TE Bvwg Beschluss 2019/9/24 W109 1426959-4

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Veröffentlicht am 24.09.2019
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Entscheidungsdatum

24.09.2019

Norm

AsylG 2005 §9 Abs2
BFA-VG §16
BFA-VG §17
BFA-VG §17 Abs1 Z1
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W109 1426959-4/3Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. BÜCHELE im Verfahren über die Beschwerde von XXXX , alias XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch Verein für Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.06.2019, Zl. XXXX :

A) I. Der Beschwerde wird gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die

aufschiebende Wirkung zuerkannt.

II. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird gemäß §§ 16, 17 BFA-VG zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Am 15.12.2011 stellte der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen, nach Einreise unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Republik Österreich im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

Nach Durchführung eines Verfahrens wurde dieser Antrag mit Bescheid des damaligen Bundesasylamtes vom 08.05.2012 Zl. XXXX bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen und dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

Die vom Beschwerdeführer dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des damaligen Asylgerichtshofes vom 19.10.2012 Zl. C7 426959-1/2012/4E gemäß § 3 AsylG 2005 abgewiesen.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 29.05.2013 Zl. 5 Hv 40/13v rechtskräftig wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 und Abs. 2 StGB, sowie des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1 StGB verurteilt.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 05.02.2014 Zl. 7 Hv 152/13/d rechtskräftig wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB verurteilt.

Weiters wurde der Beschwerdeführer vom Bezirksgericht Graz-Ost mit Urteil vom 05.02.2016, GZ: 214 U 32/15v rechtskräftig wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach dem § 27 Abs. 1 Z 1, 1., 2., und 8. Fall und Abs. 2 SMG, des Vergehens der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB verurteilt.

Mit Bescheid des nunmehrigen Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 08.07.2016 wurde dem Beschwerdeführer der ihm mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.05.2012. Zl. XXXX zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und ihm die mit vorgenannten Bescheid erteilte befristetet Aufenthaltsberechtigten als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt II.). Mit Spruchpunkt III. wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 i.V.m. § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen, sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist. Mit Spruchpunkt IV. wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 55 Abs. 1-3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen ab der Entlassung aus der Justizanstalt Jakomini eingeräumt.

Begründet wurde diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer vom Landesgericht Graz zweimal wegen eines Verbrechens nach § 17 StGB rechtskräftig verurteilt worden sei und der Beschwerdeführer deshalb den Tatbestand gemäß § 9 Abs. 2 Z 2 und Z 3 AsylG 2005 erfüllt habe. Die individuelle Situation des Beschwerdeführers habe sich im Fall einer Rückkehr in sein Heimatland inzwischen geändert. Eine Rückkehrgefährdung im Sinne des § 8 AsylG liege im Fall des Beschwerdeführers nicht mehr vor. Der Beschwerdeführer sei volljährig, gesund, im erwerbsfähigen Alter und arbeitsfähig. Die Sicherheitslage in Kabul habe sich wesentlich gebessert.

Die vom Beschwerdeführer dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.08.2017, W138 426959-3/11E mit der Maßgabe hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. gemäß § 9 Abs. 2 Z 3 und Abs. 4 AsylG 2005 abgewiesen, dass Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wie folgt zu lauten habe:

"Der Ihnen mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.05.2012, Zl: XXXX zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten wird Ihnen gemäß § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 idgF. von Amts wegen aberkannt.

Gemäß § 9 Abs. 2 2. Unterabsatz AsylG 2005 wird festgestellt, dass Ihre Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Afghanistan unzulässig ist."

Mit Spruchpunkt II. wurden in Erledigung der Beschwerde die angefochtenen Spruchpunkte III. und IV. des Bescheides ersatzlos behoben.

Am 08.08.2017 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 15 StGB i.V.m. § 87 Abs. 1 StGB vom LG für Strafsachen in Graz abermals zu einer Freiheitsstrafe (zwei Jahre, junger Erwachsener) verurteilt.

Vom 22.01.2017 bis 26.04.2019 verbüßte der Beschwerdeführer eine Haftstrafe in der Justizanstalt Graz-Jakomini.

Am 07.05.2019 stellte der Beschwerdeführer beim BFA einen Antrag auf Verlängerung des subsidiären Schutzes. Dieser Gründe seien weiter gegeben. Er wurde dazu am 29.05.2019 und am 05.07.2019 von einer Vertreterin des BFA einvernommen.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 22.08.2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung vom 07.05.2019 gemäß § 8 Abs. 4 AsylG als unzulässig zurück (Spruchpunkt I.) und gemäß § 46a Abs. 5 Z 5 FPG wurde ihm die für ihn ausgestellte Karte für Geduldete entzogen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 52 Abs. 5 FPG i.V.m. § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 446 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein befristetes Einreiseverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt VII.). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Am 06.09.2019 langte die vollumfängliche Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den oben dargestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl bei der belangten Behörde ein. Beantragt wurde auch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Bei der vorgebrachten Konversion handle es sich um eine neue Tatsache und nicht um dieselben Fluchtgründe wie bei der ersten Asylantragstellung. Die Konversion sei glaubhaft und die Beweiswürdigung der belangten Behörde mangelhaft. Die Konversion sei auch asylrelevant, wozu aus Länderberichten zum Herkunftsstaat zitiert wird.

3. Die Beschwerdevorlage langte am 16.09.2019 am Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Zur Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt I.):

Nach § 16 Abs. 2 Z 1 BFA-VG kommt einer Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und diese mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist, die aufschiebende Wirkung nicht zu, es sei denn, sie wird vom Bundesverwaltungsgericht zuerkannt.

Gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gegenständlich hat der Beschwerdeführer vorgebracht, eine innerstaatliche Fluchtalternative stehe dem Beschwerdeführer nicht offen; er sei in seiner Heimat weiter gefährdet. Die Sicherheitslage in Afghanistan habe sich nach dem Bericht des UNHCR vom 30.08.2018 verschlechtert; auch eine Rückkehr nach Kabul sei nicht möglich. Auch sei der Beschwerdeführer inzwischen Vater eines in Österreich lebenden Kindes. Seine Rechte nach Art. 8 EMRK seien durch seine Ausweisung ebenfalls verletzt. Im Zuge einer Grobprüfung kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass dem Beschwerdeführer im Rückkehrfall Misshandlungen oder der Tod drohen, was eine Verletzung von Art. 2, 3 oder ZP Nr. 6 oder Nr. 13 EMRK bedeuten würde. Daher war gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 BFA-VG spruchgemäß die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

2. Zur Zurückweisung des Antrages, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen (Spruchpunkt II.):

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sehen die Bestimmungen des § 16 Abs. 2 und Abs. 4 sowie des § 17 BFA-VG ein Antragsrecht des Asylwerbers auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht vor. Die gerichtliche Überprüfung hat vielmehr von Amts wegen stattzufinden (VwGH 24.10.2018, Ra 2018/14/0133).

Über einen trotzdem gestellten aber somit unzulässigen Antrag hat das Verwaltungsgericht zumindest bis zur Erlassung seiner Entscheidung in der Hauptsache - in Form einer Zurückweisung - zu entscheiden, wobei dafür die Entscheidungsfrist von sechs Monaten nach § 34 Abs. 1 VwGVG zur Verfügung steht (VwGH 21.02.2017, Fr 2016/18/0024).

Eine Verletzung der Entscheidungsfrist in Fällen, in denen trotz des Vorliegens der Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 BFA-VG keine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung innerhalb der einwöchigen Frist erfolgt, kann vom Asylwerber allerdings - geboten durch die drohende Verletzung insbesondere seiner durch die Art. 2, 3 und 8 EMRK verfassungsgesetzlich geschützten Rechte - mittels Fristsetzungsantrags geltend gemacht werden (VwGH 21.02.2017, Fr 2016/18/0024).

Nach der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes war der Antrag des Beschwerdeführers, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, daher spruchgemäß zurückzuweisen.

3. Zur Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG abhängt.

Das Bundesverwaltungsgericht folgt bei seiner Beurteilung, ob der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen ist dem klaren Wortlaut des § 17 Abs. 1 BFA-VG. Dass dem Beschwerdeführer ein Antragsrecht auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht zukommt ist in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eindeutig geklärt (VwGH 24.10.2018, Ra 2018/14/0133). Ebenso klar ergibt sich aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass ein dennoch gestellter Antrag zurückzuweisen ist (VwGH 21.02.2017, Fr 2016/18/0024).

Schlagworte

Antragsrecht, aufschiebende Wirkung, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W109.1426959.4.00

Zuletzt aktualisiert am

18.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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