TE OGH 2020/3/24 14Os14/20w

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Veröffentlicht am 24.03.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. März 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz-Hummel in der Strafsache gegen C***** M***** wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Genannten gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 22. November 2019, GZ 601 Hv 14/19p-363, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH-Geo 2019 den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant, wurde C***** M***** mit dem angefochtenen (im zweiten Rechtsgang ergangenen) Urteil – unter Einbeziehung (unter anderem) des aufgrund der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 21. Mai 2019 zu AZ 14 Os 23/19t in Rechtskraft erwachsenen, mit Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 28. August 2018 zu GZ 612 Hv 22/17t-319 ergangenen Schuldspruchs wegen des Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB (A/I./1./d/ und A/I./2./b/) – des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie durch die im rechtskräftigen Schuldspruch A/I./1./d/ und A/I./2./b/ des Urteils des Landesgerichts Korneuburg vom 28. August 2018, GZ 612 Hv 22/17t-319, genannten Taten zu Kreditgewährungen verleitet, welche die nachstehend angeführten Banken in einem Betrag von insgesamt 2.475.000 Euro am Vermögen schädigten, und zwar

zu A/I./1./d/ zur Gewährung von Krediten in Höhe von insgesamt 2.275.000 Euro;

zu A/I./2./b/ zur Gewährung eines Kredits in Höhe von 200.000 Euro, wobei es in Ansehung eines Betrags von 80.000 Euro beim Versuch blieb.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Unter Verweis auf RIS-Justiz RS0117745 behauptet die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall), die Feststellungen zu einem jeweils die gesamte Kreditsumme umfassenden Vermögensschädigungsvorsatz der Angeklagten (US 9 ff) seien offenbar unzureichend begründet, weil sie zu den Erwägungen zum im ersten Rechtsgang ergangenen (rechtskräftigen) Freispruch vom Vorwurf weiterer Betrugstaten im Widerspruch stünden. Zu diesen habe das Schöffengericht im ersten Rechtsgang einen Schädigungsvorsatz der Angeklagten verneint und (unter anderem) erwogen, dass die Beteuerungen der Angeklagten, sie sei „immer der Überzeugung gewesen, ein höchst erfolgreiches Unternehmen zu führen, dessen ständig steigender Fremdmittelbedarf (nur) auf rasches (gemeint: gesundes) Wachstum zurückzuführen sei und das auch weiterhin expandieren werde“, für die Zeit bis Mitte August 2014 durchaus glaubwürdig seien und durch das Beweisverfahren nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit widerlegt werden könnten.

Die Beschwerde übersieht, dass der (durch den Rechtssatz zitierten) Entscheidung 14 Os 64/03 Idealkonkurrenz (vgl zu diesem Begriff Ratz in WK2 StGB Vor §§ 28-31 Rz 11) zugrunde lag. Denn nur aus diesem Grund bestand im weiteren Rechtsgang dieses Verfahrens im Rahmen der Prüfung, ob durch die dem Schuldspruch wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB zugrunde liegenden Taten auch das Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 oder 2, 148 zweiter Fall StGB verwirklicht wurde (vgl dazu RIS-Justiz RS0090968), eine Bindung an die den rechtskräftigen Schuldspruch tragenden Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen. Nur in diesem Umfang dürfen die zu entscheidenden Tatsachen angestellten Erwägungen mehrerer (in unterschiedlichen Rechtsgängen ergangener) Urteile zueinander nicht im Widerspruch stehen.

Im vorliegenden Fall von Realkonkurrenz und des Freispruchs vom Vorwurf anderer Taten (vgl dazu Ratz in WK2 StGB Vor §§ 28-31 Rz 1, 14 f und 19 f) musste sich das Schöffengericht nicht mit den im ersten Rechtsgang angestellten Erwägungen zum rechtskräftigen Freispruch (vom Vorwurf weiterer Betrugstaten) auseinandersetzen und bestand nur hinsichtlich der den Schuldspruch nach § 146 StGB tragenden Feststellungen Bindungswirkung.

Soweit sich die Beschwerde generell gegen die Feststellungen zum Vermögensschädigungsvorsatz richtet, vernachlässigt sie den rechtskräftigen Schuldspruch wegen des Vergehens des Betrugs nach § 146 Abs 1 StGB.

Dass das Schöffengericht die Feststellungen zu einem 300.000 Euro übersteigenden Vermögensschädigungsvorsatz im Wesentlichen aus dem „äußeren Tatgeschehen“ ableitete und das Nichtvorliegen eines diesbezüglichen Eventualvorsatzes – nach Auseinandersetzung mit der leugnenden Verantwortung der Angeklagten (US 13 f) – als „nicht nachvollziehbar“ erachtete (US 16), stellt der Beschwerde (Z 5 vierter Fall) zuwider keine Scheinbegründung dar. Eine solche liegt nämlich im von der Rüge angesprochenen Sinn vor, wenn eine festgestellte entscheidende Tatsache ohne eigene Beweiserwägungen als bewiesen dargestellt wird (RIS-Justiz RS0099494; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 446), nicht aber, wenn nach Erörterung der leugnenden Verantwortung der Angeklagten die subjektive Tatseite aus dem äußeren Tatgeschehen abgeleitet wird (RIS-Justiz RS0098671, RS0116882).

Indem es die Beschwerde unter Verweis auf die im ersten Rechtsgang zu den in Rechtskraft erwachsenen Freisprüchen (zu anderen Betrugsfakten) angestellte Beweiswürdigung „denkmöglich (und nachvollziehbar)“ erachtet, „dass sich ein Schädigungsvorsatz nur auf behauptete Eigenmittel und nicht auf die (jeweiligen) gesamten Kreditsummen erstrecken kann“, wird in unzulässiger Form Beweiswürdigungskritik geübt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E127852

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0140OS00014.20W.0324.000

Im RIS seit

29.04.2020

Zuletzt aktualisiert am

21.10.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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