TE Vwgh Erkenntnis 2007/12/19 2006/08/0319

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.12.2007
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

ABGB §7;
AlVG 1977 §24 Abs2;
AlVG 1977 §25;
AlVG 1977 §47;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
AVG §69;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des R S in Wien, vertreten durch Dr. Hans Schwarz, Rechtsanwalt in 1100 Wien, Favoritenstraße 108/3, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 6. Oktober 2006, Zl. LGSW/Abt. 3-AlV/05661/2006-9297, betreffend Widerruf und Rückforderung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer bezog ab 22. September 1995 mit Unterbrechungen Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, ab 8. Dezember 1997 in Form von Notstandshilfe. Seit 1996 ist er selbstständig erwerbstätig. Während dieser Zeit meldete er regelmäßig seine selbstständige Beschäftigung und legte monatlich Einkommens- und Umsatzerklärungen vor.

Nach einer Überprüfung der Einkommens- und Umsatzsteuerbescheide des Beschwerdeführers für die Jahre 2000 bis 2005 wurde mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien, Regionale Geschäftsstelle Prandaugasse, vom 1. Juni 2006 der Bezug der Notstandshilfe für den Zeitraum vom 12. Jänner 2000 bis zum 31. Dezember 2005 widerrufen und der Beschwerdeführer zur Rückzahlung von EUR 1.876,79 für den genannten Zeitraum verpflichtet.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführer ab und sprach aus, dass der Bezug der Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum vom 12. Jänner 2000 bis 31. Dezember 2005 widerrufen und für die Jahre 2002 und 2004 in der Höhe der Jahresnettoeinkommen von EUR 1.385,00 und EUR 1.876,79 (insgesamt EUR 3.261,79) rückgefordert werde. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer seine selbstständige Beschäftigung gemeldet und monatliche Einkommens- und Umsatzerklärungen abgegeben habe. Er habe die Einkommens- und Umsatzsteuerbescheide der Jahre 2000, 2002 und 2003 jeweils im Folgejahr übermittelt. Bei Einlangen der Bescheide des Jahres 2005 sei festgestellt worden, dass die Bescheide der Jahre 2001 und 2004 ausständig gewesen seien. Diese seien beim zuständigen Finanzamt daher angefordert worden. Daraufhin sei der gesamte Zeitraum einer Überprüfung unterzogen worden. Dabei sei festgestellt worden, dass in den Jahren 2000 bis 2005 jeweils 11,1 vH des Umsatzes die Geringfügigkeitsgrenze überstiegen hätten, weshalb keine Arbeitslosigkeit vorgelegen und kein Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung gegeben gewesen sei. Es sei daher der Bezug der Notstandshilfe für den gesamten Zeitraum zu widerrufen gewesen. Entgegen der in der Berufung geäußerten Ansicht sei § 25 Abs. 6 AlVG im Falle des Widerrufs nicht anzuwenden. Der Beschwerdeführer sei bezüglich der selbstständigen Erwerbstätigkeit seinen Meldeverpflichtungen nachgekommen, daher sei eine Rückforderung nur in Höhe des erzielten Nettoeinkommens möglich. Ein Einkommen sei nur in den Jahren 2002 und 2004 erzielt worden. Die jeweiligen Einkommens- und Umsatzsteuerbescheide seien am 26. September 2003 bzw. am 23. Mai 2006 beim Arbeitsmarktservice eingelangt. Da eine Rückforderung gemäß § 25 Abs. 6 AlVG fünf Jahre ab Kenntnis (Einlangen des Bescheides beim Arbeitsmarkservice) erfolgen könne, sei die Bescheiderstellung am 1. Juni 2006 rechtzeitig erfolgt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtwidrigkeit seines Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 3 lit. b AlVG gilt nicht als arbeitslos, wer selbstständig erwerbstätig ist.

Gemäß § 12 Abs. 6 lit. c AlVG gilt als arbeitslos jedoch, wer selbstständig erwerbstätig ist bzw. selbstständig arbeitet und daraus ein Einkommen gemäß § 36a AlVG erzielt oder im Zeitraum der selbstständigen Erwerbstätigkeit bzw. der selbstständigen Arbeit einen Umsatz gemäß § 36b AlVG erzielt, wenn weder das Einkommen zuzüglich Sozialversicherungsbeiträge, die als Werbungskosten geltend gemacht wurden, noch 11,1 vH des Umsatzes die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge übersteigt.

Gemäß § 15 Abs. 5 AlVG verlängert sich die Rahmenfrist für die Zuerkennung von Arbeitslosengeld um Zeiträume einer krankenversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nach dem GSVG oder BSVG.

Gemäß § 24 Abs. 2 AlVG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 71/2003 ist, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosengeldes nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt, die Zuerkennung zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen. Mit der am 1. Jänner 2004 in Kraft getretenen Novelle BGBl. I Nr. 71/2003 entfiel das Wort "nachträglich" im Wortlaut des § 24 Abs. 2 AlVG.

Gemäß § 25 Abs. 1 AlVG ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Der Empfänger einer Leistung nach dem AlVG ist auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden auf Grund eines nachträglich vorgelegten Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheides ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührte; in diesem Fall darf jedoch der Rückforderungsbetrag das erzielte Einkommen nicht übersteigen.

Gemäß § 25 Abs. 6 AlVG ist u.a. eine Verpflichtung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen für Zeiträume unzulässig, die länger als fünf Jahre, gerechnet ab Kenntnis des maßgeblichen Sachverhaltes durch die regionale Geschäftsstelle, zurückliegen.

§ 36b AlVG lautet:

"(1) Der Umsatz wird auf Grund des Umsatzsteuerbescheides für das Kalenderjahr, in dem die Leistung nach diesem Bundesgesetz bezogen wird, festgestellt. Bis zum Vorliegen dieses Bescheides ist der Umsatz auf Grund einer jeweils monatlich im nachhinein abzugebenden Erklärung des selbständig Erwerbstätigen und geeigneter Nachweise festzustellen.

(2) Als monatlicher Umsatz gilt bei durchgehender selbständiger Erwerbstätigkeit ein Zwölftel des sich ergebenden Jahresumsatzes, bei nur vorübergehender selbständiger Erwerbstätigkeit der anteilsmäßige Umsatz in den Monaten, in denen selbständige Erwerbstätigkeit vorlag. Bis zum Vorliegen des Umsatzsteuerbescheides für das betreffende Kalenderjahr ist der Umsatz in einem bestimmten Kalendermonat jeweils durch Zusammenrechnung des für diesen Kalendermonat nachgewiesenen Umsatzes mit den für frühere Kalendermonate desselben Kalenderjahres nachgewiesenen Umsätzen geteilt durch die Anzahl der Monate im Kalenderjahr, für die eine Umsatzerklärung vorliegt, zu ermitteln."

Gemäß § 36c Abs. 1 AlVG haben Personen, deren Einkommen oder Umsatz zur Feststellung des Anspruches auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz heranzuziehen ist, die erforderlichen Erklärungen und Nachweise auf Verlangen der regionalen Geschäftsstelle abzugeben bzw. vorzulegen.

Gemäß § 36c Abs. 5 AlVG sind Personen, deren Einkommen oder Umsatz aus selbstständiger Erwerbstätigkeit für die Beurteilung des Anspruches auf eine Leistung nach diesem Bundesgesetz herangezogen wurde, verpflichtet, den Einkommens- bzw. den Umsatzsteuerbescheid für das Kalenderjahr, in dem die Leistung bezogen wurde, binnen zwei Wochen nach dessen Erlassung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle vorzulegen.

§ 37 AlVG lautet:

"Wenn der Arbeitslose den Bezug der Notstandshilfe unterbricht, kann ihm innerhalb von drei Jahren, gerechnet vom Tag des letzten Bezuges der Notstandshilfe, der Fortbezug der Notstandshilfe gewährt werden, sofern er die sonstigen Bedingungen für die Gewährung der Notstandshilfe erfüllt. Die vorstehende Frist verlängert sich darüber hinaus um Zeiträume gemäß § 15 Abs. 3 bis 5."

Gemäß § 38 Abs. 1 AlVG sind auf die Notstandshilfe die genannten Bestimmungen über das Arbeitslosengeld sinngemäß anzuwenden.

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass es nicht sein könne, dass es nach Vorlage der relevanten Steuerbescheide im Belieben der Behörde stünde, mit einer Entscheidung über einen allfällig möglichen Widerruf zeitlich unbegrenzt zuzuwarten, da bei einer solchen Vorgangsweise plötzlich und intensiv in das Vertrauen der Leistungsbezieher eingegriffen werde. § 25 Abs. 6 AlVG sei aus Gründen des Vertrauensschutzes analog auf den Widerruf von Leistungen anzuwenden.

Dem ist entgegenzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Schutz, welchen § 24 AlVG der Partei vor einem willkürlichen Widerruf gewährter Geldleistungen gewähren soll, in jenen Fällen, in denen eine Leistung ohne Erlassung eines Bescheides (§ 47 AlVG) antragsgemäß zuerkannt wurde, einerseits bis zu einem gewissen Grad die fehlende Rechtskraft ersetzt, diesen Schutz (und auch die Rechtskraft im Falle der bescheidmäßigen Zuerkennung) aber auch insoweit durchbricht, als andererseits eine auch rückwirkende Korrektur der Leistung ohne Bindung an die strengen Voraussetzungen des § 69 AVG zulässig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 2004, Zl. 2002/08/0073). Der Wortlaut des § 24 Abs. 2 AlVG (in Zusammenschau mit § 25 Abs. 1 AlVG) schließt aber eine Auslegung aus, nach welcher es der Behörde möglich wäre, eine gewährte Leistung auch dann nach Belieben rückwirkend zu widerrufen, wenn die Gewährung der Leistung erfolgte, obwohl deren Voraussetzungen nach der Aktenlage im Gewährungszeitpunkt offenkundig nicht vorlagen, sich deren Fehlen also nicht erst nachträglich herausgestellt hat und auch ein Rückforderungsgrund nach § 25 AlVG nicht vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. August 2004, Zl. 2004/08/0074).

Es liegt jedoch keine Verletzung eines subjektiven Rechts vor, wenn sich das Fehlen einer Voraussetzung einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung nachträglich herausstellt (und somit die Behörde in diesem Zeitpunkt berechtigt gewesen wäre, das Arbeitslosengeld gemäß § 24 Abs. 2 AlVG zu widerrufen), die Behörde von der Möglichkeit des Widerrufs aber erst zu einem späteren Zeitpunkt Gebrauch macht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. März 2001, Zl. 2000/08/0178).

Auch der Wegfall des Wortes "nachträglich" in der Bestimmung des § 24 Abs. 2 AlVG durch BGBl. I Nr. 71/2003 ändert an den oben genannten Auslegungsergebnissen nichts (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2006, Zl. 2006/08/0004, mwN).

Im Falle der selbstständigen Erwerbstätigkeit stellt es sich häufig erst auf Grund des Umsatzsteuerbescheides im Nachhinein heraus, dass wegen der in diesem Jahr gemachten Umsätze keine Arbeitslosigkeit vorgelegen ist. Soweit der Beschwerdeführer meint, es lägen keine nachträglich hervorgekommenen Fakten vor, wenn nicht spätestens zum Zeitpunkt der auf die jeweilige Bescheidvorlage nächstfolgenden Leistungszuerkennung ein Widerruf der Leistung auf Grund dieser Fakten erfolgte, ist ihm zunächst entgegenzuhalten, dass, wie soeben dargestellt, durch einen Widerruf, der erst geraume Zeit nach der Kenntniserlangung der Behörde vom Widerrufsgrund erfolgt, keine subjektiven Rechte des Beschwerdeführers verletzt werden.

Voraussetzung für die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte analoge Anwendung verwandter Rechtsvorschriften ist im Übrigen das Bestehen einer echten Gesetzeslücke; das heißt einer planwidrigen und daher durch Analogie zu schließenden Unvollständigkeit innerhalb des positiven Rechts, gemessen am Maßstab der gesamten geltenden Rechtsordnung. Eine Lücke ist demnach nur dort anzunehmen, wo das Gesetz (gemessen an der mit seiner Erlassung verfolgten Absicht und seiner immanenten Teleologie) unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist und wo seine Ergänzung nicht etwa einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 2002, Zl. 2002/08/0127, mwN). Im Zweifel ist das Unterbleiben einer bestimmten Regelung im Bereich des öffentlichen Rechts als beabsichtigt anzusehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1994, Zl. 93/08/0254).

Im Hinblick auf die oben wiedergegebene Rechtsprechung zu § 24 AlVG ist - jedenfalls in der beim Beschwerdeführer vorliegenden Konstellation - nicht zu erkennen, dass für den Widerruf eine zeitliche Beschränkung notwendig sein sollte: Der Beschwerdeführer macht geltend, dass durch einen zeitlich unbegrenzten Widerruf im Hinblick auf das mögliche Verstreichen der Fortbezugsfrist des § 37 AlVG in das Vertrauen der Leistungsbezieher eingegriffen werde. Offenbar hat er den Fall vor Augen, dass die Behörde - obwohl ihr die Überschreitung der Umsatzgrenzen des § 12 Abs. 6 lit. c AlVG aufgrund der vorgelegten Umsatzsteuerbescheide bekannt sein musste - erst nach Ablauf der in § 37 AlVG genannten drei Jahre einen Widerruf der Notstandshilfe vornimmt, sodass der Leistungsbezieher wegen des Verstreichens der Frist des § 33 Abs. 4 AlVG keinen Anspruch mehr auf Notstandshilfe (gehabt) hätte.

Dem Beschwerdeführer ist zunächst entgegenzuhalten, dass ein jahrelang selbständig Erwerbstätiger, der laufend Umsatzgeschäfte im hier vorliegenden Ausmaß durchführt, von vorneherein nicht darauf vertrauen kann, dass ihm Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung tatsächlich auch im nachhinein betrachtet zustehen werden. Im Fall des Beschwerdeführers kommt es aber gar nicht zum Ablauf der Frist: Der Beschwerdeführer übersieht offenbar, dass sich diese Frist gemäß § 37 iVm § 15 Abs. 5 AlVG um Zeiträume einer krankenversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nach dem GSVG verlängert. Der Beschwerdeführer war, wie er selbst in der Beschwerde sagt, von September 1997 bis März 2004 sowie von Dezember 2004 bis Februar 2005 nach dem GSVG pflichtversichert. Da sich die Frist des § 37 AlVG jedenfalls um diese Zeiten verlängert, kann der behauptete Eingriff in sein Vertrauen auf den Fortbezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung aus den obigen Gründen nicht vorliegen. Daher lässt sich jedenfalls in Fällen wie jenem des Beschwerdeführers - nämlich dann, wenn die Fortbezugsfrist des § 37 AlVG im Sinne des § 15 Abs. 5 AlVG verlängert wird - keine durch Analogie zu schließende planwidrige Gesetzeslücke erkennen.

Aus § 73 AVG ist für den Beschwerdeführer ebenfalls nichts zu gewinnen, da diese Vorschrift nur die Entscheidungspflicht nach einem Parteienantrag (oder einer Berufung) regelt.

Nach dem Gesagten ist - mangels Maßgeblichkeit für die Zulässigkeit des Widerrufs - nicht von Bedeutung, ob die Steuerbescheide 2001 und 2004 vom Beschwerdeführer - wie dieser behauptet - jeweils im Folgejahr vorgelegt wurden oder - wie die belangte Behörde feststellte - der erstinstanzlichen Behörde erst nach deren Anforderung beim zuständigen Finanzamt bekannt wurden. Die für die Rückforderung maßgeblichen Umsatz- und Einkommenssteuerbescheide des Jahres 2002 sind nach den unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde 2003 vorgelegt worden, jene für das Jahr 2004 konnten frühestens im Jahr 2005 erlassen worden sein, sodass im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides am 1. Juni 2006 die Frist des § 25 Abs. 6 AlVG jedenfalls noch nicht abgelaufen gewesen sein konnte.

Da es bei der Rückforderung gemäß § 25 Abs. 1 AlVG, wenn sich wegen nachträglich vorgelegter Steuerbescheide ergibt, dass eine Leistung nach dem AlVG nicht gebührte, auch nicht auf ein Verschulden des Beschwerdeführers ankommt, ist die Frage, ob einzelne Steuerbescheide vom Beschwerdeführer gemäß § 36c Abs. 5 AlVG rechtzeitig vorgelegt wurden oder nicht, irrelevant.

Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 19. Dezember 2007

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der RechtskraftRechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006080319.X00

Im RIS seit

08.02.2008

Zuletzt aktualisiert am

27.09.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten