TE Vwgh Erkenntnis 2020/4/14 Ro 2016/08/0010

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Veröffentlicht am 14.04.2020
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Index

21/03 GesmbH-Recht
62 Arbeitsmarktverwaltung
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze

Norm

AlVG 1977 §24 Abs2
GmbHG §18 Abs5
GmbHG §18 Abs6
GmbHG §25 Abs4

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ro 2016/08/0011

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätin Dr. Julcher sowie die Hofräte Mag. Berger und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima LL.M., über die Revisionen des M H in W, vertreten durch Dr. Stefan Joachimsthaler, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Kandlgasse 32/10, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Oktober 2015, 1. W216 2012185- 1/4E (hg. Ro 2016/08/0011), betreffend Widerruf der Zuerkennung von Bildungsteilzeitgeld, und 2. W216 2012185-2/4E (hg. Ro 2016/08/0010), betreffend Abweisung eines Antrags auf Bildungsteilzeitgeld (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Arbeitsmarktservice Wien Schönbrunner Straße), zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Erkenntnisse werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 2.212,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Unstrittig ist, dass der Revisionswerber einziger und alleinvertretungsbefugter handelsrechtlicher Geschäftsführer der

K C Gesellschaft m.b.H. (im Folgenden nur: GmbH) ist. Er ist zudem bei der GmbH (als Geschäftsführer) angestellt. Ferner ist er an der GmbH mit 20 % der Geschäftsanteile beteiligt, die weiteren Anteile werden von seiner Tochter gehalten. Für die GmbH besteht kein Aufsichtsrat, auch ein Prokurist ist nicht bestellt.

2.1. Am 1. Juli 2013 stellte der Revisionswerber beim (zunächst das Verfahren führenden) Arbeitsmarktservice Bruck/Mur einen Antrag auf Bildungsteilzeitgeld gemäß § 26a AlVG. Er berief sich dabei auf die zwischen der GmbH (als Dienstgeberin) und ihm (als Dienstnehmer) zur Durchführung eines Doktoratsstudiums für den Zeitraum vom 1. Juli 2013 bis zum 30. Juni 2015 (unter Herabsetzung der in den letzten sechs Monaten geltenden wöchentlichen Normalarbeitszeit von 40 Stunden auf künftig 20 Stunden) vereinbarte Bildungsteilzeit gemäß § 11a AVRAG. Er legte auch eine diesbezügliche (von ihm als Geschäftsführer ausgestellte) schriftliche "Bescheinigung" der GmbH vom 28. Juni 2013 vor.

Das Arbeitsmarktservice Bruck/Mur erachtete die Anspruchsvoraussetzungen (zunächst) als erfüllt und zahlte das Bildungsteilzeitgeld ab dem 1. Juli 2013 aus.

2.2. Im Februar 2014 erlangte das Arbeitsmarktservice Bruck/Mur durch eine Hauptverbandsmeldung davon Kenntnis, dass der Revisionswerber seit dem 20. Dezember 2013 Krankengeld beziehe und ihm daher ab diesem Zeitpunkt kein Bildungsteilzeitgeld zustehe.

Das Arbeitsmarktservice Bruck/Mur stellte daraufhin den Leistungsbezug ab dem 1. Februar 2014 ein. Weiters sprach es mit Bescheid vom 14. März 2014 den Widerruf der Zuerkennung des Bildungsteilzeitgelds für den Zeitraum vom 20. Dezember 2013 bis zum 31. Jänner 2014 aus und verpflichtete den Revisionswerber zur Rückzahlung des betreffenden Betrags. Dieser Bescheid erwuchs unbekämpft in Rechtskraft, der Revisionswerber zahlte den Betrag zurück.

2.3. Aus gegebenem Anlass führte das Arbeitsmarktservice Bruck/Mur eine (nochmalige) Prüfung der Anspruchsberechtigung des Revisionswerbers durch. Im Zuge dessen legte dieser auch den Gesellschaftsvertrag vor.

Weiters gab das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz eine interne Stellungnahme ab, der zufolge in der gegebenen Konstellation zwar eine Bildungsteilzeit vereinbart werden könnte. Unklar sei jedoch insbesondere, mit wem ein Alleingeschäftsführer eine solche Vereinbarung abschließen könnte. Fallbezogen sei (eher) der Schluss zu ziehen, dass die Inanspruchnahme von Bildungsteilzeitgeld mangels einer rechtsgültigen Bildungsteilzeitvereinbarung nicht möglich sei.

2.4. Am 1. April 2014 stellte der Revisionswerber (nach Beendigung seines bis März 2014 dauernden Krankenstands und Krankengeldbezugs) bei der belangten Behörde einen (Folge)Antrag auf Bildungsteilzeitgeld gemäß § 26a AlVG.

3.1. Mit Bescheid vom 19. Mai 2014 sprach die belangte Behörde gemäß den §§ 26a Abs. 5 iVm. 26 Abs. 7, 24 Abs. 2 AlVG aus, dass die Zuerkennung von Bildungsteilzeitgeld für den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 19. Dezember 2013 widerrufen werde. Sie führte dazu aus, die Inanspruchnahme von Bildungsteilzeitgeld sei - im Hinblick darauf, dass der Revisionswerber alleinvertretungsbefugter geschäftsführender Gesellschafter der GmbH sei - in Ermangelung einer rechtsgültigen Bildungsteilzeitvereinbarung nicht möglich.

Mit weiterem Bescheid vom 19. Mai 2014 wies die belangte Behörde auch den Antrag vom 1. April 2014 gemäß § 26a Abs. 1 und 5 AlVG ab, wobei sie begründend im Wesentlichen ausführte wie im vorgenannten Bescheid.

3.2. Der Revisionswerber erhob gegen beide Bescheide Beschwerde und brachte - soweit hier von Bedeutung - vor, eine rechtsgültige Bildungsteilzeitvereinbarung gemäß § 11a AVRAG liege vor, die Voraussetzungen für den Bezug von Bildungsteilzeitgeld seien daher erfüllt. In-sich-Geschäfte - wie hier zwischen der GmbH und einem alleinvertretungsbefugten Geschäftsführer ohne wesentliche Beteiligung - seien nach dem GmbHG zulässig. Dies insbesondere, wenn keine Interessenkollision bestehe und der Abschlusswille derart geäußert werde, dass die Erklärung unzweifelhaft feststehe und nicht unkontrollierbar zurückgenommen werden könne. Die Geschäfte müssten also einer besonderen Sorgfalt unterzogen werden, was hier der Fall sei, zumal die Bildungsteilzeitvereinbarung als Ergänzung zum Geschäftsführervertrag auch von den Gesellschaftern der GmbH bewilligt bzw. genehmigt worden sei.

3.3. Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 30. Juli 2014 wies die belangte Behörde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen die Bescheide vom 19. Mai 2014 als unbegründet ab.

Die belangte Behörde ging im Wesentlichen von dem oben (Punkt 1.) wiedergegebenen unstrittigen Sachverhalt aus.

Rechtlich folgerte die belangte Behörde, der Revisionswerber habe die Bildungsteilzeit als Alleingeschäftsführer der GmbH (seiner Dienstgeberin) mit sich selbst (als Dienstnehmer) vereinbart. § 25 Abs. 4 GmbHG verbiete einem Geschäftsführer grundsätzlich den Abschluss von In-sich-Geschäften. Ein angestellter Alleingeschäftsführer könne daher eine Bildungsteilzeit nach § 11a AVRAG nicht mit sich selbst vereinbaren, es bedürfe vielmehr einer anderen befugten Person (etwa eines Prokuristen) auf Seiten der Gesellschaft. Vorliegend sei eine solche Person nicht eingeschritten und daher eine Bildungsteilzeit nicht wirksam vereinbart worden. Folglich sei die Inanspruchnahme von Bildungsteilzeitgeld mangels einer rechtsgültigen Bildungsteilzeitvereinbarung nicht möglich.

Soweit sich der Revisionswerber ferner durch den Widerruf der Zuerkennung des Bildungsteilzeitgeldes in seiner Rechtssicherheit beeinträchtigt erachte, sei auf § 24 Abs. 2 AlVG hinzuweisen, wonach die fehlerhafte auf einem Versehen der Behörde beruhende Zuerkennung von Leistungen (rückwirkend) widerrufen werden könne.

3.4. Der Revisionswerber beantragte, die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.

4.1. Mit den nunmehr angefochtenen Erkenntnissen wies das Verwaltungsgericht - in Bestätigung der Beschwerdevorentscheidungen - die Beschwerde als unbegründet ab. Es führte dazu im Wesentlichen aus wie die belangte Behörde in den Beschwerdevorentscheidungen.

4.2. Das Verwaltungsgericht sprach ferner aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Die Frage, ob ein alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer einer GmbH mit sich selbst eine Bildungsteilzeit wirksam vereinbaren könne, stelle eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar, zu der noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs vorliege.

5.1. Gegen diese Erkenntnisse wenden sich die Revisionen, in denen Rechtswidrigkeit des Inhalts bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Der Revisionswerber führt zum Vorliegen einer Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG einerseits aus wie das Verwaltungsgericht in der Zulassungsbegründung. Andererseits macht er geltend, das Verwaltungsgericht weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (Hinweis auf VwGH 4.8.2004, 2004/08/0074) zur Zulässigkeit eines Widerrufs nach § 24 Abs. 2 AlVG ab.

5.2. Die belangte Behörde beantragt in den Revisionsbeantwortungen die Abweisung der Revisionen.

6. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revisionen auf Grund ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und dazu erwogen:

Die Revisionen sind aus dem vom Revisionswerber erstgenannten Grund zulässig und auch berechtigt (vgl. die nachfolgenden Punkte 7. und 8.; in Ansehung des zweitgenannten Grundes vgl. den nachfolgenden Punkt 9.).

7.1. Gemäß § 25 Abs. 4 GmbHG haftet ein Geschäftsführer der GmbH für den Schaden aus einem Rechtsgeschäft, das er mit ihr im eigenen oder fremden Namen abgeschlossen hat, ohne vorher die Zustimmung des Aufsichtsrats oder - sofern ein solcher nicht besteht - aller übrigen Geschäftsführer erwirkt zu haben.

7.2. Wie der Oberste Gerichtshof - auch mit Blick auf die soeben genannte Bestimmung - in ständiger Rechtsprechung vertritt, sind In-sich-Geschäfte, die ein Geschäftsführer entweder im eigenen und im fremden Namen zwischen sich selbst und der GmbH (Selbstkontrahieren) oder als Doppel- bzw. Mehrfachvertreter der GmbH und eines Dritten bzw. mehrerer Dritter abschließt (Doppel- oder Mehrfachvertretung; vgl. OGH RIS-Justiz RS0019621), grundsätzlich unzulässig und unwirksam (vgl. OGH RIS-Justiz RS0049076 (T5, T6); RS0028072 (T7 f; T10 f)). Anderes gilt für Ein-Personen-Gesellschaften (siehe dazu § 18 Abs. 5 und 6 GmbHG; vgl. auch Feltl/Told in Gruber/Harrer (Hrsg), GmbHG2 § 25 Rz 118), auf die hier jedoch - da eine solche Konstellation nicht vorliegt -

nicht weiter einzugehen ist.

7.3. In-sich-Geschäfte sind (ausnahmsweise) dann zulässig und wirksam, wenn keine Interessenkollision droht und zusätzlich der Abschlusswille derart geäußert wird, dass die Erklärung unzweifelhaft feststeht und nicht unkontrollierbar zurückgenommen werden kann (vgl. OGH RIS-Justiz RS0108252).

Eine Interessenkollision ist nicht erst dann anzunehmen, wenn durch das In-sich-Geschäft die Interessen des Vertretenen tatsächlich verletzt wurden, vielmehr reicht es aus, dass eine Verletzung auch nur wahrscheinlich ist. Es genügt die Gefahr, dass die Interessen durch das Eigeninteresse des Selbstkontrahierenden verkürzt werden könnten (vgl. OGH RIS-Justiz RS0019639, auch (T3); RS0108252). Droht eine solche Interessenkollision, so handelt der Machthaber bei Selbstkontrahieren bzw. Doppelvertretung ohne Vertretungsmacht (vgl. OGH RIS-Justiz RS0019684 (T1, T3)).

Wie schon gesagt, muss zusätzlich der Abschlusswille derart geäußert werden, dass die Erklärung unzweifelhaft feststeht und nicht unkontrollierbar zurückgenommen werden kann. Es ist daher ein entsprechender Manifestationsakt erforderlich, der insbesondere in einer Protokollierung oder anderweitigen schriftlichen Beurkundung bestehen kann (vgl. Feltl/Told aaO § 25 Rz 116, mwN; OGH 3.7.1985, 3 Ob 51/85).

7.4. Ein In-sich-Geschäft ist jedenfalls auch dann rechtswirksam, wenn die vertretene Gesellschaft dem Geschäft vorher zugestimmt oder es nachträglich - allenfalls auch stillschweigend - genehmigt hat (vgl. OGH RIS-Justiz RS0019350; RS0028129; RS0017918).

Die Einwilligung seitens der GmbH gilt nach § 25 Abs. 4 GmbHG als erteilt, wenn der Aufsichtsrat oder alle übrigen Geschäftsführer dem Geschäft zustimmen. Ist nur ein einziger Geschäftsführer bestellt und kein Aufsichtsrat vorhanden, so müssen die Gesellschafter selbst die Einwilligung erteilen. Die Einhaltung der für das Zustandekommen von Gesellschaftsbeschlüssen bestehenden Formvorschriften ist dabei nicht erforderlich (vgl. OGH RIS-Justiz RS0059477, RS0059772). Dem betreffenden Vertreter kommt in einer Abstimmung kein Stimmrecht zu (§ 39 Abs. 4 GmbHG).

8.1. Vorliegend ergibt sich - bei Anwendung der soeben dargelegten Grundsätze -, dass die Bildungsteilzeitvereinbarung des Revisionswerbers mit der GmbH (unstrittig) ein In-sich-Geschäft ist, wurde doch die Vereinbarung vom Revisionswerber als einzigem und alleinvertretungsbefugten Geschäftsführer durch Selbstkontrahieren im eigenen und im fremden Namen zwischen sich selbst und der GmbH abgeschlossen.

Ein derartiges Geschäft ist nach der aufgezeigten Rechtsprechung grundsätzlich unzulässig und unwirksam, es sei denn, es wäre ausnahmsweise von seiner Wirksamkeit auszugehen.

8.2. Eine Ausnahme wäre - nach der oben dargestellten Judikatur - dann gegeben, wenn keine Interessenkollision drohte und wenn überdies die Erklärung des Abschlusswillens unzweifelhaft feststünde und nicht unkontrollierbar zurückgenommen werden könnte.

Gegenständlich ist zwar die zweitgenannte Voraussetzung erfüllt, zumal eine entsprechende Manifestation der getroffenen Bildungsteilzeitvereinbarung durch die schriftliche "Bescheinigung" vom 28. Juni 2013, die auch in die Verwaltungsakten Eingang gefunden hat, erfolgt ist. Damit steht der erklärte Abschlusswillen unzweifelhaft fest und kommt auch eine unkontrollierbare Zurücknahme nicht mehr in Betracht.

Was die erstgenannte Voraussetzung betrifft, so ist allerdings eine drohende Interessenkollision fallbezogen nicht von der Hand zu weisen, könnte doch die Bildungsteilzeitvereinbarung zu einer Verkürzung der Interessen der GmbH durch das Eigeninteresse des Revisionswerbers führen. Dies zeigt sich insbesondere darin, dass die Bildungsteilzeit mit einer Herabsetzung der wöchentlichen Normalarbeitszeit des Revisionswerbers (von bisher 40 Stunden auf künftig 20 Stunden) verbunden sein soll. In der Halbierung der bisherigen Arbeitsleistung ist freilich - auch in Ermangelung sonstiger Beschäftigter, die den Leistungsausfall kompensieren könnten - jedenfalls eine drohende Gefährdung der Interessen der GmbH zu erblicken.

8.3. Ein In-sich-Geschäft wäre - im Sinn der oben dargestellten Rechtsprechung - aber auch dann wirksam, wenn eine Zustimmung oder nachträgliche Genehmigung durch die vom Revisionswerber vertretene GmbH erfolgt wäre.

Vorliegend käme eine solche Einwilligung - zumal kein Aufsichtsrat bestellt ist und der Revisionswerber einziger Geschäftsführer ist - nur durch die Gesellschafter selbst in Betracht. Da der Revisionswerber bei einer solchen Abstimmung kein Stimmrecht hätte, könnte eine Einwilligung ausschließlich durch die einzige Mitgesellschafterin (Tochter des Revisionswerbers) erfolgen.

Gegenständlich behauptete der Revisionswerber zwar in der Beschwerde, die Bildungsteilzeitvereinbarung sei als Ergänzung zum Geschäftsführervertrag von den Gesellschaftern der GmbH "bewilligt" bzw. "genehmigt" worden. Er erstattete dazu jedoch kein näheres Vorbringen und legte auch keine bezughabenden Beweise vor. Das Verwaltungsgericht führte (wie schon die belangte Behörde) - obwohl von einer unstrittigen Tatsachenbehauptung keine Rede sein kann - keinerlei diesbezügliche Erhebungen durch und traf auch keinerlei diesbezügliche Feststellungen. Im Hinblick darauf kann jedoch - derzeit - nicht beurteilt werden, ob eine Einwilligung der Gesellschafter zur Bildungsteilzeitvereinbarung erfolgt ist oder nicht.

8.4. Das Verwaltungsgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren - nach allfälliger Ergänzung des Tatsachenvorbringens durch den Revisionswerber - die erforderlichen Beweisaufnahmen (naheliegend im Rahmen einer mündlichen Verhandlung) durchzuführen und auf deren Grundlage die notwendigen Feststellungen zu treffen haben, ob im Sinn des Vorgesagten eine Zustimmung bzw. nachträgliche Genehmigung durch die Gesellschafter erfolgt ist. Erst im Anschluss daran wird beurteilt werden können, ob die Bildungsteilzeitvereinbarung als ein rechtswirksames In-sich-Geschäft zu erachten ist und als taugliche Grundlage für die Zuerkennung von Bildungsteilzeitgeld nach § 26a AlVG iVm.

§ 11a AVRAG dienen kann.

9.1. Mit Blick auf das fortgesetzte Verfahren ist ferner Folgendes auszuführen:

Der Revisionswerber macht zu § 24 Abs. 2 AlVG geltend, ein rückwirkender Widerruf nach dieser Bestimmung setze voraus, dass die maßgeblichen Fakten schon vor der Zuerkennung der Leistung vorgelegen seien, sich aber erst nachträglich herausgestellt hätten (VwGH 4.8.2004, 2004/08/0074). Gegenständlich sei aber der Widerruf nicht deshalb erfolgt, weil sich der Kenntnisstand über maßgebliche Fakten nachträglich geändert habe, sondern weil die Behörde (auf Grund der ministeriellen Stellungnahme) ihre Rechtsansicht geändert habe.

9.2. Zutreffend ist, dass § 24 Abs. 2 AlVG zunächst für den Widerruf der Zuerkennung einer Leistung voraussetzte, dass sich diese "nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt". Mit der Novelle BGBl. I Nr. 71/2003 wurde die Bestimmung dahin abgeändert, dass es durch den Entfall des Wortes "nachträglich" auf das erst spätere Hervorkommen der Widerrufs- oder Berichtigungsgründe nicht mehr ankommen sollte (vgl. Sdoutz/Zechner, Arbeitslosenversicherungsgesetz (16. Lfg.) § 24 S 9).

Trotz dieser Gesetzesänderung hielt der Verwaltungsgerichtshof daran fest (vgl. das schon genannte Erkenntnis 2004/08/0074), dass nach der Bedeutung der Worte (arg.: "herausstellt") weiterhin Voraussetzung sei, dass die für den Widerruf maßgeblichen Umstände bei der Zuerkennung noch nicht bekannt gewesen, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt zur Kenntnis gelangt seien (vgl. auch VwGH 28.6.2006, 2006/08/0004; 19.12.2007, 2006/08/0319).

Dieser Rechtsprechung wurde aber letztlich durch die Novelle BGBl. I Nr. 82/2008 die Grundlage entzogen. Mit dieser Novelle wurde - insbesondere durch den Entfall des Wortes "herausstellt" - klargestellt, dass ein Widerruf unabhängig vom Zeitpunkt des Hervorkommens der Unrechtmäßigkeit des Bezugs jedenfalls auch dann möglich sein soll, wenn die Ungebührlichkeit von Anfang an feststand, aber von der Behörde erst verspätet bemerkt wurde (vgl. ErläutRV 505 BlgNR 23 GP, 14; Sdoutz/Zechner, aaO).

9.3. Demzufolge kann nunmehr nach § 24 Abs. 2 AlVG jede gesetzlich nicht begründete Zuerkennung - unabhängig davon, ob die Gründe für die Gesetzwidrigkeit schon ursprünglich bekannt waren - widerrufen werden (vgl. Julcher in Pfeil (Hrsg), AlV-Komm (60. Lfg.) § 24 Rz 11). Die gegenteilige Rechtsauffassung des Revisionswerbers erweist sich seit der Novelle BGBl. I Nr. 82/2008 als nicht begründet.

10. Insgesamt war daher den Revisionen aus den dargelegten Erwägungen Folge zu geben. Die angefochtenen Erkenntnisse waren gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte im Hinblick darauf unterbleiben (§ 39 Abs. 2 Z 3 VwGG).

11. Die Zuerkennung des Aufwandersatzes beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 20

14.

Wien, am 14. April 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RO2016080010.J00

Im RIS seit

02.06.2020

Zuletzt aktualisiert am

02.06.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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