TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/21 W278 2230630-5

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.10.2020
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Entscheidungsdatum

21.10.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch

W282 2230630-4/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HABITZL als Einzelrichter im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung von XXXX , geb. XXXX , StA.: Afghanistan, in Schubhaft zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger Afghanistans. Er reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 06.08.2011 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.08.2011 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen. Der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan wurde gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 nicht zuerkannt und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen.

3. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 06.08.2012 wurde die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bundesasylamtes erhobene Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen In Erledigung der Beschwerde wurde der bekämpfte Bescheid hinsichtlich der Spruchpunkte II. und III. behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen

4. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.10.2012 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen.

5. Im Zeitraum vom 11.11.2013 bis 08.07.2014 wies der Beschwerdeführer laut Zentralem Melderegister keinen gemeldeten Wohnsitz in Österreich auf.

6. Am 26.06.2014 wurde der Beschwerdeführer nach einer Anfrage gemäß Dublin-II Verordnung aus Großbritannien aufgrund der vorliegenden Zuständigkeit Österreichs rücküberstellt.

7. Der gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.10.2012 erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.03.2015 stattgegeben und dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.

8. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 04.02.2019 wurde der dem Beschwerdeführer mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.03.2015 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen aberkannt und dem Beschwerdeführer die mit Bescheid des Bundesamtes vom 08.03.2016 erteilte befristete Aufenthaltsbewilligung als subsidiär Schutzberechtigter entzogen, eine Rückkehrentscheidung erlassen und ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.10.2019 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 04.02.2019 mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Dauer des gegen den Beschwerdeführer erlassenen Einreiseverbotes auf acht Jahre erhöht wurde und dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. Dieses Erkenntnis blieb unbekämpft.

9. Am 06.03.2019 wurde der Beschwerdeführer durch Beamte der LPD XXXX festgenommen. Am 07.03.2019 wurde der Beschwerdeführer in die Justizanstalt XXXX zur Verbüßung seiner Freiheitsstrafe überstellt.

Im Zeitraum von 2015 bis 2019 wurde der BF insgesamt neun Mal rechtskräftig strafrechtlich verurteilt.

10. Der Beschwerdeführer wurde in weiterer Folge aus der Strafhaft einer afghanischen Delegation vorgeführt und wurde für ihn am XXXX .11.2019 von der afghanischen Botschaft ein Heimreisezertifikat ausgestellt. Am 06.03.2020 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Strafhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz (Asylfolgeantrag) und wurde dazu am selben Tag einer Erstbefragung unterzogen.

11. Mit Bescheid vom 17.04.2020 ordnete das Bundesamt über den Beschwerdeführer die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme an. Dieser Bescheid wurde mit der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft am 06.05.2020 in Vollzug gesetzt und der Beschwerdeführer wird seither in Schubhaft angehalten. Gegen den Schubhaftbescheid des Bundesamtes sowie die Anhaltung in Schubhaft wurde vom Beschwerdeführers gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG Beschwerde erhoben.

12. Die vom Beschwerdeführer gegen den Schubhaftbescheid vom 17.04.2020 erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.05.2020, GZ I406 2230630-1/12E, als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Gegen dieses Erkenntnis wurde nach einem teilerfolgreichen Verfahrenshilfeantrag im September 2020 eine ao. Revision an den VwGH und Beschwerde an den VfGH erhoben.

Mit Beschluss des VwGH vom 22.09.2020 Ra 2020/21/0279-14 wurde dem Antrag auf aufschiebende Wirkung nicht stattgegeben.

Mit Beschluss des VfGH vom 02.10.2020 E2342/2020-11 wurde dem Antrag der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen gemäß § 85 Abs.2 und 4 VfGG keine Folge gegeben, weil zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen.

13. Am 19.06.2020 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt neuerlich zu seinem Asylfolgeantrag niederschriftlich einvernommen. In weiterer Folge wurde mit mündlich verkündetem Bescheid des Bundesamtes vom 19.06.2020 der dem Beschwerdeführer gemäß § 12 AsylG 2005 zukommende faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.07.2020, GZ W202 1421043-4/4E wurde festgestellt, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-VG rechtmäßig gewesen ist. Es liegt somit eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bzw. Anordnung zur Außerlandesbringung vor.

14. Am 14.09.2020 wurde beim BF in seiner Zelle im PAZ Hernalser Gürtel ein eingeschmuggeltes Mobiltelefon sichergestellt. Der BF wurde durch Verbringung in eine Einzelzelle einer Disziplinarmaßnahme nach § 24 Anhalteordnung unterzogen.

15. Vom Bundesverwaltungsgerichts wurde regelmäßig – zuletzt am 24.09.2020 GZ W282 2230630-4 - amtswegig festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Am 15.10.2020 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft nach vier Monaten dem Bundesverwaltungsgericht vor und erstattete eine Stellungnahme.

16. Im Zuge der Vorlage wurde vom Bundesamt nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass keine wesentliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten sei. Es bestehe weiterhin aktuell Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf. Zudem stelle der Beschwerdeführer aufgrund seiner neun rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilungen eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, was im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen sei. Die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft stelle sich somit unverändert als verhältnismäßig und als „ultima ratio“-Situation dar. Ein vom BF gestellter Antrag auf freiwillige Rückkehr wurde vom Bundesamt nicht unterstützt.

17. Am 19.10.2020 langten die vom BVwG angeforderten medizinischen Unterlagen des BF samt amtsärztlichen Befund vom 19.10.2020 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat von Amts wegen erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Der BF ist afghanischer Staatsbürger, er ist volljährig und gesund. Er ist haftfähig. Der BF wird derzeit im Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel in Schubhaft angehalten. Der BF ist nicht Asylwerber oder subsidiär Schutzberechtigter. Der BF ist in Österreich in erheblichem Umfang straffällig geworden und neunfach vorbestraft.

1.2. Zum sozialen Umfeld:

Der BF in Österreich verfügt im Bundegebiet über keine substanziellen sozialen, beruflichen oder familiären Anknüpfungspunkte. Zudem verfügt er über keine gesicherte Unterkunft, über kein Barvermögen und über keinen gesicherten Wohnsitz.

1.3 Zur Straffälligkeit des BF:

Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 24.06.2015 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 83 Abs. 1 StGB und § 127 StGB wegen Körperverletzung und Einbruchdiebstahl zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von einer Woche verurteilt. Dem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer einem anderen Asylwerber mehrere Schläge in das Gesicht verpasste und am rechten Auge verletzte sowie aus einem PKW einer Pizzeria ca. sieben Stück Kaugummi stahl.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 14.12.2015 wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 125, 126 Abs. 1 Z 7 StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen im Nichteinbringungsfall 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, rechtskräftig verurteilt. Dem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer in XXXX Steine auf vier geparkte Pkw warf und einen Schaden von insgesamt € 6.208,- herbeiführte.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 30.03.2016 wurde der Beschwerdeführer erneut gemäß § 83 Abs. 1 StGB und § 125 StGB wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat rechtskräftig verurteilt. Dem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer in XXXX in einem Lokal zwei ihm unbekannten Frauen nacheinander mit seinen beiden Händen fest an das Gesäß griff und einer der beiden Frauen, nachdem diese ihm eine Ohrfeige verpasst hatte, zwei kraftvolle Ohrfeigen mit der Handinnenfläche und eine mit der Handaußenfläche verpasste. Durch diese Schläge stürzte die Frau und wurde verletzt. Der Beschwerdeführer wurde des Lokals verwiesen. Vor dem Lokal versuchte der Beschwerdeführer auf den Begleiter einer der beiden betroffenen Frauen einzuschlagen und wurde von der Polizei in ein Dienstfahrzeug verbracht. Auf der Rückbank des Dienstfahrzeuges trat der Beschwerdeführer mit den Füßen gegen die innere Beifahrertüre, schlug mit dem Kopf gegen die hintere Fahrertüre und spuckte in das Fahrzeuginnere. Dadurch beschädigte er das Dienstfahrzeug, dessen hintere Türe sich nicht mehr ordnungsgemäß schließen ließ. Der Beschwerdeführer blieb der Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht XXXX fern, weshalb ein Abwesenheitsurteil erging.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 22.06.2016 wurde der Beschwerdeführer wegen § 218 Abs. 1 Z 2 StGB zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je € 4,--, im Nichteinbringungsfall 50 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, rechtskräftig verurteilt. Diesem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer eine Mitarbeiterin einer Bäckerei in XXXX dadurch belästigte, dass er vor dem Fenster der Bäckerei onanierte.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 19.05.2017 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 125 StGB zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je € 18,--, im Nichteinbringungsfall 40 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, rechtskräftig verurteilt. Diesem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer in einer Flüchtlingsunterkunft gegen die versperrte Zimmertüre des Zimmers eines anderen Bewohners schlug und drückte, wodurch diese Tür beschädigt wurde.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 16.02.2018 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 83 Abs. 1 StGB und § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat rechtskräftig verurteilt. Diesem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer einem behinderten Mann mehrere Faustschläge gegen die Schulter und das Gesicht versetzte, wodurch er den Mann verletzte sowie weiters die Brille und das Handy des Mannes beschädigte.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 16.10.2018 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 83 Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten rechtskräftig verurteilt. Dem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer einem ÖBB-Security-Mitarbeiter während oder wegen der Ausübung seiner Tätigkeit, zweimal mit der Faust ins Gesicht schlug, wodurch dieser eine Prellung der linken Augenhöhle und eine Schwellung unter dem linken Auge erlitt.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 18.01.2019 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 83 Abs. 1 StGB und § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten rechtskräftig verurteilt. Diesem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer einem Mann, der dem Beschwerdeführer erlaubt hatte, kostenlos bei ihm in der Wohnung zu schlafen, einen Faustschlag verpasste und unter dem linken Auge verletzte. Nach der Auseinandersetzung nahm der Beschwerdeführer einen auf der Straße liegenden Ziegelstein und warf ihn gegen die Windschutzscheibe des Autos jenes Mannes, den er zuvor geschlagen hatte.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 24.04.2019 wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 15, 105 Abs. 1 StGB und § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten rechtskräftig verurteilt. Diesem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer einen Mann aufforderte, ihm € 50,-- zu geben und die Forderung durch einen Fußtritt und zwei Faustschläge gegen diese Person unterstrich und dadurch den Mann am Oberschenkel und im Bereich des linken Ohrs verletzte sowie einem anderen Mann drohte, diesen noch einmal zu schlagen, sollte dieser seine Anzeige gegen den Beschwerdeführer nicht gegen Zahlung eines Geldbetrages zurückziehen

1.4 Zu den Vorverfahren:

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.10.2019 ist die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 04.02.2019 betreffend die betreffend die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt A I.) worden. Weiters wurde die Beschwerde betreffend Spruchpunkt VII. mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Dauer des gegen den Beschwerdeführer erlassenen Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm § 53 Abs. 3 Z 1 FPG auf acht Jahre erhöht wurde (Spruchpunkt A II.) und die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des Bescheides mit der Maßgabe abgewiesen, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt A III.).

Am 06.03.2020 hat der Beschwerdeführer aus dem Stande der Strafhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz (Asylfolgeantrag) gestellt.

Über den BF wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 17.04.2020 die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet. Er wird seit seiner Entlassung aus der Strafhaft am 06.05.2020 in Schubhaft angehalten.

Am 19.06.2020 ist der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt erneut zu seinem Asylfolgeantrag niederschriftlich einvernommen worden. In weiterer Folge ist mit mündlich verkündetem Bescheid des Bundesamtes vom 19.06.2020 der dem Beschwerdeführer gemäß § 12 AsylG 2005 zukommende faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aberkannt worden. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.07.2020 GZ W202 1421043-4/4E wurde festgestellt, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-VG rechtmäßig gewesen ist. Es liegt somit eine durchsetzbare eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gegen den BF vor.

Eine vom BF gegen den Schubhaftbescheid vom 17.04.2020 erhobene Beschwerde ist mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.05.2020, GZ I406 2230630-1/12E, als unbegründet abgewiesen worden; gleichzeitig wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Gegen dieses Erkenntnis wurde sowohl eine außerordentliche Revision beim VwGH, als auch Beschwerde beim VfGH eingebracht.

Mit Beschluss des VwGH vom 22.09.2020 Ra 2020/21/0279-14 wurde dem Antrag auf aufschiebende Wirkung nicht stattgegeben.

Mit Beschluss des VfGH vom 02.10.2020 E2342/2020-11 wurde dem Antrag der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen gemäß § 85 Abs.2 und 4 VfGG keine Folge gegeben, weil zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen.

Mit den Erkenntnissen GZ. W115 2230630-2 vom 01.09.2020, und W282 2230630-4 vom 24.09.2020 traf das Bundesverwaltungsgericht nach Aktenvorlage einen Fortsetzungsausspruch nach § 22a Abs. 4 BFA-VG und stellte fest, dass zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und diese verhältnismäßig sei.

Am 01.10.2020 stellte der BF einen Antrag auf unterstütze freiwillige Rückkehr. Der Antrag wurde vom Bundesamt aufgrund der mangelnden Vertrauenswürdigkeit des BF nicht befürwortet und die Kosten für die freiwillige Rückkehr nicht übernommen.

1.4 Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft:

Festgestellt wird, dass das Bundesamt nachhaltige und angemessene Bemühungen zur Erlangung eines Heimreisezertifikates (HRZ) für den BF vorgenommen hat, da dem BF am XXXX .11.2019 ein solches nach Vorführung aus der Strafhaft vor eine Delegation der afghanischen Botschaft auch erteilt wurde bzw. der BF zumindest auch als afghanischer Staatsbürger identifiziert wurde.

Aufgrund der durch die COVID-19 Pandemie bedingten Einschränkungen im öffentlichen Leben wurden Abschiebeflüge (Frontex-Charter) nach Afghanistan über die Sommermonate 2020 ausgesetzt. Die Wiederaufnahme dieser Flüge ist bereits für Oktober/November 2020 seitens Frontex bzw. des Bundesamtes geplant. Es ist daher festzustellen, dass eine Abschiebung innerhalb der gesetzlichen Schubhafthöchstdauer realistisch und wahrscheinlich ist.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen zur Straffälligkeit, der Haftfähigkeit des BF und seiner mangelnden sozialen Verankerung ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde und den in den Feststellungen genannten Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes, insbesondere der zitierten Vorerkenntnisse des BVwG I406 2230630-1/12E und W115 2230630-2/6E, sowie aus dem Strafregisterauszug des BF. Die Negativ-Feststellungen zu familiären Beziehungen, zum Wohnsitz und zur Erwerbstätigkeit basieren auf dem Bescheid des Bundesamtes vom 17.04.2020 sowie Einvernahme des BF vor dem Bundesamt im Verfahren über seinen Folgeantrag auf internationalen Schutz, sowie der schriftlichen Stellungnahme des BF zur Verhängung der Schubhaft vom 10.04.2020.

Im Besonderen ist hervorzuheben, dass die Behörde darlegt hat, dass sie sich im vorliegenden Fall um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates nach Kräften bemüht hat und somit eine solches auch im November 2019 ausgestellt wurde. Der BF ist somit bereits als afghanischer Staatsbürger identifiziert worden und kann nach Erneuerung des HRZ, wenn der endgültige Abschiebetermin feststeht, ohne weitere Verzögerungen in sein Heimatland abgeschoben werden. Eine Erneuerung des HRZ ist erst dann sinnvoll, wenn der Abschiebetermin feststeht, da Heimreisezertifikate iaR nur eine sehr begrenzte Gültigkeit haben. Zur Möglichkeit einer Abschiebung im Rahmen der Schubhafthöchstdauer ist festzuhalten, dass es gerichtsnotorisch ist, dass die Maßnahmen zur Beschränkung des öffentlichen Lebens durch die COVID-19 Pandemie in Afghanistan in den Sommermonaten zu einer Aussetzung der Abschiebeflüge (Frontex-Charter) geführt haben. Die Wiederaufnahme dieser Flüge ist jedoch nach gerichtsnotorischer Mitteilung seitens Frontex bzw. des Bundesamtes bereits für die Herbst/Winter 2020 geplant.

Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft für die Aufrechterhaltung der Schubhaft seit den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.09.2020 ist dem Verwaltungsakt und auch der Stellungnahme des Bundesamtes nicht zu entnehmen. Die Beschlüsse des VwGH und VfGH über die nicht Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung betreffend das Erkenntnis des BVwG über die Abweisung der Schubhaftbeschwerde vom 25.05.2020 liegen dem Gerichtsakt ein. Die Haftfähigkeit des Beschwerdeführers ist weiterhin gegeben (siehe amtsärztlichen Befund vom 19.10.2020) - es gibt auch in der Anhaltedatei in dieser Hinsicht keinerlei Hinweis für diesbezügliche Änderungen.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchteil A):

3.1 Fortsetzung der Schubhaft:

3.1.1 Gesetzliche Bestimmungen und Judikatur:

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG idgF die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

§§ 76, 77 und 80 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), § 22a Abs. 4 Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Verfahrensgesetz (BFA-VG) lauten auszugsweise:

Schubhaft (§ 76 FPG)


„§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. 

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Gelinderes Mittel (§ 77 FPG)

„§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1.         in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2.         sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
2.         eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen;

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.“

Dauer der Schubhaft (§ 80 FPG)

„(1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich
1.         drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2.         sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil
1.         die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2.         eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3.         der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4.         die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.“

Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft (§§ 22a BFA-VG)

„§ 22a (4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.“

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise - wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG - erreicht werden ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig.

Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). In einem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung aus, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FPG ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Der Behörde kommt aber dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043).

Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich infrage kommt. Die begründete Annahme, dass eine Aufenthaltsbeendigung erfolgen wird, ist dabei ausreichend. Dass die Effektuierung mit Gewissheit erfolgt, ist nicht erforderlich (vgl. dazu etwa VwGH 07.02.2008, Zl. 2006/21/0389; VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/21/0039). Steht hingegen von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Anderenfalls erwiese sich die Schubhaft nämlich als für die Erreichung des Haftzweckes (der Abschiebung) "nutzlos". Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FPG ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Den erwähnten Verlängerungstatbeständen liegt freilich zugrunde, dass die infrage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft Umstände eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann. (vgl. VwGH 11.06.2013, Zl. 2013/21/0024, zum Erfordernis einer Prognosebeurteilung, ob die baldige Ausstellung eines Heimreisezertifikates trotz wiederholter Urgenzen durch das Bundesministerium für Inneres angesichts der Untätigkeit der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates zu erwarten ist; vgl. VwGH 18.12.2008, Zl. 2008/21/0582, zur rechtswidrigen Aufrechterhaltung der Schubhaft trotz eines ärztlichen Gutachtens, wonach ein neuerlicher Versuch einer Abschiebung des Fremden in den nächsten Monaten aus medizinischen Gründen nicht vorstellbar sei).

Der VwGH hat weiters in jüngster Judikatur zur Fristenberechnung nach § 22a Abs. 4 BFA-VG wie folgt festgehalten (VwGH 16.07.2020, Ra 2020/21/0163):

„11. Zunächst ist den Ausführungen in der Revision aber darin zu folgen, dass sich die jeweiligen Überprüfungstermine aus § 22a Abs. 4 BFA-VG ergeben und unabhängig vom Zeitpunkt der Aktenvorlage durch das BFA zu ermitteln sind. Es ist daher die Auffassung des BVwG verfehlt, es bestehe beginnend vom Zeitpunkt des Einlangens der vom BFA vorgelegten Akten iSd § 22a Abs. 2 BFA-VG jedenfalls eine einwöchige Entscheidungsfrist. Dabei wird außer Acht gelassen, dass die Entscheidungsfrist des § 22a Abs. 2 BFA-VG nur für einen Ausspruch über die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach § 22a Abs. 3 BFA-VG im Zusammenhang mit einer Beschwerde nach § 22a Abs. 1 BFA-VG gilt und seine verfassungsrechtliche Grundlage in Art. 6 Abs. 1 PersFrG hat. Die in § 22a Abs. 4 BFA-VG normierten Fristen können demgegenüber als einfachgesetzliche Konkretisierung der nach Art. 6 Abs. 2 PersFrG erforderlichen Überprüfung der Notwendigkeit der (weiteren) Anhaltung in „angemessenen Abständen“ verstanden werden, wobei die Vorgaben der Rückführungs-RL berücksichtigt wurden (siehe zu Letzterem VwGH 16.7.2020, Ra 2020/21/0099, Rn. 10/11). Demnach wäre der Ablauf der vierwöchigen Frist für den gegenständlichen Überprüfungstermin ausgehend vom Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses des BVwG vom 24. Jänner 2020 zu berechnen gewesen. Dass das BFA die Akten dem BVwG - entgegen der diesbezüglichen Ordnungsvorschrift, wonach die Akten so rechtzeitig vorzulegen sind, dass dem BVwG eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt - derart vorlegte, dass sie erst nach Ablauf des Überprüfungstermins beim BVwG einlangten, führte somit zu einer verspäteten Entscheidung des BVwG (siehe zur trotzdem gegebenen Entscheidungspflicht schon VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0181, Rn. 11; siehe zu einer deutlich verfrühten Entscheidung und zum einwöchigen Entscheidungsspielraum vor den Haftprüfungsterminen des Näheren neuerlich VwGH 16.7.2020, Ra 2020/21/0099, nunmehr Rn. 14/15). Demnach trifft die den Revisionsausführungen zugrunde liegende Prämisse, das BVwG habe seine Entscheidung nach § 22a Abs. 4 BFA-VG nicht fristgerecht erlassen, zu.“

3.1.2 Zum konkret vorliegen Fall:

Aufgrund der zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten rechtzeitig zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, welche über die Viermonatsfrist hinausgehen soll, vorzulegen. Diese Überprüfung hat nach Überschreiten der Viermonatsfrist in vierwöchigen Intervallen zu erfolgen. Die letzte entsprechende Überprüfung nach § 22a Abs. 4 leg. cit. erging mit Erkenntnis des BVwG vom 24.09.2020. Entsprechend der oben wiedergegeben jüngsten Judikatur des VwGH ist die ggst. vierwöchige Frist für die neuerliche Überprüfung nach § 22a Abs. 4 BFA-VG von diesem Erkenntnis ausgehend zu berechnen und endet diese daher am 22.10.2020, wobei dem BVwG ein siebentägiger Entscheidungsspielraum vor diesem Termin zukommt.

Unter einem hat das Bundesamt darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig wäre. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass eine weitere Anhaltung weiter als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Der Verwaltungsgerichthof führte hierzu Folgendes aus:

„In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG 2014 ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung (nur) ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Diese Entscheidung stellt - ebenso wie ein Ausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG 2014 - einen neuen Hafttitel dar. Über vor oder nach der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen. Ein Erkenntnis nach § 22a Abs. 4 BFA-VG 2014 steht daher einer Beschwerde nach § 22a Abs. 1 BFA-VG 2014, mit der die Überprüfung der Rechtmäßigkeit von vor oder nach der Erlassung des Erkenntnisses liegenden Haftzeiten begehrt wird, nicht entgegen.“ (VwGH vom 30.08.2018, Ra 2018/21/0111)

Aufgrund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z 1, 3 und Z 9 FPG liegt beim BF jedenfalls fortgesetzt Fluchtgefahr vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben. Es ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Die Schubhaft ist jedenfalls wegen Fluchtgefahr aufrechtzuerhalten, weil aus dem festgestellten vergangenen und aktuellen Verhalten des Beschwerdeführers mit höchster Wahrscheinlichkeit geschlossen werden kann, dass der BF seine Abschiebung zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt (§ 76 Abs. 3 Z 1 leg. cit.). Er hat hierzu auch klar und unmissverständlich in seiner Stellungnahme zur beabsichtigen Verhängung der Schubhaft angegeben, dass es sein unbedingtes Ziel sei, in Österreich zu bleiben.

Ein nunmehr vom BF gestellter Antrag auf freiwillige Rückkehr, der vom Bundesamt nicht unterstützt wird stellt alleine keine Änderung dar, die für eine Freilassung des BF spricht, da im vorliegenden Fall, aufgrund des unstrittigen strafrechtlichen Vorverhaltens und der daraus folgenden fehlenden Vertrauenswürdigkeit des BF eine Überwachung seiner Ausreise gemäß § 46 Abs. 1 Z 1 FPG aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit notwendig ist.

Weiters besteht gegen den BF eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme (§ 76 Abs. 3 Z 3 leg. cit.), was für sich allein genommen noch keine Fluchtgefahr begründet. In Zusammenhang damit, dass der BF angibt, keine Unterkunft zu haben, keiner Erwerbstätigkeit nachzugehen und dem BF auch klar sein muss, dass er bereits von der afghanischen Botschaft identifiziert und bereits einmal ein HRZ aufgestellt wurde, weshalb er mit seiner Abschiebung bei zeitnaher Wiederaufnahme der entsprechenden Flüge kurzfristig zu rechnen hat, ergibt sich auch hieraus die hohe Gefahr des Untertauchens des BF für den Fall der Entlassung aus der Schubhaft. Weiters hat sich der BF seinem Verfahren auf internationalen Schutz bereits im Jahr 2014 entzogen, in dem er nach Großbritannien weitergereist ist, von wo er letztlich nach Österreich rücküberstellt wurde.

Letztlich ist der BF auch im Bundesgebiet nicht nennenswert integriert, er spricht zwar Deutsch, hat jedoch keinen festen Wohnsitz, geht keiner Erwerbstätigkeit nach und ist nicht sozial oder familiär im Bundesgebiet verankert. § 76 Abs. 3 Z 9 FPG ist somit ebenfalls fortgesetzt erfüllt.

Es sind iSd oben dargelegten Judikatur des VwGH zu § 80 FPG weiterhin keine Umstände ersichtlich, die darauf hindeuten, dass die zwischenzeitige temporäre Unmöglichkeit der Durchführung der Abschiebung nach Afghanistan durch die durch COVID 19 bedingten Maßnahmen, nicht bloß ein zeitlich befristetes Hindernis darstellen würde. Mit der Wiederaufnahme der entsprechenden Abschiebeflüge nach Afghanistan (Frontex-Charter) ist im Zeitraum November/Dezember 2020 zu rechnen, weshalb im Hinblick auf die gemäß § 80 Abs. 4 FPG zulässige Schubhafthöchstdauer von 18 Monaten ausgehend vom 06.05.2020 innerhalb dieser von der Durchführung der Abschiebung noch im Herbst/Winter 2020 ausgegangen werden kann. Eine Unmöglichkeit der Abschiebung binnen dieses Zeitraums ist somit ggst. nicht ersichtlich.

Der Beschwerdeführer hat demgegenüber keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde. Vielmehr ist unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit die massive Straffälligkeit des neunfach vorbestraften BF gemäß § 76 Abs. 2a. FPG zu berücksichtigen. Angesichts der festgestellten zahlreichen und regelmäßigen Verurteilungen wegen Gewaltdelikten (vor allem Körperverletzung) überwiegt das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des BF deutlich. Die Aufrechterhaltung der Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände und vor dem Hintergrund - dass sich die Behörde um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates und der Organisation der Abschiebung nachhaltig bemüht hat, somit auch verhältnismäßig.

Das Verhalten des Beschwerdeführers in der Vergangenheit und vor allem seine daraus entspringende mangelnde Vertrauenswürdigkeit schließt letztlich auch die Anordnung gelinderer Mittel fortgesetzt aus.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung aufgrund des unveränderten Vorliegens von Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf vorliegen.

Zu Spruchteil B):

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Es finden sich im keine schlüssigen Hinweise auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einreiseverbot Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft gelinderes Mittel Heimreisezertifikat Mittellosigkeit öffentliche Interessen Pandemie Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft Untertauchen Verhältnismäßigkeit Vertrauenswürdigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W278.2230630.5.00

Im RIS seit

16.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

16.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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