TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/30 W140 2227065-12

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.11.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

30.11.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §80

Spruch


W140 2227065-12/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. HÖLLER als Einzelrichterin im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl: XXXX , über die weitere Anhaltung von XXXX , StA. Russische Föderation, in Schubhaft zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG idgF wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.11.2020, XXXX , wurde gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Das Bundesverwaltungsgericht führte u. a. Folgendes aus:

„Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, reiste im Jahr 2005 mit seinen Eltern in das Bundesgebiet ein. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) vom 25.01.2018 wurde dem Beschwerdeführer der 2009 verliehene Status des Asylberechtigten aberkannt und mit einer Rückkehrentscheidung in den Herkunftsstaat verbunden.

2. Es besteht gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 26.11.2019 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

3. Der Beschwerdeführer wird seit 06.12.2019 in Schubhaft angehalten.

4. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.03.2020, 28.04.2020, 26.05.2020, 23.06.2020, 20.07.2020, 14.08.2020, vom 11.09.2020 und vom 07.10.2020 wurde jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig ist.

5. Das Bundesamt legte dem Bundesverwaltungsgericht am 27.10.2020 die Akten gemäß §22a BFA-VG zur neuerlichen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft vor.

Der Beschwerdeführer ist nicht kooperativ. Er wirkt an der Identitätsermittlung nicht mit und versucht dadurch die geplante Abschiebung zu verhindern. Das Bundesamt versucht über Angehörige des Beschwerdeführers eine Identifizierung des Beschwerdeführers zu erreichen und somit die Ausstellung eines Heimreisezertifikats bei der russischen Botschaft durchzusetzen. Es ist von der Durchführung einer Abschiebung des Beschwerdeführers innerhalb der höchstmöglichen Schubhaftdauer auszugehen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Zum Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, reiste im Jahr 2005 mit seinen Eltern in das Bundesgebiet ein. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) vom 25.01.2018 wurde dem Beschwerdeführer der 2009 verliehene Status des Asylberechtigten aberkannt und mit einer Rückkehrentscheidung in den Herkunftsstaat verbunden. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.05.2018 als verspätet zurückgewiesen.

1.2. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 14.02.2018 wurde der (bereits mehrfach vorbestrafte) Beschwerdeführer gemäß §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 1. Fall Strafgesetzbuch – StGB, §§ 15, 83 Abs. 1 StGB sowie § 50 Abs. 1 Z 3 Waffengesetz 1996 – WaffG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten rechtskräftig verurteilt. Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 02.05.2018 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 50 Abs. 1 Z 3 WaffG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Wochen rechtskräftig verurteilt.

1.3. Mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesamtes vom 07.03.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 93 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG sein Konventionsreisepass entzogen und ihm aufgetragen, das Dokument gemäß § 93 Abs. 2 FPG unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen. Am 10.09.2018 wurde dem Beschwerdeführer während seiner Anhaltung in Strafhaft der Konventionsreisepass abgenommen.

1.4. Während sich der Beschwerdeführer in Strafhaft befand, wurde vom Bundesamt bei der Vertretungsbehörde der Russischen Föderation ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer eingeleitet. Zu diesem Zweck wurde der Beschwerdeführer am 14.11.2018 während seiner Anhaltung in Strafhaft vom Bundesamt niederschriftlich einvernommen. Er verweigerte jedoch die Beantwortung der an ihn gestellten Fragen, sodass die Einvernahme ergebnislos abgebrochen werden musste.

1.5. Am 03.06.2019 kehrte der Beschwerdeführer von einem Haftausgang nicht mehr in die Justizanstalt zurück und wurde daraufhin zur Fahndung ausgeschrieben. Nach seiner erneuten Festnahme befand sich der Beschwerdeführer bis 06.12.2019 in Strafhaft.

1.6. Am 11.11.2019 richtete das Bundesamt im Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates ein Schreiben an die Vertretungsbehörde der Russischen Föderation zwecks Vorführung des Beschwerdeführers zur Identitätsfeststellung.

1.7. Mit Bescheid vom 26.11.2019 ordnete das Bundesamt gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an. Dieser Bescheid wurde nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft am 06.12.2019 in Vollzug gesetzt und der Beschwerdeführer wird seither in Schubhaft angehalten.

Die vom Beschwerdeführer gegen diesen Schubhaftbescheid vom 26.11.2019 erhobene Beschwerde wurde mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.01.2020 als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Begründend wurde dabei insbesondere auf das Entziehen aus der Strafhaft (im Zuge eines Freiganges) und das besondere Interesse des Staates an der Sicherstellung einer Überstellung verwiesen.

1.8. Das Bundesverwaltungsgericht stellte mit Erkenntnissen vom 31.03.2020, 28.04.2020, 26.05.2020, 23.06.2020, 20.07.2020, 14.08.2020, vom 11.09.2020 und vom 07.10.2020 fest, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig ist.

1.9. Das Bundesamt legte dem Bundesverwaltungsgericht am 27.10.2020 die Akten gemäß §22a BFA-VG zur neuerlichen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft vor.

2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den Voraussetzungen der Schubhaft

2.1. Der Beschwerdeführer besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft nicht, er besitzt auch keine Staatsbürgerschaft eines EU-Mitgliedstaates, er ist Staatsangehöriger der russischen Föderation. Der Beschwerdeführer ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

2.2. Es besteht gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme.

2.3. Der Beschwerdeführer wird seit 06.12.2019 in Schubhaft angehalten.

2.4. Beim Beschwerdeführer wurde XXXX diagnostiziert, er erhält eine Cortisontherapie. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung, er ist haftfähig.

3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:

3.1. Der Beschwerdeführer weist in Österreich folgende strafgerichtliche Verurteilungen auf:

3.1.1. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 19.06.2013 wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 127, 129 Z 1, § 15 StGB und § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten, welche unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen, rechtskräftig verurteilt (Jugendstraftat).

3.1.2. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 02.04.2014 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 83 Abs. 1 StGB, § 218 Abs. 1 Z 1 StGB, § 142 Abs. 1 StGB, §§ 15, 105 Abs. 1 StGB, § 107 Abs. 1 und 2 StGB, § 107 Abs. 1 StGB, § 88 Abs. 4 1. Fall StGB sowie §§ 15, 269 Abs. 1 1. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten rechtskräftig verurteilt (Jugendstraftat).

3.1.3. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 26.06.2015 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 127 StGB, § 142 Abs. 1 StGB, §§ 15, 105 Abs. 1 StGB sowie § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einundzwanzig Monaten rechtskräftig verurteilt (Jugendstraftat).

3.1.4. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 21.11.2016 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 107 Abs. 1 StGB und § 269 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten rechtskräftig verurteilt (Jugendstraftat).

3.1.5. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 14.02.2018 wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 1. Fall StGB, §§ 15, 83 Abs. 1 StGB sowie § 50 Abs. 1 Z 3 WaffG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten rechtskräftig verurteilt.

3.1.6. Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 02.05.2018 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 50 Abs. 1 Z 3 WaffG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Wochen rechtskräftig verurteilt.

3.2. Der Beschwerdeführer ist im Zusammenhang mit der Organisation seiner Abschiebung in keiner Form kooperativ und in besonderem Maße vertrauensunwürdig. Der Beschwerdeführer brach am 25.04.2015 aus einer Justizanstalt aus. Am 03.06.2019 kehrte der Beschwerdeführer von einem bewilligten Ausgang nicht mehr in die Justizanstalt zurück. Der Beschwerdeführer achtet die österreichische Rechtsordnung insgesamt nicht. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird er untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten um einer Abschiebung zu entgehen.

3.3. In Österreich leben die Eltern und Geschwister des Beschwerdeführers. Er ging jedenfalls in den letzten sechs Jahren keiner legalen Beschäftigung (außerhalb der Strukturen der Justizanstalten) nach. Er konnte seit 2014 soziale Kontakte außerhalb der Justizanstalten nur in sehr reduziertem Maße pflegen, verfügt jedoch über einen gesicherten Wohnsitz im Bundesgebiet.

3.4. Bei der russischen Vertretungsbehörde ist ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer anhängig, am 27.02.2020 wurde der Beschwerdeführer einer Delegation dieser Behörde zur Feststellung seiner Identität vorgeführt. Dabei verweigerte der Beschwerdeführer die Beantwortung der Fragen, sodass das Interview abgebrochen werden musste. Vom Vater des Beschwerdeführers wurde eine Bestätigung zur Identität des Beschwerdeführers unterfertigt und an die russische Vertretungsbehörde übermittelt. Mit Schreiben der russischen Botschaft vom 13.10.2020 wurde mitgeteilt, dass der Vater des Beschwerdeführers von der russischen Botschaft identifiziert wurde. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer wird vom Bundesamt regelmäßig in Form von Einzelurgenzen urgiert, zusätzlich wurden am 14.08.2020 weitere Unterlagen zur Identifizierung des Beschwerdeführers an das russische Innenministerium übermittelt. Das Bundesamt versucht die von der russischen Botschaft geforderten Nachweise und Unterlagen schnellstmöglich zu erbringen und die Dauer der Schubhaft möglichst kurz zu halten.

Von der Ausstellung eines Heimreisezertifikates und einer darauffolgenden baldigen Abschiebung des Beschwerdeführers ist innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer auszugehen.

3.5. Eine relevante Änderung der Umstände seit der letzten Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft hat sich im Verfahren nicht ergeben.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in die Akte des Bundesverwaltungsgerichtes das Verfahren über die Beschwerde gegen den Bescheid vom 25.01.2018 sowie das bisherige Schubhaftverfahren des Beschwereführers betreffend, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

1. Zum Verfahrensgang, zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft:

1.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes, dem vorliegenden Gerichtsakt sowie den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes das Verfahren über die Beschwerde gegen den Bescheid vom 25.01.2018 sowie das bisherige Schubhaftverfahren des Beschwerdeführers betreffend.

1.2. Aus dem Verwaltungsakt und insbesondere aus den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 03.01.2020 ergibt sich, dass der Beschwerdeführer über keine Dokumente zum Nachweis seiner Identität und damit auch über kein Reisedokument verfügt. An seiner Volljährigkeit besteht jedoch kein Zweifel und wird die Minderjährigkeit auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Im bisherigen Verfahren haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt. Da dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten rechtskräftig aberkannt und ihm der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt wurde, handelt es sich beim Beschwerdeführer weder um einen Asylberechtigten noch um einen subsidiär Schutzberechtigten.

1.3. Dass der Beschwerdeführer seit 06.12.2019 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

1.4. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers beruhen auf dem amtsärztlichen Gutachten vom 14.08.2020. Indizien für eine Haftunfähigkeit liegen nicht vor. Dass er Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft.

2. Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf

2.1. Die Feststellungen zu der mit Bescheid des Bundesamtes vom 25.01.2018 erlassenen Rückkehrentscheidung und dem damit verbundenen Einreiseverbot ergeben sich aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde gegen diesen Bescheid betreffend.

2.2. Dass der Beschwerdeführer nicht bereit ist freiwillig in den Herkunftsstaat zurückzukehren oder am Verfahren zu seiner Abschiebung mitzuwirken, hat er selbst angegeben; dies ergibt sich auch aus der Aktenlage. Die in besonderem Maße fehlende Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aus seiner massiven Straffälligkeit, der zweimaligen Flucht aus der Strafhaft und dem Verhalten in den bisherigen Verfahren. Seine fehlende Kooperationsbereitschaft zeigt sich insbesondere daran, dass sich der Beschwerdeführer weigerte, die im Rahmen eines Interviews vor einer Delegation der russischen Vertretungsbehörde an ihn gerichteten Fragen zu beantworten. Dass er zwei Mal aus der Strafhaft geflohen ist, räumte der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Befragung in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 03.01.2020 ein und gab überdies an, dass er nach einem Freigang aus Angst vor seiner Abschiebung nicht in die Justizanstalt zurückgekehrt ist.

Die grundlegende Missachtung der österreichischen Rechtsordnung durch den Beschwerdeführer ergibt sich aus seinem Verhalten seit dem Jahr 2013. Er hat schon kurz nach Erreichen der Strafmündigkeit derart schwere Straftaten begangen, dass er sich ab dem 16. Lebensjahr fast durchgehend in Strafhaft befunden hat – darunter eine unbedingte Freiheitsstrafe von 18 Monaten im Jahr 2014 und von 21 Monaten im Jahr 2015; dies jeweils unter Anwendung des ohnedies bereits reduzierten Strafrahmens im Jugendstrafrecht. Angesichts dieses Vorverhaltens und der vorübergehenden Flucht aus der Strafhaft im Juni 2019 sowie der weiterhin demonstrierten Kooperationsunwilligkeit besteht keinerlei Zweifel darüber, dass sich der Beschwerdeführer im Falle einer Entlassung aus der Schubhaft dem behördlichen Zugriff umgehend (erneut) entziehen würde.

2.3. Die Feststellungen zum gesicherten Wohnsitz und den familiären Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet ergeben sich aus der Aktenlage und werden auch vom Bundesamt nicht bestritten. Die Feststellungen zur fehlenden legalen Beschäftigung und der deutlichen Reduktion sozialer Kontakte während der letzten 6 Jahre ergeben sich aus der unstrittigen, fast durchgehenden Anhaltung in Justizanstalten und Polizeianhaltezentren.

3. Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft

3.1. Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers beruhen auf einer Einsichtnahme in das Strafregister.

3.2. Die Feststellungen zum Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates mit der Vertretungsbehörde der russischen Föderation ergeben sich aus der Aktenlage sowie aus der Stellungnahme des Bundesamtes vom 27.10.2020. Vor diesem Hintergrund kann realistisch von einer Identifizierung des Beschwerdeführers samt Ausstellung eines Heimreisezertifikates und seiner Abschiebung innerhalb der kommenden Monate ausgegangen werden.

3.3. Eine Änderung der Umstände für die Aufrechterhaltung der Schubhaft ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Gegenteiliges ist auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung: (…)

3.1.3. Der Beschwerdeführer besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft nicht und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – möglich ist.

3.1.4. Da eine durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vorliegt und ein Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer anhängig ist, ist mit einer Abschiebung des Beschwerdeführers innerhalb der zulässigen Schubhafthöchstdauer zu rechnen. Innerhalb dieses Zeitraumes scheint es auch realistisch, dass der Flugverkehr in die Russische Föderation wiederaufgenommen wird.

3.1.5. Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus:

Dabei ist gemäß § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Der Beschwerdeführer behindert seine Rückkehr dadurch, dass er keine Schritte zur Beschaffung identitätsbezeugender Dokumente unternommen hat und vielmehr die Ausstellung eines Heimreisezertifikates durch unkooperatives Verhalten in dem diesbezüglichen Verfahren bisher verzögert hat. Es ist daher der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 1 FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 3 FPG zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).

Da gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorliegt und er seine Rückkehr behindert, ist insgesamt auch der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt sind gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG der Grad der sozialen Verankerung des Fremden in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit bzw. das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen.

Das Verfahren hat keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass im Fall des Beschwerdeführers Umstände vorliegen, die wegen seiner Verankerung im Bundesgebiet gegen das Bestehen der Fluchtgefahr sprechen. Insbesondere konnten die familiären Beziehungen den Beschwerdeführer bisher nicht von der wiederholten Begehung von Straftaten abhalten. Insbesondere ist der Beschwerdeführer aus der gerichtlichen Strafhaft geflohen, um sich seiner Abschiebung zu entziehen. Es liegt daher insgesamt kein soziales Netz vor, das den Beschwerdeführer davon abhalten könnte, unterzutauchen. § 76 Abs. 3 Z 9 FPG liegt daher gegenständlich ebenfalls vor.

Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3 und 9 FPG vor und ist aus diesen Erwägungen auch Sicherungsbedarf gegeben.

3.1.6. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Der Beschwerdeführer hat zwar familiäre jedoch keine nennenswerten sozialen Bindungen in Österreich. Einer legalen Erwerbstätigkeit ging der Beschwerdeführer in Österreich nicht nach.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Der Beschwerdeführer wurde in Österreich seit dem Jahr 2013 sechsmal – vorrangig wegen Gewalt- und Vermögensdelikten – zu weitestgehend unbedingten Freiheitsstrafen von knapp 70 Monaten, umgerechnet fast 6 Jahren verurteilt. Er wurde in dieser Zeit – bis zum Vollzug der Schubhaft – auch praktisch durchgehend in Justizanstalten angehalten. Einen genehmigten Freigang nutzte er, um sich der Strafhaft zu entziehen. Durch die wiederholte Begehung von Straftaten, von denen der Beschwerdeführer trotz gerichtlicher Verurteilungen und vollzogener Haftstrafen nicht abgehalten werden konnte, ergibt sich daher aus dem Verhalten des Beschwerdeführers insgesamt, dass sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit in hohem Maß gefährdet und ein besonders hohes öffentliches Interesse an der baldigen Außerlandesbringung des Beschwerdeführers besteht.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers kommt daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen – insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung – zumal der Beschwerdeführer bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er die ihn treffenden Verpflichtungen nicht einhält und im Verfahren auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er dieses Verhalten in Zukunft ändert.

Bei einer wie im vorliegenden Fall im Sinne des § 80 Abs. 4 Z 1 und Z 4 FPG höchstzulässigen Dauer der Schubhaft von 18 Monaten scheint die Aufrechterhaltung der seit 06.12.2019 bestehenden Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft weiterhin verhältnismäßig.

Dies auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Behörde auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken. Selbst wenn es aufgrund der gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit COVID-19 noch immer zu Verzögerungen der Abschiebung aufgrund der auch weiterhin bestehenden Einschränkungen im internationalen Flugverkehr kommt, besteht jedoch die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat (innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft) aus aktueller Sicht weiterhin. Im vorliegenden Fall liegt die (verhältnismäßige) Verzögerung einer Abschiebung des Beschwerdeführers jedoch nicht an möglichen pandemiebedingten Einschränkungen, sondern am unkooperativen Verhalten des Beschwerdeführers. Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist es auch trotz der Einschränkungen im Flugverkehr fallbezogen noch vertretbar eine Schubhaft in Erwartung einer Lockerung der Reisebeschränkungen vorerst aufrecht zu erhalten (VwGH vom 12.05.2020, Ra 2020/21/0094).

Eine bereits jetzt bestehende faktische Unmöglichkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers ist aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes nicht ersichtlich.

Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft seit der letzten gerichtlichen Überprüfung auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.

3.1.7. Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Da eine durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vorliegt, der Beschwerdeführer zur Verhinderung der Abschiebung unkooperatives Verhalten zeigt und sich insbesondere zur Verhinderung seiner Abschiebung der gerichtlichen Strafhaft entzogen hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer in Freiheit für die Behörde jederzeit greifbar sein wird.

Die Anordnung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.

3.1.8. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine „ultima ratio“ dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

3.1.9. Es konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des behördlichen Verfahrens hinreichend geklärt wurde und das gerichtliche Verfahren keine wesentlichen Änderungen ergeben hat.“

Die Verwaltungsbehörde übermittelte am 25.11.2020 zum Zwecke der Überprüfung der Schubhaft im Sinne des § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verwaltungsakten womit "die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht gilt".

Mit E-Mail vom 25.11.2020 übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) folgende Stellungnahme:

„(…)Über den im Betreff genannten Fremden wurde mit Bescheid vom 26.11.2019 gemäß § 76 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die Anhaltung in Schubhaft erfolgt seit 06.12.2019 (Entlassung aus der Strafhaft).

Betreffend die Gründe ist auf den Schubhaftbescheid zur oa. IFA-Zahl zu verweisen, die während der Schubhaft keine Änderung erfahren haben.

Gegenständlich soll der Fremde länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden. Nach § 22a Abs. 4 BFA-VG ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde (06.04.2020), und danach alle vier Wochen, vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakte so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakte gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht.

Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist.

Die Partei hat

- die Ausreiseverpflichtung missachtet

- nicht oder mangelhaft bei der Identitätsprüfung mitgewirkt

- nicht oder mangelhaft bei der Beschaffung eines Ersatzreisedokumentes mitgewirkt

- keine soziale Integration

- keine berufliche Integration

- keine familiäre Integration

- kein gesichertes Einkommen

Der gesamte Akt wurde im Zuge einer Schubhaftbeschwerde erstmals am 02.01.2020 an das BVwG übermittelt.

Durch das BVwG wurde mit Zahl XXXX durch mündliche Verkündigung vom 06.01.2020 die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft bestätigt.

Bisheriger Verfahrensgang:

Für die Partei wurde durch die gesetzliche Vertreterin am 23.09.2005 ein Antrag auf internationalen Schutz eingebracht.

Mit Bescheid vom 02.04.2009 wurde dem Antrag stattgegeben und der Partei Asyl gewährt.

Die Partei wurden nach Asylgewährung im Bundesgebiet mehrmals straffällig und wurden bisher sechsmal rechtskräftig strafrechtlich verurteilt.

Am 23.11.2017 wurde ein Aberkennungsverfahren zu dem der Partei erteilten Status des Asylberechtigten eingeleitet.

Der Partei wurde mit Bescheid vom 25.01.2018 der am 02.04.2009 zuerkannte Status des Asylberechtigten aberkannt. Gleichzeitig mit dieser Entscheidung wurde gegen die Partei eine Rückkehrentscheidung iVm Einreiseverbot in der Dauer von 10 Jahren erlassen. Der Partei wurde eine Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt.

Die Partei legte gegen diese Entscheidung zwar Beschwerde ein, jedoch wurde diese Beschwerde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.05.2018 als verspätet eingebracht zurückgewiesen. Die Entscheidung erwuchs am 01.03.2018 in I. Instanz Rechtskraft.

Es wurde ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates bei den Behörden der russischen Föderation eingeleitet.

Die Partei befindet sich daher nicht rechtmäßig im Bundesgebiet und ist daher zur Ausreise verpflichtet.

Die Partei wurde während ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet sechsmal straffällig und rechtskräftig verurteilt, wobei bei fünf Verurteilungen nur mit der Verhängung einer unbedingten Verhängung einer Freiheitsstrafe das Auslangen gefunden werden konnte.

Vorliegenden Vorstrafen:

1) LG F.STRAFS. XXXX vom 19.06.2013 RK 19.06.2013, § 127 129 Z 1 § 15 StGB § 125 StGB Datum der (letzten) Tat 03.04.2013 Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre, Jugendstraftat

02) LG F.STRAFS. XXXX vom 02.04.2014 RK 02.04.2014 § 83 (1) StGB § 218 (1) Z 1 StGB § 142 (1) StGB § 15 StGB § 105 (1) StGB § 107 (1,2) StGB § 107 (1) StGB § 88 (4) 1. Fall StGB § 15 StGB § 269 (1) 1. Fall StGB Datum der (letzten) Tat 31.01.2014 Freiheitsstrafe 18 Monate Jugendstraftat


03) LG F.STRAFS. XXXX vom 26.06.2015 RK 30.06.2015 § 127 StGB

§ 142 (1) StGB § 15 StGB § 105 (1) StGB § 83 (1) StGB Datum der (letzten) Tat 27.04.2015 Freiheitsstrafe 21 Monate Jugendstraftat

04) LG XXXX vom 21.11.2016 RK 21.11.2016 § 107(1)StGB § 269 (1) StGB Datum der (letzten) Tat 01.07.2016 Freiheitsstrafe 9 Monate Jugendstraftat

05) LG F.STRAFS. XXXX vom 14.02.2018 RK 19.02.2018 §§ 105 (1), 106 (1) Z 1 1. Fall StGB § 15 StGB § 83 (1) StGB § 50 (1) Z 3 WaffG Datum der (letzten) Tat 20.12.2017 Freiheitsstrafe 18 Monate Junge(r) Erwachsene(r)

06) BG XXXX vom 02.05.2018 RK 07.05.2018 § 50 (1) Z 3 WaffG Datum der (letzten) Tat 08.11.2017 Freiheitsstrafe 7 Wochen Junge(r) Erwachsene(r)

Die Partei befand sich im Jahr 2015 in der JA- XXXX in Haft. Die Partei ist am 25.04.2015 aus dieser Justizanstalt ausgebrochen, wurden wieder festgenommen und in die JA- XXXX verbracht. Anschließend verbüßte die Partei die restliche Haftstrafe in der JA- XXXX bzw. in der JA- XXXX .

Die Partei befand sich im Jahr 2019 in der der JA- XXXX in Strafhaft und trat einen bewilligten Ausgang an, kehrte jedoch am 03.06.2019 von diesem Ausgang nicht mehr in die JA- XXXX zurück und entzog sich so der Strafhaft.

Nach der neuerlichen Festnahme wurde die Partei in die JA- XXXX eingeliefert und zur weiteren Verbüßung der Strafhaft wieder in die JA- XXXX überstellt. Die Partei verblieb bis zur Ihrer Entlassung in der Justizanstalt XXXX .

Nach der Entlassung aus der JA XXXX wurden die Partei in Schubhaft genommen und in das Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel überstellt.

Eine aktuelle und gegenwärtige Gefährdung, sowie die Fluchtgefahr wurden bereits im Bescheid über die gegenständliche Schubhaft dargelegt und durch die II. Instanz bestätigt.

Während der Schubhaftdauer wurden die vorgeschriebenen Schubhaftprüfungen gem. § 80 FPG durchgeführt.

Familiäre Verhältnisse des Fremden im Bundesgebiet:

Vater (illegal im Bundesgebiet):(…) Bruder (illegal im Bundesgebiet):(…) Mutter:(…) Bruder: (…) Bruder:(…) Schwester:(…) Schwester:(…)

Verfahrensgang seit Bestätigung der Schubhaft durch das BVwG:

Am 03.02.2020 langte ein mit 01.02.2020 datierter Wunschzettel der Partei mit der Bitte um ein dringendes Gespräch mit dem Referenten ein. Der verfahrensführende Referent nahm am 07.02.2020 telefonisch mit der Partei auf. Die Partei spricht gut deutsch.

Die Partei wollte wissen wann er entlassen werde. Der verfahrensführende Referent legte den Sachverhalt nochmals dar und erklärte der Partei, dass er derzeit nicht entlassen werde. Daraufhin erklärte die Partei, dass sowieso kein Dokument für ihn ausgestellt werden wird.

Im Zuge dieses Gespräches wurde der Partei nochmal die freiwillige Rückkehr in das Heimatland angeboten. Durch eine freiwillige Ausreise würde die Partei bald aus der Schubhaft kommen. Die Partei gab an, dass er nicht freiwillig ausreisen will.(…)

Erlangung Heimreisezertifikat:

Es wurde ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates eingeleitet.

Durch die ha. Behörde wurde ein Schriftstück angefertigt, in welchem der Vater der Partei, Herr XXXX , bestätigt, dass er der Vater der og. Partei ist.(…)

Dieses Schriftstück zur Bestätigung wird zur Erlangung eines Heimreisezertifikates von der russischen Botschaft benötigt. Der Vater der Partei bestätigte am 06.02.2020 mit seiner Unterschrift, dass er der Vater der og. Partei ist.

Durch das BFA wurde ein Ersuchen an die russischen Behörden gestellt um einen Vorführtermin bei der Konsularabteilung der Botschaft der russischen Föderation zu erlangen.

Dieser Termin zur Vorführung wurde von der russischen Botschaft für den 27.02.2020 festgelegt.

Zu diesem Termin wurde auch der Vater der Partei geladen um dort seinen Sohn zu identifizieren.

Die Partei wurde zeitgerecht am 27.02.2020 zu diesem Delegationstermin vorgeführt.

Leider verweigerte die Partei die Beantwortung der Fragen der Botschaft und hat somit nichts zu seiner Identifizierung beigetragen. (…) Das Interview wurde daraufhin abgebrochen.

Die vom Vater unterfertigte Bestätigung zur Identifikation des Sohnes wurde an die Botschaft übergeben, welche es an den russischen Migrationsdienst weitergeleitet hat.

Hätte die Partei an der Identifizierung seiner Person mitgewirkt, könnte die Ausstellung eines Heimreisezertfikates schneller vonstattengehen, da die russischen Behörden über mehr Informationen zu dem in der russischen Föderation laufenden Verfahren zur Identifikation des Og. verfügen würden.

Mit der Nichtmitwirkung stellt die Partei eindrücklich seine Unwilligkeit zur Ausreise aus dem Bundesgebiet klar. Auch hat die Partei wiederholt angegeben, nicht ausreisen zu wollen. Somit liegt das Verschulden an der länger andauernden Identifizierung eindeutig bei der Partei.

Auch hat die Partei die Frist zur freiwilligen Ausreise nicht genutzt. Diese Ausreise hätte auch aus dem Stande der Schubhaft mit Hilfe einer Rückkehrorganisation organisiert werden können.

Es lag im konkreten Fall gänzlich in der Hand des Fremden, durch Mitwirkung am Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates, die im Rahmen der ihn treffenden Mitwirkungspflicht seine Identifikation zu ermöglichen und dadurch die laufende Schubhaft so kurz als möglich zu halten.

Es kann nicht sein, dass der Fremde durch Verstoß gegen ihn treffende Mitwirkungspflichten den Behörden gegenüber insofern einen Vorteil ziehen kann, als dadurch eine rechtmäßige Abschiebung von vornherein unmöglich gemacht wird. Durch ein rechtmäßiges Alternativverhalten würde zu jeder Zeit des Verfahrens die Möglichkeit bestehen, dieses wesentlich zu verkürzen und eine ehebaldigste Beendigung der Schubhaft durch Ausreise in seinen Herkunftsstaat zu erreichen. Tut er dies nicht, so ist ihm nach Ansicht ho. Behörde das angemessene Zuwarten einer Klärung im Stande der Schubhaft zumutbar (so auch BVwG 24.2.2017, XXXX ).

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher im gegenständlichen Fall, dass das private Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio – Maßnahme darstellt. So ist eine verfassungsrechtlich gebotene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen (VfGH 24.6.2006, B362/06).

Der auch zu diesem Termin zur Identifizierung seines Sohnes geladene Vater kam der Ladung nicht nach.

Einen Tag vor dem Vorführtermin, am 26.02.2020, langte durch den Verein(…) – Vertreter des XXXX – per Mail eine Krankenstandmeldung und ein fachpsychatrischer Befund des Vaters ein. Herr XXXX kann aufgrund von gesundheitlichen Hindernissen und psychiatrischer Beeinträchtigung leider an diesem Termin nicht teilnehmen. Es ist offensichtlich, dass durch diese Krankmeldung eine Identifikation der Partei verhindert bzw. erschwert werden sollte.

Eine diesbezügliche Abwägung ergibt im konkreten Fall:

- Die Partei befindet sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet, verweigert die freiwillige Ausreise und versucht durch Nichtmitwirkung am Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates die Erlangung eines solchen zu vereiteln.

- Die Partei wurde bereits sechsmal strafrechtlich rechtskräftig verurteilt. Insgesamt wurde die Partei bisher zu 67 Monaten und 3 Wochen unbedingter Freiheitsstrafen und 6 Monaten bedingter Freiheitsstrafe verurteilt. Gegen die Partei besteht zudem ein Waffenverbot. Somit stellt die Partei eine aktuelle und gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar.

- Trotz mehrmaliger Festnahmen, massiver rechtskräftiger Verurteilungen und dem daraus erlittenen Haftübel sah sich der Genannte zu keiner Zeit persönlich in der Lage, sein bisheriges Verhalten vernünftig zu reflektieren und einen positiven Lebenswandel zu vollziehen.

- Der Fremde verweigert bewusst seine Mitwirkungspflicht im Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates, um die Erlangung eines Heimreisezertifikates zu behindern, um in weiterer eine Außerlandesbringung zu vereiteln.

- Die Partei hat sich bereits zweimal durch Flucht aus Justizanstalten der Strafhaft entzogen und musste zur Fahndung ausgeschrieben werden.

- Der Fremde besitzt kein gültiges Reisedokument, verfügt über keine finanziellen Mittel und kann daher Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen.

Die bereits beurteilte Fluchtgefahr besteht nach wie vor, wodurch zur Sicherung der Abschiebung die weitere Anhaltung in Schubhaft aus Sicht der ha. Behörde unbedingt notwendig, verhältnismäßig und als zumutbar anzusehen ist.

Wie bereits ausführlich dargelegt, besteht im konkreten Fall aufgrund der persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund des bisherigen Verhaltens ein hohes Risiko des Untertauchens.

Sollte daher die Identifizierung erfolgen, können alle Vorkehrungen getroffen werden um die Partei in sein Heimatland abzuschieben.

Die ha. Behörde hat daher alle möglichen Maßnahmen gesetzt, um die Schubhaftdauer so gering wie möglich zu halten.

Der Vater der Partei, Herr XXXX , wurde in der Zwischenzeit (…) von den russischen Behörden identifiziert. (…)

Mit Schreiben des Vertreters des Vaters – Verein (…) - vom 08.06.2020 wurde die freiwillige Rückkehr widerrufen.

Da XXXX nun identifiziert ist und bereits schriftlich bestätigt hat, dass er der Vater von XXXX ist, ist die Chance auf eine Identifizierung seines Sohnes XXXX somit gestiegen. (…)

Das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates ist weiterhin laufend. Am 13.07.2020 wurde neuerlich eine Einzelurgenz an die Botschaft der russischen Föderation übermittelt.

Aufgrund der Corona-Krise unterliegen auch die Behörden der russischen Föderation starken Beschränkungen. Dadurch kann es auch zu Verzögerungen in Bezug auf Ausstellung von Heimreisezertifikaten kommen.

Der Fremde selbst hat auch weiterhin keine Schritte gesetzt um seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen.

Mit Schreiben der BFA-Direktion vom 26.05.2020 wurde mitgeteilt, dass die russische Staatsbürgerschaft des Fremden zwar bestätigt wurde, jedoch nicht seine Identität.

Am 02.06.2020 wurde bei der russischen Botschaft erneut um einen Termin zur Durchführung eines Interviews angesucht.(…)

Laut Auskunft der Sanitätsstelle des PAZ- XXXX vom 10.08.2020 bekommt der Fremde nach der Biopsie nun eine Cortison-Therapie.

Der Fremde ist in ca. drei Monaten zu einem Kontrolltermin im XXXX geladen.

Dem Fremden wurde am 01.10.2020 nachweislich gem. § 80 Abs 7 FPG mitgeteilt, dass er gem. § 80 Abs 4 Z 1 und 4 weiterhin in Schubhaft verbleibt.(…)

Vorgänge seit letzter Vorlage gem. § 22a Abs 4 BFA-VG am 27.10.2020

Am 04.11.2020 wurde nach Vorlage gem. § 22a Abs 4 BFA-VG durch das BVwG bestätigt, dass die maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig war.

Der Fremde hat auch weiterhin keine Schritte zur freiwilligen Ausreise unternommen.

Die in der ergänzenden Beilage zur Stellungnahme vom 10.08.2020 angeführten Unterlagen wurden ins Russische übersetzt und am 14.08.2020 mit Diplomatenpost an das russische Innenministerium, Migrationsdienst nach Moskau übermittelt.

Bez. der am 14.08.2020 an den Migrationsdienst versendeten Unterlangen haben die russ. Behörden mit Schreiben vom 15.10.2020 geantwortet.

Daraufhin wurden weitere Schritte bezüglich Erlangung eines Heimreisezertifikates gesetzt. (…)

Laut Auskunft der Sanitätsstelle des PAZ- XXXX vom 25.11.2020 ist der Fremde weiter uneingeschränkt haftfähig.

Die Behörde beantragt daher im Wege der Schubhaftprüfung gem. § 22a BFA-VG, die weitere Anhaltung des Fremden im Stande der Schubhaft, nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit zu bestätigen.“


Am 26.11.2020 übermittelte das BFA eine ergänzende Stellungnahme mit folgendem Inhalt:

„Ergänzend zur Stellungnahme vom 25.11.2020 wird betreffend Bemühungen zur Erlangung eines Heimreisezertifikates festgehalten: Am 17.11.2020 wurde durch das BFA ein Gutachten den BF betreffend - mit der erforderlichen Apostille versehen - an die russischen Behörden übermittelt. Das Originalgutachten wurde per Post an den Migrationsdienst der russischen Migrationsdienst und in Kopie per Mail an die russ. Botschaft in Wien übermittelt. Dieses Schriftstück wird derzeit von den russischen Behörden überprüft. Weiters ist erneut geplant die Mutter des BF durch das BFA – betreffend Identitätsbestätigung der beiden sich in Schubhaft befindlichen Söhne – einzuvernehmen. Dazu ist anzumerken, dass die Mutter bereits am 03.11.2020 zur Einvernahme zwecks Bestätigung der Identität der beiden Söhne geladen war. Dieser Einvernahme wurde einen Tag vor dem geplanten Termin jedoch mit der Begründung, dass sie sich nicht wohlfühle – abgesagt. Die ärztliche Bestätigung für diesen Zeitraum wurde der ha. Behörde erst am 25.11.2020 vorgelegt. Weiters merkt die ha. Behörde noch an: Es werden derzeit Abschiebungen russischer StA durchgeführt. Für den 03.12.2020 ist wieder ein Charterflug zur Abschiebung in die russ. Föderation geplant. Für einige der Fremden - welche über keine Reisedokumente verfügten - wurden Heimreisezertifikate ausgestellt. Darunter auch ein junger russ. StA im Alter von ca. 21 Jahren. Es ist zurzeit auch ohne weiteres möglich freiwillig in die russische Föderation zurückzukehren. Derzeit verkehren mehrmals wöchentlich Flüge zwischen Wien und Moskau. Es sind in den letzten Monaten russischen Staatsbürger freiwillig zurückgekehrt.“


Das Bundesverwaltungsgericht hat von Amts wegen erwogen:

1. Feststellungen:

Der angeführte Verfahrensgang und die zitierten Entscheidungsgründe des Vorerkenntnisses werden übernommen und zu Feststellungen in der gegenständlichen Entscheidung erhoben; ebenso die von der Verwaltungsbehörde in ihren Stellungnahmen anlässlich der Aktenvorlage angeführten Ausführungen u. a. betreffend Bemühungen zur Erlangung eines Heimreisezertifikates (HRZ).

Auf der Tatsachenebene liegt keine Änderung - die Fluchtgefahr betreffend - vor. Es sind auch aktuell keinerlei Umstände aufgetreten, die zu einem von dem Vorerkenntnis abweichenden und für die Freilassung des Beschwerdeführers (BF) sprechenden Sachverhalt führen könnten.

Mit Befund und Gutachten des Amtsarztes vom 30.11.2020 wurde die Haftfähigkeit des BF bestätigt. Es sind keine Umstände hervorgekommen, dass die weitere Inschubhaftnahme unverhältnismäßig wäre.

2. Beweiswürdigung:

Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen und die Haftfähigkeit des BF ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes, insbesondere dem zitierten Vorerkenntnis sowie dem Befund und Gutachten des Amtsarztes vom 30.11.2020. Auch die Feststellungen des Vorerkenntnisses werden der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt. Hinsichtlich der von dem angeführten Vorerkenntnis übernommenen Feststellungen ist auf die diesbezügliche Beweiswürdigung zu verweisen.

Im Besonderen ist hervorzuheben, dass die Behörde dargetan hat, dass sie sich im vorliegenden Fall um die Ausstellung eines HRZ bemüht und nach den Erfahrungswerten davon auszugehen ist, dass ein solches auch von der Russischen Botschaft erlangt werden kann. Ein HRZ-Verfahren mit der Russischen Botschaft ist im Laufen. Der Vater des BF wurde in der Zwischenzeit von den russischen Behörden identifiziert und die Ausstellung eines HRZ zugesagt.

Die russische Staatsbürgerschaft des BF wurde in der Zwischenzeit bestätigt, jedoch nicht seine Identität.

Am 17.11.2020 wurde durch das BFA ein Gutachten den BF betreffend - mit der erforderlichen Apostille versehen - an die russischen Behörden übermittelt. Dieses Schriftstück wird derzeit von den russischen Behörden überprüft. Weiters ist geplant die Mutter des BF durch das BFA - betreffend Identitätsbestätigung ihrer beiden sich in Schubhaft befindlichen Söhne - einzuvernehmen.

Die realistische Möglichkeit der Überstellung des BF in die Russische Föderation - innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft - besteht weiterhin. Abschiebungen sowie freiwillige Ausreisen in die Russische Föderation finden derzeit statt.


3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. – Fortsetzung der Schubhaft

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG idgF die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Gemäß § 76 Abs 1 FPG idgF können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

Die Schubhaft darf gemäß § 76 Abs 2 FPG idgF nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

§ 76 Abs. 3 FPG idgF lautet:

Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise - wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG - erreicht werden ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig.

§ 80 FPG idgF lautet:

(1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich
1.         drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2.         sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil
1.         die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2.         eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3.         der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4.         die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.


Zur Judikatur:

Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf Art 1 Abs. 3 Per

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten