TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/12 W180 2240557-5

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Veröffentlicht am 12.07.2021
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Entscheidungsdatum

12.07.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch


W180 2240557-5/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Georg PECH als Einzelrichter im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl XXXX zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. PAKISTAN, in Schubhaft zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) reiste laut eigenen Angaben bereits 1999 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte erst am 11.03.2001 einen Antrag auf internationalen Schutz, der vom Asylgerichtshof zur Zahl C8 231309-0/2009 am 28.09.2009 abgewiesen wurde.

2. Am 03.09.2009 heiratete der BF eine österreichische Staatsbürgerin. In dieser Beziehung kam es schon vor der Heirat zu mehreren Polizeieinsätzen wegen Streitigkeiten im Familienkreis, 2008 wurde gegen den BF ein Betretungsverbot gem. § 38a SPG verhängt. Seit 2015 besteht kein gemeinsamer Wohnsitz mehr.

3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge auch: „BFA“) vom 29.03.2019 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr.100/2005 (AsylG) idgF, nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen, gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Pakistan zulässig ist, einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF ein 10-jähriges Einreiseverbot erlassen. Diese Entscheidung erwuchs am 27.04.2019 in Rechtskraft.

4. Am 15.04.2019 wurde der BF im Bereich des Bahnhofes XXXX wegen des Verdachtes des unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet festgenommen und dem BFA vorgeführt. Nach Einvernahme wurde mit Bescheid vom 16.04.2019 über ihn das gelindere Mittel der Meldeverpflichtung gemäß § 77 Abs. 1 und 3 iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG verhängt, dem er bis 26.05.2019 nachkam, welches jedoch aufgehoben werden musste, da der BF erneut straffällig wurde und sich seit 28.05.2019 in Untersuchungshaft befand.

5. Der BF kam seiner seit 2009 bestehenden Ausreiseverpflichtung bis dato nicht nach und wurde zudem in Österreich mehrfach straffällig. Zuletzt befand er sich von 09.07.2019 bis 27.11.2020 in Strafhaft und davor seit 28.05.2019 in Untersuchungshaft.

6. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge auch: „BFA“) vom 26.11.2020 wurde über den BF Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Der BF wird seit 27.11.2020 in Schubhaft angehalten.

7. Der BF stellte am 13.11.2020 einen Antrag auf freiwillige Rückkehr nach Pakistan mit Hilfe des Vereines Menschenrechte Österreich, ZVR-Zahl XXXX , (in weiterer Folge auch: „VMÖ“). Am 11.03.2021 langte ein neuerlicher Antrag des BF mit Hilfe der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen Gesellschaft mit beschränkter Haftung, XXXX , (in weiterer Folge auch: „BBU“) auf unterstützte freiwillige Ausreise beim BFA ein.

8. Am 25.03.2021 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht (in weiterer Folge auch: „BVwG“) eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, das Erkenntnis wurde mündlich verkündet, in dem der erkennende Richter feststellte, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist; die Revision wurde nicht zugelassen.

9. Mit weiteren Erkenntnissen des BVwG vom 22.04.2021, 18.05.2021 und vom 14.06.2021 – im Falle des Erkenntnisses vom 14.06.2021 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am selben Tag – wurde jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorgelegen sind und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig gewesen ist.

10. Das BFA legte am 05.07.2021 den Akt zwecks Ansuchen um Genehmigung der Verlängerung der Schubhaft vor und führte in diesem Kontext im Wesentlichen zusammengefasst und soweit entscheidungsrelevant ergänzend zu den bisherigen Stellungnahmen aus, dass im konkreten Fall aufgrund der persönlichen Lebenssituation des BF sowie aufgrund des bisherigen Verhaltens ein hohes Risiko des Untertauchens bestehe.

Seit negativem Ausgang seines Asylverfahrens (28.09.2009) bis dato halte sich der BF unrechtmäßig im Bundesgebiet auf und sei seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen. Während seines Aufenthaltes zeigte der BF ein besonders verwerfliches strafbares und unkooperatives Verhalten mit den Behörden. Bereits kurze Zeit nach Asylantragstellung entzog er sich dem Zugriff der Behörden und war unbekannten Aufenthaltes, sodass das Asylverfahren 2 Monate nach Antragstellung, am 11.05.2001, eingestellt worden sei. Er sei des öfteren Ladungen und auch Ladungsbescheiden, deren Nichtbefolgung mit Sanktionen versehen waren, nicht nachgekommen, war oftmals ohne Meldung im Bundesgebiet und habe seine Mitwirkungspflichten an den behördlichen Verfahren massivst verletzt.

Es wären seitdem die Bemühungen der Behörden (BPD Wien, BFA), die Abschiebung des BF durchzuführen (durch Erlangen eines Heimreisezertifikates und Verhängung der Schubhaft), durch den BF vereitelt worden, indem er u. a. wegen Hungerstreiks als haftunfähig am 01.04.2006 aus einer am 16.03.2006 verhängten Schubhaft entlassen werden musste, anschließend abgetaucht sei und der Aufenthalt den Behörden bis zu seinem nächsten Aufgriff wieder unbekannt gewesen sei.

Während des Asylbeschwerdeverfahrens, sohin in Kenntnis seines unsicheren Aufenthaltsstatus, habe der BF am 03.09.2009 die österreichische Staatsbürgerin XXXX , geheiratet. In der Beziehung kam es schon vor der Heirat zu mehreren Polizeieinsätzen wegen Streitigkeiten im Familienkreis, 2008 wurde gegen ihn auch ein Betretungsverbot gem. § 38a SPG verhängt.

Der BF habe seit seiner negativen Asylentscheidung das Bundesgebiet noch nie verlassen, verblieb beharrlich weiterhin in Österreich und sei massivst straffällig geworden und seit 2001 11 Mal strafrechtlich verurteilt worden, so unter anderem wegen Schlepperei, mehrere Male wegen Verstoßes gegen das Suchtmittelgesetz, Vergewaltigung, 2 Mal wegen sexueller Belästigung und öffentlich geschlechtlicher Handlungen, Einbruchsdiebstahl, Körperverletzung und fahrlässige Körperverletzung, Sachbeschädigung. Gegen den BF bestehe seit 21.04.2007 ein rechtskräftiges behördliches Waffenverbot gem. § 12 WaffG 1969.

Am 15.04.2019 sei der BF im Bereich des Bahnhofes XXXX von Beamten einer Polizeiinspektion wegen Verdacht des unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet festgenommen und dem Bundesamt vorgeführt worden. Nach Einvernahme des Bundesamts sei mit Bescheid vom 16.04.2019 über ihn das gelindere Mittel der Meldeverpflichtung gem. § 77 Absatz 1 und 3 iVm § 76 Absatz 2 Ziffer 1 FPG verhängt, dem er bis 26.05.2019 nachkam, jedoch aufgehoben werden musste, da der BF sich aufgrund erneuter Straffälligkeit wegen SMG seit 28.05.2019 in Untersuchungshaft befand.

Der BF befand sich bis 27.11.2020 in einer Justizanstalt in Strafhaft. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.11.2020 wurde gegen den BF gem. § 76 Abs. 2 Z 2 FPG idgF die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt und er wurde nach seiner Strafhaftentlassung am 27.11.2020 zur Vollziehung der Schubhaft in das PAZ XXXX überstellt.

Seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl seien Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates mit Pakistan, Indien und Bangladesch eingeleitet worden, prioritär werde das Verfahren mit Pakistan geführt und regelmäßig urgiert, zuletzt am 30.04.2021. Weiters sei ein Personenfeststellungsverfahren über das BMI-BK veranlasst worden.

Der BF habe am 13.11.2020 einen Antrag auf freiwillige Rückkehr nach Pakistan mit dem VMÖ gestellt, für die HRZ-Erlangung ist aufgrund der Corona-Situation erwartungsgemäß die Tätigkeit der Vertretungsbehörde, wie fast überall - eingeschränkt und ein persönliches Erscheinen zur Identifikation erforderlich. Über die BBU (vormals VMÖ) werden gemeinsam mit dem BF auch Handlungen unternommen, um eine Reisedokument zu erhalten. Am 11.03.2021 langte ein neuerlicher Antrag auf unterstützte freiwillige Ausreise beim Bundesamt ein.

Am 26.04.2021 langte seitens der BBU ein Widerruf der Kostenübernahme und des Antrags auf freiwillige Rückkehr beim BFA ein, da sich der Fremde gegen die freiwillige Rückkehr entschieden habe.

Am 12.05.2021 langte ein neuer Antrag auf freiwillige Rückkehr und Kostenübernahme beim BFA ein, welchem seitens des BFA neuerlich entsprochen wurde.

Nach Pakistan fänden von 2020 bis aktuell regelmäßig Rückführungen statt, es sind auch in Zukunft welche geplant und Flüge sind derzeit buchbar, es fänden aktuell wöchentlich zwei bis drei Flüge statt.

Die Dauer der Schubhaft sei u. a. darauf zurückzuführen, dass der Fremde durch die Zurückziehung und neuerliche Beantragung einer freiwilligen Rückkehr und seine mangelhafte Mitwirkung eine tatsächliche Effektuierung der Außerlandesbringung selbst verzögere.

Die Verstöße des BF gegen die Rechtsordnung sowie das Verhalten im Bundesgebiet insgesamt zeigten überdeutlich, dass der Fremde keinerlei Achtung vor den österreichischen Gesetzen habe. Sein Fehlverhalten – 11 Verurteilungen insgesamt - davon einschlägig und wiederholt wegen unerlaubten Umganges mit Suchtgiften, ist gravierend und gefährde massiv die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Trotz verspürten Haftübels verharrt er unbeirrt in seinem Verhaltensmuster, bei Geldmangel Drogen zu verkaufen oder der Schwarzarbeit nachzugehen, um sich seinen Lebensunterhalt leisten zu können. Dies zeigen vor allem die letzten 5 Verurteilungen seit 2016. Die Suchtgiftkriminalität sei in höchstem Maße sozialschädlich, da durch sie eine Gesundheitsgefährdung in großem Ausmaß entstehen könne, wobei zu bemerken sei, dass sie vor allem auch besonders schutzwürdige jugendliche Personen gefährde. Das öffentliche Interesse an einer gesicherten Abschiebung sei daher im vorliegenden Fall besonders groß.

Auch weniger einschneidende Maßnahmen seien im Falle des BF nicht ausreichend, um seine Abschiebung zu sichern. So verfügt der Fremde über keinerlei nachhaltige familiäre, berufliche oder sozial nennenswerte Bindungen im Bundesgebiet, könne keinen gesicherten Wohnsitz glaubhaft nachweisen und es bestünden sonst keine Hinweise auf Bindungen, die ihn von einem Untertauchen zur Vereitelung einer bevorstehenden Abschiebung abhalten würden. Aufgrund dieser fehlenden familiären und sozialen Anknüpfungspunkte sei ein Sicherungsbedarf des BF auf jeden Fall gegeben. Des Weiteren sei er 2019 trotz Verhängung des gelinderen Mittels der Meldeverpflichtung neuerlich straffällig und verurteilt worden.

Für eine effektive finanzielle Sicherheitsleistung reichten in Anbetracht der Umstände des betrachteten Einzelfalls die finanziellen Mittel des BF nicht aus. Auch die Anordnung eines gelinderen Mittels werde vom Bundesamt unter Verweis auf das bisherige Verhalten des BF ausgeschlossen. Seitens des Bundesamts seien keinerlei Anzeichen ersichtlich, dass er sein bisheriges Verhaltensmuster abgelegt hätte, wodurch ihm keine positive Zukunftsprognose zugesprochen werden könne und somit jegliche Vertrauenswürdigkeit abgesprochen werden müsse.

Der BF könne derzeit nur deshalb noch nicht abgeschoben werden kann, weil die Feststellung seiner Identität und die Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, bisher nicht möglich gewesen sei und dass die Nichtvornahme der Abschiebung und das Nichtvorliegen eines Heimreisezertifikates allein dem Verhalten des BF zuzurechnen sei, indem er die Abschiebung dadurch verhindert.

Dass die Identität des BF noch nicht eindeutig geklärt sei, werde damit begründet, dass der BF in der Vergangenheit durch sein Nichtmitwirken am Sachverhalt und sein Untertauchen an der Feststellung der Identität nicht mitwirkte bzw diese durch verschiedenste Angaben zu seiner Person zu verschleiern versuchte, auch sei er bisher nicht rückkehrwillig gewesen. Die Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates müssten auch immer wieder von neuem eingeleitet werden, wenn sich ein Fremder in Strafhaft befinde oder untertauche, dies sei in diesem Fall durch die zahlreichen strafrechtlichen Verurteilungen des BF belegt.

Das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates mit Pakistan sei laufend und werde regelmäßig urgiert, obwohl er bisher schon zweimal negativ identifiziert wurde. Jene mit Indien und Bangladesch wurden vorerst unterbrochen, da der BF neuerlich Dokumente (offensichtlich pakistanischer Herkunft) vorlegte und somit eine Rückmeldung durch die pakistanische Botschaft abgewartet werde. Die Verwandten des Fremden hätten ebenfalls bei der Heimatbehörde unter Vorlage eigener Dokumente interveniert, sodass eine pakistanische Staatsangehörigkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bestehe. Weiters seien die vorgelegten Dokumente noch handschriftlich verfasst und die pakistanische Botschaft sei lt. Auskunft der BBU bemüht, die Angelegenheit schnellstmöglich zum Abschluss zu bringen, was noch einige Wochen in Anspruch nehmen könnte (vgl. ergänzende Stellungnahme zur 3. Aktenvorlage vom 17.05.2021). Am 08.06.2021 sei das BFA durch die BBU per Email in Kenntnis gesetzt worden, dass die pakistanische Botschaft die vorgelegten Dokumente mit offizieller Post am 04.05.2021 nach Pakistan gesendet habe. Bis die Botschaft eine endgültige Antwort bekomme, könne es 4-6 Wochen dauern. Die Identität sei laut Auskunft der BBU per E-Mail vom 01.07.2021 noch nicht bestätigt. Weiters stehe die BBU mit einem Verwandten des Fremden in Kontakt, um die Identitätsfeststellung zu beschleunigen.

Das Bundesamt schließe aufgrund der derzeitigen CoV-19-Pandemie nicht aus, dass es zu Verzögerungen von Abschiebungen auf dem Luftweg kommen könnte (der Flugverkehr finde jedoch, wenn auch eingeschränkt, statt). Die realistische Möglichkeit einer Überstellung des BF in seinen Herkunftsstaat innerhalb der gesetzlichen Frist für die höchstzulässige Anhaltung in Schubhaft bestehe aus aktueller Sicht weiterhin.

Aufgrund seines bisherigen Gesamtverhaltens sei es sehr wahrscheinlich, dass der BF neuerlich seine Abschiebung vereiteln möchte, weshalb ein verstärkter Sicherungsbedarf wegen Fluchtgefahr als unbedingt notwendig und aus dieser Perspektive auch die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft gegeben sei.

Überdies gebe es auch weiterhin keine erkennbaren Hinweise auf eine Haftunfähigkeit des Fremden und wurde sie auch nicht behauptet. Eine Unzumutbarkeit der Haft aus gesundheitlichen Gründen sei nicht dargelegt worden, wobei das Vorleben des Fremden und sein bisheriges Verhalten jedenfalls einen strengen Maßstab bei der Zumutbarkeit erforderlich machten.

11. Die Stellungnahme des BFA zur Aktenvorlage vom 05.07.2021 wurde am 06.07.2021 dem BF im Wege seiner ausgewiesenen Rechtsvertreterin, der Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, und auch dem BF selbst zur Kenntnis gebracht und dazu Parteiengehör eingeräumt.

12. Mit Schreiben vom 08.07.2021 übermittelte die Rechtsvertretung des BF eine Stellungnahme, in der zusammengefasst und im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass der BF rückkehrwillig sei, dies insbesondere auch deshalb, weil sein alternder kranker Vater im Herkunftsland aufhältig sei. Schon in seiner Einvernahme am 24.11.2020 im Stande der Schubhaft habe er angegeben, rückkehrwillig zu sein. Dem BFA sei es trotz der steten und intensiven Mitwirkung des BF nicht möglich gewesen, den BF bislang außer Landes zu bringen. Seinen Antrag auf freiwillige Rückkehr habe der BF am 11.03.2021 aufgrund seines dringenden Ausreisewunsches wiederholt. Dass eine Identifizierung des BF bisher scheiterte, sei ihm nicht anzulasten. Zwar werde nicht verkannt, dass das Verfahren zur freiwilligen Ausreise durch die Zurückziehung des Antrages des BF unterbrochen worden sei und es hiedurch zu Unterbrechungen in der Identifizierung des BF hätte kommen können, doch gehe aus der Stellungnahme der BBU vom 08.06.2021 hervor, dass die Unterlagen durch die pakistanische Botschaft am 04.05.2021 – also zu einem Zeitpunkt, als der neue Antrag des BF vom 12.05.2021 noch nicht eingegangen wäre – nach Pakistan geschickt worden seien, sodass dies nicht zu einer Verzögerung beigetragen habe. Im Falle des BF liege auch keine Fluchtgefahr und kein Sicherungsbedarf vor. Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang anführe, dass der BF in der Vergangenheit seiner Meldeverpflichtung nicht nachgekommen sei, so sei dem entgegenzuhalten, dass er nunmehr ausreisewillig sei. Auch sei der BF dem in der Vergangenheit verhängten gelinderen Mittel nachgekommen. Dass er auf Grund einer Verurteilung in gerichtliche Strafhaft genommen worden sei, sei für das gegenständliche Verfahren nicht von Relevanz. Nach der Aktenlage sei eine Abschiebung bislang nicht möglich gewesen und scheine auch in Zukunft nicht möglich zu sein. Die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft erweise sich als rechtswidrig, da eine Abschiebung innerhalb der Schubhafthöchstdauer von 18 Monaten nicht realisierbar erscheint. Selbst wenn man von einer Abschiebung in höchstzulässiger Dauer ausgehen sollte, sei die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft unverhältnismäßig. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde in der Stellungnahme nicht beantragt.

13. Aufgrund eines gerichtlichen Auftrages vom 08.07.2021 wurde dem BVwG am 09.07.2021 eine aktuelle amtsärztliche Bestätigung vom gleichen Tage übermittelt, welche die weitere Haftfähigkeit des BF bestätigte.

14. Mit E-Mail vom 09.07.2021 beantwortete das BFA, Abteilung BII/1, eine Anfrage des BVwG und erläuterte, dass der BF sich auf einer pioritären Liste befinde und monatlich bei der pakistanischen Botschaft urgiert werde. Zuletzt sei am 06.07.2021 eine Urgenz erfolgt. Grundsätzlich sei anzumerken, dass die Zusammenarbeit mit der pakistanischen Vertretungsbehörde sehr gut sei. Es würden regelmäßig Identifzierungen erfolgen und sobald eine solche vorliege, werde das Heimreisezertifikat (HRZ) zeitnah vor einem Flug ausgestellt. Die Ausstellung eines HRZ erfolge nach Flugbuchung. Sobald die Flugbuchung der pakistanischen Botschaft vorgelegt worden sei, werde das HRZ zeitnah ausgestellt. Bis Ende Mai seien 37 HRZ seitens der pakistanischen Botschaft ausgestellt worden. Auch fänden regelmäßig Charterrückführungen nach Pakistan statt. Die letzte Charterrückführung sei Mitte Juni durchgeführt worden. Der nächste Charter sei für September geplant. Grundsätzlich seien auch Einzelrückführungen möglich. Auf Grund dessen, dass das BFA, Abteilung IIB/1, Ende April von den pakistanischen Behörden darum gebeten wurde, alle Daten erneut zu übermitteln, könne erfahrungsgemäß davon ausgegangen werden, dass die Fristen (3 bis 4 Monate) von vorne beginnen.

15. Der Inhalt des E-Mails des BFA vom 09.07.2021 wurde der Rechtsvertretung des BF am selben Tag zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, dazu am selben Tag eine Stellungnahme abzugeben. Bis zum Fristende um 15 Uhr langte keine Stellungnahme der Rechtsvertretung des BF bei Gericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Der Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den Voraussetzungen der Schubhaft:

2.1. Der BF besitzt keine Reisedomente, hat in den Vorverfahren unzureichende und unterschiedliche Angaben über seine Person gemacht, sodass mit mehreren Staaten (Pakistan, Indien und Bangladesch) Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates eingeleitet werden mussten und noch geführt werden. Zuletzt hat der BF am 11.03.2021 einen Antrag auf unterstützte freiwillige Ausreise bezüglich des Staates Pakistan gestellt. Am 26.04.2021 langte seitens der BBU ein Widerruf der Kostenübernahme und des Antrags auf freiwillige Rückkehr beim BFA ein, da sich der BF gegen die freiwillige Rückkehr entschieden hat. Am 12.05.2021 langte ein neuer Antrag auf freiwillige Rückkehr und Kostenübernahme beim BFA ein, welchem seitens des BFA neuerlich entsprochen wurde. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt der BF nicht. Der BF ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

2.2. Der BF wird seit 27.11.2020 in Schubhaft angehalten. Zuletzt wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 14.06.2021, dem BF am selben Tag zugestellt, festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schuhbhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig sei. Die gesetzliche Frist zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft endet daher gegenständlich am 12.07.2021.

2.3. Der BF ist haftfähig und hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung. Der BF ist substanzabhängig (Substitutionsprogramm), es liegen aber keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim BF vor.

3. Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf:

3.1. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 29.03.2019 wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Pakistan zulässig ist. Gleichzeitig wurde gegen den BF ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Diese Entscheidung erwuchs am 27.04.2019 in Rechtskraft.

3.2. Der BF kam seit 2009 bis dato seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach, sondern wurde in Österreich mehrfach und erheblich straffällig, wobei sich seine Taten gegen verschiedene Rechtsgüter richteten. Der BF achtet die österreichische Rechtsordnung nicht. Selbst gerichtliche Verurteilungen konnten den BF nicht zu einem rechtskonformen Verhalten bewegen. Gegen den BF besteht seit 21.04.2007 ein Waffenverbot.

3.3. Der BF befand sich im Jahr 2006 schon einmal in Schubhaft, konnte sich durch einen Hungerstreik jedoch aus dieser freipressen; die Schubhaft wurde am 16.03.2006 verhängt, die Entlassung aus der Schubhaft erfolgte am 01.04.2006.

3.4. Der BF entzog sich bereits kurze Zeit nach Antragstellung dem Asylverfahren, indem er einem Ladungsbescheid nicht nachkam und unbekannten Aufenthaltes war, weshalb das Asylverfahren gemäß § 30 Abs. 1 AsylG 1997 eingestellt wurde.

3.5. Der BF verfügt in Österreich über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz. Er geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine eigenen finanziellen Mittel zur Existenzsicherung. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig. Der BF ist in Österreich weder nennenswert sozial noch beruflich verankert. In Österreich lebt die Ehefrau des BF mit ihrer Tochter (Stieftochter des BF). Die Eheleute führen seit 2015 keinen gemeinsamen Haushalt mehr.

3.6. Am 13.02.2021 wurden bei einer Zellenkontrolle diverse Tabletten vorgefunden, die der BF gehortet hatte.

4. Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft:

4.1. Der BF weist in Österreich folgende strafgerichtliche Verurteilungen auf:

4.1.1. LG XXXX vom 04.09.2001, r. k. 08.09.2001

§ 104/1 u 3 FrG

§ 15 StGB

§ 104/1 u 3 FrG

Freiheitsstrafe 12 Monate

4.1.2. LG XXXX vom 09.04.2003, r. k. 15.04.2003

§§ 127, 130, 15 StGB

Freiheitsstrafe 18 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

4.1.3. BG XXXX vom 16.02.2009, r. k. 19.02.2009

§§ 88/1, 218 Abs 1/1, 125 StGB

Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 2,00 EUR, im NEF 25 Tage Ersatzfreiheitsstrafe

4.1.4. LG XXXX vom 06.08.2010, r. k. 09.08.2010

§§ 15, 127, 129/1 StGB

Freiheitsstrafe 12 Monate

4.1.5. LG XXXX vom 23.02.2011, r. k. 28.02.2011

§ 201/1 StGB

Freiheitsstrafe 2 Jahre 6 Monate

Zusatzstrafe gem §§ 31 und 40 StGB unter Bedachtnahme auf BG XXXX

Zusatzstrafe gem §§ 31 und 40 StGB unter Bedachtnahme auf LG XXXX

4.1.6. BG XXXX vom 27.08.2014, r. k. 02.09.2014

§ 83 (1) StGB

§ 125 StGB

§ 218 (1) Z 1 StGB

Freiheitsstrafe 8 Wochen, bedingt, Probezeit 3 Jahre

4.1.7. LG XXXX vom 22.01.2016, r. k. 22.01.2016

§§ 27 (1) Z 1 1. 2. Fall, 27 (2) SMG

§§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3), 27 (5) SMG § 15 StGB

Freiheitsstrafe 5 Monate

4.1.8. LG XXXX vom 08.04.2016, r. k. 08.04.2016

§§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3), 27 (5) SMG § 15 StGB

Freiheitsstrafe 8 Monate

4.1.9. LG XXXX vom 16.06.2017, r. k. 20.06.2017

§ 27 (1) Z 1 8. Fall und (3) SMG § 15 StGB

Freiheitsstrafe 1 Jahr

4.1.10. LG XXXX vom 03.07.2018, r. k. 17.10.2018

§ 27 (2a) 2. Fall SMG

Freiheitsstrafe 10 Monate

4.1.11. LG XXXX vom 09.07.2019, r. k. 09.07.2019

§§ 27 (2a), 27 (3) SMG

Freiheitsstrafe 18 Monate

Dieser letzten Verurteilung liegt zu Grunde, dass der BF am 28.05.2019 im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Beteiligter vorschriftswidrig öffentlich Suchtgift, nämlich Substitol-Tabletten (beinhaltend den Wirkstoff Morphinsulfatpentahydrat), auf einer öffentlichen Verkehrsfläche im Bereich eines Zugangs zu einer U-Bahnstation einer im Urteil näher genannten Polizeibeamtin durch Verkauf um 30 Euro überlassen hat, wobei er gewerbsmäßig handelte. Das Gericht wertete als mildernd das reumütige Geständnis, als erschwerend die Vorstrafen und den raschen Rückfall. Zu letzterem ist zu bemerken, dass der BF erst am 01.04.2019 aus der Strafhaft, welche über ihn ebenfalls wegen eines Vergehens nach §§ 27 Abs. 2a, 27 Abs. 3 SMG verhängt wurde, entlassen worden war.

4.2. Der BF wurde bislang von den pakistanischen Behörden nicht identifiziert. Auf Grund der Vorlage von in Pakistan ausgestellten Dokumenten sowie Vorlage von Dokumenten von Verwandten des BF ist davon auszugehen, dass der BF tatsächlich Staatsbürger der Republik Pakistan ist und seine Identität von den pakistanischen Behörden, denen die Dokumente nunmehr vorliegen, nachvollzogen werden kann. Das BFA wurde seitens der pakistanischen Botschaft Ende April ersucht, alle vorliegenden Daten erneut zu übermitteln, was auch veranlasst wurde. Der BF steht auf einer Liste mit prioritären Fällen; seitens des BFA wird monatlich bei der pakistanischen Botschaft urgiert, zuletzt am 06.07.2021. Nach den Erfahrungen des BFA kann bei einer neuerlichen Übermittlung der Daten davon ausgegangen werden, dass die Fristen (3 bis 4 Monate bis zu einer Antwort) von vorne beginnen.

Die Zusammenarbeit mit der pakistanischen Botschaft kann als sehr gut bezeichnet werden. Es finden regelmäßig Identifizierungen statt und es werden Heimreisezertifikate ausgestellt, auch im laufenden Jahr. Ferner werden regelmäßig Charterrückführungen durchgeführt, zuletzt fand ein Charter Mitte Juni statt, auch Einzelrückführungen sind möglich. Die nächste Charterrückführung ist für September geplant.

Eine Abschiebung oder freiwillige Rückkehr des BF nach Pakistan innerhalb der zulässigen Schubhafthöchstdauer ist damit sehr wahrscheinlich.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakten, in das Protokollierungssystem des BVwG, in die Gerichtsakten des BVwG Zl. W150 2240557-1, W150 2240557-2, W140 2240557-3 und W150 2240557-4, zu den vorangegangenen Schubhaftprüfungen, das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

1. Zum Verfahrensgang, zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft:

1.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus den Akten des BFA, dem Protokollierungssystem des Bundesverwaltungsgerichtes, aus dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister sowie aus dem Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister und aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

1.2. Die Feststellungen zur Identität des BF beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes, insbesondere auf den Unterlagen zur Vorbereitung seiner Abschiebung und dem Antrag des BF auf freiwillige Rückkehr und den von ihm im Zuge der mündlichen Verhandlung am 25.03.2021 vor dem BVwG vorgelegten Dokumenten. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebenso wenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des BF. Da sein Asylantrag rechtskräftig vollinhaltlich abgewiesen wurde, handelt es sich beim BF weder um einen Asylberechtigten noch um einen subsidiär Schutzberechtigten.

1.3. Der Zeitpunkt, seit dem der BF in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und den damit übereinstimmenden Angaben in der Anhaltedatei.

1.4. Dem Verwaltungsakt sind keine Hinweise auf gesundheitliche Probleme des BF zu entnehmen, auch in der Anhaltedatei finden sich keine Eintragungen von Arztbesuchen, die auf eine Erkrankung des BF hinweisen. Bei der Einvernahme vor dem BFA am 04.11.2020 gab der BF ebenfalls keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen an. Ein aktuelles amtsärztliches Gutachten vom 09.07.2021, das die Haftfähigkeit des BF bestätigt, liegt vor. Insofern konnten die Feststellungen zur Haftfähigkeit des BF getroffen werden. Dass der BF Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft.

2. Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf:

2.1. Die Feststellungen zu der mit Bescheid des Bundesamtes vom 29.03.2019 gegen den BF erlassenen Rückkehrentscheidung und dem auf die Dauer von zehn Jahren befristet erlassenen Einreiseverbot beruhen auf einer Einsichtnahme in den Akt des BFA.

2.2. Aus dem Akt des BFA ergibt sich, dass der BF die ihm vom BFA mit Bescheid vom 16.04.2019 als gelinderes Mittel auferlegte Meldeverpflichtung zur Begehung von strafbaren Handlungen missbraucht hat, weshalb er in weiterer Folge in Untersuchungshaft genommen wurde und das gelindere Mittel widerrufen wurde. Dies wurde auch vom BF in der mündlichen Verhandlung am 25.03.2021 eingestanden.

2.3. Aus den vom Bundesamt vorgelegten Urteilen ergibt sich, dass der BF im Zeitraum von 2001 bis 28.05.2019 in Österreich zahlreiche Straftaten begangen hat (Schlepperei, mehrere Male wegen Verstoßes gegen das Suchtmittelgesetz, Vergewaltigung, zwei Mal wegen sexueller Belästigung und öffentlich geschlechtlicher Handlungen, Einbruchsdiebstahl, Körperverletzung und fahrlässige Körperverletzung und Sachbeschädigung).

Obwohl der BF zunächst in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25.03.2021 behauptete, er habe nur Suchtmitteldelikte zum Eigenbedarf begangen, räumte er Zug um Zug nach Konfrontierung mit einigen seiner Verurteilungen dann doch einige seiner begangenen Straftaten ein, nicht jedoch Schlepperei, die gewerbsmäßige Suchtmittelkriminalität, Diebstahl, Körperverletzung und Sachbeschädigung. Es konnte insgesamt festgestellt werden, dass der BF seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkam und straffällig wurde. Dass er die österreichische Rechtsordnung nicht achtet, ergibt sich sowohl aus seinem unrechtmäßigen Verbleib in Österreich sowie aus seinem wiederholten und massiven strafrechtlichen Verhalten, das der BF trotz bereits erfolgter strafgerichtlicher Verurteilungen zeigte, sowie sonstigen Folgen seines Fehlverhalten, wie zB Wegweisung, Waffenverbot, Missbrauch der Chance des gelinderen Mittels.

2.4. Die Feststellungen zur Schubhaft im Jahre 2006 und zum Freipressen aus dieser Schubhaft ergibt sich aus dem Verwaltungsakt. Das trifft auch auf die Feststellung zu, dass das Asylverfahren wegen Nichtbefolgung einer Ladung und wegen Untertauchens zunächst eingestellt wurde.

2.5. Dass der BF in Österreich über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz verfügt ergibt sich aus dem Zentralen Melderegister. Er weist lediglich eine Meldeadresse in einem Polizeianhaltezentrum auf und wurde davor seit 2010 bis zuletzt 28.05.2019 bis 27.11.2020 wiederholte Male in Untersuchungs- bzw. Strafhaft angehalten. Er war dazwischen auch obdachlos. Aus seinen langjährigen Anhaltungen in Gerichtshaft ergibt sich auch, dass er in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgeht. In seiner Einvernahme vor dem BFA am 24.11.2020 verneinte der BF die Frage, ob er in Österreich legal gearbeitet habe; er gab vielmehr an, „schwarz“ gearbeitet zu haben. Der BF konnte lediglich eine Kursbestätigung (drei Tage Reinigungskurs) aus dem Jahr 2015 vorweisen. Aus den in der Anhaltedatei vermerkten finanziellen Mittel des BF (verfügbarer Geldbetrag: null Euro) ergibt sich, dass er über keine eigenen finanziellen Mittel zur Existenzsicherung verfügt. Dass der BF nicht selbsterhaltungsfähig ist, ergibt sich zudem aus dem vorgelegten Antrag auf Grundversorgung. Dass der BF in Österreich weder nennenswert sozial noch beruflich verankert ist, in Österreich zwar über eine Ehegattin verfügt, von dieser aber nach eigener Aussage schon über fünf Jahre getrennt lebt, ergibt sich aus seinen Angaben in den bisherigen Verfahren und den Eintragungen im Zentralen Melderegister und seiner im Zuge der mündlichen Verhandlung am 25.03.2021 telefonisch befragten Gattin, der zu Folge sie schon seit sechs Jahren voneinander getrennt seien. Gestützt wird diese Feststellung auch durch die Eintragungen in der Anhaltedatei, laut denen er keinen Besuch in der Schubhaft erhalten hat, ausgenommen durch Betreuer.

2.6. Die Feststellungen zum Fund von Medikamenten in der Zelle des BF beruhen auf den diesbezüglichen Eintragungen in der Anhaltedatei.

3. Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft:

3.1. Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des BF beruhen auf einer Einsichtnahme in das Strafregister sowie auf den vom Bundesamt vorgelegten Ausfertigungen einiger der oben angeführten Urteile.

3.2. Die Feststellungen zu den Bemühungen des BFA zur Erlangung eines Heimreisezertifikates von der pakistanischen Vertretungsbehörde ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, aus der mündlichen Verhandlung vom 14.06.2021 und aus der Stellungnahme des BFA vom 09.07.2021. Die Feststellung, dass eine Abschiebung oder freiwillige Rückkehr des BF nach Pakistan innerhalb der Schubhafthöchstdauer sehr wahrscheinlich ist, stützt sich darauf, dass Identifizierungen seitens der pakistanischen Vertretungsbehörde regelmäßig und laufend erfolgen, HRZ ausgestellt werden und Abschiebungen nach Pakistan regelmäßig durchgeführt werden.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchteil A. - Fortsetzungsausspruch

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen

§§ 76, 77 und 80 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), § 22a Abs. 4 Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Verfahrensgesetz (BFA-VG) lauten:

Schubhaft (FPG)

„§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. 

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Gelinderes Mittel (FPG)

„§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1.         in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2.         sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
2.         eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen;

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.“

Dauer der Schubhaft (FPG)

„§ 80 (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich
1.         drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2.         sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil
1.         die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2.         eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3.         der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4.         die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.“

Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft (BFA-VG)

„§ 22a (4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.“

3.1.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Gemäß § 22a Abs. 4 dritter Satz BFA-VG gilt mit der Vorlage der Verwaltungsakten durch das BFA eine Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung (nur) ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Diese Entscheidung stellt – ebenso wie ein Ausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG – einen neuen Hafttitel dar. Über vor (oder nach) der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen (VwGH vom 29.10.2019, Ra 2019/21/0270; VwGH vom 30.08.2018, Ra 2018/21/0111).

3.1.3. Aufgrund der zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht den Verwaltungsakten rechtzeitig zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, welche über die Viermonatsfrist hinausgehen soll, vorzulegen. Diese Überprüfung hat nach Überschreiten der Viermonatsfrist in vierwöchigen Intervallen zu erfolgen. Die letzte Überprüfung erging mit Erkenntnis vom 14.06.2021; die gegenständliche vierwöchige Frist ist ab diesem Zeitpunkt zu berechnen (vgl. VwGH 16.07.2020, Ra 2020/21/0163, Rz. 11) und endet daher am 12.07.2021.

3.1.4. Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – möglich ist. Im vorliegenden Fall liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare Rückkehrentscheidung vor.

3.1.5. Der BF behinderte immer wieder seine Rückkehr. So behinderte er im Jahr 2006 seine Rückkehr bzw. Abschiebung, indem er sich aus einer Schubhaft durch Eintreten in einen Hungerstreik freipresste. Auch wirkte er am Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht mit, indem er bereits kurz nach Stellung eines Asylantrages einer Ladung nicht nachkam und unbekannten Aufenthaltes war. Der Fluchtgefahrtatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG ist damit erfüllt. Auch die Erfüllung der Z 3 des § 76 Abs. 3 leg.cit. liegt vor, da gegen den BF eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht und er sich zudem bereits dem Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz entzogen hat, weshalb die Erfüllung beider Untertatbestände dieser Ziffer zu bejahen ist. Da der BF abgesehen von seiner Ehefrau, von der er seit sechs Jahren getrennt lebt, keinerlei soziale, familiäre oder berufliche Anknüpfungspunkte in Österreich aufweist und weder über einen eigenen gesicherten Wohnsitz noch über die finanziellen Mittel zur Finanzierung seines Aufenthaltes verfügt, ist auch der Fluchtgefahrtatbestand der Z 9 des § 76 Abs. 3 FPG erfüllt. Es liegen daher im Falle des BF die Fluchtgefahrtatbestände des § 76 Abs. 3 Z 1, 3 und 9 FPG vor und es ist weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG zu bejahen.

Wenn in der Stellungnahme der Rechtsvertretung des BF ausgeführt wird, dass der BF das im Jahr 2019 gegen ihn verhängte gelindere Mittel eingehalten habe, ist darauf hinzuweisen, dass das Vorliegen von Fluchtgefahr in den vorangegangenen Erkenntnissen des BVwG vom 22.04.2021, 18.05.2021 und 14.06.2021 nicht auf die Erfüllung des Fluchtgefahrtatbestandes der Z 7 („ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt“) gestützt wurde. Auch das vorliegende Erkenntnis geht nicht von der Erfüllung der Z 7 aus, sondern stützt die Fluchtgefahr wie dargelegt auf die Z 1, 3 und 9 leg.cit. Allerdings ist der Umstand, dass das gelindere Mittel wegen Verhängung der Untersuchungshaft über den BF aufgehoben werden musste, da er während dieser relativ kurzen Zeit abermals straffällig wurde, beim Sicherungsbedarf und bei der Frage, ob neuerlich ein gelinderes Mittel in Betracht zu ziehen wäre, entsprechend zu berücksichtigen. Der Umstand, dass der BF selbst in der Zeit, als ihm ein gelinderes Mittel gewährt wurde, rückfällig wurde und eine Straftat beginn, unterstreicht, dass der BF im hohen Maße vertrauensunwürdig ist.

3.1.6. Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des BF vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Beste

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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