TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/8 W275 2230316-1

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Veröffentlicht am 08.05.2020
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Entscheidungsdatum

08.05.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §34 Abs1 Z2
BFA-VG §40 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35 Abs1
VwGVG §35 Abs3

Spruch

W275 2230316-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Stella VAN AKEN als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gregor KLAMMER, gegen die Festnahme am 26.02.2020, den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.02.2020, Zahl 1129314101/200221409, sowie die Anhaltung in Schubhaft von 26.02.2020 bis 24.03.2020 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde gegen die Festnahme am 26.02.2020 wird gemäß § 40 Abs. 1 Z 1 und § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid und die Anhaltung in Schubhaft von 26.02.2020 bis 24.03.2020 wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

III. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

IV. Gemäß § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG iVm § 1 Z 3 und 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von ? 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Nigerias, der über eine Aufenthaltsberechtigung für Italien verfügt, wurde am 18.02.2020 beim unrechtmäßigen Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet betreten und gemäß § 52 Abs. 6 FPG zur unverzüglichen Ausreise sowie dem Nachweis seiner unverzüglichen Ausreise aus Österreich aufgefordert.

In weiterer Folge wurde gegen den Beschwerdeführer ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 BFA-VG erlassen.

Am 26.02.2020 wurde der Beschwerdeführer neuerlich beim unrechtmäßigen Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet angetroffen, festgenommen und dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Einvernahme vorgeführt.

Am selben Tag wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich zur Prüfung der Rechtmäßigkeit seines Aufenthaltes, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung, der Verhängung von Schubhaft sowie der Erlassung eines Einreiseverbotes einvernommen. Der Beschwerdeführer gab dabei zusammengefasst an, dass er sich seit rund zwei Wochen in Österreich aufhalte; er sei mit dem Zug nach Österreich gereist, da er in Italien keine Arbeit mehr gehabt habe und in Österreich bei seinen Freunden bleiben wolle. Er habe seit seiner Einreise manchmal in einer Kirche geschlafen, manchmal bei Freunden, und vom Verkauf von Zeitungen gelebt; über eine Meldeadresse in Österreich verfüge er nicht. In Italien habe er auf einem Bauernhof gearbeitet. Er habe in Europa keine Familienangehörigen; seine Mutter und seine Schwestern würden in Nigeria leben. Wenn man ihm, wie es ihm in "dem Schriftstück" mitgeteilt worden wäre, noch zwei Wochen Zeit gebe, das Land selbständig zu verlassen, würde er seiner Abschiebung nach Nigeria zustimmen, sollte er nach zwei Wochen wieder erwischt werden. Er habe schon geplant, eine Fahrkarte nach Italien zu kaufen und das Land selbständig zu verlassen, die Frage des Einreiseverbotes stelle sich also für ihn nicht.

Mit oben genanntem Mandatsbescheid vom 26.02.2020, Zahl 1129314101/200221409, ordnete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 AVG über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme an. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer, gegen welchen ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet worden sei, sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und trotz Kenntnis seines unrechtmäßigen Aufenthaltes bereits wiederholt illegal nach Österreich eingereist sei und sich hier aufgehalten habe; er sei auch seiner Verpflichtung zur unverzüglichen Ausreise aus dem Bundesgebiet nicht nachgekommen. Er sei in Österreich weder beruflich noch sozial verankert und verfüge weder über eine Unterkunft noch über einen legalen Weg, an finanzielle Mittel zu gelangen; er habe sich seinen Unterhalt durch den unrechtmäßigen Verkauf von Zeitschriften finanziert. Mit Mandatsbescheid vom 27.02.2020 wurde der Schubhaftzweck auf Sicherung der Abschiebung erweitert.

Der Beschwerdeführer wurde am 26.02.2020 in Schubhaft genommen und bis 24.03.2020 in Schubhaft angehalten.

Gegen die Festnahme am 26.02.2020, den oben genannten Schubhaftbescheid vom 26.02.2020 sowie die Anhaltung in Schubhaft wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und insbesondere vorgebracht, dass der Beschwerdeführer nach der Aufforderung zur Rückkehr nach Italien am 18.02.2020 nicht sofort hätte ausreisen können, da Oberitalien damals bereits coronabedingt gesperrt gewesen sei und er sich vor einer Ansteckung gefürchtet habe. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet sei nicht rechtswidrig gewesen, weil ihm weder die Nichtrückreise nach Italien zwischen 18.02.2020 und 26.02.2020 noch das Betteln vorzuwerfen seien. Die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens der aufenthaltsbeendenden Maßnahme sei schon deshalb rechtswidrig, weil eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht hätte verhängt werden dürfen. Der Beschwerdeführer habe außerdem seiner Erinnerung nach mündlich für seine Ausreise eine vierzehntägige Frist ab dem 18.02.2020 bekommen, welche am 26.02.2020 noch nicht abgelaufen gewesen wäre. Die Aufforderung, Österreich unverzüglich zu verlassen, sei dahingehend zu verstehen gewesen, dass der Beschwerdeführer nicht in einen virusverseuchten Teil Italiens zurückkehren bzw. diesen Landesteil durchfahren hätte müssen. Es sei zu diesem Zeitpunkt bereits abzusehen gewesen, dass Italien den Beschwerdeführer nicht zurücknehmen würde und der Beschwerdeführer auch nicht nach Nigeria hätte abgeschoben werden können; Nigeria sei bereits am 31.01.2020 seitens der WHO als "High Risk Country" eingestuft worden, sodass der belangten Behörde bereits am 26.02.2020 hätte klar sein müssen, dass es nicht zur Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria kommen würde, da es zu Restriktionen im Flugverkehr gekommen sei.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte in der Folge den Verwaltungsakt vor und gab dazu eine Stellungnahme ab. Zudem beantragte es, das Bundesverwaltungsgericht möge die Beschwerde als unbegründet abweisen und den Beschwerdeführer zum Ersatz der näher genannten Kosten verpflichten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und den Voraussetzungen der Festnahme sowie der Schubhaft:

1.1.1. Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger Staatsangehöriger Nigerias; seine Identität steht fest. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht, er ist in Österreich weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Er verfügt über eine Aufenthaltsberechtigung für Italien.

1.1.2. Der Beschwerdeführer reiste spätestens am 18.02.2020 in das österreichische Bundesgebiet ein, ohne über einen gültigen Reisepass zu verfügen. Am 18.02.2020 wurde der Beschwerdeführer im österreichischen Bundesgebiet aufgegriffen und zur unverzüglichen Ausreise in den Mitgliedsstaat, für welchen er eine Aufenthaltsberechtigung verfügt, aufgefordert. Der Beschwerdeführer kam dieser Verpflichtung nicht nach. Eine Rückkehr nach Italien war dem Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Aufforderung zur unverzüglich Ausreise am 18.02.2020 möglich.

1.1.3. Am 20.02.2020 wurde seitens der nigerianischen Botschaft in Österreich ein bis 19.02.2025 gültiger nigerianischer Reisepass für den Beschwerdeführer ausgestellt.

1.1.4. Gegen den Beschwerdeführer wurde in weiterer Folge ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 BFA-VG erlassen. Am 26.02.2020 wurde der Beschwerdeführer neuerlich im österreichischen Bundesgebiet angetroffen, durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgenommen und dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Einvernahme vorgeführt.

1.1.5. Mit Mandatsbescheid vom 26.02.2020 ordnete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 AVG über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme an. Der Beschwerdeführer wurde am selben Tag in Schubhaft genommen. Mit Mandatsbescheid vom 27.02.2020 wurde der Schubhaftzweck auf Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und Sicherung der Abschiebung geändert. Der Beschwerdeführer wurde von 26.02.2020 bis 24.03.2020 in Schubhaft angehalten.

1.1.6. Gegen den Beschwerdeführer besteht eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot. Die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria auf dem Luftweg war für 18.03.2020 geplant, musste jedoch aufgrund der Entwicklungen im Zusammenhang mit Covid-19 storniert werden. Die durchführende Fluggesellschaft erklärte sich bereit, den Flug auf Ende Mai 2020 zu verschieben. Mit einer möglichen Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria war auch am 24.03.2020 realistisch zu rechnen.

1.1.7. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

1.1.8. Der Beschwerdeführer ist gesund und war während seiner Anhaltung in Schubhaft haftfähig.

1.2. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr:

1.2.1. Der Beschwerdeführer ist nicht zum Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet berechtigt. Er hielt sich wiederholt über längere Zeiträume illegal in Österreich auf; zuletzt bestand in Bezug auf Italien eine seit 22.03.2019 rechtskräftige Anordnung zur Außerlandesbringung des Beschwerdeführers und war der Beschwerdeführer am 01.04.2019 nach Italien abgeschoben worden. Der Beschwerdeführer kam seiner Verpflichtung zur Ausreise auch nach schriftlicher Aufforderung zur unverzüglichen Ausreise aus dem österreichischen Bundesgebiet am 18.02.2020 nicht nach.

1.2.2. Der Beschwerdeführer verfügt über keinen Wohnsitz in Österreich und kam seiner Meldeverpflichtung im Bundesgebiet nicht nach.

1.2.3. Der Beschwerdeführer reiste zum Zweck der Arbeitsaufnahme nach Österreich. Er finanzierte sich seinen Lebensunterhalt in Österreich durch den illegalen Verkauf von Zeitungen. Der Beschwerdeführer verfügt über keine Möglichkeit, einer legalen Erwerbstätigkeit in Österreich nachzugehen und sich seinen Unterhalt auf legale Weise zu sichern. Er verfügt über kein zur Sicherung seiner Existenz in Österreich ausreichendes Vermögen.

1.2.4. Der Beschwerdeführer ist in Österreich weder beruflich noch sozial verankert. Er hat keine Familienangehörigen in Österreich; in Nigeria leben die Mutter und die Schwestern des Beschwerdeführers.

1.2.5. Der Beschwerdeführer hätte sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie seiner Abschiebung nach Nigeria auf freiem Fuß entzogen.

1.2.6. Der Beschwerdeführer achtet die österreichischen Gesetze und die österreichische Rechtsordnung nicht. Der Beschwerdeführer ist nicht zu einem gesetzeskonformen Verhalten zu bewegen.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Akten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl betreffend eine Sicherungsmaßnahme (1129314101/200221409) und die Durchsetzung und Effektuierung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme (1129314101/200221425) sowie zur Zahl 1129314101/200185496, den Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes, in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister und in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers und den Voraussetzungen der Festnahme sowie der Schubhaft:

2.1.1. Die Identität und die Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers stehen aufgrund des im Verfahren sichergestellten nigerianischen Reisepasses des Beschwerdeführers, ausgestellt von der nigerianischen Botschaft in Österreich am 20.02.2020 und gültig bis 19.02.2025, fest (AS 20). Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder in Österreich Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist, finden sich weder im Verwaltungsakt noch wurde dies vom Beschwerdeführer in seiner Einvernahme am 26.02.2020 oder in der Beschwerde vorgebracht. Dass der Beschwerdeführer über eine Aufenthaltsberechtigung für Italien verfügt, ergibt sich aus der im Verwaltungsakt zu 1129314101/200185496 einliegenden schriftlichen Aufforderung zur unverzüglichen Ausreise gemäß § 52 Abs. 6 FPG, dem in seinem Besitz befindlichen "permesso di soggiorno" (vgl. Effektenverwaltung der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres) und seinen Angaben in der Einvernahme am 26.02.2020 sowie in der Beschwerde (AS 10f zu 1129314101/200221409; Seite 2 der Beschwerdeschrift).

2.1.2. Die Feststellungen zur Einreise des Beschwerdeführers und der Betretung beim Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet sowie der Aufforderung zur unverzüglichen Ausreise ergeben sich ebenso wie die Tatsache, dass der Beschwerdeführer dieser Aufforderung nicht nachkam, aus den Angaben des Beschwerdeführers in seiner Einvernahme am 26.02.2020 (AS 10f zu 1129314101/200221409), dem am 20.02.2020 ausgestellten nigerianischen Reisepass des Beschwerdeführers (AS 20 zu 1129314101/200221409), einer Einsichtnahme in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres und der im Verwaltungsakt zu 1129314101/200185496 einliegenden schriftlichen Aufforderung zur unverzüglichen Ausreise gemäß § 52 Abs. 6 FPG.

Dass dem Beschwerdeführer eine Rückkehr nach Italien im Zeitpunkt der Aufforderung zur unverzüglichen Ausreise am 18.02.2020 möglich war, ergibt sich insbesondere aus einer Einschau in allgemein zugängliche und notorische Medienberichte in Verbindung mit den Angaben des Beschwerdeführers in seiner Einvernahme am 26.02.2020. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass der Beschwerdeführer ausdrücklich mehrmals erklärt hatte, derzeit nicht ausreisen zu wollen, da die ihm gewährte Frist noch nicht abgelaufen sei (AS 11f zu 1129314101/200221409). Dass dem Beschwerdeführer eine Ausreise aus Österreich nicht möglich gewesen wäre und er etwa erfolglos versucht hätte, aus Österreich auszureisen, ist den Angaben des Beschwerdeführers in seiner Einvernahme am 26.02.2020 nicht zu entnehmen. Sofern in der Beschwerde unsubstantiiert behauptet wird, dass am 18.02.2020 Oberitalien bereits coronabedingt gesperrt gewesen wäre und der Beschwerdeführer versucht habe, Geld für ein Flugticket nach (dem damals noch offenen) Rom zu sammeln, ist auszuführen, dass am 23.02.2020 zehn in der Lombardei gelegene Kommunen und eine im Veneto gelegene Kommune abgeriegelt wurden; zu diesem Zeitpunkt waren in Italien 76 Covid-19-Infektionen erfasst. Im Rest Italiens wurden zu diesem Zeitpunkt Schutzmaßnahmen wie die Absage von Sportgroßveranstaltungen ergriffen; die italienischen Außengrenzen blieben jedoch geöffnet (vgl. etwa https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/italien-regierung-will-staedte-abriegeln-um-ausbreitung-von-coronavirus-a-c062891c-5c59-48a1-b8e3-eaf2578d2b9f). Erst am 08.03.2020 wurden die gesamte Lombardei sowie vierzehn weitere Gebiete in Nord- und Mittelitalien abgeriegelt (vgl. etwa https://www.spiegel.de/politik/ausland/coronavirus-italiens-regierung-riegelt-gebiete-im-norden-ab-a-86cc1866-f8c0-4529-8ad6-4bfe92b09991); am 09.03.2020 wurde schließlich die Ausweitung der Sperrmaßnahmen auf ganz Italien sowie die Einschränkung der Reisefreiheit angekündigt, wobei zu diesem Zeitpunkt nach wie vor nicht geplant war, den internationalen Zugverkehr auszusetzen (vgl. etwa https://www.spiegel.de/panorama/italien-weitet-rote-zone-auf-das-ganze-land-aus-a-65c689c7-9a03-4e8c-9d13-78bb59fe2d44; Abfragen jeweils am 04.05.2020). Am 18.02.2020 war dem Beschwerdeführer demnach eine Rückkehr nach Italien ohne Einschränkungen - wie auch kurz zuvor seine Einreise nach Österreich per Zug (AS 10 zu 1129314101/200221409) - jedenfalls möglich. Dass der Beschwerdeführer gezwungen gewesen wäre, in einen "virusverseuchten" Teil Italiens zurückzukehren, wie dies in der Beschwerde behauptet wird, ist vor dem Hintergrund der oben zitierten Berichte nicht ersichtlich.

2.1.3. Die Feststellungen zum Reisepass des Beschwerdeführers ergeben sich aus diesem selbst (AS 20 zu 1129314101/200221409).

2.1.4. Die Feststellungen zum Festnahmeauftrag, der neuerlichen Betretung des Beschwerdeführers beim (unrechtmäßigen) Aufenthalt im Bundesgebiet sowie der Festnahme und Vorführung des Beschwerdeführers vor das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ergeben sich aus einer Einsichtnahme in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres, dem im Verwaltungsakt zu 1129314101/200221425 einliegenden Festnahmeauftrag und der Einvernahme des Beschwerdeführers am 26.02.2020.

2.1.5. Die Feststellungen zum Mandatsbescheid vom 26.02.2020 bzw. vom 27.02.2020 sowie der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft von 26.02.2020 bis 24.03.2020 ergeben sich aus den jeweiligen, dem Verwaltungsakt einliegenden Bescheiden (AS 21ff und 58ff zu 1129314101/200221409), einer Einsichtnahme in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres und der Anordnung zur Entlassung des Beschwerdeführers aus der Schubhaft (AS 123).

2.1.6. Die Feststellungen zum Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie deren Durchsetzbarkeit, der geplanten Abschiebung des Beschwerdeführers bzw. deren Stornierung und Verschiebung ergeben sich aus einer Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister, den Beschwerdeausführungen, dem Aktenvermerk zur Aufrechterhaltung der Schubhaft vom 18.03.2020 (AS 88 zu 1129314101/200221409) und einem E-Mail des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.03.2020 betreffend den nach Nigeria geplanten Charterflug (AS 105f zu 1129314101/200221409).

Dass mit einer möglichen Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria auch am 24.03.2020 realistisch zu rechnen war, ergibt sich insbesondere aus dem Umstand, dass sich die durchführende Fluggesellschaft bei Stornierung des Charterfluges am 18.03.2020 bereit erklärte, den Flug auf Ende Mai 2020 zu verschieben (AS 105f zu 1129314101/200221409). Bereits aus diesem Umstand ist ersichtlich, dass - trotz der aufgrund der Corona-Pandemie gegebenen Verzögerungen bzw. Annullierungen von Flügen im internationalen Flugverkehr - auch am 24.03.2020 die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat (innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft) bestand, zumal eine Abschiebung (wie etwa in der für 18.03.2020 geplanten Form - Joint Return Operation, koordiniert von Frontex, geplante Rückführung von bis zu fünfunddreißig nigerianischen Staatsangehörigen - AS 108 zu 1129314101/200221409) nicht zugleich auch einen aufrechten regulären, touristischen Flugbetrieb voraussetzt. Insofern kann dem Beschwerdevorbringen, wonach der belangten Behörde bereits am 26.02.2020 bekannt gewesen sei, dass es nicht zu einer Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria kommen würde, da Nigeria seitens der WHO am 31.01.2020 als "High Risk Country" eingestuft worden sei und es zu Restriktionen im Flugverkehr gekommen sei, nicht gefolgt werden. Hinsichtlich der Einstufung Nigerias als "High Risk Country" ist darauf hinzuweisen, dass die WHO Covid-19 am 12.03.2020 zur Pandemie erklärt hat (https://healthcare-in-europe.com/de/news/who-erklaert-coronavirus-erkrankung-zur-pandemie.html; Abfrage am 04.05.2020) und es sich dabei definitionsgemäß um eine weltweite Problematik handelt, wobei kein Staat absolute Sicherheit vor dieser Erkrankung bieten kann. Der dreißigjährige Beschwerdeführer ist gesund und gehört damit keiner Risikogruppe von Personen an, welche ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben (https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus---Haeufig-gestellte-Fragen/FAQ--Risikogruppen.html; Abfrage am 04.05.2020). Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer sowie in weiterer Folge seine Abschiebung bzw. Verhängung von Schubhaft jeweils zur Sicherung dieses Zweckes und Anhaltung in Schubhaft bis 24.03.2020 begegnet daher unter dem Gesichtspunkt von Art. 3 EMRK keinen Bedenken.

Lediglich der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer nachweislich schriftlich aufgefordert wurde, unverzüglich auszureisen und ihm nicht, wie von ihm in seiner Einvernahme am 26.02.2020 (AS 11f zu 1129314101/200221409) und in der Beschwerde unsubstantiiert behauptet, eine zweiwöchige Ausreisefrist gesetzt wurde, sodass die Verhängung von Schubhaft auch vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden ist.

2.1.7. Die strafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Einsichtnahme in das Strafregister.

2.1.8. Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer gesund ist, ergibt sich aus seinen Angaben in der Einvernahme am 26.02.2020, wonach er an keiner Krankheit leide (AS 14 zu 1129314101/200221409). Hinweise auf gesundheitliche Beeinträchtigungen lassen sich weder dem Verwaltungsakt noch der Beschwerde entnehmen. Es haben sich auch keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim Beschwerdeführer eine Haftunfähigkeit vorgelegen hätte; eine solche wurde vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet.

2.2. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr:

2.2.1. Dass der Beschwerdeführer nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist, ergibt sich insbesondere aus dem Umstand seiner unrechtmäßigen Einreise ohne gültigen Reisepass. Die Feststellungen zum wiederholten illegalen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich, der rechtskräftigen Anordnung zur Außerlandesbringung des Beschwerdeführers bzw. seiner Abschiebung nach Italien und der Weigerung des Beschwerdeführers, seiner Ausreiseverpflichtung trotz schriftlicher Aufforderung am 18.02.2020 nachzukommen, ergibt sich aus einer Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister und in das Betreuungsinformationssystem sowie aus den Angaben des Beschwerdeführers in seiner Einvernahme am 26.02.2020 (AS 10f zu 1129314101/200221409) und dem Akteninhalt.

2.2.2. Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keinen Wohnsitz verfügt und seiner Meldeverpflichtung im Bundesgebiet nicht nachkam, ergibt sich aus seinen Angaben in der Einvernahme am 26.02.2020 (AS 10 zu 1129314101/200221409) in Verbindung mit einer Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister.

2.2.3. Dass der Beschwerdeführer zum Zweck der Arbeitsaufnahme nach Österreich reiste, sich seinen Lebensunterhalt in Österreich durch den illegalen Verkauf von Zeitungen finanzierte, er über keine Möglichkeit verfügt, einer legalen Erwerbstätigkeit in Österreich nachzugehen bzw. sich seinen Unterhalt auf legale Weise zu sichern und über kein zur Sicherung seiner Existenz in Österreich ausreichendes Vermögen verfügt, ergibt sich aus dem unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich in Verbindung mit seinen eigenen Angaben in der Einvernahme am 26.02.2020 (AS 10f zu 1129314101/200221409); aufgrund seiner Einreise ohne gültiges Reisedokument ist der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich nicht rechtmäßig und verfügt der Beschwerdeführer über keine Möglichkeit der Aufnahme einer legalen Erwerbstätigkeit. Sofern in der Beschwerde vorgebracht wird, dass es sich beim Verkauf von Zeitungen defacto um Betteln handle, ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer ausdrücklich selbst erklärt hat, sich durch den Verkauf von Zeitungen seinen Lebensunterhalt zu finanzieren und seine Tätigkeit insofern auf wirtschaftlichen Erwerb ausgerichtet war.

2.2.4. Die Feststellungen zur fehlenden beruflichen, sozialen und familiären Verankerung des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet sowie zu seinen familiären Anknüpfungspunkten in Nigeria ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme am 26.02.2020 (AS 10f zu 1129314101/200221409). Das Bestehen von Bindungen des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet wurde auch in der Beschwerde nicht behauptet.

2.2.5. Dass sich der Beschwerdeführer dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie seiner Abschiebung nach Nigeria auf freiem Fuß entzogen hätte, ergibt sich bereits aus seiner Ausreiseverweigerung in Bezug auf Italien in Verbindung mit seiner Aussage, dass er seiner Abschiebung nach Nigeria zustimmen würde, wenn er nach zwei Wochen wieder "erwischt" würde und bereits geplant hätte, eine Fahrkarte nach Italien zu kaufen (AS 14 zu 1129314101/200221409) sowie seinem bisherigen Verhalten, insbesondere den wiederholten illegalen Aufenthalten in Österreich über jeweils längere Zeiträume und dem Nachgehen einer unerlaubten Erwerbstätigkeit. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe sich eine Fahrkarte nach Italien kaufen wollen, steht einerseits im Widerspruch zur behaupteten Rückkehrwilligkeit in Bezug auf Nigeria und ist andererseits insofern unglaubhaft, als der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung bis zum 26.02.2020 in keiner Form nachgekommen ist. Der Beschwerdeführer wollte seinen Aufenthalt in Österreich vielmehr zum Zweck der Ausübung einer unerlaubten Erwerbstätigkeit fortsetzen.

2.2.6. Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer die österreichischen Gesetze und die österreichische Rechtsordnung nicht achtet und nicht zu einem gesetzeskonformen Verhalten zu bewegen ist, ergibt sich aus den wiederholten illegalen Aufhalten des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet sowie der Verweigerung der Ausreise aus Österreich trotz diesbezüglicher Aufforderung (siehe bereits oben).

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A) - Spruchpunkt I. - Festnahme am 26.02.2020:

3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht unter anderem über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG (§§ 34 - 47 BFA-VG).

Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat ein Fremder das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2) oder wenn gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3).

Der Verwaltungsgerichtshof subsumierte in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, 2009/21/0214, zu § 82 Abs. 1 FPG aF eine Anhaltung ohne Erlassung eines Schubhaftbescheides ausdrücklich unter § 82 Abs. 1 Z 2 FPG, weil diese Bestimmung nicht nur für Beschwerden gegen die Anhaltung in Schubhaft, "sondern für jede Beschwerde, die sich gegen eine auf das FPG gestützte Anhaltung richtet", zur Verfügung stand. Gleiches hat auch für die Anfechtungsbefugnis gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG zu gelten, der ausweislich der Erläuterungen (RV 2144 BlgNR 24. GP) § 82 Abs. 1 FPG aF entspricht (vgl. Szymansiki, § 22a BFA-VG Anm. 1, in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht, 2014).

Der Beschwerdeführer wurde am 26.02.2020 auf Basis eines Festnahmeauftrags gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 BFA-VG durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgenommen, am selben Tag dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgeführt und einvernommen; im Anschluss wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft angeordnet und der Beschwerdeführer in Schubhaft genommen. Es besteht daher kein Zweifel, dass die Sicherheitsorgane mit der Anhaltung des Beschwerdeführers entsprechend den Aufträgen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gehandelt haben (VwGH 03.09.2015, Ro 2015/21/0025).

Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind nach § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen, gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 34 BFA-VG) besteht.

Gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 BFA-VG kann das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Festnahme eines Fremden anordnen (Festnahmeauftrag), wenn dieser sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstücks des FPG fällt.

Die gesonderte Anfechtung eines Festnahmeauftrages kommt jedenfalls nach vollzogener Festnahme schon zur Vermeidung von Doppelgleisigkeiten nicht in Betracht (VwGH 03.09.2015, Ro 2015/21/0025); bei der Überprüfung der Festnahme ist allerdings zu prüfen, ob die Festnahme rechtswidrig war, weil der zugrundeliegende Festnahmeauftrag nicht hätte ergehen dürfen oder weil er jedenfalls vor seinem Vollzug zu widerrufen gewesen wäre (VwGH 25.10.2012, 2010/21/0378).

Nach Art. 5 Abs. 1 EMRK hat jedermann ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf einem Menschen nur in den Fällen des Art. 5 Abs. 1 lit. a bis f EMRK. und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden.

Art. 1 PersFrBVG gewährleistet dieses Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) ebenfalls. Nach Art. 1 Abs. 2 PersFrBVG darf niemand aus anderen als den in diesem BVG genannten Gründen oder auf andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden. Der Entzug der persönlichen Freiheit darf nach Art. 1 Abs. 3 PersFrBVG nur vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist. Er ist nur zulässig, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht. Nach Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG darf die persönliche Freiheit einem Menschen auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden, wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern.

3.1.2. Der Beschwerdeführer hielt sich infolge seiner Einreise ohne gültigen Reisepass unrechtmäßig im Bundesgebiet auf (§ 31 Abs. 1 Z 1 FPG). Der Beschwerdeführer reiste spätestens am 18.02.2020 in das Bundesgebiet ein, der genaue Zeitpunkt seiner Einreise ist jedoch nicht feststellbar und verfügte der Beschwerdeführer über kein gültiges Reisedokument; § 45 FPG war insofern nicht anwendbar und fiel der Beschwerdeführer auch sonst nicht in das 6. Hauptstück des FPG.

Da sohin die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung eines Festnahmeauftrages gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 BFA-VG vorlagen, war auch die auf diesem basierende Festnahme des Beschwerdeführers rechtmäßig. Im Übrigen wäre den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, wie aus obigen Ausführungen ersichtlich, auch eine Festnahme des Beschwerdeführers aus Eigenem gemäß § 40 Abs. 1 Z 3 BFA-VG möglich gewesen.

Da auch den Beschwerdeausführungen kein Grund zu entnehmen ist, weshalb die Festnahme des Beschwerdeführers nicht rechtmäßig gewesen sein sollte, ist die Beschwerde gegen die Festnahme des Beschwerdeführers im Ergebnis als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchteil A) - Spruchpunkt II. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft von 26.02.2020 bis 24.03.2020:

3.2.1. Gesetzliche Grundlagen:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c.es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

§ 77 FPG - Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

3.2.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, 2008/21/0647; 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, 2005/21/0301; 23.09.2010, 2009/21/0280).

"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, 2013/21/0008).

"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, 2007/21/0512 und 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).

3.2.3. Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft, er ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und in Österreich weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft über den Beschwerdeführer grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - möglich ist. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung bestimmter Verfahren oder der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.

3.2.4. Im vorliegenden Fall wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.02.2020 Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet; mit Mandatsbescheid vom 27.02.2020 wurde der Schubhaftzweck auf Sicherung der Abschiebung erweitert.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führte im angefochtenen Bescheid vom 26.02.2020 begründend insbesondere aus, dass der Beschwerdeführer sich wiederholt unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe und Beschäftigungen nachgegangen sei, denen er mangels Aufenthaltsrecht nicht hätte nachgehen dürfen, seiner Verpflichtung zur unverzüglichen Ausreise aus dem Bundesgebiet nicht nachgekommen sei, weder über eine gesicherte Unterkunft noch über einen legalen Weg, an finanzielle Mittel zu gelangen, verfüge, und keine sozialen, familiären oder beruflichen Bindungen in Österreich habe.

Im vorliegenden Fall geht das Gericht ebenfalls von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus.

Der Beschwerdeführer umging seine Rückkehr nach Italien trotz Aufforderung zur unverzüglichen Ausreise und verblieb stattdessen unrechtmäßig im Bundesgebiet, wo er mangels aufrechter Meldung oder sonstiger Verfügbarkeit für die Behörden nicht greifbar war. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hielt diesbezüglich zutreffend fest, dass der Beschwerdeführer in regelmäßigen Abständen zwischen Italien und Österreich hin und her pendle und nicht freiwillig nach Italien zurückgekehrt sei, obwohl eine diesbezügliche Verpflichtung bestanden hätte. Gegen den Beschwerdeführer besteht überdies eine seit 22.03.2019 rechtskräftige Anordnung zur Außerlandesbringung nach Italien und wurde der Beschwerdeführer am 01.04.2019 nach Italien abgeschoben; die Anordnung zur Außerlandesbringung war im Zeitpunkt der Einreise des Beschwerdeführers nach Österreich spätestens am 18.02.2020 sohin jedenfalls noch aufrecht (§ 61 Abs. 2 FPG).

Bei der Beurteilung der Fluchtgefahr ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG auch der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen. Wie bereits oben näher dargelegt, verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Bindungen in Österreich; ein nennenswertes soziales Netz liegt ebenfalls nicht vor. Der Beschwerdeführer geht zudem in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt nicht über ausreichende finanzielle Mittel zur Sicherung seiner Existenz. Es liegen daher in einer Gesamtbetrachtung keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beschwerdeführer aufgrund einer familiären, sozialen und beruflichen Verankerung in Österreich einen so verfestigten Aufenthalt hat, um sich seiner Abschiebung nicht zu entziehen; solches wird in der Beschwerde auch nicht dargetan.

Zutreffend wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unter Zitierung von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch darauf hin, dass der Beschwerdeführer in Österreich einer unrechtmäßigen Erwerbstätigkeit nachgehe und unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses an der Verhinderung von Schwarzarbeit die Notwendigkeit der Schubhaft im Hinblick auf die Sicherung eines voraussichtlich zu verhängenden Aufenhaltsverbotes (im Fall des Beschwerdeführers: Einreiseverbotes) rechtfertige.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist daher zu Recht vom Vorliegen einer Fluchtgefahr insbesondere aufgrund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z 1 und Z 3 FPG sowie unter Berücksichtigung des § 76 Abs. 3 Z 9 FPG ausgegangen.

Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers vor Anordnung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen, welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten und die Tatsache, dass der Beschwerdeführer in Österreich weder sozial oder familiär noch beruflich verankert ist, als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben haben, da im Fall des Beschwerdeführers ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben war.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich seinen Meldeverpflichtungen nicht nachgekommen. Er verfügt in Österreich nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung, keinen gesicherten Wohnsitz und ist beruflich nicht verankert. Der Beschwerdeführer hat in Österreich unrechtmäßig Zeitungen verkauft, hielt sich wiederholt illegal im Bundesgebiet auf und kam seiner Ausreiseverpflichtung trotz ausdrücklicher Aufforderung zur unverzüglichen Ausreise aus Österreich nicht nach. Wie beweiswürdigend dargelegt, hätte sich der Beschwerdeführer dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie seiner Abschiebung nach Nigeria auf freiem Fuß entzogen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist daher im Ergebnis zu Recht vom Bestehen sowohl eines Sicherungsbedarfes als auch von Fluchtgefahr ausgegangen.

3.2.5. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei ist das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Der Beschwerdeführer reiste wiederholt illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und hielt sich hier unrechtmäßig auf; er achtet somit österreichischen Gesetze und die österreichische Rechtsordnung nicht. Der Beschwerdeführer ist weder seiner Ausreiseverpflichtung aus Österreich noch seiner Meldeverpflichtung in Österreich nachgekommen; er ist nicht zu einem gesetzeskonformen Verhalten zu bewegen. Wie oben näher dargelegt, ist der Beschwerdeführer in Österreich weder beruflich noch sozial oder familiär verankert und verfügt nicht über ausreichende eigene Mittel zu Existenzsicherung. Der Beschwerdeführer befand sich von 26.02.2020 bis 24.03.2020 in Schubhaft; das Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme wurde zügig geführt und die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria wurde zeitnahe für 18.03.2020 bzw. Ende Mai 2020 geplant.

Insgesamt kommt den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an der Sicherung seiner Aufenthaltsbeendigung. Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt und auch der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers der Anhaltung in Schubhaft nicht entgegenstand.

3.2.6. Die Prüfung, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt, führt zu dem Ergebnis, dass ein gelinderes Mittel zu Recht nicht zur Anwendung kam.

Aufgrund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gesetzten Verhaltens sowie seiner fehlenden Verankerung im Bundesgebiet konnte ein gelinderes Mittel nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen. Es war somit in einer Gesamtbetrachtung nicht zu erwarten, dass der Beschwerdeführer bei Entlassung aus der Schubhaft seinen fremdenrechtlichen Verpflichtungen nachgekommen bzw. in Freiheit belassen seine Abschiebung abgewartet hätte, sondern Handlungen gesetzt hätte, um seinen Aufenthalt in Österreich fortzusetzen.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels wurde daher zu Recht ausgeschlossen.

3.2.7. Die hier zu prüfende Schubhaft stellte eine "ultima ratio" dar, da sowohl ein Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorlagen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt hätte. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, das Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

Die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.02.2020 sowie gegen die Anhaltung in Schubhaft von 26.02.2020 bis 24.03.2020 ist daher als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zu Spruchteil A) - Spruchpunkt III. - Kostenersatz:

3.3.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG siehe VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

3.3.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

3.3.3. Im gegenständlichen Verfahren wurde gegen die Festnahme am 26.02.2020, den im Spruch genannten Schubhaftbescheid und gegen die Anhaltung in Schubhaft Beschwerde erhoben. Sowohl der Beschwerdeführer als auch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl haben einen Antrag auf Kostenersatz entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen gestellt.

Die belangte Behörde ist aufgrund der Abweisung der Beschwerde obsiegende Partei, weshalb sie Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang hat. Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei kein Kostenersatz.

Dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gebührt daher gemäß § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG iVm § 1 Z 4 VwG-AufwErsV Kostenersatz in der Höhe von EUR 368,80 für den Schriftsatzaufwand und gemäß § 1 Z 3 VwG-AufwErsV Kostenersatz in der Höhe von EUR 57,40 für den Vorlageaufwand, sohin insgesamt EUR 426,20.

3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entg

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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