TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/16 W117 2233816-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.12.2020
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Entscheidungsdatum

16.12.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch


W117 2233816-4/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. DRUCKENTHANER als Einzelrichter im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl 192843905-200653031 zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung von XXXX , geboren am XXXX , StA. Türkei, zu Recht:

A) Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Türkei. Er hält sich seit 1988 im österreichischen Bundesgebiet auf. Von 15.10.2003 bis 15.04.2019 war der Beschwerdeführer im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels.

Während seines Aufenthalts wurde der Beschwerdeführer im Bundesgebiet wiederholt straffällig und wurde insgesamt acht Mal von inländischen Strafgerichten rechtskräftig verurteilt.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) vom 04.07.2019 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt und gegen ihn gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Türkei zulässig ist (Spruchpunkt II.). Weiters wurde gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Unter Spruchpunkt IV. wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Dieser Bescheid wurde am 10.07.2019 durch Hinterlegung im Akt rechtswirksam zugestellt und erwuchs am 08.08.2019 in Rechtskraft.

Die Organisation der Flugabschiebung wurde am 13.07.2020 eingeleitet und am 15.07.2020 wurde ein Abschiebetermin für den 31.07.2020 bestätigt.

Seit seiner Entlassung aus der Strafhaft am 24.07.2020 wird der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten. Am 27.07.2020 stellte der Beschwerdeführer im Stande der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 03.08.2020 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vollinhaltlich abgewiesen und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.08.2020 hat das Bundesverwaltungsgericht mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 12.08.2020 (W283 2233816-1/11Z) unter Spruchpunkt I. die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 24.07.2020 und die Anhaltung des Beschwerdeführers von 24.07.2020 bis 27.07.2020 in Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen. Unter Spruchpunkt II. wurde der Beschwerde gegen die Anhaltung des Beschwerdeführers von 27.07.2020 bis 12.08.2020 gemäß § 76 Abs. 6 FPG stattgegeben und festgestellt, dass die Anhaltung in Schubhaft von 27.07.2020 bis 12.08.2020 gemäß § 76 Abs. 6 FPG rechtswidrig war. Unter Spruchpunkt III. wurde gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.09.2020 (L526 2234722-1/7Z) wurde der Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 03.08.2020 betreffend die vollinhaltliche Abweisung des am 27.07.2020 gestellten Antrages auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 22.09.2020 wurde die Anhaltung des Beschwerdeführers auf § 76 Abs. 2 Z 1 FPG zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestützt. Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde erhoben. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.10.2020 (W115 2233816-2/14E) hat das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen sowie eine Kostenentscheidung getroffen.

Am 16.11.2020 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft fristgerecht vor und erstattete eine Stellungnahme.

Der Beschwerdeführer begehrte Akteneinsicht und erstatte mit Schreiben vom 20.11.2020 eine Stellungnahme. Darin verwies er insbesondere auf den Beschluss vom 12.10.2020, mit welchem der Asylbescheid des Bundesamtes behoben und zur Erlassung eines neuen Bescheides zurückverwiesen worden sei, der aber in der Stellungnahme des Bundesamtes vom 16.11.2020 unerwähnt geblieben sei. Allfällige mittlerweile erfolgte Ermittlungsschritte seien darzulegen und führe das Unterbleiben von Ermittlungsschritten zur Unverhältnismäßigkeit der Schubhaft. Weiters wurde auf die Möglichkeit der Unterkunftnahme bei den Brüdern des Beschwerdeführers hingewiesen und dargelegt, dass ein Bruder bereits in der Beschwerdeverhandlung am 12.08.2020 als Zeuge befragt worden sei. Schließlich wurde auf die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers hingewiesen, welche die Unverhältnismäßigkeit der Schubhaft begründen.

Das Bundesamt replizierte am 20.11.2020 auf die Eingabe des Beschwerdeführers und legte die Ermittlungsschritte des Bundesamtes nach dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.10.2020 dar, wonach unverzüglich eine Anfrage an die Staatendokumentation gestellt worden sei. Mit einer inhaltlichen Erledigung sei zeitnah zu rechnen. Insbesondere wurde auf das hohe öffentliche Interesse aufgrund der acht rechtskräftigen Verurteilungen durch das Strafgericht hingewiesen und schloss die Stellungnahmen des polizeiärztlichen Dienstes vom 20.10.2020 und 21.11.2020 an.

Mit Stellungnahme vom 23.11.2020 brachte der Beschwerdeführer vor, dass aufgrund der Stellungnahme des Bundesamtes vom 20.11.2020 nicht von einer zeitnahen Entscheidung des Bundesamtes hinsichtlich des Antrages auf internationalen Schutz ausgegangen werden könne, und das Ergebnis des Asylverfahrens aufgrund des laufenden Ermittlungsverfahrens nicht absehbar sei. Insbesondere wurde auf die Ermittlungsaufträge des Bundesverwaltungsgerichts im fortgesetzten Verfahren rekurriert, wonach auch ein Sachverständigengutachten einzuholen sei. Zudem habe der Beschwerdeführer Anspruch auf Grundversorgung und sei das Risiko des Untertauchens aufgrund der Notwendigkeit von medizinischer Behandlung beim Beschwerdeführer als äußerst gering anzusehen.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, W283 2233816-3/17E, vom 23.11.2020, setzte die zuständige Einzelrichterin die Anhaltung (als verhältnismäßig feststellend) fort.

Die Verwaltungsbehörde legte am 11.12.2020 neuerlich den Akt zur Prüfung der Fortsetzung der Anhaltung vor und gab folgende Stellungnahme ab:

„(…)

Die VP verfügt über einen gültigen türkischen Reisepass und einen Identitätsausweis.

Flüge in die Türkei finden statt und können jederzeit gebucht werden.

Hinweis gemäß § 80 Abs 4:

Gemäß § 80 Abs 4 letzter HS FPG kann eine Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden, sofern einer der in Z 1 bis 4 leg cit genannten Tatbestände erfüllt ist.

In gegenständlichem Fall liegen die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft nach Abschluss des Asylverfahrens auch über eine Anhaltedauer von 6 Monaten hinaus vor, zumal folgenden Tatbestände aus nachstehenden Gründen erfüllt sind:

- § 80 Abs 4 Z 4 FPG: die VP sich in der Vergangenheit dem Verfahren entzogen, in dem Sie sich in den Untergrund abgesetzt hat, konkret war die VP als „Obdachlos“ gemeldet und war für die Behörde nicht greifbar. Dieses Verhalten war jedenfalls für die bisherige Nichtdurchführung der Außerlandesbringung und somit auch für das nunmehrige Schubhaftverfahren kausal.

(…)

Das BFA ist der Ansicht, dass die Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft nach wie vor aus den im Schubhaftbescheid vom 22.09.2020 angeführten Gründen erforderlich ist, kein gelinderes Mittel anwendbar scheint. Eine begleitete Abschiebung (Einzelrückführung) ist geplant, sobald das Asylverfahren abgeschlossen ist.

Zum laufenden Asylverfahren wird angemerkt, dass die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation bereits abgeschlossen wurde. Es wurde am 07.12.2020 noch eine weitere Anfrage an den Amtsärztlichen Dienst der LPD Wien gestellt bezgl. einer möglichen Rückführung in Verbindung mit den Ersatzdrogenstoffen. Diese Beantwortung ist noch ausständig, jedoch wird damit gerechnet, dass eine endgültige Entscheidung im Asylverfahren, noch im Dezember bzw. in den ersten zwei Jänner Wochen ergehen wird.

(…)“

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: 

Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Türkei. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Er ist volljährig. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Der Beschwerdeführer wird seit 27.07.2020 in Schubhaft angehalten, die gesetzliche Frist zur Überprüfung der Schubhaft endet am 21.12.2020.

Der Beschwerdeführer ist haftfähig. Der Beschwerdeführer bekommt Suchtgiftersatzmedikamente. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung, insbesondere auch hinsichtlich der Substitutionstherapie.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 04.07.2019 wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung in die Türkei zulässig ist. Der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt und keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt. Ein Einreiseverbot für die Dauer von 6 Jahren wurde erlassen. Dieser Bescheid wurde am 10.07.2019 durch Hinterlegung im Akt rechtswirksam zugestellt und erwuchs am 08.08.2020 in Rechtskraft.

Am 27.07.2020 stellte der Beschwerdeführer im Stande der Schubhaft einen Asylantrag. Mit einer endgültigen Entscheidung ist Ende Dezember oder in der ersten Hälfte des Jänner 2021 zu rechnen.

Der Beschwerdeführer verfügt über einen gültigen türkischen Reisepass und einen Identitätsausweis.

Flüge in die Türkei finden statt und können jederzeit gebucht werden.

Die Eltern und zwei Brüder, die volljährige Tochter des Beschwerdeführers, seine Exfrau und Neffen und Nichten leben in Österreich.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine Meldeadresse außerhalb des Polizeianhaltezentrums. Der Beschwerdeführer war trotz seiner im Bundesgebiet niedergelassen Familienangehörigen während seines Aufenthalts in Österreich insgesamt über 30 Monate und seit dem 12.06.2017 mehr als 13 Monate, als obdachlos gemeldet (Zentrales Melderegister).

Der Beschwerdeführer befand sich seit dem Jahr 2010 von 27.10.2019 bis 16.01.2020, von 31.10.2018 bis 28.06.2019, von 06.10.2014 bis 07.06.2017, von 23.04.2014 bis 30.04.2014, von 14.02.2013 bis 18.06.2013, von 06.11.2010 bis 13.11.2010 in Justizvollzugsanstalten bzw. Polizeianhaltezentren in Haft (Zentrales Melderegister).

Der Beschwerdeführer ist nicht vertrauenswürdig. Der Beschwerdeführer missachtet die Bestimmungen des österreichischen Meldegesetzes. Der Beschwerdeführer war obdachlos gemeldet, obwohl er tatsächlich Unterkunft in einer Wohnung von einem Kollegen bzw. einer Freundin genommen hatte. Dies war jedenfalls seit dem Jahr 2018 der Fall. Der Beschwerdeführer war nicht bei seinen Familienangehörigen gemeldet, obwohl er tatsächlich dort Unterkunft genommen hatte. Der Vater des Beschwerdeführers wollte ihn nicht behördlich melden. Der Beschwerdeführer hat bereits in der Vergangenheit die Wohnung seines Bruders verlassen, als dieser ihn genervt hatte und hat sich obdachlos gemeldet.

Der Beschwerdeführer geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine ausreichenden finanziellen Mittel zur nachhaltigen Existenzsicherung und über kein Bargeld.

Der Beschwerdeführer wird sich einer Abschiebung in die Türkei widersetzen. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der Beschwerdeführer untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten.

Die Flugabschiebung des Beschwerdeführers war bereits für 31.07.2020 geplant und bestätigt. Am 27.07.2020 stellte der Beschwerdeführer im Stande der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 03.08.2020 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vollinhaltlich abgewiesen und der Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt. Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 03.08.2020 zugestellt. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.09.2020 wurde der Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 03.08.2020 betreffend die vollinhaltliche Abweisung des am 27.07.2020 gestellten Antrages auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung zuerkannt (L526 2234722-1/7Z). Mit Bescheid vom 22.09.2020 wurde vom Bundesamt Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde als unbegründet abgewiesen (W115 2233816-2/14E). Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.10.2020 wurde der Bescheid des Bundesamtes vom 03.08.2020 behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt verwiesen (L526 2234722-1/15E).

Das Bundesamt hat nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.10.2020 hinsichtlich der aufgetragenen Ermittlungsschritte unverzüglich eine Anfrage an die Staatendokumentation gestellt und wurde unter Hinweis auf die besondere Dringlichkeit die Beantwortung zuletzt am 19.11.2020 urgiert. Mit der Übermittlung der Anfragebeantwortung ist innerhalb der nächsten Tage zu rechnen. Das Ermittlungsverfahren durch das Bundesamt ist zum Entscheidungszeitpunkt noch nicht abgeschlossen. Die Erledigung des Verfahrens auf internationalen Schutz durch das Bundesamt ist binnen weniger Wochen in Aussicht gestellt (Stellungnahme des Bundesamtes vom 20.11.2020, S. 2).

Der Beschwerdeführer achtet die österreichische Rechtsordnung nicht.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich folgende Verurteilungen auf:

Mit Urteil eines Landesgerichts vom 12.01.2007 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften (§ 27 Abs. 1 und 2 Z 2 erster Fall SMG) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von neun Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

Der Verurteilung liegen Tathandlungen zugrunde, wonach der Beschwerdeführer am 14.12.2006 einem verdeckten Ermittler insgesamt 2 Gramm Heroin gewerbsmäßig durch Verkauf überlassen hat und an zwei unbekannte Abnehmer zwei Briefchen Heroin verkauft hat.

Bei der Strafbemessung wurden das Geständnis und der ordentliche Lebenswandel des Beschwerdeführers mildernd gewertet.

Mit Urteil eines Landesgerichts vom 25.09.2007 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des teils versuchten, teils vollendeten unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften (§ 27 Abs. 1 und 2 Z 2 erster Fall SMG, § 15 StGB) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 5 Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer hat am 30.08.2007 gewerbsmäßig durch Verkauf an einen verdeckten Ermittler 17,1 Gramm Marihuana überlassen. Er hat 1,6 Gramm Marihuana gewerbsmäßig zu überlassen versucht, indem er das Suchtgift an einem amtsbekannten Drogenumschlagplatz zum Weiterverkauf mit sich führte. Von circa Juli/August 2007 bis September 2007 hat der Beschwerdeführer für den Eigenkonsum Marihuana besessen und erworben.

Mildernd wurden bei der Strafbemessung das umfassende Geständnis, sowie die Tatsache, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, gewertet. Erschwerend das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen, die einschlägige Vorstrafe und der rasche Rückfall. Mit Beschluss des Landesgerichts vom selben Tag wurde zudem die gewährte bedingte Strafnachsicht widerrufen.

Mit Urteil eines Bezirksgerichts vom 26.01.2011 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls (§§ 15, 127 StGB) zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Wochen verurteilt. Die verhängte Strafe wurde für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Der Beschwerdeführer hat am 23.09.2010 versucht eine Lederjacke der verfügungsberechtigten Firma mit Bereicherungsvorsatz wegzunehmen.

Mildernd wurden bei der Strafbemessung das Geständnis, der Versuch und der beeinträchtigte Zustand des Beschwerdeführers gewertet, erschwerend zwei einschlägige Vorstrafen.

Mit Urteil eines Landesgerichts vom 28.05.2013 wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des teils versuchten, teils vollendeten Suchtgifthandels und des unerlaubten Umgangs mit Suchtmitteln (§ 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall und § 27 Abs. 2 SMG, §§ 28a Abs. 1 fünfter Fall, 28a Abs. 3 SMG, 15 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer hat vorschriftswidrig eine die Grenzmenge gemäß § 28b SMG übersteigende Menge Suchtgift, nämlich Heroin rund 4 % Monoacetylmorphin, am 12.02.2013 einem verdeckten Ermittler ein Briefchen zu 0,8 Gramm brutto Heroin überlassen, einem anderen am 12.02.2013 ein Briefchen zu 0,2 Gramm brutto Heroin überlassen, im Zeitraum November 12012 bis 11.12.2013 einem anderen gesamt 19 Gramm brutto Heroin überlassen, sowie im Zeitraum 31.12.2012 bis 11.02.2013 unbekannten Abnehmern gesamt 160 Gramm brutto Heroin überlassen. Der Beschwerdeführer war selbst an Suchtmittel gewohnt und beging die Straftaten vorwiegen deshalb, um sich für seinen persönlichen Gebraucht Suchtmittel oder Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen. Der Beschwerdeführer hat am 12.02.2013 drei Säckchen zu gesamt 2,2 Gramm brutto Heroin durch Bereithalten zum unmittelbar bevorstehenden Verkauf in seiner Bekleidung zu überlassen versucht. Im Zeitraum Juli 2012 bis 12.02.2013 hat der Beschwerdeführer wiederholt Heroin besessen, wobei er die Straftat ausschließlich zu persönlichem Gebrauch beging.

Mildernd wurden das Geständnis und dass es teilweise beim Versuch geblieben ist gewertet, erschwerend wurden einschlägige Vorstrafen und mehrere Vergehen bei der Strafbemessung gewürdigt. Da das Verschulden des Beschwerdeführers als schwer anzusehen war und eine Verfahrenseinstellung nicht gleich gut wie einer Verurteilung geeignet war, den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer Straftaten nach dem SMG abzuhalten, lagen die Voraussetzungen für eine diversionelle Erledigung nicht vor.

Mit Urteil eines Bezirksgerichts vom 14.08.2013 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung (§ 83 Abs. 1 StGB) verurteilt am 06.05.2012 im Zuge einer tätlichen Auseinandersetzung einen anderen durch Versetzung von Schlägen mit dem Gürtel vorsätzlich leicht verletzt zu haben, wodurch dieser eine Rissquetschwunde am Kinn rechts und eine Gesichtsprellung sowie eine Prellung des Halses erlitten hat. Unter Bedachtnahme auf das Urteil eines Landesgerichts vom 28.05.2013 wurde von der Verhängung einer Zusatzstrafe abgesehen. Mildernd wurden die Alkoholisierung des Beschwerdeführers zum Tatzeitpunkt und erschwerend seine Vorstrafen bei der Strafbemessung berücksichtigt.
Mit Urteil eines Landesgerichts vom 11.03.2014 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch (§§ 15, 127, 129 Z 2 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer hat am 02.10.2013 eine fremde bewegliche Sache, nämlich ein Tablet im Wert von € 400,00 durch Einbruch, nämlich durch Aufbrechen der versperrten Sicherheitsbox im Geschäft der verfügungsberechtigten Firma versucht sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem ohne zu bezahlen das Geschäft verlassen wollte.

Erschwerend wurden bei der Strafbemessung der rasche Rückfall, die Begehung innerhalb der Probezeit, vier einschlägige Vorstrafe, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 StGB und die Begehung während eines gewährten Strafaufschubes berücksichtigt. Mildern die Schadensgutmachung, das Geständnis, dass es beim Versucht geblieben ist und die herabgesetzte Schuldfähigkeit.

Mit Urteil eines Landesgerichts vom 13.09.2018 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften (§ 27 Abs. 2a zweiter Fall SMG) zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer hat am 20.08.2019 vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Substitol, beinhaltend den Wirkstoff Morphinsulfat-Pentahydrat, auf einer öffentlichen Verkehrsfläche im unmittelbaren Wahrnehmungsbereich von etwa 25 Personen, sohin öffentlich, einer abgesondert verfolgten Person gegen Entgelt überlassen.

Bei der Strafbemessung wurden fünf einschlägige Vorstrafen und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 StGB ins Kalkül gezogen, mildernd das reumütige Geständnis und die Sicherstellung des Suchtgifts.

Mit Urteil eines Landesgerichts vom 13.11.2019 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften (§ 27 Abs. 2a SMG, § 15 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer hat am 26.10.2019 vorschriftswidrig Suchtgift auf einer öffentlichen Verkehrsfläche, sodass dies für mehr als zehn Personen wahrnehmbar war, durch unmittelbare Wahrnehmung berechtigtes Ärgernis zu erregen, einem verdeckten Ermittler zwei 200 mg Substitol Tabletten (enthaltend Morphinsulfatpentahydrat) überlassen und anderen eine 200 mg Substitol Tablette (enthaltend Morphinsulfatpentahydrat) durch Bereithalten an einer szenetypischen örtlichen zum unmittelbaren Verkauf zu überlassen versucht.

Mildernd wurden das reumütige Geständnis, erschwerend der rasche Rückfall und einschlägige Vorstrafen bei der Strafbemessung berücksichtigt.

Seit der letzten Überprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht – mit Erkenntnis vom 23.11.2020 – sind keine Umstände eingetreten, die auch nur ansatzweise für eine Freilassung des Beschwerdeführers sprechen.
Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in die Akte des Bundesverwaltungsgerichtes das Asylverfahren sowie die bisherigen Schubhaftverfahren den Beschwerdeführer betreffend, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes, dem vorliegenden Gerichtsakt sowie den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes das Asylverfahren sowie die Schubhaftverfahren des Beschwerdeführers betreffend.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Volljährigkeit des Beschwerdeführers beruhen auf dem unbestrittenen Inhalt des Verwaltungsaktes. Dass der Beschwerdeführer am 27.07.2020 im Stande der Schubhaft einen Asylantrag stellte, fußt ebenfalls auf dem unbestrittenen Akteninhalt.

Die Feststellungen zum Verfahren hinsichtlich des Antrags auf internationalen Schutz und der Schubhaft waren aufgrund der Einsicht in die jeweiligen gerichtlichen Entscheidungen zu treffen (L526 2234722-1/7Z, L526 2234722-1/15E und W115 2233816-2/14E).

Die Feststellungen zu den unmittelbar nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.10.2020 hinsichtlich der aufgetragenen Ermittlungsschritte durchgeführten Anfrage an die Staatendokumentation und den aktuellen Verfahrensstand fußen auf der aktuellen Stellungnahme des Bundesamtes im gegenständlichen Verfahren. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Zweifel an einer zeitnahen Erledigung des Asylverfahrens haben sich nicht erhärtet.

Die Verwaltungsbehörde hat plausibel dargelegt, dass eine Finalisierung des Asylverfahrens Ende Dezember oder in der ersten Hälfte des Jänner 2021 möglich ist. Im Zusammenhang mit dem Vorliegen eines Reisepasses und dem Umstand, dass ein Flugverkehr zwischen Österreich und der Türkei besteht, kann also eine Abschiebung des Beschwerdeführers nur deswegen nicht stattfinden, da er eben Ende Juli 2020 einen die Rückführung verhindernden Asylantrag stellte.

Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim Beschwerdeführer eine Haftunfähigkeit vorliegen würde, was insbesondere aufgrund der amtsärztlichen Stellungnahmen vom 20.10.2020 und 21.10.2020 sowie der Bekanntgabe der Verwaltungsbehörde im Rahmen der letzten Stellungnahme gründet, weshalb die diesbezügliche Feststellung zu treffen war. Dass der Beschwerdeführer Suchtgiftersatzmedikamente erhält und Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft und ebenfalls aus den zitierten Gutachten abzuleiten, wonach der Beschwerdeführer im Substitutionsprogramm und gut eingestellt ist. Es ist notorisch, dass Schubhäftlinge in Anhaltung medizinisch betreut und versorgt werden, und ist daher die Haftfähigkeit des Beschwerdeführers gegeben.

Die Feststellungen zum Bescheid des Bundesamtes vom 04.07.2019 gründen auf dem unbestrittenen Akteninhalt.

Ebenso ergeben sich die Feststellungen zu den in Österreich lebenden Familienangehörigen des Beschwerdeführers aus dem unzweifelhaften Akteninhalt.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine Meldeadresse außerhalb des Polizeianhaltezentrums verfügt und er trotz seiner im Bundesgebiet niedergelassen Familienangehörigen während seines Aufenthalts in Österreich insgesamt über 30 Monate und seit dem 12.06.2017 mehr als 13 Monate, als obdachlos gemeldet war, ergibt sich aufgrund der Einsichtnahme in das Melderegister.

Die Feststellungen zu den Zeiträumen, die der Beschwerdeführer in Justizvollzugsanstalten bzw. Polizeianhaltezentren in Haft verbracht hat, ergeben sich ebenfalls aus den Eintragungen ins Melderegister. Aus dem Melderegister ist zu ersehen, dass der Beschwerdeführer aktuell über keine Meldeadresse außerhalb des Anhaltezentrums verfügt.

Die fehlende Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass er aufgrund seines Vorverhaltens, wonach er bereits acht Mal von österreichischen Gerichten aufgrund von Strafrechtsdelikten rechtskräftig verurteilt wurde, für sich keine Vertrauenswürdigkeit in Anspruch nehmen kann. Dass der Beschwerdeführer die Bestimmungen des österreichischen Meldegesetzes missachtet, war aufgrund des Akteinhaltes festzustellen. Auch dass der Beschwerdeführer bereits in der Vergangenheit die Wohnung seines Bruders verlassen hat, als dieser ihn genervt hatte und sich der Beschwerdeführer obdachlos gemeldet hatte, fußt auf den eigenen Angaben des Beschwerdeführers.

Aufgrund der eigenen Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung waren die Feststellungen hinsichtlich der Erwerbstätigkeit und finanziellen Situation des Beschwerdeführers zu treffen (W283 2233816-1).

Dem Beschwerdeführer ist es bisher nicht gelungen, seine Kooperationsbereitschaft und Ausreisewilligkeit glaubhaft zu machen. Vor dem Hintergrund des unmittelbar bevorstehenden Abschlusses und seinem bisherigen gezeigten Verhalten ist nicht zu erwarten, dass er sich nach seiner Entlassung aus der Schubhaft tatsächlich seinem Verfahren und seiner Abschiebung stellen wird.

Die Feststellungen zur geplanten Flugabschiebung des Beschwerdeführers waren aufgrund der im Akt aufliegenden Flugbuchungsbestätigungen zu treffen. Die Asylantragstellung in Schubhaft ergibt sich aufgrund des Akteninhalts.

Dass der Beschwerdeführer die österreichische Rechtsordnung nicht achtet, war aufgrund seiner acht rechtskräftigen Verurteilungen festzustellen. Weder seine Verurteilungen noch die Inhaftierungen konnten den Beschwerdeführer von weiteren Straftaten abhalten, was sich aufgrund der Anzahl seiner Verurteilungen und Inhaftierungen ergibt.

Die rechtskräftigen Verurteilungen ergeben sich aufgrund der Einsichtnahme in das Strafregister und die im Akt aufliegenden Strafurteile.

Seit der letzten Überprüfung liegen keine Umstände vor, die auch nur ansatzweise für die Freilassung des Beschwerdeführers sprechen – nochmals ist darauf im Besonderen hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer offensichtlich mit seiner neuerlichen Asylantragstellung alles daran setzt, seine Abschiebung zu verhindern.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte unterbleiben, da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage und des Inhaltes der Stellungnahme der belangten Behörde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A) Fortsetzungsausspruch

Gesetzliche Grundlagen

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) lauten (auszugsweise):

Der mit „Begriffsbestimmungen“ betitelte § 2 FPG lautet:

§ 2 (4) Im Sinn dieses Bundesgesetzes ist

1.       Fremder: wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt.

Der mit „Aufenthaltsverbot“ betitelte § 67 FPG lautet:

§ 67 (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 FPG lautet:

§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Der mit „Dauer der Schubhaft“ betitelte § 80 lautet:

§ 80 (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1.

drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2.

sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1.

die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2.

eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3.

der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4.

die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

§ 22a (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.

Zur Judikatur

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Der Beschwerdeführer ist zum Zeitpunkt der Entscheidung Asylwerber iSd § 2 Abs. 1 Z 14 AsylG 2005, zumal sein Antrag auf internationalen Schutz noch nicht rechtkräftig abgeschlossen ist.

Daher war die Anordnung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – möglich. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung bestimmter Verfahren oder der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht. Das Asylverfahren wird vom Bundesamt – nach Zurückverweisung durch das Bundesverwaltungsgericht – binnen weniger Wochen abgeschlossen.

Die Schubhaft darf im vorliegenden Fall gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG nur angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 FPG gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen (§ 76 Abs. 2 zweiter Satz FPG). Seit dem 08.08.2019 besteht gegen den Beschwerdeführer eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot in der Dauer von sechs Jahren, somit ist diese Tatbestandvoraussetzung nach wie vor erfüllt.

Der Beschwerdeführer wurde bereits acht Mal rechtskräftig verurteilt, zuletzt am 26.10.2019 zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten. Er hat eine Körperverletzung, mehrere Vermögensdelikte und zahlreiche Suchtgiftdelikte begangen, insbesondere hat er mehrmals gewerbsmäßig Suchtgift verkauft. Gerade an der Einhaltung der Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes liegt ein besonders hohes staatliches Interesse. Diesem Interesse hat der Beschwerdeführer massiv zuwidergehandelt, weshalb sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet und ein besonders hohes öffentliches Interesse an der baldigen Außerlandesbringung des Beschwerdeführers besteht. Der Beschwerdeführer konnte trotz mehrfacher Verurteilungen und dem Verspüren des Haftübels nicht von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten werden was auch auf die Gefährdungsprognose durchschlägt. Daher ist die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit als bereits in einem Ausmaß gegeben, das die Anforderungen des § 76 Abs. 2 Z 1 FPG erfüllt.

Im vorliegenden Fall ist Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 1, 3, 5 und 9 FPG nach wie vor gegeben:

Gemäß § 76 Abs. 3 Z 1 FPG ist bei der Beurteilung, ob Fluchtgefahr vorliegt, zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Seit dem 08.08.2019 besteht gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung. Nachdem der Beschwerdeführer aufgrund seiner Obdachlosenmeldung für das Bundesamt nicht greifbar war hat der Beschwerdeführer seine Abschiebung behindert, weshalb der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 1 FPG erfüllt ist.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 3 FPG zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). Da gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt und er zudem den Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 1, Z 5 und Z 9 FPG erfüllt hat, ist auch der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 5 FPG zu berücksichtigen, ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand. Durch die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz aus dem Stand

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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