TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/26 W192 2244208-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.08.2021
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Entscheidungsdatum

26.08.2021

Norm

BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs5
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W192 2244208-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Bosnien und Herzegowina, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.06.2021, Zahl: 177779310-200481532, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina, ist im Jahr 1992 im Bundesgebiet geboren worden und war zuletzt auf Grundlage des ihm am 23.04.2014 ausgestellten unbefristeten Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt EU“ zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt.

Ab dem Jahr 2010 wurde der Beschwerdeführer mehrfach straffällig.

Mit Schreiben vom 24.02.2020 ersuchte die nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zuständige Behörde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 28 NAG Abs. 1 iVm § 52 Abs. 5 FPG um Mitteilung, ob aufgrund der vorliegenden strafrechtlichen Verurteilungen zwar die objektiven Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorliegen, diese Maßnahme aber im Hinblick auf § 9 BFA-VG nicht verhängt werden könne.

Mit dem Beschwerdeführer am 17.06.2020 zugestellten Schreiben informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen über das gegen seine Person eingeleitete Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und eines Einreiseverbotes und gewährte ihm die Möglichkeit, hierzu, sowie zu seinen – anhand eines Fragenkataloges aufgelisteten – privaten und familiären Umständen sowie allfälligen gegen eine Rückkehr nach Bosnien und Herzegowina sprechenden Gründen binnen Frist eine Stellungnahme abzugeben.

Eine Stellungnahme des Beschwerdeführers langte nicht ein.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.06.2021 wurde gemäß § 52 Abs. 5 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer erlassen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Bosnien und Herzegowina zulässig ist (Spruchpunkt II.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde dem Beschwerdeführer eine zweiwöchige Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt III.) und es wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot gegen diesen erlassen (Spruchpunkt IV.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte die Identität und die Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers fest und erwog weiters, dieser sei seit dem Jahr 1998 durchgehend und legal im Bundesgebiet aufhältig gewesen, habe jedoch über einen längeren Zeitraum hinweg die österreichische Rechtsordnung missachtet. Dieser sei ab dem Jahr 2010 wiederholt wegen der Begehung von insbesondere Körperverletzungs-, Vermögens- und Sichtmitteldelikten verurteilt worden. Ein weiterer Aufenthalt seiner Person im Bundesgebiet würde eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen

Feststellungen zu in Österreich aufhältigen Angehörigen hätten nicht getroffen werden können. Der Beschwerdeführer sei mehreren kurzfristigen Erwerbstätigkeiten nachgegangen, sein längstes Arbeitsverhältnis habe etwa ein Jahr bestanden. Dieser habe zudem Arbeitslosengeld und Notstandshilfe bezogen, sodass seine Selbsterhaltungsfähigkeit nicht dauerhaft gegeben gewesen wäre und eine nachhaltige Integration am Arbeitsmarkt nicht erfolgt sei. Es liege keine Aufenthaltsverfestigung vor, welche der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme entgegenstehen würde.

Der mit der Rückkehrentscheidung und dem Einreiseverbot verbundene Eingriff in das in Österreich bestehende Familien- und Privatleben des Beschwerdeführers sei im öffentlichen Interesse gerechtfertigt. Der Beschwerdeführer habe durch die wiederholte Begehung von gerichtlich strafbaren Handlungen klar zum Ausdruck gebracht, dass er nicht gewillt sei, die österreichischen Gesetze zu respektieren. Dieser habe eine sehr gewalttätige und rücksichtslose Begehungsweise an den Tag gelegt, sodass eine positive Zukunftsprognose nicht zu erkennen sei.

Der Beschwerdeführer sei aufgrund seines Alters und Gesundheitszustandes auch unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit in der Lage und werde daher seinen Lebensunterhalt nach einer Niederlassung in Bosnien und Herzegowina erwirtschaften können. Der Beschwerdeführer habe auch sonst keine einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat entgegenstehende Gründe genannt.

3. Gegen den dargestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtet sich die durch die nunmehr bevollmächtigte Vertretung des Beschwerdeführers am 06.07.2021 fristgerecht eingebrachte vollumfängliche Beschwerde, in der begründend ausgeführt wurde, der Beschwerdeführer sei in Österreich geboren und es lebe nahezu seine gesamte Familie (Mutter, Bruder, vier Tanten, ein Onkel, Cousins und Cousinen) im Bundesgebiet, wohingegen in Bosnien und Herzegowina lediglich noch seine Großmutter ansässig sei. Der Beschwerdeführer sei in Österreich aufgewachsen und habe sich zuletzt im Jahr 2015 für wenige Tage in Bosnien und Herzegowina aufgehalten. Der Beschwerdeführer spreche perfektes Deutsch und habe lediglich Österreich als seine Heimat kennengelernt. Dieser habe die Pflichtschule abgeschlossen und sei großteils berufstätig gewesen. Seit 24.03.2021 befinde dieser sich in einer vom AMS geförderten Ausbildung als Betriebslogistiker, welche er Mitte Juni 2021 abgeschlossen habe. Seine Lehrabschlussprüfung werde in Kürze stattfinden; in Zukunft wolle dieser als Lagerarbeiter oder auf Baustellen tätig sein. Hingegen kenne der Beschwerdeführer Bosnien und Herzegowina nur aus Urlauben und er spreche die bosnische Sprache nicht ausreichend, um dort beruflich tätig zu sein. Dieser könne sich lediglich mündlich auf Bosnisch verständigen, jedoch nicht schreiben. Der Beschwerdeführer sei sechsmal straffällig geworden, bereue seine Taten jedoch und zeige sich im Rahmen der Bewährungshilfe kooperativ. Unter Verweis auf das Urteil des EGMR vom 26.09.1997, 25017/94, Mehemi gegen Frankreich, sei eine Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig zu erklären. In Bezug auf das verhängte Einreiseverbot habe die Behörde keine ausreichende einzelfallbezogene Gefährdungsprognose durchgeführt. Der Beschwerdeführer sei 2010 erstmals verurteilt worden, jedoch wäre zu berücksichtigen gewesen, dass hier lediglich ein Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe ausgesprochen worden wäre. Die folgenden vier weiteren Verurteilungen hätten lediglich Freiheitsstrafen von maximal drei Monaten bedingt nach sich gezogen. In Bezug auf die letzte Verurteilung aus dem Jahr 2019 habe der Beschwerdeführer ein umfassendes reumütiges Geständnis abgelegt und es sei teilweise beim Versuch geblieben. Der Beschwerdeführer bereue seine Straftaten zutiefst und bemühe sich, sein Leben neu zu ordnen. Beiliegend übermittelt wurden ein tabellarischer Lebenslauf des Beschwerdeführers, sein Staplerschein aus Mai 2013, ein Sozialbericht des Vereins Neustart vom 06.07.2021 sowie eine Bestätigung des AMS über Aus- und Weiterbildungsbeihilfen vom 22.06.2021.

4. Über Anfrage des Bundesverwaltungsgerichts teilte das Landesgericht für Strafsachen Wien mit Schreiben vom 13.07.2021 mit, dass der Beschwerdeführer die Weisung zur Absolvierung eines Anti-Gewalt-Trainings derzeit nicht befolgen würde. Übermittelt wurde zugleich der letzte Bericht der Bewährungshilfe vom 24.06.2021.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina, wurde im Jahr 1992 in Österreich geboren und hielt sich seither aufgrund ihm erteilter Aufenthaltstitel nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Zuletzt war er Inhaber des unbefristeten Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt EU“ mit einer Gültigkeit bis zum 23.04.2019. Am 04.04.2019 beantragte dieser bei der nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zuständigen Behörde die Verlängerung seines Aufenthaltstitels.

1.2. Mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil eines österreichischen Landesgerichts vom 04.02.2010 wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 127, 129 Abs. 1 und Abs. 3, 297 Abs. 1 erster Fall StGB schuldig gesprochen, wobei von der Verhängung einer Strafe unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit vorläufig abgesehen worden war.

Mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil eines österreichischen Landesgerichts vom 28.11.2011 wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 127, 129 Z 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten verurteilt, deren Vollzug unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde.

Mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil eines österreichischen Bezirksgerichts vom 04.09.2013 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt, deren Vollzug ihm unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer von Sommer 2011 bis September 2012 im Bundesgebiet vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich ca. 590 bis 610 Gramm Cannabiskraut (Wirkstoff THC), ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen hat.

Bei der Strafbemessung wertete das Bezirksgericht die Delinquenz innerhalb offener Probezeit als erschwerend sowie die geständige Verantwortung und die Tatbegehung unter 21 Jahren als mildernd.

Mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil eines österreichischen Landesgerichts vom 13.02.2014 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt, deren Vollzug unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Der Verurteilung lang zugrunde, dass der Beschwerdeführer im Oktober 2013 im Bundesgebiet einen Mann durch Vorhalten eines Stanleymessers mit ausgefahrener Klinge gegen dessen Bauch, wozu er die Worte: „Schau mal nach unten“ sagte, gefährlich bedroht hat, um diesen in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Bei der Strafbemessung wertete das Landesgericht das Geständnis des Beschwerdeführers als mildernd sowie dessen Vorstrafen als erschwerend.

Mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil eines österreichischen Bezirksgerichts vom 26.02.2019 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten verurteilt, deren Vollzug ihm unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer im Dezember 2018 im Bundesgebiet einer Frau einen Faustschlag gegen die Stirn versetzt und diese dadurch vorsätzlich am Körper verletzt hat.

Im Rahmen der Strafbemessung wertete das Landesgericht das reumütige Geständnis des Beschwerdeführers als mildernd sowie dessen zwei auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Vorstrafen als erschwerend.

Zudem wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 50 Abs. 1 StGB die Weisung erteilt, eine Anti-Aggressionstherapie durchzuführen.

Mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil eines österreichischen Landesgerichts vom 16.09.2019 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs. 1 StGB, der Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 105, 106 Abs. 1 Z 3 StGB, des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs. 4 StGB sowie der Vergehen nach § 50 Abs. 1 Z 3 WaffG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 21 Monaten verurteilt, von der ihm ein Teil in der Dauer von 14 Monaten unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet

a.       im Februar 2018 bis zum 24.08.2019, sohin eine längere Zeit hindurch, gegen eine Frau fortgesetzte Gewalt ausgeübt hat, indem er ihr in zahlreichen Angriffen Schläge mit den flachen Händen und mit Fäusten gegen deren Gesicht und Rücken versetzte und sie würgte, wodurch sie in zahlreichen Fällen blaue Flecken und Beulen erlitt;

b.       seit einem nicht mehr festzustellenden Zeitpunkt bis zum 24.08.2019 jene Frau durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper von Sympathiepersonen zu einer Unterlassung, die besonders wichtige Interessen der genötigten Person verletzt, nämlich der Abstandnahme von der Beendigung der Beziehung genötigt hat, indem er in mehreren Angriffen äußerte, dass er ihre Mutter und Schwester vergewaltigen bzw. töten lassen werde;

c.       am 24.08.2019 die genannte Frau am Körper verletzt und dadurch eine schwere Körperverletzung herbeizuführen versucht hat, indem er sie an den Haaren packte, sie an den Haaren durch die Wohnung schleifte, ihr mehrere Schläge mit seinen Fäusten gegen deren Gesicht und Rücken sowie mit einem Holzstück von zumindest drei Zentimetern Dicke gegen deren linken Oberschenkel, den Rücken und ihre linke Hand versetzte, wodurch diese zahlreiche Prellungen, Hämatome und eine Rissquetschwunde an der Lippe erlitt;

d.       seit einem nicht mehr festzustellenden Zeitpunkt bis zum 24.08.2019, wenn auch nur fahrlässig, Waffen, nämlich ein Butterflymesser, eine Machete, ein Samuraischwert und einen Holzschlagstock besessen hat, obwohl ihm dies gemäß § 12 WaffG verboten war.

Im Zuge der Strafbemessung berücksichtigte das Landesgericht als mildernd das umfassende, reumütige Geständnis des Beschwerdeführers sowie den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist; als erschwerend wurden die einschlägigen Vorstrafen, der rasche Rückfall, das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen und Vergehens sowie § 33 Abs. 3 Z 1 und Z 4 StGB erachtet.

Zudem wurde dem Beschwerdeführer die Weisung erteilt, nach Haftentlassung binnen einem Monat ein Anti-Gewalttraining zu beginnen und es wurde die Bewährungshilfe angeordnet.

Der Beschwerdeführer wird seit 18.09.2019 im Rahmen der Bewährungshilfe betreut, er hält die Termine ein und zeigt sich kooperationsbereit. Der Beschwerdeführer ist der Weisung zur Durchführung eines Anti-Gewalttrainings bislang nicht nachgekommen.

1.3. Aufgrund des bisher vom Beschwerdeführer gesetzten Verhaltens ist zu prognostizieren, dass dieser in Zukunft neuerlich gleichgelagerte Straftaten begehen wird. Der Beschwerdeführer ist aufgrund der von ihm begangenen Straftaten und seines Persönlichkeitsbildes als schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit anzusehen.

1.4. Im Bundesgebiet leben die Mutter, ein Bruder sowie weitere Verwandte (Tanten, Onkel, Cousins und Cousinen) des ledigen und kinderlosen Beschwerdeführers. Zu diesen Angehörigen steht der Beschwerdeführer in keinem besonderen Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis. Der Beschwerdeführer wohnt aktuell alleine in einer Wohnung im gleichen Mehrfamilienhaus wie seine Mutter. Es wäre dem Beschwerdeführer möglich, den Kontakt zu seinen im Bundegebiet lebenden Angehörigen infolge seiner Rückkehr nach Bosnien und Herzegowina über moderne Kommunikationsmittel aufrechtzuerhalten, gleichermaßen steht es den Angehörigen seiner Herkunftsfamilie offen, den Beschwerdeführer im Herkunftsstaat zu besuchen.

Der Beschwerdeführer beherrscht die Sprachen Deutsch und Bosnisch, wobei er Bosnisch seinen Angaben zufolge lediglich sprechen, jedoch nicht schreiben kann.

Der Beschwerdeführer hat die Volksschule und Hauptschule im Bundesgebiet absolviert. Der Beschwerdeführer befand sich ab dem Jahr 2010 in verschiedenen, überwiegend kurzfristigen, Beschäftigungsverhältnissen, zumeist war er als Lagerarbeiter tätig. Seine längste durchgehende Beschäftigung beim gleichen Arbeitgeber betrug rund ein Jahr. Daneben war er wiederholt vom Bezug von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe abhängig. Der Beschwerdeführer befand sich zuletzt am 02.09.2019 in einem Beschäftigungsverhältnis und bezieht seither durchgehend Arbeitslosengeld und Notstandshilfe. Zuletzt hat der Beschwerdeführer von März bis Juni 2021 einen vom AMS geförderten Kurs als Betriebslogistiker absolviert. Eine nachhaltige berufliche Eingliederung des Beschwerdeführers am österreichischen Arbeitsmarkt ist nicht erfolgt und es liegt eine solche zum Entscheidungszeitpunkt nicht vor. Der Beschwerdeführer ist aktuell nicht selbsterhaltungsfähig.

Der Beschwerdeführer befand sich von 24.08.2019 bis 23.03.2020 in Haft in österreichischen Justizanstalten.

1.5. Der Beschwerdeführer hat nicht vorgebracht, dass ihm in Bosnien und Herzegowina eine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit droht. Aufgrund seines Alters und Gesundheitszustandes ist er zu einer eigenständigen Bestreitung seines Lebensunterhalts in Bosnien und Herzegowina in der Lage. Ihm ist es zumutbar, die seine Kenntnisse der geschriebenen bosnischen Sprache auszubauen. Der Beschwerdeführer hat sich zu Urlaubszwecken wiederholt in Bosnien aufgehalten und hat dort nach wie vor eine Großmutter.

1.6. Zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wird auf die im angefochtenen Bescheid ersichtlichen Länderberichte verwiesen, aus denen sich eine unbedenkliche allgemeine Lage für Rückkehrer ergibt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers gründen auf den Inhalt des Verwaltungsaktes, in welchem dokumentiert ist, dass der Beschwerdeführer zuletzt Inhaber eines bosnischen Reisepasses sowie eines österreichischen Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt EU“ gewesen ist.

Die Ausführungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem Inhalt der entsprechenden Verwaltungs- und Gerichtsakten.

Die Feststellungen über die Geburt und die Dauer des legalen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus dessen Angaben, welche mit den im Zentralen Melderegister und im Zentralen Fremdenregister zu seiner Person abrufbaren Daten in Einklang stehen, sowie der vorgelegten österreichischen Geburtsurkunde.

2.2. Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers und der auf diese abstellenden Gefährdungsprognose ergeben sich aus den im Akt befindlichen Ausfertigungen der Urteile der Strafgerichte. Dass der Beschwerdeführer im Rahmen der Bewährungshilfe betreut wird und sich dort kooperationsbereit zeigt, ergibt sich aus den Ausführungen im Bericht seines Bewährungshelfers vom 06.07.2021. Dass dieser bislang der Weisung zur Absolvierung eines Anti-Gewalt-Trainings nicht nachgekommen ist, beruht auf der diesbezüglichen Mitteilung des zuständigen Landesgerichtes vom 13.07.2021; anzumerken ist, dass sich dem beiliegend übermittelten Schreiben des Bewährungshelfers vom 24.06.2021 Anhaltspunkte dahingehend entnehmen lassen, dass dieser Umstand auf Schwierigkeiten bei der Terminvereinbarung bzw. Kontaktaufnahme mit der zuständigen Organisation zurückzuführen sein könnte.

2.3. Die Feststellungen über die privaten und familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers in Österreich und in Bosnien und Herzegowina beruhen auf seinen Angaben im Verfahren. Die Feststellungen über die Beschäftigungszeiten des Beschwerdeführers ergeben sich aus einem eingeholten Sozialversicherungsdaten-Auszug vom 12.07.2021, welchem sich auch entnehmen lässt, dass der Beschwerdeführer ab September 2019 nicht mehr am österreichischen Arbeitsmarkt eingegliedert war und aktuell vom Bezug von Notstandshilfe abhängig ist. Der zuletzt erfolgte Kursbesuch ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen; ein Nachweis über eine abgeschlossene Ausbildung wurde bis dato nicht vorgelegt.

Die Feststellungen zu den im Bundesgebiet lebenden Angehörigen des Beschwerdeführers folgen dessen Angaben in der Beschwerde. Ein Vorbringen zu einem besonderen Abhängigkeitsverhältnis des 29-jähirgen gesunden Beschwerdeführers zu den Angehörigen seiner Herkunftsfamilie wurde nicht erstattet. Den im Bundesgebiet aufenthaltsberechtigten Angehörigen der Herkunftsfamilie des Beschwerdeführers wird es problemlos möglich sein, den persönlichen Kontakt zum Beschwerdeführer durch Besuche desselben im Herkunftsstaat aufrechtzuerhalten, sodass eine gänzliche Auflösung der persönlichen Beziehung durch die verfügte aufenthaltsbeendende Maßnahme und das Einreiseverbot nicht im Raum stünde. Im Übrigen kann der Beschwerdeführer den Kontakt zu seinen in Österreich lebenden Angehörigen über Telefon und Internet regelmäßig aufrechterhalten.

2.4. Der Beschwerdeführer hat im Verfahren keine konkreten Rückkehrbefürchtungen bezogen auf Bosnien und Herzegowina, einen sicheren Herkunftsstaat im Sinne der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), geäußert. Da es sich beim Beschwerdeführer um einen volljährigen Mann handelt, welcher an keinen schwerwiegenden Erkrankungen leidet, können keine exzeptionellen Umstände erkannt werden, vor deren Hintergrund anzunehmen wäre, dass er zur eigenständigen Erwirtschaftung seines Lebensunterhaltes in Bosnien und Herzegowina nicht in der Lage sein und konkret gefährdet sein würde, in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten. Soweit in der Beschwerde angemerkt wurde, dass der Beschwerdeführer Bosnisch lediglich gesprochen, jedoch nicht schriftlich beherrschen würde, wird damit kein einer Rückkehr entgegenstehender Sachverhalt aufgezeigt. Dem Beschwerdeführer wird eine Verständigung in seinem Herkunftsstaat grundsätzlich möglich sein und es ist ihm zuzumuten, sich Kenntnisse auch im Schreiben seiner Muttersprache anzueignen. Dieser ist mit den Gegebenheiten im Herkunftsstaat durch seine dortigen Urlaubsaufenthalte ausreichend vertraut, hat durch seine Großmutter vor Ort eine familiäre Bezugsperson und könnte im Bedarfsfall auch von seinen in Österreich lebenden Verwandten finanziell unterstützt werden. Demnach konnte auch von Amts wegen kein Hinweis auf eine im Fall einer Abschiebung drohende Verletzung der körperlichen Unversehrtheit des Beschwerdeführers oder eine ihm drohende existenzgefährdende Notlage erkannt werden.

2.5. Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die im angefochtenen Bescheid zitierten Quellen, welche in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen wurden. Insofern die herangezogenen Länderberichte Quellen älteren Datums enthalten, ist festzuhalten, dass sich die entscheidungsrelevante Lage zufolge laufender Medienbeobachtung im Wesentlichen als unverändert darstellt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei Bosnien und Herzegowina um einen Staat handelt, der weder von bürgerkriegsähnlichen Zuständen noch Kampfhandlungen betroffen ist, und auch sonst nicht – etwa im Vergleich zu Krisenregionen wie Afghanistan, Irak, Somalia, Syrien, u.a. – als Staat mit sich rasch ändernder Sicherheitslage auffällig wurde (vgl. dazu etwa VfGH 21.09.2017, E 1323/2017-24, VwGH 13.12.2016, 2016/20/0098). Letztlich ist abermals darauf hinzuweisen, dass Bosnien und Herzegowina aufgrund der Ermächtigung nach § 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG laut § 1 Z 1 der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung - HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, als sicherer Herkunftsstaat gilt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBl I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.2. Zur Rückkehrentscheidung

3.2.1. Gemäß § 52 Abs. 5 FPG i.d.g.F. hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

3.2.2. Die Anwendung dieser Rechtslage auf den hier maßgeblichen Sachverhalt ergibt Folgendes:

3.2.2.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Er verfügte zuletzt über einen unbefristeten Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EU" und war vor Verwirklichung des mit der gegenständlichen Entscheidung festgestellten maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen.

3.2.2.2. Die Behörde hat im angefochtenen Bescheid zutreffend dargelegt, dass das weitere Erfordernis für die Erlassung der Rückkehrentscheidung erfüllt ist, nämlich, dass die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG die Annahme rechtfertigen, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet, zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat - unter anderem - im Sinne des § 53 Abs. 3 Z 1 erster Fall FPG zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten rechtskräftig verurteilt worden ist.

3.2.2.3. Der Beschwerdeführer wurde zuletzt mit Urteil eines österreichischen Landesgerichts vom 16.09.2019 zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 21 Monaten rechtskräftig verurteilt, weshalb der Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG vorliegt.

Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 3 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das dieser zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230).

Im Fall des Beschwerdeführers war zu berücksichtigen, dass der zuletzt ergangenen Verurteilung wegen des Vergehens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs. 1 StGB, der Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 105, 106 Abs. 1 Z 3 StGB, des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs. 4 StGB sowie der Vergehen nach § 50 Abs. 1 Z 3 WaffG ein massives Fehlverhalten zugrunde lag und die festgestellte Tathandlung eine besondere Gewaltbereitschaft und Gefährlichkeit seiner Person verdeutlicht.

Wie festgestellt, lag der Verurteilung im Wesentlichen zugrunde, dass der Beschwerdeführer zwischen Februar 2018 und 24.08.2019 gegen seine damalige Freundin fortgesetzte Gewalt ausgeübt hat, indem er ihr in zahlreichen Angriffen Schläge mit den flachen Händen und mit Fäusten gegen deren Gesicht und Rücken versetzte und sie würgte, wodurch sie in zahlreichen Fällen blaue Flecken und Beulen erlitt; desweiteren hat er jene Frau seit einem nicht mehr festzustellenden Zeitpunkt bis zum 24.08.2019 durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper von Sympathiepersonen zur Abstandnahme von der Beendigung der Beziehung genötigt, indem er in mehreren Angriffen äußerte, dass er ihre Mutter und Schwester vergewaltigen bzw. töten lassen werde. Schließlich verletzte der Beschwerdeführer die genannte Frau am 24.08.2019 am Körper, indem er sie an den Haaren packte, sie an den Haaren durch die Wohnung schleifte, ihr mehrere Schläge mit seinen Fäusten gegen deren Gesicht und Rücken sowie mit einem Holzstück von zumindest drei Zentimetern Dicke gegen deren linken Oberschenkel, den Rücken und ihre linke Hand versetzte, wodurch diese zahlreiche Prellungen, Hämatome und eine Rissquetschwunde an der Lippe erlitt. Zudem hat der Beschwerdeführer seit einem nicht mehr festzustellenden Zeitpunkt bis zum 24.08.2019, wenn auch nur fahrlässig, Waffen, nämlich ein Butterflymesser, eine Machete, ein Samuraischwert und einen Holzschlagstock besessen, obwohl ihm dies gemäß § 12 WaffG verboten war.

Die dargestellte Tathandlung zeigt eine besondere Brutalität und Gewaltbereitschaft des Beschwerdeführers, wobei seine Gefährlichkeit insbesondere durch den langen, rund eineinhalbjährigen, Tatzeitraum verdeutlicht wird, in welchem er in zahlreichen Angriffen körperliche Gewalt gegen seine damalige Partnerin ausübte. Es bestehen unzweifelhaft hohe öffentliche Interessen an der Verhinderung von derartigen Gewaltdelikten. Im Fall des Beschwerdeführers lagen zum Zeitpunkt der letzten Verurteilung bereits fünf, teils einschlägige, Vorverurteilungen vor, welche – wie auch der lange Tatzeitraum der letzten Verurteilung – dessen nachhaltig negatives Persönlichkeitsbild und fehlende Besserungstendenz verdeutlichen. Wenn auch die fünf ersten Verurteilungen lediglich zu vergleichsweise geringen Strafen führten, so hat sich die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf die körperliche Integrität Dritter, durch das der letzten Verurteilung zugrunde gelegene Handeln nachhaltig verdeutlicht.

Im Zuge der Strafbemessung berücksichtigte das Landesgericht bei der zuletzt ergangenen Verurteilung als mildernd das umfassende, reumütige Geständnis des Beschwerdeführers sowie den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist; als erschwerend wurden hingegen die einschlägigen Vorstrafen, der rasche Rückfall, das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen und Vergehens sowie § 33 Abs. 3 Z 1 und Z 4 StGB erachtet.

Beim Beschwerdeführer handelte es sich zum Tatzeitpunkt um einen volljährigen, mehrfach vorbestraften, Mann, welcher über einen langen, rund eineinhalbjährigen, Tatzeitraum schwerwiegende Delikte im Bereich der fortgesetzten Gewaltausübung und Nötigung zum Nachteil seiner damaligen Partnerin beging, wobei ihm die Gefährlichkeit und das Unrecht der Taten sowie die möglichen negativen psychischen und physischen Folgewirkungen für das Opfer jedenfalls bewusst waren und er auch einen möglichen Eingriff in sein im Bundesgebiet geführtes Familien- und Privatleben bereits angesichts der für solche Delikte bestehenden Strafdrohung bewusst in Kauf nahm. Ausgehend davon führte die belangte Behörde zu Recht an, dass der Beschwerdeführer seinen Unwillen zur Befolgung der geltenden Gesetze klar zum Ausdruck gebracht hat und eine positive Zukunftsprognose unter Berücksichtigung des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers im Gebiet der Mitgliedstaaten nicht getroffen werden kann.

Soweit die Beschwerde darauf verweist, dass das Landesgericht bei der Strafbemessung ein umfassendes reumütiges Geständnis des Beschwerdeführers als mildernd erachtete, der Beschwerdeführer seine Tat bereue und künftig ein geordnetes Leben führen wolle, ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer bereits in der Vergangenheit durch die im Bundesgebiet bestehenden familiären und privaten Bindungen, eine Erwerbstätigkeit sowie selbst durch mehrere erfolgte Verurteilungen nicht davon abgehalten werden konnte, neuerlich strafbare Handlungen zu setzen und dieses, in seiner Verwerflichkeit gegenüber den früheren Delikten deutlich gesteigertes, Verhalten über einen rund eineinhalbjährigen Zeitraum bis zu seiner Festnahme kontinuierlich fortzusetzen. Die Beschwerde hat auch nicht aufgezeigt, in wie fern die persönliche Situation des Beschwerdeführers eine Änderung erfahren hätte, sodass die allfällige Prognose eines künftigen ordentlichen Lebenswandels getroffen werden könnte. Alleine der Umstand, dass dieser im Frühjahr 2021 einen durch den AMS geförderten Kurs besucht hat, vermag im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer konkret gesetzten Delikte keinen Hinweis für eine positive Zukunftsprognose darstellen. Die vom Landesgericht im Urteil vom 16.09.2019 erteilte Weisung der Absolvierung eines Anti-Gewalt-Trainings infolge der Haftentlassung wurde vom Beschwerdeführer bis dato nicht befolgt, sodass auch kein Therapieerfolg vorliegt, welcher auf eine allenfalls verringerte Wiederholungsgefahr hindeuten würde.

Vor diesem Hintergrund sind keine Umstände zu erkennen, welche die Prognose zuließen, dass der Beschwerdeführer in Hinkunft nicht gleichermaßen – trotz des zuletzt erfahrenen Haftübels und der im Bundesgebiet vorhandenen Bindungen – in strafbares Verhalten zurückfallen werde. Alleine die Beteuerung des Beschwerdeführers, sein Verhalten zu bereuen, kann demnach angesichts der Schwere und besonderen Gefährlichkeit der von ihm begangenen Delikte insbesondere im Bereich der Gewaltdelikte nicht als ausreichend erachtet werden, um eine positive Zukunftsprognose treffen zu können, zumal sein in der Vergangenheit gezeigtes tatsächliches Verhalten eine fehlende Verbundenheit mit der geltenden Rechtsordnung deutlich erkennen ließ. Schließlich ist festzuhalten, dass ein Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen ist, ob und wie lange er sich – nach dem Vollzug einer Haftstrafe – in Freiheit wohlverhalten hat. Dieser Zeitraum ist nach den Grundsätzen der Judikatur umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden – etwa in Hinblick auf das der strafgerichtlichen Verurteilung zu Grunde liegende Verhalten oder einen raschen Rückfall – manifestiert hat (vgl. zum Ganzen VwGH 26.01.2021, Ra 2020/14/0491, mwN). Da sich die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährlichkeit zuletzt nachdrücklich und gekennzeichnet durch einen raschen Rückfall manifestiert hat, kann der seit der Haftentlassung im März 2020 verstrichene Zeitraum nicht als ausreichend erachtet werden, um einen Wegfall der von seiner Person ausgehenden Gefährdung annehmen zu können.

Es wird nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer von Geburt an im Familienverband in Österreich gelebt hat, hier seine Schulbildung absolviert hat und bis September 2019 (mit Unterbrechungen) in unterschiedlichen Arbeitsverhältnissen beschäftigt war; nichtsdestotrotz hat sich – trotz seiner Eingliederung im Bundesgebiet – ab dem Jahr 2010 eine Gefährlichkeit seiner Person manifestiert, angesichts derer dessen Verfestigung im Bundesgebiet nicht als Indiz für eine nicht gegebene Wiederholungsgefahr erachtet werden kann. Die langjährige Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet sowie die vorhandenen verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte vermochten den Beschwerdeführer auch in der Vergangenheit nicht von dem dargestellten kontinuierlichen strafrechtswidrigen Verhalten im Gebiet der Mitgliedstaaten abzuhalten.

An der Verhinderung von Gewaltdelikten, welche vom Beschwerdeführer über einen längeren Tatzeitraum zum Nachteil seiner damaligen Freundin gesetzt wurden, besteht jedenfalls ein hohes öffentliches Interesse. Ebenso bestehen hohe öffentliche Interessen an der Verhinderung von Eigentums- und Suchtgiftdelikten sowie an unbefugtem Waffenbesitz.

In seinem Erkenntnis vom 03.07.2018, Ra 2018/21/0099, hat der Verwaltungsgerichtshof zudem erwogen, dass auch aus einem einmaligen Fehlverhalten - entsprechende Gravidität vorausgesetzt - eine maßgebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit abgeleitet werden kann. Im Hinblick darauf seien die Verhängung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes auch gegen langjährig rechtmäßig in Österreich aufhältige Fremde gegebenenfalls nicht zu beanstanden (vgl. VwGH 29.06.2017, Ra 2016/21/0338; VwGH 15.03.2018, Ra 2018/21/0021).

Insofern ist die Annahme gerechtfertigt, dass der Beschwerdeführer bei einem weiteren Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Das Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers ist durch eine Gleichgültigkeit gegenüber der Rechtsordnung geprägt.

3.2.3. Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG). Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (§ 9 Abs. 2 BFA-VG).

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung – nunmehr Rückkehrentscheidung – nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aus dem Blickwinkel des § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 EMRK zulässig ist, ist weiters eine gewichtende Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung mit dem Interesse des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich vorzunehmen. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären und sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247).

Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen und es kann grundsätzlich nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, eine Aufenthaltsbeendigung ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen werden (vgl. etwa VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0340, mwN). Diese Rechtsprechungslinie betraf allerdings nur Konstellationen, in denen der Inlandsaufenthalt bereits über zehn Jahre dauerte und sich aus dem Verhalten des Fremden - abgesehen vom unrechtmäßigen Verbleib in Österreich - sonst keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ergab (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0054; 10.11.2015, Ro 2015/19/0001). In Fällen gravierender Kriminalität und daraus ableitbarer hoher Gefährdung der öffentlichen Sicherheit steht die Zulässigkeit der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auch gegen langjährig in Österreich befindliche Fremde, selbst wenn sie - anders als im vorliegenden Fall - Ehegatten österreichischer Staatsbürger sind, nicht in Frage (vgl. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0249 mwN).

§ 9 Abs. 4 BFA-VG idF BGBl. I Nr. 70/2015 lautete:

„Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn

1.       ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder

2.       er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.“

§ 9 Abs. 4 BFA-VG wurde durch das FrÄG 2018 mit Ablauf des 31. August 2018 aufgehoben. Dazu hielt der Gesetzgeber in den Gesetzesmaterialien (RV 189 BlgNR 26. GP 27 f) ausdrücklich fest, § 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG erweise sich "lediglich als Konkretisierung bzw. Klarstellung dessen, was sich unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur ohnehin bereits aus Abs. 1 iVm Abs. 2 ergibt". Vor diesem Hintergrund hat der Verwaltungsgerichtshof schon zum Ausdruck gebracht, dass ungeachtet des Außerkrafttretens des § 9 Abs. 4 BFA-VG die Wertungen dieser ehemaligen Aufenthaltsverfestigungstatbestände im Rahmen der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG weiter beachtlich seien (vgl. VwGH 16.05.2019, Ra 2019/21/0121, Rn. 9, mit dem Hinweis auf VwGH 25.09.2018, Ra 2018/21/0152, Rn. 20), ohne dass es aber einer ins Detail gehenden Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Anwendung des ehemaligen § 9 Abs. 4 BFA-VG bedürfe (siehe neuerlich VwGH 25.09.2018, Ra 2018/21/0152, Rn. 20). Es ist also weiterhin darauf Bedacht zu nehmen, dass für die Fälle des bisherigen § 9 Abs. 4 BFA-VG allgemein unterstellt wurde, diesfalls habe die Interessenabwägung - trotz einer vom Fremden ausgehenden Gefährdung - regelmäßig zu seinen Gunsten auszugehen und eine aufenthaltsbeendende Maßnahme dürfe in diesen Konstellationen grundsätzlich nicht erlassen werden. Durch die Aufhebung dieser Bestimmung wollte der Gesetzgeber erkennbar nur bei Begehung besonders verwerflicher Straftaten und einer daraus abzuleitenden spezifischen Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen einen fallbezogenen Spielraum einräumen (vgl. dazu noch einmal RV 189 BlgNR 26. GP 27, wo diesbezüglich von "gravierender Straffälligkeit" bzw. "schwerer Straffälligkeit" gesprochen wird). Dazu zählen jedenfalls die schon bisher in § 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG normierten Ausnahmen bei Erfüllung der Einreiseverbotstatbestände nach den Z 6, 7 und 8 des § 53 Abs. 3 FPG, aber auch andere Formen gravierender Straffälligkeit (siehe zu solchen Fällen der Sache nach zuletzt VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0232, betreffend Vergewaltigung, und VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0207, betreffend grenzüberschreitenden Kokainschmuggel) (vgl. VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0238; siehe zuletzt auch VwGH 15.02.2021, Ra 2020/21/0246; 27.08.2020, Ra 2020/21/0276-8).

3.2.3.1. Der 29-jährige Beschwerdeführer hat sich von Geburt an rechtmäßig in Österreich aufgehalten, er weist hier die festgestellten verwandtschaftlichen Bindungen auf, hat seine Schulbildung im Bundesgebiet absolviert, beherrscht die deutsche Sprache und ist fallweise beruflichen Tätigkeiten nachgegangen. Eine nachhaltige Eingliederung auf dem österreichischen Arbeitsmarkt ist jedoch nicht erfolgt und der Beschwerdeführer ist auch aktuell nicht selbsterhaltungsfähig und vom Bezug von Notstandshilfe abhängig. Der ledige und kinderlose Beschwerdeführer hat nicht vorgebracht, zu seinen im Bundesgebiet zum Aufenthalt berechtigten Angehörigen in einem besonderen Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis zu stehen und er hat durch seine kontinuierliche schwerwiegende Straffälligkeit eine Trennung von seinen Angehörigen grundsätzlich bewusst in Kauf genommen. Durch eine Rückkehrentscheidung würde auch kein gänzlicher Abbruch der Beziehung zu seinen Angehörigen bewirkt, sondern es steht seinen Angehörigen einerseits offen, den Beschwerdeführer im gemeinsamen Herkunftsstaat Bosnien und Herzegowina zu besuchen, andererseits wird diesen eine Aufrechterhaltung des Kontaktes über Telefon und Internet weiterhin möglich sein. Beim gesunden und arbeitsfähigen Beschwerdeführer kann die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben in seinem Herkunftsstaat vorausgesetzt werden, weshalb er im Herkunftsstaat trotz der nur schwach ausgeprägten Bindungen zu diesem Staat grundsätzlich in der Lage sein wird, sich mit Erwerbstätigkeiten, wenn auch allenfalls nur durch Gelegenheitsarbeiten, ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften.

Im vorliegenden Fall trifft jedoch der in § 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG 2014 idF vor Inkrafttreten des FrÄG 2018 beinhaltete Aufenthaltsverfestigungstatbestand auf den im Bundesgebiet geborenen Beschwerdeführer zu, sodass die Interessenabwägung nach der oben dargestellten Rechtsprechung - trotz einer vom Fremden ausgehenden Gefährdung - regelmäßig zu seinen Gunsten auszugehen und eine aufenthaltsbeendende Maßnahme in diesen Konstellationen grundsätzlich nicht erlassen werden darf, sofern nicht eine „gravierende“ Straffälligkeit im Sinn der oben dargestellten Rechtsprechung vorliegt. Die vom Beschwerdeführer gesetzten Straftaten sind selbst bei Berücksichtigung der raschen einschlägigen Rückfälligkeit sowohl angesichts der Tathandlungen als auch der Sanktionen, wenn auch zweifelsfrei schwerwiegend, noch nicht als Fälle „gravierender Straffälligkeit“ anzusehen, zumal auch die in § 9 Abs. 4 BFA-VG idF vor Inkrafttreten des FrÄG 2018 angeführten § 53 Abs. 3 Z 6, 7 und 8 FPG 2005, aber auch die in der Rechtsprechung dazu dort genannten anderen Formen gravierender Straffälligkeit, nicht verwirklicht wurden.

3.2.3.2. Eine gewichtende Abwägung aller Umstände des Einzelfalls ergibt unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen in der gebotenen Gesamtbetrachtung, dass das Interesse des aufenthaltsverfestigten Beschwerdeführers an der Fortführung des Familien- und Privatlebens in Österreich derzeit noch als höher zu bewerten ist als das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung. Es ist eine Rückstufung des unbefristeten Aufenthaltstitels nach § 28 NAG in Betracht zu ziehen.

Da die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer auch gemäß § 52 Abs. 5 FPG unzulässig ist, sind Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids sowie die auf der Rückkehrentscheidung aufbauenden Spruchpunkte III. bis IV. ersatzlos zu beheben.

Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert gemäß § 52 Abs. 11 FPG nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde. Sollte der Beschwerdeführer daher erneut straffällig werden, wird die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes neuerlich zu prüfen sein.

4. Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich ausführlich in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, mit dem Verständnis dieser Bestimmung auseinandergesetzt und geht seitdem in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. dazu statt vieler die Erkenntnisse vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, vom 2. September 2015, Ra 2014/19/0127, vom 15. März 2016, Ra 2015/19/0180, vom 18. Mai 2017, Ra 2016/20/0258, und vom 20. Juni 2017, Ra 2017/01/0039) davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" folgende Kriterien beachtlich sind:

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht keinerlei neue Beweismittel beigeschafft und sich für seine Feststellungen über die Person des Beschwerdeführers und zur Lage in Bosnien und Herzegowina in ihren entscheidungsmaßgeblichen Aspekten auf jene des angefochtenen Bescheids gestützt. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum ehemaligen § 9 Abs. 4 BFA-VG stand bereits aufgrund der Aktenlage fest, dass aufgrund der anzunehmenden Aufenthaltsverfestigung im vorliegenden Fall nicht in Betracht kam.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte daher im vorliegenden Fall von einem geklärten Sachverhalt im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG ausgehen; es war nach den oben dargestellten Kriterien nicht verpflichtet, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Aufenthaltsdauer Behebung der Entscheidung Diebstahl Einreiseverbot aufgehoben Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Interessenabwägung Körperverletzung Nötigung Privat- und Familienleben Prognose Rückkehrentscheidung behoben Straffälligkeit strafrechtliche Verurteilung Suchtmitteldelikt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W192.2244208.1.00

Im RIS seit

29.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

29.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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