TE OGH 2011/5/5 2Ob157/10t

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.05.2011
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Reif und Partner Rechtsanwälte OG in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. B***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Augustin ua, Rechtsanwälte in Leoben, 2. V*****, vertreten durch Dr. Sieglinde Lindmayr, Dr. Michael Bauer, Dr. Günter Secklehner Rechtsanwalts OG in Liezen, wegen 100.000 EUR über die außerordentlichen Revisionen der zweitbeklagten Partei und der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 19. Juli 2010, GZ 2 R 84/10f-22, womit das Urteil des Landesgerichts Leoben vom 10. März 2010, GZ 19 Cg 108/09p-16, bestätigt wurde, zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

1. Die außerordentliche Revision der zweitbeklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

2. Der Revision der klagenden Partei wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden hinsichtlich der erstbeklagten Partei abgeändert, sodass sie insoweit zu lauten haben wie folgt:

„Die erstbeklagte Partei ist zur ungeteilten Hand mit der zweitbeklagten Partei schuldig, der klagenden Partei 56.727,65 EUR samt 4 % Zinsen seit 9. 9. 2008 sowie 1.487,69 EUR an anteiliger Pauschalgebühr erster Instanz binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Das Mehrbegehren, die erstbeklagte Partei sei schuldig, weitere 43.272,35 EUR samt 4 % Zinsen seit 9. 9. 2008 zu bezahlen, wird abgewiesen.

Die erstbeklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei 2.101,28 EUR an anteiliger Pauschalgebühr des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Im Übrigen werden die Kosten erster und zweiter Instanz gegenseitig aufgehoben.“

Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 2.801,33 EUR an anteiliger Pauschalgebühr des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Im Übrigen werden die Kosten des Revisionsverfahrens gegenseitig aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Erstbeklagte erwarb 2007 eine Baurechtseinlage. Sie finanzierte diesen Ankauf durch einen bei der zweitbeklagten Bank aufgenommenen Kredit über 1.020.000 EUR. Die Zurückzahlung des Kredites sollte ab 25. 4. 2007 in 180 monatlichen Raten von je 8.103,95 EUR bei Terminsverlust erfolgen.

Als zusätzliche Sicherheit für den Kredit vereinbarten die Beklagten ua die Vorlage von zwei Bankgarantien über je 100.000 EUR. Punkt 8. der Allgemeinen Kredit- und Darlehensbedingungen für Unternehmer lautet auszugsweise:

„Wird auch nur eine Bestimmung des Kreditverhältnisses durch den Kreditnehmer verletzt oder werden Umstände bekannt, die geeignet sind, das Vertrauen in seine Kreditwürdigkeit zu erschüttern ... oder sollte der Kreditnehmer länger als 14 Tage mit der Zahlung einer fälligen Leistung in Verzug sein, ... ist die Bank berechtigt, den aushaftenden Kreditbetrag samt Anhang ohne Rücksicht auf die vereinbarte Laufzeit und Abstattung mit sofortiger Wirkung fällig zu stellen und einzutreiben (Terminsverlust).“

Eine Vertreterin einer Mieterin der Erstbeklagten ersuchte die Klägerin, der Erstbeklagten durch Beistellung einer Bankgarantie zur Krediteinräumung zu verhelfen, wozu sich die Klägerin bereit erklärte. Die Klägerin beauftragte eine (im vorliegenden Verfahren nicht involvierte) Bank (im Folgenden als Garantin bezeichnet), gegenüber der Zweitbeklagten eine entsprechende, bis 30. 9. 2009 befristete Kreditbesicherungsgarantie abzugeben. Die Garantin gab die Bankgarantie ab. Darin verpflichtete sie sich im Auftrag der Klägerin der Zweitbeklagten gegenüber unwiderruflich, über erste schriftliche Aufforderung der Zweitbeklagten, die die Erklärung enthalten muss, dass die Erstbeklagte ihren Zahlungsverpflichtungen aus der durch diese Garantie besicherten Finanzierung bei Fälligkeit nicht nachgekommen ist, unter Verzicht auf alle Einwendungen und Einreden sowie ohne Prüfung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses den namhaft gemachten Betrag, höchstens jedoch insgesamt 100.000 EUR, zu überweisen.

Nach der Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Zweitbeklagten durfte diese die Bankgarantie (nur) dann in Anspruch nehmen, wenn die Erstbeklagte in zwei aufeinanderfolgenden Monaten mit Kreditrückzahlungen im Rückstand wäre, diesbezüglich von der Zweitbeklagten zweimal gemahnt und von beiden Mahnungen die Klägerin verständigt wäre, um dieser eine Reaktion zu ermöglichen, und der Kredit fällig wäre.

Die Erstbeklagte blieb erstmals die Rate für Februar 2008 schuldig, weshalb sie von der Zweitbeklagten Ende Februar oder Anfang März 2008 schriftlich gemahnt wurde. Ob auch die Klägerin eine Mahnung erhielt oder von der Mahnung verständigt wurde, ist nicht feststellbar. Die Erstbeklagte zahlte die Februarrate Anfang März 2008, blieb jedoch in der Folge die Rate für März schuldig. Ob die Zweitbeklagte diese Rate bei der Erstbeklagten einmahnte und ob diesfalls die Klägerin davon verständigt wurde, ist nicht feststellbar.

Die Erstbeklagte zahlte bis einschließlich September 2008 keine Kreditraten und nahm erst im Oktober 2008 die laufenden monatlichen Rückzahlungen wieder auf.

Ob zwischen März und Oktober 2008 Mahnungen der Zweitbeklagten an die Erstbeklagte ergingen und ob die Klägerin gegebenenfalls davon verständigt wurde, ist ebensowenig feststellbar wie ein Gespräch zwischen einem Vertreter der Klägerin und Vertretern der Zweitbeklagten, in dem jener auf Zahlungsrückstände der Erstbeklagten und ergangene Mahnungen hingewiesen worden wäre.

Die Zweitbeklagte begehrte von der Erstbeklagten bislang noch nicht die Bezahlung des gesamten aushaftenden Kreditbetrags, sondern maximal die Bezahlung rückständiger Raten.

Mit Schreiben vom 21. 8. 2008 rief die Zweitbeklagte die Bankgarantie in vollem Umfang ab. Die Garantin zahlte am 1. 9. 2008 den Garantiebetrag von 100.000 EUR an die Zweitbeklagte und belastete in diesem Umfang am 9. 9. 2008 ein Konto der Klägerin; der Garantiebetrag wurde dem Kreditkonto der Erstbeklagten gutgeschrieben.

Die Klägerin begehrte von den Beklagten zur ungeteilten Hand 100.000 EUR sA. Die Zweitbeklagte habe entgegen der mit der Klägerin getroffenen Vereinbarung die Bankgarantie abgerufen. Weder sei der Kredit fällig gestellt worden, noch seien Mahnungen ergangen, jedenfalls aber die Klägerin nicht davon verständigt worden. Die Erstbeklagte hafte gemäß § 1358 ABGB, weil die Klägerin eine fremde Schuld, nämlich die Kreditverbindlichkeit der Erstbeklagten bei der Zweitbeklagten, in Höhe des Klagsbetrags bezahlt habe. Durch die Gutschrift des Garantiebetrags auf dem Kreditkonto der Erstbeklagten habe sich deren Verbindlichkeit bei der Zweitbeklagten um den Klagsbetrag vermindert, die Klägerin habe somit eine Schuld der Erstbeklagten beglichen.

Die Erstbeklagte wendete ein, die Voraussetzungen für den Abruf der Bankgarantie wären nicht vorgelegen, insbesondere sei die Fälligstellung des Kredites nie erfolgt. Die Erstbeklagte wäre nur dann zur Zahlung verpflichtet, wenn die Zweitbeklagte den Garantiebetrag rechtens abgerufen hätte. Eine Solidarhaftung der Beklagten bestehe nicht. Falls die Zweitbeklagte die Bankgarantie doch berechtigt abgerufen haben sollte, sei der Rückzahlungsanspruch der Klägerin gegenüber der Erstbeklagten nicht fällig, weil zwischen ihnen eine sofortige Rückzahlung des Garantiebetrags nicht vereinbart worden sei.

Die Zweitbeklagte erwiderte, sie habe die Bankgarantie zu Recht abgerufen. Voraussetzung dafür sei bloß gewesen, dass die Klägerin von zwei aufeinanderfolgenden Mahnungen der Erstbeklagten als Kreditnehmerin verständigt werde und Fälligkeit des Kredites gegeben sei. Diese Voraussetzungen seien vorgelegen, da die Erstbeklagte jedenfalls am 28. 2. und 28. 3. 2008 gemahnt worden und die Klägerin von entsprechenden Rückständen der Erstbeklagten und deren Unfähigkeit, die Kreditraten bis August 2008 zu bedienen, aufgrund von Besprechungen informiert gewesen sei. Die Erstbeklagte habe ab März 2008 keine Kreditraten mehr geleistet, sodass die Klägerin zum Abruf der Bankgarantie berechtigt gewesen sei. Außerdem habe die Klägerin den Abruf der Bankgarantie gewünscht. Sie hätte die Auszahlung des Garantiebetrags durch die Garantin auch verhindern können. Die nunmehrige Rückforderung des Garantiebetrags sei daher rechtsmissbräuchlich.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren gegenüber der Erstbeklagten ab, gegenüber der Zweitbeklagten gab es ihm statt. Es stellte den oben wiedergegebenen Sachverhalt fest und folgerte rechtlich, es hätten zwei aufeinanderfolgende Mahnungen der Erstbeklagten als Kreditnehmerin nicht festgestellt werden können und insbesondere auch keine Verständigungen der Klägerin davon. Die Zweitbeklagte habe die Bankgarantie daher vereinbarungswidrig und somit rechtsmissbräuchlich in Anspruch genommen. Deshalb stehe der Klägerin als Garantieauftraggeberin gegenüber der Zweitbeklagten in analoger Anwendung des § 1431 ABGB ein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch im Umfang der zu Unrecht gezogenen Bankgarantie zu (vgl 9 Ob 97/04m).

Gegenüber der Erstbeklagten habe die Klägerin grundsätzlich durch Bezahlung einer fremden Schuld einen Ersatzanspruch gemäß § 1358 ABGB. Dieser setze aber die Zahlung einer formell eigenen Schuld voraus. Eine solche liege nicht vor, wenn - wie hier - keine Verpflichtung des Garanten zur Auszahlung an den Begünstigten bestanden habe, da der Garantiefall nicht eingetreten gewesen sei. Die Erstbeklagte treffe daher gegenüber der Klägerin keine Verpflichtung, die aufgrund vereinbarungswidriger Inanspruchnahme der Bankgarantie ihrem Kreditkonto gut gebuchte Garantiesumme zurückzuzahlen.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen der Klägerin und der Zweitbeklagten nicht Folge.

Zur Berufung der Klägerin führte das Berufungsgericht aus: Auf § 1358 ABGB könne ein Klagsanspruch aus den schon vom Erstgericht genannten Gründen nicht gestützt werden. Insofern entspreche die vorliegende Situation durchaus der zu 4 Ob 149/06z entschiedenen. Der Fall des § 1422 ABGB liege nicht vor, weil die Klägerin nicht einmal behauptet habe, vor oder bei Zahlung die Abtretung der Gläubigerrechte verlangt zu haben. Ein Verwendungsanspruch gemäß § 1042 ABGB scheide aus, weil die Erstbeklagte den hier relevanten Aufwand (Zahlung der 100.000 EUR) nicht hätte machen müssen. Für sie hätte es genügt, die offenen Raten zu begleichen, was keineswegs mit der Garantieleistung gleichzusetzen sei. Im Übrigen sei ja die Zweitbeklagte zur Rückzahlung der Garantieleistung an die Klägerin verpflichtet, weshalb die Klägerin jedenfalls im Ergebnis keinen Aufwand gemacht habe, den die Erstbeklagte selbst hätte machen müssen. Vielmehr sei die Gutschrift der Garantieleistung auf dem Kreditkonto der Erstbeklagten bloß eine von der Zweitbeklagten getätigte (und daher ihrem Vermögen zuzurechnende) Folge des seitens der Zweitbeklagten unberechtigten Abrufs der Bankgarantie.

Zur Berufung der Zweitbeklagten führte das Berufungsgericht aus: Eine laut Punkt 8. der „Allgemeinen Kredit- und Darlehensbedingungen für Unternehmer“ vorgesehene Fälligstellung sei nicht erfolgt und der Terminsverlust noch nicht geltend gemacht worden. Damit sei aber die „Fälligkeit des Kredites“, also des gesamten offenen Betrags, nicht eingetreten und schon deswegen die Nebenabrede zwischen Klägerin und Zweitbeklagter betreffend den Abruf der Bankgarantie nicht erfüllt. Daher komme es an sich auf die Frage des Zugehens zweier (allenfalls schriftlicher) Mahnungen an die Erstbeklagte und die Verständigung der Klägerin davon gar nicht mehr an. Da die Zweitbeklagte die Bankgarantie vereinbarungswidrig abgerufen habe, sei sie zur Rückzahlung des Garantiebetrags an die Klägerin als Garantieauftraggeberin und ihrer Vertragspartnerin verpflichtet.

Gegen den klagsstattgebenden Teil des berufungsgerichtlichen Urteils richtet sich die außerordentliche Revision der Zweitbeklagten mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinn einer gänzlichen Klagsabweisung.

Gegen den klagsabweisenden Teil des berufungsgerichtlichen Urteils richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin mit dem Antrag auf gänzliche Klagsstattgebung auch hinsichtlich der Erstbeklagten. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Erstbeklagte beantragt in der ihr vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision der Klägerin mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Zweitbeklagten ist unzulässig, die Revision der Klägerin ist zulässig und teilweise berechtigt.

1. Zur Revision der Zweitbeklagten:

Die Zweitbeklagte geht mit ihren Rechtsausführungen nicht vom festgestellten Sachverhalt aus und kann keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufwerfen (vgl zur analogen Anwendung des § 1431 ABGB RIS-Justiz RS0106545).

2. Zur Revision der Klägerin:

Die Revisionswerberin macht geltend, das Berufungsgericht habe aufgrund eines offensichtlichen Fehlzitats (4 Ob 149/06z) keine Zahlung einer formell eigenen Schuld der Klägerin angenommen. Das Berufungsgericht habe zu Unrecht einen Anwendungsfall des § 1042 ABGB verneint. Die Ansprüche der Klägerin gegenüber den beklagten Parteien entstünden aus unterschiedlichen Rechtstiteln und seien in rechtlicher Hinsicht voneinander völlig unabhängig. Eine Klagsstattgebung gegenüber der Zweitbeklagten könne entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts nicht per se eine Klagsabweisung gegenüber der Erstbeklagten begründen.

Hiezu wurde erwogen:

A. Zu § 1358 ABGB:

Der Revisionswerberin ist zwar zuzugestehen, dass die von den Vorinstanzen zitierte Entscheidung 4 Ob 149/06z nicht unmittelbar mit dem vorliegenden Fall vergleichbar ist. Damit ist für die Klägerin aber nichts gewonnen: Der von ihr geltend gemachte Anspruch nach § 1358 ABGB setzt voraus, dass eine formell eigene, materiell fremde Schuld bezahlt wurde (RIS-Justiz RS0102645). Da aber die Voraussetzungen für die Abrufung der Bankgarantie nicht vorlagen (weshalb das Klagebegehren gegen die Zweitbeklagte zu Recht besteht), war die Klägerin gegenüber der Zweitbeklagten (noch) nicht zur Leistung verpflichtet. § 1358 ABGB kommt daher als Anspruchsgrundlage gegenüber der Erstbeklagten nicht in Betracht.

B. Zu § 1042 ABGB:

Wer für einen andern einen Aufwand macht, den dieser nach dem Gesetz selbst hätte machen müssen, hat gemäß § 1042 ABGB das Recht, den Ersatz zu fordern.

Grundsätzlich ist im vorliegenden Fall an einen solchen Verwendungsanspruch der Klägerin gegenüber der Erstbeklagten insofern zu denken, als die Klägerin durch die Belastung ihres Kontos infolge der Abrufung der Bankgarantie einen Aufwand hatte, den letztlich die Erstbeklagte hätte machen müssen, nämlich den Kredit an die Zweitbeklagte zurückzuzahlen. Dass der Aufwand der Klägerin infolge der Abrufung der Bankgarantie nicht unmittelbar auf einer freiwilligen Leistung der Klägerin beruht, steht einem Anspruch nach § 1042 ABGB nicht entgegen (RIS-Justiz RS0019908 [T1]).

Ob dieser Verwendungsanspruch aber neben einer auf § 1431 ABGB (analog) gestützten Kondiktion gegen den Leistungsempfänger (hier die Zweitbeklagte) besteht, ist in Rechtsprechung und Lehre strittig.

B. 1. Rechtsprechung:

Die Rechtsprechung ist uneinheitlich.

Nach einem Teil der Rechtsprechung setzt ein Verwendungsanspruch nach § 1042 ABGB voraus, dass der Schuldner endgültig von seiner Verbindlichkeit gegenüber der Gläubiger befreit wird. Danach schließt ein Kondiktionsanspruch des Verkürzten gegen den Empfänger der Leistung nach § 1431 ABGB einen Verwendungsanspruch des Verkürzten gegen den Schuldner aus. Begründet wurde dies mit der Aussage, „der Anspruch“ könne nur entweder dem Kind oder dem Drittzahler zustehen (3 Ob 606/90 = JBl 1991, 309 [Apathy]).

4 Ob 518/96 = SZ 69/40 bejahte einen Verwendungsanspruch gemäß § 1042 ABGB (für die Bezahlung fremder Steuerschulden), weil eine Rückforderung bei der Republik Österreich gemäß § 1431 ABGB nicht in Frage komme.

4 Ob 201/07y = EF-Z 2008/58 (krit Rummel) führte unter Berufung auf Koziol aus, der Zahlende habe „jedenfalls“ einen Anspruch nach § 1042 ABGB, wenn er dem Empfänger die Leistung unter Verzicht auf eine Kondiktion endgültig belasse und den Aufwand nicht in der Absicht getätigt habe, keinen Ersatz begehren zu wollen. Den Verzicht auf die Kondiktion sah der 4. Senat im Vorbringen des Klägers in der Revisionsbeantwortung, er habe eine Unterhaltspflicht des Beklagten „erfüllt“.

8 Ob 129/03h verneinte Verwendungsansprüche gemäß §§ 1041 f ABGB in Konkurrenz zu § 1435 ABGB (condictio causa data causa non secuta; vgl Helmich, ecolex 2004, 780); eine Aussage, ob dies auch bei einer Kondiktion nach § 1431 ABGB (analog) so sei, lässt sich der Entscheidung nicht entnehmen.

Einige Entscheidungen haben den Verwendungsanspruch (jeweils eines nicht unterhaltspflichtigen Unterhalt Leistenden gegen den Unterhaltspflichtigen) gemäß § 1042 ABGB bejaht, ohne auf die Frage eines allenfalls konkurrierenden Kondiktionsanspruchs gemäß § 1431 ABGB einzugehen (SZ 27/175; SZ 31/8; SZ 33/41).

Nach 7 Ob 651/83 = EFSlg 43.479 = RIS-Justiz RS0028050 [T2] steht ein Anspruch nach § 1431 ABGB gegen den Empfänger einem Verwendungsanspruch gemäß § 1042 ABGB gegen den Verpflichteten nicht entgegen, „weil § 1042 ABGB einen selbständigen Anspruch gegen denjenigen gewährt, dessen gesetzliche Verpflichtung erfüllt wurde“.

1 Ob 353/97m = SZ 71/128 (RIS-Justiz RS0110365) bejahte grundsätzlich einen Verwendungsanspruch gemäß § 1041 ABGB in Konkurrenz zu einer auf § 877 ABGB bzw § 1435 ABGB gestützten Kondiktion. Ob auch ein Verwendungsanspruch nach § 1042 ABGB mit einer Kondiktion nach § 1431 ABGB (analog) konkurrieren kann, wird in dieser Entscheidung nicht ausgesagt.

4 Ob 149/06z führte aus, die irrtümliche Zahlung einer fremden Schuld könne unter Umständen eine Wahlmöglichkeit des Leistenden zwischen der Kondiktion gegen den Leistungsempfänger und dem Anspruch nach § 1042 ABGB gegen den tatsächlichen Schuldner rechtfertigen. Letztlich wurde die Frage aber offen gelassen.

B. 2. Lehre:

Spielbüchler, Der Dritte im Schuldverhältnis (1973) 90 f, spricht sich gegen ein Wahlrecht des Zahlenden aus; dieser könne nicht tun, als hätte er wirksam eine fremde Schuld bezahlt, und sich nun beim wahren Schuldner erholen.

Koziol, Streckengeschäft und Anweisung, JBl 1977, 617 (628), gibt bei mangelhaften Anweisungslagen dem Angewiesenen die Kondiktion gegen den Anweisenden in Konkurrenz zum Verwendungsanspruch gegen den Anweisungsempfänger.

Derselbe, Unterhaltsansprüche für die Vergangenheit und Regressansprüche eines Drittzahlers, JBl 1978, 626 (631-633), bejaht unter gewissen Voraussetzungen sowohl eine Kondiktion des nicht unterhaltspflichtigen Unterhalt Zahlenden gegen den Unterhaltsberechtigten als auch einen Verwendungsanspruch gemäß § 1042 ABGB gegen den Unterhaltspflichtigen.

Derselbe in KBB3 (2010), § 1042 Rz 4, führt aus, nach hA scheide bei Bestehen einer Kondiktion nach § 1431 ABGB ein Anspruch gemäß § 1042 ABGB gegen den Verpflichteten aus, da dieser mangels Befreiung von seiner Verbindlichkeit nicht bereichert sei. Der Zahlende könne aber auf seine Kondiktion verzichten, die Leistung damit endgültig dem Empfänger belassen und den Verpflichteten von seiner Schuld befreien; dann stehe der Anspruch nach § 1042 ABGB offen.

Auckenthaler, Irrtümliche Zahlung fremder Schulden (1980), 81 ff, hat mit besonders ausführlicher Begründung die Konkurrenz der Ansprüche nach § 1042 ABGB und § 1431 ABGB bejaht: Das Erfordernis einer (endgültigen) Befreiung des Schuldners als Voraussetzung für einen Anspruch nach § 1042 ABGB sei in dieser Bestimmung nicht angeordnet. Die Worte „hätte machen müssen“ in § 1042 ABGB müssten nicht so ausgelegt werden, dass der Schuldner durch die Zahlung des Dritten von seiner Zahlungspflicht befreit sein müsse. Diese Worte seien vielmehr so zu verstehen, dass derjenige Ersatz fordern könne, der einen Aufwand mache, den der andere hätte machen müssen, aber tatsächlich bisher noch nicht gemacht habe (83). Die Ablehnung einer Konkurrenz von Leistungskondiktion und Ersatzanspruch nach § 1042 ABGB laufe letztlich auf die These einer generellen Subsidiarität der Verwendungsansprüche hinaus. Eine derartige These würde jeder gesetzlichen Grundlage entbehren (95).

Kerschner, „Naturale“ Bereicherungsansprüche im öffentlichen Recht? Zum Bereicherungsausgleich zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts - VfGH 30. 11. 1984, A 33/83, A 45/83 und 14. 6. 1985, G 66, 67/83, G 74/83, JBl 1986, 702 (704), meint, sowohl die Verwendungsklage nach § 1041 ABGB als auch der Anspruch wegen Aufopferung in einer Gefahrengemeinschaft nach § 1043 ABGB setzten eine tatsächliche Vermögensvermehrung bzw eine tatsächliche Rettung eines Rechtsguts des Anspruchsgegners voraus. Es bedürfte daher schon zwingender Gründe für die Annahme, dass der Gesetzgeber in § 1042 ABGB so grundlegend anders auf einen Nutzen des Schuldners hätte verzichten wollen. Verlange man für den Regress nach § 1042 ABGB bloß Aufwandidentität und verzichte man auf den „animus obligandi“, gewinne diese Regressnorm einen ungeahnt weiten Anwendungsbereich, dessen Grenzen wohl kaum mehr übersehbar seien.

Apathy, JBl 1991, 311 f (Anm zu 3 Ob 606/90), spricht sich unter Berufung auf Zeiller und Auckenthaler dafür aus, vom Erfordernis der (endgültigen) Befreiung des Regressschuldners als Anspruchsvoraussetzung gemäß § 1042 ABGB abzusehen.

Derselbe in Schwimann3 (2006), § 1042 Rz 4, referiert jene Rechtsprechung, wonach Verwendungsanspruch nach § 1042 ABGB und Kondiktion konkurrieren.

Rummel in Rummel3 (2000), § 1042 Rz 7, meint, der Teil der Rechtsprechung, wonach auch die Zahlung fremder Schulden unter § 1042 ABGB falle, könne - bei Verzicht auf animus obligandi - gerechtfertigt werden, wenn man die „Genehmigung“ des Zahlers zulasse, die Leistung als für den Schuldner erfolgt zu behandeln.

Derselbe in Rummel3 (2002), § 1431 Rz 7, vertritt die Ansicht, im Grundsatz sei den Ausführungen Auckenthalers zu folgen, wonach in Fällen, in denen auch der Gläubiger den Zahlenden irrtümlich für den Schuldner halte, die Ansprüche des Zahlenden aus § 1431 ABGB gegen den Gläubiger und aus § 1042 ABGB gegen den Schuldner nebeneinander bestünden; diese Auffassung bestätige die bisherige Rechtsprechung in zwanglosem Einklang mit dem Gesetz.

Derselbe, Altes und Neues zu § 1042 ABGB, JBl 2008, 432 (438), verlangt - außerhalb von Unterhaltsleistungen durch einen Nichtverpflichteten, dem er unterhaltsberechtigtes Kind und Unterhaltspflichtigen als Gesamtschuldner haften lassen will - für einen Anspruch nach § 1042 ABGB gegen den Verpflichteten die Tilgung von dessen Schuld gegenüber dem Gläubiger. Eine Abweichung vom Tilgungserfordernis als notwendiger und nicht durch Genehmigung der Befreiungswirkung willkürlich herstellbarer Voraussetzung des Bereicherungsrückgriffs sei nicht gerechtfertigt, zur Erzielung rechtspolitisch überzeugender Ergebnisse vor dem Hintergrund der bisherigen Judikatur auch nicht angezeigt.

Derselbe, EF-Z 2008/58 (102; Anm zu 4 Ob 201/07y) meint, im Ergebnis spreche Vieles für eine („unechte“) Gesamtschuld von Schuldner und Leistungsempfänger. Eine solche Entscheidung für eine Gesamtschuld von Vater und Kind scheine unter Berufung auf Zeiller auch konsequenter als die im Anschluss an Koziol gewählte Lösung, nach der der Zahler dem Empfänger die Leistung „endgültig belassen“ und damit die Drittrichtung sozusagen genehmigen müsste. Vor allem würde auf diese Weise auch dem denkbaren Fall Rechnung getragen, dass eine Klage gegen den Vater zwar Erfolg hätte, sich aber als wirtschaftlich nicht durchsetzbar erweise. Der unzweifelhaft einmal vorhandene Bereicherungsanspruch gegen das Kind sollte nicht (wegen angeblicher „Genehmigung“ der Drittrichtung der Zahlung) endgültig erloschen sein.

Nach Mader in Schwimann3 (2006), Vor §§ 1431 ff Rz 43, sei „eher zu bejahen“, dass der Leistende statt der Leistungskondiktion des § 1431 ABGB gegen den Empfänger den Verwendungsanspruch des § 1042 ABGB gegen den wahren Schuldner geltend machen könne.

Beclin, EF-Z 2006/9 (Anm zu 4 Ob 15/05t), lässt Sympathie für eine Konkurrenz zwischen Ansprüchen nach § 1431 ABGB und § 1042 ABGB erkennen.

Schurr in Schwimann, ABGB-TaKomm (2010), § 1042 Rz 2, verneint eine Konkurrenz zwischen einem Anspruch nach § 1431 ABGB und § 1042 ABGB ohne Begründung.

Lurger in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON 1.00 (2010), § 1042 Rz 6, hält die Ansicht für zutreffend, wonach es für eine Konkurrenz der Ansprüche nach § 1431 ABGB und § 1042 ABGB ausreiche, wenn der Anspruch zwischen Schuldner und Empfänger nicht erlösche, sondern der Schuldner sich die Leistung durch das Einschreiten des Verkürzten nur vorläufig erspart habe.

B. 3. Ergebnis:

Die Analyse der Rechtsprechung und Lehre hat gezeigt, dass beide Ansichten und auch vermittelnde Positionen mit mehr oder weniger guten Gründen vertreten wurden und werden. In der letzten Zeit scheinen - teilweise im Unterhaltsrecht (Unterhaltszahlung durch dazu nicht Verpflichteten) - in der Lehre jene Meinungen zu überwiegen, die eine Konkurrenz bejahen.

Nach Ansicht des Senats ist vor allem das Argument Auckenthalers unwiderlegt, wonach sich aus § 1042 ABGB kein Erfordernis einer endgültigen Befreiung des Schuldners ableiten lasse.

Auch praktische Erwägungen sprechen für die Konkurrenz: Bezahlt die Zweitbeklagte ihre Kondiktionsschuld gegenüber der Klägerin, so wird das Kreditkonto der Erstbeklagten wieder im Ausmaß der Zahlung belastet und muss die Erstbeklagte ihrerseits an die Zweitbeklagte bezahlen. Der „Umweg“ über die Befriedigung des Kondiktionsanspruchs der Klägerin durch die Zweitbeklagte macht somit zwei Zahlungen nötig. Bezahlt hingegen die erstbeklagte Kreditnehmerin direkt an die Klägerin, so ist nicht nur der Kondiktionsanspruch der Klägerin gegen die Zweitbeklagte, sondern auch der Kreditrückzahlungsanspruch der zweitbeklagten Kreditgeberin gegenüber der Erstbeklagten im Ausmaß der Zahlung endgültig erloschen. Mit einer Zahlung werden somit zwei Schuldverhältnisse getilgt.

Der Senat schließt sich daher jener Auffassung an, die eine Konkurrenz zwischen der (allenfalls analog gewährten) Kondiktion nach § 1431 ABGB gegen den Empfänger der Leistung und dem Verwendungsanspruch nach § 1042 ABGB gegen den, der sich - wenn auch nur vorläufig - durch die Leistung des Verkürzten selbst einen Aufwand erspart hat, bejaht. Dabei sind beide Beklagte Solidarschuldner (vgl Auckenthaler aaO 88 f).

Die Bejahung des Verwendungsanspruchs nach § 1042 ABGB führt aber nicht zu einer gänzlichen Klagsstattgebung gegenüber der Erstbeklagten. Nach § 1042 ABGB kann nur insoweit Ersatz verlangt werden, als die Pflicht des anderen reichte. Ein Anspruch gemäß § 1042 ABGB besteht hier daher insoweit nicht, als die Schuld der Erstbeklagten noch nicht fällig war (RIS-Justiz RS0115416; vgl auch RS0104142; RS0115415). Nach den vorinstanzlichen Feststellungen war der Kredit noch nicht wegen Terminsverlusts fälliggestellt worden. Fällig waren nur die nicht bezahlten Kreditraten für die sieben Monate März bis September 2008. Nur im Ausmaß dieser sieben Monatsraten besteht somit das Klagebegehren gegenüber der Erstbeklagten zu Recht.

Die Kostenentscheidung gründet sich für alle drei Instanzen auf § 43 Abs 1 (§ 50) ZPO. Aufgrund des annähernd gleichen Prozesserfolgs von Klägerin und Erstbeklagter waren die Kosten gegenseitig aufzuheben und hinsichtlich der Pauschalgebühren gemäß § 43 Abs 1 letzter Satz ZPO vorzugehen.

Schlagworte

Unterhaltsrecht

Textnummer

E97426

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0020OB00157.10T.0505.000

Im RIS seit

09.06.2011

Zuletzt aktualisiert am

18.09.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten