbringend verkaufte und teils unentgeltlich bzw zum Einkaufspreis zur Verfügung stellte;

III./ vorschriftswidrig Suchtgifte erworben, eingeführt und anderen überlassen, indem er (betreffend Cannabis-Produkte ab dem 23. Juli 2007 bis Oktober 2008)

1./ Kokain, amphetaminhältiges Speed, Marihuana, Haschisch und Ecstasy-Tabletten, teilweise kaufte und teilweise im Zuge des gemeinsamen Suchtgift-Konsums unentgeltlich zur Verfügung gestellt erhielt;

2./ im Herbst 2008 Haschisch und Kokain aus St. Gallen (Schweiz) nach Österreich einführte sowie

3./ Kokain, Marihuana und Haschisch dem abgesondert verfolgten M***** N***** sowie weiteren nicht näher bekannten Personen teils zum Einkaufspreis verkaufte und teils im Zuge des Suchtgiftkonsums unentgeltlich zur Verfügung stellte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der im Umfang der Bekämpfung des Schuldspruchs I./ keine Berechtigung zukommt.

Die allein auf den Schuldspruch I./ bezogene Verfahrensrüge (Z 4) kritisiert die Abweisung des Antrags auf Beiziehung eines psychiatrischen, psychologischen und medizinischen Sachverständigen zum Beweis dafür, dass der Angeklagte an Suchtmittel gewöhnt war. Dem Erstgericht ist beizupflichten, dass die Gewöhnung an Suchtgift fallbezogen keine entscheidende Tatsache betrifft (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327 f und 339 ff), zumal die Privilegierung nach § 27 Abs 5 SMG - unter anderem mit der Voraussetzung einer Gewöhnung an Suchtmittel - lediglich beim Grundtatbestand des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 SMG sowie bei den Qualifikationen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 2 SMG, nicht aber bei jenen nach § 28a Abs 4 SMG einen geänderten Strafsatz bedingt (§ 28a Abs 3 SMG; vgl RIS-Justiz RS0123175).

Das weitere Vorbringen in der Verfahrensrüge, welches darauf abstellt, dass dem Rechtsmittelwerber kein Überlassen im Sinne des § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG vorgeworfen und aus den Ergebnissen des Beweisverfahrens keinesfalls angenommen werden könne, der Beschwerdeführer hätte von vornherein einen auf Tatbildverwirklichung in Teilmengen gerichteten Vorsatz gehabt, welcher den an die bewusst kontinuierliche Tatbegehung geknüpften Additionseffekt mitumfasste, kritisiert inhaltlich unsubstantiiert („lässt sich aus keiner Aussage ableiten") und ohne Orientierung an den Anfechtungskriterien des § 281 Abs 1 Z 5 StPO die Feststellungen, wonach der Nichtigkeitswerber selbst Suchtgift weiterverkaufte bzw einen vorsätzlichen Tatbeitrag zum späteren Weiterverkauf setzte, wobei er mit einem entsprechenden, auf das Überlassen von Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigenden Menge an andere gerichteten Vorsatz handelte (US 6 bis 8).

Die Mängelrüge (Z 5) bekämpft die Urteilsannahmen zu dem auf Schuldspruch I./ bezogenen Vorsatz des G***** B*****, ein das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigendes Quantum Suchtgift anderen zu überlassen, indem sie der auf die lange Suchtgifterfahrung samt einschlägiger Vorverurteilung und dem objektiven Tatgeschehen (welches rechtsstaatlich durchaus vertretbar für die Ableitung eines entsprechenden Wissens und Wollens herangezogen und bei leugnenden Angeklagten in aller Regel methodisch gar nicht ersetzt werden kann; vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452; RIS-Jusiz RS0116882) gestützten Argumentation der Tatrichter eigene Schlussfolgerungen entgegensetzt, ohne aber darzulegen, weshalb die Urteilserwägungen mit den Gesetzen der Logik oder allgemeiner Lebenserfahrung nicht in Einklang zu bringen wären.

Die zu Schuldspruch I./ ein Überlassen von Suchtgift bestreitende Subsumtionsrüge (Z 10) übergeht - wie bereits zur Verfahrensrüge dargestellt - die entsprechenden Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer entweder amphetaminhältiges Speed nach Strecken des Suchtgifts selbst weiterverkaufte bzw anderen überließ oder aber das Strecken des Suchtgifts mit dem Vorsatz der Weitergabe durch andere - und damit als Beitragstäter im Sinn des § 12 dritter Fall StGB zum Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG vornahm (US 6 - 8). Mangels Festhaltens an den gesamten Urteilsannahmen verfehlt das Rechtsmittel damit den für die Ausführung dieses Nichtigkeitsgrundes in § 281 Abs 1 Z 10 StPO vorgegebenen Bezugspunkt.

Der weitere Einwand unzureichender Feststellungen zum Umfang des weiterverkauften amphetaminhältigen Speeds an nicht näher bekannte Abnehmer lässt die unmissverständlichen Konstatierungen außer Acht, wonach vom Nichtigkeitswerber eine im Urteil bezogen auf verschiedene Teilhandlungen hinreichend konkret dargestellte und den Reinheitsgehalt jeweils ausweisende Menge an gestrecktem, Amphetamine enthaltendem Speed an diverse Besucher von Diskotheken und Rave-Veranstaltungen im Bundesgebiet verkaufte (US 6 ff).

Soweit der Beschwerdeführer einzelne Tathandlungen des Schuldspruchs I./ herausgreift und darauf bezogen ein Überschreiten des Fünfundzwanzigfachen der Grenzmenge bestreitet, übergeht er wiederum den konstatierten (US 8) Additionsvorsatz.

Die den Schuldspruch I./ bekämpfende Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde war jedoch von Amts wegen eine vom Rechtsmittelwerber nicht geltend gemachte Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO wahrzunehmen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO).

Nach ständiger Rechtsprechung (und einem Teil der Literatur) sind - bei gleicher Tatmodalität im Sinn einer der im § 28a Abs 1 SMG aufgezählten Handlungsvarianten - die von einem einheitlichen Tatgeschehen betroffenen verschiedenen Suchtgifte zusammenzurechnen, sofern die Einzelakte im Sinne einer fortlaufenden Tatbestandsverwirklichung kontinuierlich gesetzt werden und der Vorsatz des Täters jeweils auch den an diese kontinuierliche Begehung geknüpften Additionseffekt mitumfasst. Denn nach dem Gesetz kommt es nur darauf an, ob die verschiedenen Suchtstoffe insgesamt die Grenzmenge (bzw übergroße Menge) überschreiten (vgl Fabrizy SMG § 28a Rz 2; Kirchbacher/Schroll, RZ 2005, 142; Hochmayr RZ 1999, 112 f; 15 Os 83/02, JBl 2003, 468; RIS-Justiz RS0087874; aA Hinterhofer in Hinterhofer/Rosbaud SMG § 28 Rz 33; Flora, AnwBl 2000, 12 ff). Dieser Grundsatz gilt uneingeschränkt, daher auch dann, wenn bereits hinsichtlich eines bestimmten Suchtgiftes zumindest eine Grenzmenge überschritten wurde oder - wie im vorliegenden Fall - sogar mehr als die Übermenge betroffen war und mit derselben Tatmodalität (hier durch Überlassen) weitere der Suchtgiftverordnung unterliegende Wirkstoffe hinzukommen.

Im Hinblick auf den (sowohl zu den dem Schuldspruch I./ als auch zu jenen dem Schuldspruch II./ zugrundeliegenden Taten) festgestellten Willen des Nichtigkeitswerbers, von Anbeginn an kontinuierlich derartige Tathandlungen zu begehen, wobei dessen Vorsatz den daran geknüpften Additionseffekt umfasste (US 8 f), erweist sich die vom Schöffengericht vorgenommene Subsumtion des vom Schuldspruch II./ erfassten Verhaltens als eigenständiges weiteres (zum Nachteil des Angeklagten bei der Strafbemessung neben der Überschreitung der Übermenge um ein Dreifaches zusätzlich aggravierend gewertetes; vgl US 23) Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG als verfehlt. Die im Schuldspruch II./ inkriminierten Tathandlungen bilden - ungeachtet der in der Nichtigkeitsbeschwerde kritisierten Urteilsannahmen zur weitergegebenen Menge an Ecstasy - im Umfang des Überlassens dieser suchtgifthältigen Tabletten vielmehr mit den vom Schuldspruch I./ erfassten und Amphetamin betreffenden Straftaten ein einziges Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (vgl RIS-Justiz RS0117464). Insoweit war G***** B***** daher des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG schuldig zu sprechen.

Zu den von den Schuldsprüchen III./ umfassten Taten ist hingegen zu differenzieren:

Nach den zu den Schuldsprüchen III./ getroffenen Urteilsannahmen erwarb G***** B***** über die in den Schuldsprüchen I./ und II./ bezeichneten Mengen hinausgehend Kokain, amphetaminhältiges Speed, Marihuana, Haschisch sowie Ecstasy-Tabletten, die er teils kaufte, teils unentgeltlich überlassen erhielt und „teilweise für seinen Eigenkonsum" verwendete. Haschisch und Kokain führte er aus der Schweiz nach Österreich ein. Kokain, Marihuana und Haschisch überließ er diversen anderen Personen teils zum Einkaufspreis, teils unentgeltlich im Zuge gemeinsamen Suchtgiftkonsums (US 9).

In diesem Zusammenhang bleibt vorweg festzuhalten, dass entgegen der Ansicht des Erstgerichts die Tathandlung des Besitzes von Suchtgift in keinem Scheinkonkurrenzverhältniss zur Tatmodalität des Erwerbs steht. In der Entscheidung 13 Os 168/08t wurde demgegenüber lediglich festgehalten, dass die Fälle des § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG zu einem alternativen Mischdelikt (vergleichbar dem der Ein- und Ausfuhr; vgl RIS-Justiz RS0115527, RS0114037) zusammengefasst werden. Dies wird im zweiten Rechtsgang bei den zu treffenden Feststellungen zu den im Schuldspruch III./ umschriebenen Sachverhalten zu beachten sein.

Bei der neuerlichen Entscheidung werden - der Rechtsansicht des Schöffengerichts (welches bei den bis 31. Dezember 2007 vorgenommenen Tathandlungen das Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG aF, hingegen bei den nach 31. Dezember 2007 gesetzten Tathandlungen das Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach § 27 Abs 1 Z 1 erster, fünfter und achter Fall SMG angenommen hatte) zuwider - bei den Tathandlungen des Erwerbs und des Besitzes von Suchtgift nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG Konstatierungen dahin gehend zu treffen sein, ob diese Tathandlungen ausschließlich zum eigenen Gebrauch des Beschwerdeführers erfolgten. Gegebenenfalls wäre insoweit die Privilegierung nach Abs 2 des § 27 SMG anzuwenden. Solcherart käme dann die in § 27 Abs 2 SMG vorgesehene (mit § 27 Abs 1 SMG aF idente) Strafdrohung zum Tragen; diese ist als nach § 48 SMG iVm § 61 StGB für den Rechtsmittelwerber nicht ungünstigere Bestimmung anzuwenden (vgl dazu RIS-Justiz RS0124177). G***** B***** wäre diesfalls wegen der (mehrfach verwirklichten) Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG zu verurteilen.

Auf die Menge des erworbenen und besessenen Suchtgifts und damit auf eine allfällige Überschreitung der Grenzmenge im Sinn des § 28b SMG kommt es - außer in den Fällen des § 28 SMG - auch bei Vorliegen eines entsprechenden Additionsvorsatzes nicht an, sind doch diese Tatmodalitäten vom § 28a Abs 1 SMG nicht erfasst.

Angesichts der dargestellten Konstatierungen bleibt weiters unklar, ob (ein Teil) der zum Schuldspruch III./1./ aufgezählten Suchtgifte vom Angeklagten lediglich für den persönlichen Gebrauch erworben und besessen wurden und wieviel er von diesen Produkten nach dem Erwerb und Besitz an Dritte weitergab, mag er dabei auch nur zum persönlichen Gebrauch dieses anderen gehandelt haben, ohne daraus einen eigenen Vorteil zu ziehen. Eine solche Differenzierung wäre aber - wie zu zeigen sein wird - notwendig, um die Voraussetzungen der Privilegierung nach § 27 Abs 2 SMG abklären zu können.

Gleiches gilt für die im Schuldspruch III./2./ genannten (die Grenzmenge im Sinn des § 28b SMG nicht übersteigenden) Suchtmittel, zumal die Urteilsannahmen in Verbindung mit der verlesenen (S 33 in ON 54) Einlassung des Beschwerdeführers vor der Polizei (S 93 und S 101 in ON 26) auch bezüglich des vorgeworfenen Schmuggels teilweise einen nach § 27 Abs 2 SMG privilegierenden Eigengebrauch indizieren. Es fehlen daher Feststellungen, inwieweit das aus der Schweiz ausgeführte und nach Österreich eingeführte Haschisch und Kokain vom Angeklagten ausschließlich selbst konsumiert und damit im Sinn des § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall sowie fünfter und sechster Fall, Abs 2 SMG zum eigenen Gebrauch erworben und besessen oder inwieweit es nach dem Schmuggel an Dritte weitergegeben wurde. Nur bei ersterer Sachverhaltsvariante wäre - bei entsprechenden Konstatierungen im zweiten Rechtsgang - die Aus- und Einfuhr von die Grenzmenge nicht übersteigenden Suchtgiftquanten (näher zur Mengenproblematik im Folgenden) als (mehrfach begangene) Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter sowie fünfter und sechster Fall, Abs 2 SMG zu beurteilen.

Zusätzlich stellte das Erstgericht zu von den Schuldsprüchen I./2./ und II./ mitumfassten Taten fest, dass der Angeklagte die dort genannten Suchtgifte zu einem geringen Teil auch unentgeltlich oder zum Einkaufspreis weitergab (US 7 und US 8). Eine gesonderte Unterstellung dieser (Teil-)Sachverhalte unter § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall sowie achter Fall, Abs 2 SMG käme aber - wie noch auszuführen sein wird - nicht in Frage.

Hinsichtlich jener - im Urteil nicht hinreichend unterschiedenen - Suchtgiftprodukte, welche der Nichtigkeitswerber erwarb und besaß, allenfalls auch aus der Schweiz aus- und nach Österreich einführte, dann aber unentgeltlich oder doch ohne daraus einen Vorteil zu ziehen (wie dies bei einem Überlassen zum Einkaufspreis der Fall wäre; vgl Einführunserlass des BMJ zur SMG-Novelle 2007 Erl E./2./) weitergab (Schuldsprüche III./1./ und 2./), würde er an sich die Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, fünfter und sechster Fall sowie achter Fall, Abs 2 SMG verantworten.

Verantwortet der Rechtsmittelwerber hingegen (infolge eines von vornherein bestehenden Willens - § 5 Abs 1 StGB - auf kontinuierliche Begehung einer als Suchtgifthandel inkriminierten Tatmodalität und eines daran geknüpften Additionsvorsatzes) die selbständige Qualifikation des § 28a Abs 1 SMG, so liegt bei einem kontinuierlichen Überlassen - auch in jenen (vorliegend in den Schuldsprüchen I./2./ und II./ teilweise angenommenen sowie im Schuldspruch III./2./ indizierten) Fällen, in denen er daraus selbst keinen Vorteil ziehen wollte und ausschließlich für den persönlichen Gebrauch eines anderen handelte - ab Überschreiten der Grenzmenge keine die Privilegierung auslösende Straftat im Sinn des § 27 Abs 2 SMG mehr vor, weil der Bezugspunkt dieses reduzierten Strafsatzes allein die im Abs 1 des § 27 SMG genannte Straftat ist (aA Schroll, WK-StPO § 203 Rz 36). Vielmehr sind diese Tathandlungen dann dem § 28a SMG zu unterstellen.

Gleiches würde - losgelöst vom konkreten Verfahren - auch für jene Fälle gelten, in denen der Täter die fortgesetzte, von einem Additionsvorsatz getragene Ein- und Ausfuhr von Suchtgift ausschließlich für den eigenen persönlichen Gebrauch oder für den persönlichen Gebrauch eines anderen begeht, ohne selbst einen Vorteil daraus zu ziehen, und dabei insgesamt mehr als die Grenzmenge schmuggelt. Auch diese Taten sind nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall (gegebenenfalls Abs 2 Z 3 oder Abs 4 Z 3) SMG und nicht nach § 27 Abs 1 fünfter und sechster Fall, Abs 2 SMG zu beurteilen.

Ergeben sich nach Neudurchführung des Verfahrens zu den vom Schuldspruch III./ erfassten Vorwürfen (wie gezeigt auch zum Schuldspruch III./2./ mögliche) Sachverhaltsvarianten eines Überlassens (§ 27 Abs 1 Z 1 achter Fall SMG) und ließe sich diesbezüglich ein - angesichts der bisherigen Konstatierungen zu den Schuldsprüchen I./ und II./ indizierter, im Umfang der Schuldsprüche III./2./ und 3./ aber nicht angenommener - Additionsvorsatz feststellen, wäre im zweiten Rechtsgang insoweit eine Subsumtionseinheit mit den Schuldsprüchen I./ und II./ zu einem Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG zu bilden.

Gleiches gilt für jene Fälle der vom Schuldspruchs III./1./ umfassten Sachverhalte, in denen G***** B***** das dort genannte Suchtgift nicht nur zum eigenen persönlichen Gebrauch erwarb und besaß, sondern - und sei es auch unentgeltlich ausschließlich für dessen persönlichen Gebrauch - einem Dritten überließ.

Hinsichtlich der im Schuldspruch III./2./ inkriminierten Tathandlungen der Aus- und Einfuhr einer die Grenzmenge nicht erreichenden Menge von Suchtgiften, bei denen es allenfalls nach dem Schmuggel zu einer Suchtgiftweitergabe kam, wäre abermals eine auf das Überlassen von Suchtgift bezogene Subsumtionseinheit mit den Schuldsprüchen I./ und II./ zu einem Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG zu bilden. Das dieser Suchtgiftübergabe vorangehende, nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall sowie fünfter und sechster Fall SMG zu beurteilende deliktische Verhalten stünde allerdings als (mengenmäßig dem § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall SMG nicht unterstellbare) Vorbereitungshandlung zum nachfolgend verwirklichten Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG in einem Scheinkonkurrenzverhältnis und wäre daher nicht mehr gesondert strafbar.

Im zweiten Rechtsgang wird demzufolge hinsichtlich jener Teile der Schuldsprüche III./1./, 2./ und 3./, bei welchen der Angeklagte - gleichgültig, ob er bloß zum persönlichen Gebrauch eines anderen handelte, ohne eigenen Vorteil daraus zu ziehen oder nicht - mit einem bereits näher umschriebenen Additionsvorsatz Suchtgift an Dritte überließ, eine Subsumtionseinheit mit den Schuldsprüchen I./ und II./ nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG zu bilden sein (vgl 12 Os 150/07m13 Os 58/07i; 13 Os 1/07gRatz, WK-StPO § 289 Rz 10).

Nur hinsichtlich der vom Beschwerdeführer ausschließlich für den eigenen persönlichen Gebrauch erworbenen und besessenen, nicht an Dritte weitergegebenen Suchtgifte wäre gegebenenfalls mit einer Verurteilung nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG vorzugehen.

Bei den vom Rechtsmittelwerber ausschließlich für den eigenen persönlichen Gebrauch erworbenen und besessenen sowie aus der Schweiz ausgeführten und nach Österreich eingeführten, jedoch nicht an Dritte weitergegebenen Suchtgiften wäre bei entsprechenden Urteilsannahmen zu den genannten Voraussetzungen der Privilegierung ein Schuldspruch nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall sowie fünfter und sechster Fall, Abs 2 SMG zu fällen.

Das angefochtene Urteil, welches im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, war daher in der rechtlichen Unterstellung der vom Schuldspruch II./ erfassten Taten unter § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG sowie im Schuldspruch III./, demgemäß auch im Strafausspruch und im Umfang des unter einem gefassten Beschlusses nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO aufzuheben, gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst zu Recht zu erkennen und G***** B***** für die ihm nach Schuldspruch I./ und II./ zur Last liegenden Taten des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG, teils iVm § 12 dritter Fall StGB schuldig zu erkennen.

Hinsichtlich der vom Schuldspruch III./ erfassten Taten konnten die aufgezeigten Mängel vom Obersten Gerichtshof nicht saniert werden, sodass in diesem Umfang dem Erstgericht die neue Verhandlung und Entscheidung sowie die notwendige Strafneubemessung nach allfälliger Bildung einer Subsumtionseinheit im Sinn des § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG aufzutragen war.

Mit seiner zum Schuldspruch II./ ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerde, der Berufung und der Beschwerde war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E91975

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0120OS00099.09I.0924.000

Im RIS seit

24.10.2009

Zuletzt aktualisiert am

20.10.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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