TE OGH 2020/1/16 5Ob148/19d

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Veröffentlicht am 16.01.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers Mag. J***** P*****, geboren am*****, vertreten durch Dr. Anton Bonimaier, öffentlicher Notar in Zell am See, wegen Grundbuchshandlungen ob den Liegenschaften EZ ***** und *****, je KG ***** und EZ ***** KG *****, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 10. Juli 2019, AZ 53 R 88/19a, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts St. Johann im Pongau vom 5. März 2019, TZ 828/2019, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden betreffend den Antrag auf Anmerkung der Beschränkung durch ein Besitznachfolgerecht (Antragsbegehren 5. bis 8.) dahin abgeändert, dass aufgrund des Übergabsvertrags vom 3. 12. 2018 (samt grundverkehrsbehördlicher Genehmigung vom 28. 1. 2019) und der Geburtsurkunde vom 21. 2. 1973

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in EZ ***** KG *****

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in EZ ***** KG *****

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auf dem Anteil B-LNR 1

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in EZ ***** KG *****

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auf dem Anteil B-LNR 1

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in EZ ***** KG *****

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auf dem Anteil B-LNR 1

         jeweils die Eintragung der Anmerkung der Beschränkung durch das Besitznachfolgerecht gem. Vertragspunkt Fünftens des Übergabsvertrags vom 3. 12. 2018 für die Kinder des Mag. J***** P*****, bewilligt wird.

In seinem gesamten übrigen Umfang bleibt der Beschluss des Erstgerichts, als in Rechtskraft erwachsen, unberührt.

         Verständigt werden

         1       Dr. Anton Bonimaier, öffentlicher Notar,                    *****

         2        Mag. J***** P*****

         3        J***** P*****

         4        Stadtamt *****

         5        Finanzamt *****

         6        Dr.in J***** P*****

         7        A***** P*****, MA, *****

         8        Mag.D***** P*****

         9        Agrarbehörde *****

Der Vollzug und die Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.

Text

Begründung:

Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist die vom Antragsteller aufgrund eines Übergabsvertrags vom 3. 12. 2018 beantragte Einverleibung seines Eigentumsrechts ob der im Spruch genannten Liegenschaften bei gleichzeitiger Anmerkung der Beschränkung durch das im Punkt Fünftens des Übergabevertrags vereinbarte Besitznachfolgerecht.

Punkt Fünftens des Übergabevertrags vom 3. 12. 2018 lautet:

„ HINTERLASSUNGSVERPFLICHTUNG

(1) Über Vorbehalt des Übergebers verpflichtet sich der Übernehmer mit Wirkung eines erb-rechtlichen Nachvermächtnisses 'Nachvermächtnis auf den Überrest', die Vertragsliegenschaften im Falle seines Ablebens ausschließlich seinen leiblichen Nachkommen zu hinterlassen. Den sonstigen Erben des Übernehmers gebühren in diesem Fall weder erbrechtliche noch finanzielle oder sonstige Ansprüche hinsichtlich der Liegenschaften, auch wenn der Übernehmer in die Liegenschaften investiert haben wird.

Der Übernehmer ist berechtigt, seinen Besitznachfolger aus dem Kreis der in Frage kommenden Nachkommen letztwillig auszuwählen. Sollte er diese Wahl nicht treffen, gebührt das Nachfolgerecht seinen Kindern zu gleichen Teilen.

(2) Diese Hinterlassungsverpflichtung gilt für den Ablebensfall des Übernehmers, wenn dieser bis zu seinem Ableben Eigentümer der Liegenschaften bleibt. Der Übernehmer ist berechtigt, zu seinen Lebzeiten über die Liegenschaften nach seinem Ermessen frei zu verfügen, die Liegenschaften also grundbücherlich zu belasten und ganz oder teilweise zu veräußern (ausgenommen eine Veräußerung mit einem Schenkungsvertrag auf den Todesfall des Übernehmers), ohne dass dafür eine Zustimmung seiner Kinder einzuholen ist. Im Falle einer Veräußerung der Liegenschaften durch den Übernehmer erlischt diese Hinterlassungsver-pflichtung hinsichtlich der veräußerten Liegenschaften ersatzlos und entschädigungslos und gilt auch nicht für einen Verkaufserlös der Liegenschaften oder für eine mit dem Verkaufserlös bezahlte Ersatzliegenschaft.

(3) Vereinbart wird die grundbücherliche Anmerkung des 'vertraglich vereinbarten Besitznachfolgerechts zugunsten der Kinder des Mag. J***** P*****'.

(4) Die Kinder des Übernehmers sind demnach berechtigt, von der 'Verlassenschaft des Übernehmers' und von den Erben des Übernehmers die unentgeltliche Herausgabe der Liegenschaften zu verlangen, allfällige auf den Liegenschaften ruhende Lasten sind zu übernehmen, wenn diese Lasten nachweislich im Zusammenhang mit Investitionen in diese Liegenschaften begründet wurden. Sonstige Grundbuchlasten mit Ausnahme von Grunddienstbarkeiten sind auf Kosten der Erben des Übernehmers zu löschen. Die Herausgabe der Liegenschaften muss innerhalb eines Jahres nach dem Ableben des Übernehmers verlangt werden, ansonsten erlischt dieser Herausgabe-anspruch ersatzlos und entschädigungslos.

Der Übernehmer verpflichtet sich für seine Erben, alle zur Herausgabe der Liegenschaften erforderlichen Urkunden auszufertigen und Erklärungen abzugeben. Die Erben des Übernehmers sind verpflichtet, die Liegenschaften zu den vorgenannten Bedingungen unentgeltlich herauszugeben.

Diese Hinterlassungsverpflichtung gilt unabhängig davon, ob der Übernehmer verheiratet sein wird.

(5) Es bleibt dem Übergeber und dem Übernehmer vorbehalten, diese Hinterlassungsverpflichtung des Übernehmers beziehungsweise dieses Besitznach-folgerecht der Kinder des Übernehmers einvernehmlich zu ändern oder aufzuheben, ohne dass dies einer Zustimmung der Kinder des Übernehmers bedarf.“

Das Erstgericht bewilligte die Einverleibung der Eigentumsrechte des Antragstellers; den Antrag, deren Beschränkung durch das vereinbarte Besitznachfolgerecht anzumerken, wies es hingegen ab.

Die Abweisung begründete das Erstgericht im Wesentlichen damit, dass die Rechtsprechung nur die Anmerkung solcher vertraglicher Besitznachfolgerechte zulasse, die einer fideikommissarischen Substitution ähnelten. Hier bestünden iSd § 94 Abs 1 Z 3 GBG zumindest berechtigte Zweifel, dass es sich bei dem anzumerkenden Besitznachfolgerecht um ein Nachfolgerecht analog einer fideikommissarischen Substitution handle. Der Übernehmer sei trotz der Hinterlassungsverpflichtung berechtigt, zu seinen Lebzeiten über die Liegenschaften nach seinem Ermessen frei zu verfügen, die Liegenschaften also grundbücherlich zu belasten oder auch an Dritte zu veräußern. Im Falle einer Veräußerung erlösche die Hinterlassungsverpflichtung zugunsten leiblicher Nachkommen. Das Eigentumsrecht des Übernehmers unterliege daher bis zu seinem Ableben keinen Beschränkungen analog einer fideikommissarischen Substitution. Im Fall einer Bewilligung der Anmerkung der Beschränkung durch das Besitznachfolgerecht iSd § 20 lit a GBG würde der Grundbuchsstand unrichtige Verhältnisse wiedergeben. Die vereinbarte „Hinterlassungsverpflichtung“ diene offenbar der grundbücherlichen Absicherung eines allfälligen, vom Eintritt verschiedener Bedingungen abhängigen Herausgabeanspruchs der Kinder des Übernehmers. Eine solche Absicherung sei im Gesetz aber nicht vorgesehen.

Das Rekursgericht gab dem gegen die Abweisung der Anmerkung des Besitznachfolgerechts gerichteten Rekurs des Antragstellers nicht Folge.

In der Rechtsprechung werde lediglich die Anmerkung vertraglicher Besitznachfolgerechte, die einer fideikommissarischen Substitution ähnelten, anerkannt. Bei einer Substitution auf den Überrest liege aber eine bloße (sachenrechtlich noch völlig unwirksame) Anwartschaft des Nacherben vor, sodass damit gerade noch kein der fideikommissarischen Substitution ähnliches Rechtsverhältnis begründet werde. Mit der Anmerkung würde daher eine Beschränkung durch das Besitznachfolgerecht vorgegeben, die so noch gar nicht vorhanden sei.

Bei einer Gesamtschau des Vertragspunktes Fünftens bestünden zudem materiell-rechtliche Bedenken, die nach § 94 Abs 1 Z 3 GBG der Anmerkung entgegenstünden. So werde der Besitznachfolger in Punkt 5.1 individualisiert, wohingegen in Punkt 5.4 (undifferenziert) von einer Berechtigung der Kinder des Übernehmers geschrieben werde, die unentgeltliche Herausgabe der Liegenschaften zu verlangen. Damit stünden diese Vertragspunkte im Widerspruch zueinander. In Punkt 5.2 werde dem Übernehmer die unbeschränkte Berechtigung zuerkannt, seine Liegenschaften grundbücherlich zu belasten, wohingegen nach Punkt 5.4 die Kinder des Übernehmers lediglich verpflichtet seien, Lasten zu übernehmen, die nachweislich im Zusammenhang mit Investitionen in diese Liegenschaften begründet worden seien. Andere Lasten seien auf Kosten der Erben des Übernehmers zu löschen. Nähere Bestimmungen, in welcher Form der Zweck der grundbücherlichen Lasten ermittelt und wie die Löschung von (nicht Investitionen in die jeweiligen Liegenschaften betreffenden) Grundbuchslasten durch die Erben des Übernehmers gewährleistet werden solle, fehlten. Auch die Bestimmung, dass die Erben des Übernehmers zu einer unentgeltlichen Herausgabe der Liegenschaften verpflichtet seien, sei insoweit irreführend, als die Erben des Übernehmers nicht nur zur unentgeltlichen Herausgabe, sondern sogar zusätzlich zur Lastenfreistellung betreffend gewisser Lasten verpflichtet seien. Diese materiell-rechtlich zweifelhafte Formulierung des Vertragspunktes Fünftens bilde einen weiteren Abweisungsgrund.

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil es zu den Rechtsfragen, ob die vertragliche Nachbildung einer Substitution auf den Überrest (Nacherbschaft auf den Überrest) im Grundbuch angemerkt werden könne sowie ob und unter welchen Voraussetzungen eine materiell-rechtlich unbedenkliche Löschungsverpflichtung für Grundbuchlasten (zu Lasten der Erben des Übernehmers) vereinbart werden könne, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gebe.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen abzuändern und (auch) die beantragten Anmerkungen zu bewilligen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

1. Grundbücherliche Anmerkungen

1.1. Grundbücherliche Anmerkungen können zur Ersichtlichmachung persönlicher Verhältnisse (§ 20 lit a GBG) oder zur Begründung bestimmter, nach den Vorschriften des GBG oder eines anderen Gesetzes damit verbundener Rechtswirkungen eingetragen werden (§ 20 lit b GBG). Anmerkungen, die in keinem Gesetz vorgesehen sind und deren Wirkungen auch gesetzlich nicht geregelt sind, sind unzulässig (5 Ob 119/17m mwN; RIS-Justiz RS0060628 [T2]; RS0060679 [T2]).

1.2. Gemäß § 20 lit a GBG können grundbücherliche Anmerkungen zur Ersichtlichmachung persönlicher Verhältnisse mit der Rechtsfolge erfolgen, dass, wer immer in der betreffenden Grundbuchseinlage eine Eintragung erwirkt, sich auf die Unkenntnis dieser Verhältnisse nicht berufen kann. Zu den nach § 20 lit a GBG ersichtlich zu machenden persönlichen Verhältnissen zählen nach dem Gesetzestext „insbesondere“ Beschränkungen der Vermögensverwaltung, „zum Beispiel“ die Anmerkung der Minderjährigkeit, des Genehmigungsvorbehalts (§ 242 Abs 2 ABGB), wenn er die eingetragenen Rechte umfasst, des Eintritts der Volljährigkeit oder der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens.

1.3. Die in § 20 lit a GBG enthaltene Aufzählung der anzumerkenden persönlichen Verhältnisse ist bloß beispielhaft. Die Tatsache, dass Anmerkungen nur zulässig sind, soweit sie das Grundbuchsgesetz oder ein anderes Gesetz vorsieht, schließt daher eine Analogie zwar nicht aus, sie schränkt sie aber auf Umstände ein, die in Gegenstand und Funktion einer der Anmerkung zugänglichen Tatsache entsprechen (5 Ob 119/17m).

2. Grundbücherliche Anmerkung einer fideikommissarischen Substitution (Nacherbschaft)

2.1. Gemäß § 608 ABGB (idF vor dem ErbRÄG BGBl I 2015/87) konnte der Erblasser seinen Erben verpflichten, dass er die angetretene Erbschaft nach seinem Tod, oder in anderen bestimmten Fällen, einem zweiten ernannten Erben überlasse. Diese Anordnung wurde fideikommissarische Substitution genannt. Seit Inkrafttreten des ErbRÄG 2015 lautet § 608 Abs 1 ABGB dahin, dass der letztwillig Verfügende einen Erben so einsetzen kann, dass dieser erst nach einem anderen Erben erbt. Der Nacherbe ist im Zweifel auch Ersatzerbe. Gemäß § 608 Abs 2 ABGB tritt
– hat der Verstorbene nichts anderes verfügt – der Nacherbfall mit dem Tod des Vorerben ein. Abgesehen von der geänderten Terminologie kam es zu keiner inhaltlichen Veränderung der Rechtslage (5 Ob 68/19i).

2.2. Die Nacherbschaft ist eine Form des zeitlich beschränkten Eigentums, wobei dem Vorerben im Wesentlichen die Rechtsstellung eines Fruchtnießers zukommt (§ 613 Abs 1 ABGB; RS0012535 [T5]). Sie führt zur funktionalen Teilung des Eigentumsrechts zwischen Vor- und Nacherben; nur beide zusammen haben die Rechtsstellung des Vollerben und damit das uneingeschränkte Eigentumsrecht wie es sonst dem Alleineigentümer zustünde (§ 613 Abs 2 ABGB; RS0012536 [T4]; vgl auch RS0012578; RS0012576; RS0007732; RS0002521).

2.3. Die fideikommissarische Substitution (Nacherbschaft) ist im Grundbuch als Beschränkung des Eigentums des Vorerben gemäß § 20 lit a GBG im Eigentumsblatt anzumerken (5 Ob 68/19i). Anders als § 158 Abs 1 Satz 1 AußStrG 1854 sieht das neue AußStrG eine derartige Eintragungsverpflichtung zwar nicht mehr ausdrücklich vor. Gemäß § 178 Abs 2 Z 1 AußStrG idF des ErbRÄG 2015 muss aber der Einantwortungsbeschluss jede Beschränkung der Rechte der Erben durch Nacherbschaften oder gleichgestellte Anordnungen (§§ 707 bis 709 ABGB) anführen. Das ErbRÄG 2015 hat dabei an der bisherigen Rechtslage inhaltlich nichts geändert. Der Einantwortungsbeschluss ist Grundlage für die Einverleibung des Eigentumsrechts der Erben. Daher ist im Einklang mit der Lehre auch für das AußStrG 2005 von einer Pflicht, fideikommissarische Substitutionen (Nacherbschaften) in das Grundbuch einzutragen, auszugehen (2 Ob 167/16x mwN; RS0008149 [T1]).

2.4. Das ABGB idF vor dem ErbRÄG 2015 enthielt keine Bestimmungen über die Substitution auf den Überrest. Die Zulässigkeit einer solchen Anordnung wurde aber nicht bezweifelt (RS0012537). Nunmehr enthält § 609 ABGB eine Definition der Nacherbschaft auf den Überrest. Diese liegt vor, wenn der Nacherbe nach dem Willen des Verstorbenen nur das erhalten soll, was beim Ableben des Vorerben noch übrig ist. Der Vorerbe kann in diesem Fall wie jeder Eigentümer über Sachen der Verlassenschaft unter Lebenden frei verfügen (§ 613 Abs 4 ABGB). Auch im Fall einer fideikommissarischen Substitution (Nacherbschaft) auf den Überrest erlangt der befreite Vorerbe mit der Einantwortung also nur die Stellung eines zeitlich beschränkten Eigentümers, dessen Recht mit dem Nacherbfall endet (RS0012537 [T3]). Allerdings ist der Vorerbe von allen aus der Stellung eines Fruchtnießers sich ergebenden Beschränkungen befreit (RS0012535); er kann über das Substitutionsgut unter Lebenden, nicht aber von Todes wegen, bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs frei verfügen; der Nacherbe erhält, was beim Tod des Vorerben übrig ist (2 Ob 231/15g).

2.5. Nach der Rechtsprechung ist auch die Beschränkung des Eigentums durch eine Nacherbschaft auf den Überrest im Grundbuch anzumerken (7 Ob 251/97f [mit Verweis auf 1 Ob 204/46 und 6 Ob 66/70]; 7 Ob 140/57 = RS0015258; 2 Ob 272/52 = RS0008199; RS0008149; vgl auch 5 Ob 239/13b).

2.6. Gemäß § 652 ABGB kann auch ein Ersatz- oder Nachvermächtnis angeordnet werden; die Bestimmungen der §§ 604 ff ABGB über die Ersatz- und Nacherbschaft sind darauf sinngemäß anzuwenden. Während aber der Nacherbe einen dinglichen Anspruch auf Herausgabe des Substitutionsgutes hat, steht dem Nachlegatar gegenüber dem Vorlegatar (beim uneigentlichen Nachlegat gegenüber dem damit belasteten Erben bzw dessen Verlassenschaft) bloß ein obligatorischer Anspruch auf die Übertragung des Vermächtnisgegenstands zu (2 Ob 231/15g; RS0007574 [T2]). Auch die Beschränkung durch ein Nachvermächtnis ist grundbücherlich anzumerken (6 Ob 196/09f; Eccher/Kolmasch in Schwimann/Kodek5 § 652 Rz 10 mwN; Spruzina in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.02 § 652 Rz 13; Welser in Rummel/Lukas4 § 652 ABGB Rz 8; Apathy/Neumayr in KBB5 § 652 Rz 3).

3. Grundbücherliche Anmerkung vertraglicher Besitznachfolgerechte

3.1. In Rechtsprechung und Lehre ist die vertragliche Begründung von Besitznachfolgerechten in Anlehnung an die erbrechtliche Nacherbschaft anerkannt. Häufiger Anwendungsbereich für die Vereinbarung von Besitznachfolgerechten sind Schenkungsverträge (2 Ob 231/15g). Dabei vereinbaren alter und neuer Eigentümer, dass das Eigentum des Erwerbers bei Eintritt einer Bedingung oder nach Ablauf einer Frist an einen anderen, nämlich den Besitznachfolger, fällt oder aber, dass zumindest die Verpflichtung besteht, das Eigentum zu übertragen, wobei der Besitznachfolger entweder der alte Eigentümer oder ein Dritter sein kann (5 Ob 68/19i; RS0007955). Die Beschränkung des Eigentumsrechts durch ein Besitznachfolgerecht („quasifideikommissarische Substitution“) wird wegen der bestehenden Rechtsähnlichkeit in der Regel wie eine echte Nacherbschaft behandelt. Je näher eine solche Vereinbarung an die Regelung typischer Anliegen der Nacherbschaft herankommt, umso zwingender ist nach der Rechtsprechung die Analogie (5 Ob 130/19g; 5 Ob 68/19i; 2 Ob 231/15g; RS0012539 [T3]).

3.2. (Auch) Vertragliche Besitznachfolgerechte, die einer fideikommissarischen Substitution (Nacherbschaft) ähneln, können nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs iSd § 20 lit a GBG im Grundbuch angemerkt werden (5 Ob 130/19g; 5 Ob 68/19i; RS0083800; RS0012539 [T2, T4]; RS0000858 [T3]).

3.3. Das hier zu beurteilende vertragliche Besitznachfolgerecht ist einer Nacherbschaft bzw einem Nachvermächtnis auf den Überrest nachgebildet. Ein sachlicher Grund dafür, ein derartiges der Nacherbschaft oder dem Nachvermächtnis auf den Überrest ähnliches Nachfolgerecht anders als sonstige vertragliche Besitznachfolgerechte zu behandeln und dessen Anmerkung im Grundbuch abzulehnen, besteht nicht. Richtig ist zwar, dass dem Nachfolgeberechtigten in diesen Fällen kein dingliches oder absolutes („sachenrechtlich wirksames“) Recht zukommt. Entgegen der Auffassung des Rekursgerichts steht dies der Anmerkung iSd § 20 lit a GBG jedoch nicht entgegen, gelten diese Erwägungen doch generell für alle vertraglichen Besitznachfolgerechte und auch für das Nachvermächtnis. Der Fachsenat hat daher zu 5 Ob 84/95 die grundbücherliche Eintragung einer vergleichbaren vertraglichen Eigentumsbeschränkung bewilligt. Die in dieser Entscheidung beurteilte Vereinbarung sah vor, dass die Geschenknehmerin den Geschenkgegenstand nach ihrem Ableben ihren Kindern zu überlassen habe, soweit er in ihrem Ablebensfall noch vorhanden sei. Nach dem Ableben der Geschenkgeberin war es der Geschenknehmerin gestattet, über den Geschenkgegenstand zu verfügen; sie durfte ihn (oder einen allfälligen Verkaufserlös) jedoch nicht unentgeltlich Dritten zuwenden. Mangels Wahl der Geschenknehmerin sollte der Geschenkgegenstand bzw das übrige Substitutionsgut ihren leiblichen Kindern zu gleichen Teilen zufallen.

4. Materiell-rechtliche Zweifel iSd § 94 Abs 1 Z 3 GBG aufgrund der konkreten Vertragsgestaltung?

4.1. Das Grundbuchsgericht hat das Ansuchen und dessen Beilagen gemäß § 94 Abs 1 GBG einer genauen Prüfung zu unterziehen und darf eine grundbücherliche Eintragung (ua) nur dann bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint (§ 94 Abs 1 Z 3 GBG). Daher ist es Aufgabe des Grundbuchsgerichts zu prüfen, ob der Urkundeninhalt nicht nur in formeller Beziehung unbedenklich erscheint, sondern auch in materiell-rechtlicher Hinsicht frei von Zweifel ist (RS0060878; RS0060573).

4.2. Die für die Anmerkung iSd § 20 lit a GBG erforderliche Rechtsähnlichkeit des vereinbarten Besitznachfolgerechts zu einer Nacherbschaft (auf den Überrest) und/oder einem erbrechtlichen Nachvermächtnis (auf den Überrest) geht aus dem beigebrachten Übergabsvertrag zweifelsfrei hervor. Die vom Rekursgericht konstatierte Widersprüchlichkeit und Unbestimmtheit der Formulierung des Punktes Fünftens ist, soweit sich dessen Argumentation überhaupt auf das einzutragende Recht bezieht, nicht zu erkennen oder zumindest durch unmittelbare logische Schlussfolgerungen zu klären.

5. Ergebnis

Die von den Vorinstanzen bejahten Eintragungshindernisse liegen nicht vor; andere sind nicht zu erkennen. Die Beschlüsse der Vorinstanzen waren daher im Sinn der Bewilligung (auch) des Antrags auf Anmerkung der Beschränkungen durch ein Besitznachfolgerecht (Antragsbegehren 5. bis 8.) abzuändern.

Textnummer

E127595

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0050OB00148.19D.0116.000

Im RIS seit

20.03.2020

Zuletzt aktualisiert am

13.11.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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