TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/14 L518 2201852-1

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Veröffentlicht am 14.12.2018
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Entscheidungsdatum

14.12.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z5
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs1 Z2
FPG §52 Abs6
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1a
StGB §127
StGB §129
StGB §15
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L518 2201852-1/16E

SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 20.08.2018 MÜNDLICH VERKÜNDETEN

ERKENNTNISSES

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Georgien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.06.2018, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.08.2018, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 10 und 57 AsylG 2005 Stammfassung. § 18 BFA-VG und § 46, 52, 53 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

I.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge kurz " bP "), ist Staatsangehörige der Republik Georgien und wurde am 07.12.2017 wegen des Verdachtes einer gerichtlich strafbaren Handlung in Österreich festgenommen.

Im Akt befinden sich Kopien des georgischen Reisepasses, ausgestellt am XXXX sowie der italienischen Aufenthaltsberechtigungskarte.

I.2. Die bP wurde vom Landesverwaltungsgericht XXXX wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 5 StGB, § 129 Abs. 2 Z 1 StGB, 130 Abs. 1 und 2 Fall StGB, 130 Abs. 3 StGB und § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt.

I.3. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 27.12.2017 wurden der bP Informationen hinsichtlich des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und ein Fragenkatalog zur persönlichen Situation zur Stellungnahme übermittelt. Eine entsprechende Stellungnahme der bP langte nicht ein.

I.4. Mit im Spruch genannten Bescheid der bB wurde der bP ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 nicht erteilt. Gemäß § 10 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erlassen und festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Der Beschwerde wurde gem. § 18 (1) Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde nicht gewährt. Gemäß § 53 FPG wurde in Bezug auf die bP ein Einreiseverbot für die Dauer von 8 Jahren erlassen.

I.5. Gegen den im Spruch genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass die Familie der bP in Italien lebe. Die bB habe die Ermittlungspflichten verletzt. Die bP sei auch bereit, freiwillig das Bundesgebiet zu verlassen und sich nach Italien zu begeben. Aufgrund seines Aufenthaltstitels hätte die bP vorerst gemäß § 56 Abs. 2 FPG aufgefordert werden müssen, das Land zu verlassen. Es sei im Bescheid auch völlig zu Unrecht von Anknüpfungspunkten in Serbien die Rede und sei es Willkür, wenn nicht deutlich erkennbar ist, auf welches Land sich die Behörde bezieht.

Beantragt wurde, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Bescheid hinsichtlich der Rückkehrentscheidung zu beheben bzw. die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären, das Einreiseverbot ersatzlos zu beheben, in eventu eine mündliche Verhandlung durchzuführen, die bP anzuweisen, sich nach seiner Entlassung aus der Justizanstalt unverzüglich in das Hoheitsgebiet von Italien zu begeben, das Einreiseverbot auf eine angemessene Dauer herabzusetzen sowie eine ordentliche Revision zuzulassen.

Vorgelegt wurde der von 28.06.2017 bis 03.01.2028 gültige Aufenthaltstitel für Italien.

I.6. Die Beschwerdevorlage langte am 26.07.2018 beim BVwG, Außenstelle Linz ein.

Nach Einlangen der Beschwerdeakte wurde im Rahmen einer Prüfung des Vorbringens festgestellt, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen ist (§ 18 Abs. 5 BFA-VG).

I.7. Für den 20.08.2018 lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung wurde das Erkenntnis des BVwG vom selben Tag mündlich verkündet.

Die Beschwerde wurde spruchgemäß als unbegründet abgewiesen. Die Revision wurde gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

Die bP wurde iSd § 29 Abs. 2 a VwGVG über das Recht, binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift eine Ausfertigung gemäß § 29 Abs. 4 zu verlangen bzw. darüber, dass ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof darstellt, belehrt.

Nach Verkündung der Erkenntnisse wurde der bP sowie deren rechtsfreundlicher Vertretung eine Ausfertigung der Niederschrift ausgefolgt.

Mit Schreiben vom 29.08.2018 wurde die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses begehrt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

II.1.1. Die beschwerdeführende Partei

Bei der bP handelt es sich um einen Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörigen. Die bP ist Staatsangehöriger von Georgien und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Der bP ist ein junger, gesunder, arbeitsfähiger Mann mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer -wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich- gesicherten Existenzgrundlage.

Es konnte nicht festgestellt werden, wann genau die bP in Österreich einreiste, jedenfalls hält sie sich zum nunmehrigen Zeitpunkt über 3 Monate in Österreich auf.

Die bP wurde vom Landesverwaltungsgericht XXXX wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 5 StGB, 129 Abs. 2 Z 1 StGB, 130 Abs. 1 1. und 2. Fall, 130 Abs. 3 und § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren (bei einem Strafrahmen von 1-10 Jahren) verurteilt.

Die bP hat im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter und als Mitglied einer kriminellen Vereinigung jeweils unter Mitwirkung eines anderen Mitglieds der Vereinigung

gemäß Urteil Diebstahl an Sachen, deren Wert 5000 Eur übersteigt, begangen. Sie ist mit zwei weiteren Personen insgesamt in acht Wohnungen im Zeitraum zwischen 02.11.2017 und 07.12.2017 eingebrochen.

Die bP befindet sich seit XXXX in Haft, frühest möglicher errechneter Haftentlassungstermin ist der XXXX.

Mildernd wurde die geständige Verantwortung, der teilweise Versuch und der bisherige ordentliche Lebenswandel gesehen, erschwerend wurde die Tatmehrheit berücksichtigt.

Die bP war in Österreich vor ihrer Haft nie meldeamtlich erfasst. Es wurde von ihr noch nie ein Aufenthaltstitel oder dergleichen für Österreich beantragt. Die beschwerdeführende Partei ist noch keiner Erwerbstätigkeit in Österreich nachgegangen und verfügt hier weder über familiäre noch private Anknüpfungspunkte. Die bP hat in Österreich keine Verwandten und lebt auch sonst mit keiner nahestehenden Person zusammen. Sie hat keinen Deutschkurs besucht.

Die bP wurde in Georgien geboren, wo sie 12 Jahre die Schule besuchte und lebt seit 2012 in Italien. Sie verfügt über einen bis 2028 gültigen Aufenthaltstitel für Italien. In Georgien leben der Bruder des Großvaters der bP sowie weitere Verwandte, insgesamt vier Familien.

Die Mutter der bP, die Ehegattin mit ihrer Tochter, deren Vater die bP nicht ist und weitere Verwandte der bP leben in Italien. Die Mutter der bP hat mit den Verwandten in Georgien Kontakt. Die Mutter und Ehegattin der bP arbeiten in Italien als Pflegerinnen, die bP ging selbst nur Gelegenheitsarbeiten nach. Sie hat in Italien georgische und italienische Freunde.

Die Identität der bP steht fest.

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat im Herkunftsstaat Georgien

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es sich bei Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat gem. § 19 BFA-VG handelt.

2. Beweiswürdigung

II.2.1. Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben und ein ergänzendes Ermittlungsverfahren sowie eine Beschwerdeverhandlung durchgeführt. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

II.2.2. Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der bP ergeben sich aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie ihren Sprach- und Ortskenntnissen und den im Akt erliegenden Kopien von Identitätsdokumenten sowie aus der Beweiswürdigung.

II.2.3. Die Feststellung zur strafgerichtlichen Verurteilung und zur Haft ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Strafurteil und entspricht dem Amtswissen des BVwG (Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich und in das ZMR).

II.2.4. Der Umstand, dass nicht zweifelsfrei festgestellt werden konnte, wann genau die bP in Österreich zuletzt einreiste und wie lange sie sich nun in Österreich aufhält, ergibt sich daraus, dass die bP in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, zwei Tage vor der Festnahme eingereist zu sein. Dies steht jedoch in Widerspruch zu dem Umstand, dass die bP wegen mehreren Wohnungsdiebstählen im Zeitraum zwischen 02.11.2017 und 07.12.2017 laut Strafurteil verurteilt wurde.

Weiters versuchte die bP im nunmehrigen Verfahren offensichtlich aus Opportunitätserwägungen ihre Bindungen zu Georgien möglichst gering darzustellen. In der Verhandlung führte sie aus, dass sie in Abchasien geboren sei und die Familie kurz nach ihrer Geburt, nachdem der Krieg ausgebrochen sei, nach Russland verzogen wäre. Seit 2012 lebe die Familie nun in Italien. Demgegenüber wurde im Urteil des Landesgerichts festgestellt, dass die bP 12 Jahre lang in Georgien die Schule besucht hat. Diese Feststellung wurde übernommen, da diese zu einem Zeitpunkt erstattet wurde, in welchem der bP noch nicht bewusst war, dass eine Rückkehrentscheidung und Abschiebung nach Georgien im Raum steht und hierfür möglichst geringe Anknüpfungspunkte an das Heimatland günstig wären. Schließlich wurde der Reisepass der bP auch am XXXX in Georgien ausgestellt, weshalb auch davon ausgegangen werden kann, dass nach wie vor Bindungen der bP zu Georgien bestehen. Zudem hat jedenfalls die Mutter aktuell auch Kontakt zu den vier verwandten Familien in Georgien und kann daher von sozialen Anknüpfungspunkten in Georgien gesprochen werden.

Die Feststellung zu den fehlenden familiären und privaten Bindungen und zum Nichtvorliegen einer Integration der bP in Österreich beruht auf den auch in der Beschwerde unbestritten gebliebenen Feststellungen in diesem Zusammenhang im Bescheid.

Wie in der Beschwerde richtig angeführt, wurde von der bB teilweise im Bescheid Serbien festgehalten, dabei handelt es sich jedoch offensichtlich um ein Versehen und ergibt sich in einer Zusammenschau des Spruches des Bescheides und der Begründung eindeutig, dass die Behörde richtig von Italien als Aufenthaltsort und georgisch als Staatsangehörigkeit ausgegangen ist.

Der in der Beschwerde genannte § 13 FPG bezieht sich auf die Vollziehung bzw. fremdenpolizeiliche Amtshandlung und war daher aus diesem Grund schon nicht im gegenständlichen Verfahren einzugehen.

3. Rechtliche Beurteilung

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht, Sicherer Herkunftsstaat

II.3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF) entscheidet das Bundesverwaltungs-gericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

II.3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesver-waltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 idgF entscheidet im gegenständlichen Fall der Einzelrichter.

II.3.1.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft und hat das ho. Gericht im gegenständlichen Fall gem. § 17 leg. cit das AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

II.3.1.4. Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

II.3.1.5. Gem. § 19 Abs. 5 BFA-VG kann die Bundesregierung bestimmte Staaten durch Verordnung als sicher Herkunftsstaaten definieren. Gemäß § 1 Z 12 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF gilt die Republik Georgien als sicherer Herkunftsstaat.

II.3.1.5.1. Gem. Art. 37 der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zum gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes können die Mitgliedstaaten zum Zwecke der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz Rechts- und Verwaltungsvorschriften beinhalten oder erlassen, die im Einklang mit Anhang I zur VO sichere Herkunftsstaaten bestimmen können. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Staat als sicherer Herkunftsstaat bestimmt werden kann, werden verscheide Informationsquellen, insbesondere Inforationen andere Mitgliedstaaten, des EASO, des UNHCR, des Europarates und andere einschlägiger internationaler Organisationen herangezogen

Gemäß dem oben genannten Anhang I gilt ein Staat als sicherer Herkunftsstaat, wenn sich anhand der dortigen Rechtslage, der Anwendung der Rechtsvorschriften in einem demokratischen System und der allgemeinen politischen Lage nachweisen lässt, dass dort generell und durchgängig weder eine Verfolgung im Sinne des Artikels 9 der Richtlinie 2011/95/EU noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind.

Bei der entsprechenden Beurteilung wird unter anderem berücksichtigt, inwieweit Schutz vor Verfolgung und Misshandlung geboten wird durch

a) die einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Staates und die Art und Weise ihrer Anwendung;

b) die Wahrung der Rechte und Freiheiten nach der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und/oder dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und/oder dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention keine Abweichung zulässig ist;

c) die Einhaltung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung nach der Genfer Flüchtlingskonvention;

d) das Bestehen einer Regelung, die einen wirksamen Rechtsbehelf bei Verletzung dieser Rechte und Freiheiten gewährleistet.

Artikel 9 der Richtlinie 2011/95/EU definiert Verfolgung wie folgt:

"1) Um als Verfolgung im Sinne des Artikels 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention zu gelten, muss eine Handlung

a) aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sein, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten keine Abweichung zulässig ist, oder

b) in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter Buchstabe a beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne von Absatz 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

a) Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,

b) gesetzliche, administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,

c) unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,

d) Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,

e) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln des Artikels 12 Absatz 2 fallen, und

f) Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Gemäß Artikel 2 Buchstabe d muss eine Verknüpfung zwischen den in Artikel 10 genannten Gründen und den in Absatz 1 des vorliegenden Artikels als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen bestehen."

Aus dem Grundsatz, wonach, wann immer nationale Behörden oder Gerichte Recht anwenden, das Richtlinien umsetzt, diese gemäß der richtlinienkonformen Interpretation dazu verhalten sind, "das zur Umsetzung einer Richtlinie erlassene nationale Recht in deren Licht und Zielsetzung auszulegen" (VfSlg. 14.391/1995; zur richtlinienkonformen Interpretation siehe weiters VfSlg. 15.354/1998, 16.737/2002, 18.362/2008; VfGH 5.10.2011, B 1100/09 ua.) ergibt sich, dass davon ausgegangen werden kann, dass sich der innerstaatliche Gesetzgeber und in weiterer Folge die Bundesregierung als zur Erlassung einer entsprechenden Verordnung berufenes Organ bei der Beurteilung, ob ein Staat als sicherer Herkunftsstaat gelten kann, von den oa. Erwägungen leiten lässt bzw. ließ. Hinweise, dass die Republik Österreich entsprechende Normen, wie etwa hier die Herkunftssaaten-Verordnung in ihr innerstaatliches Recht europarechtswidrig umsetzt bestehen nicht, zumal in diesem Punkt kein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich anhängig ist bzw. eingeleitet wurde (vgl. Art. 258 f AEUV).

Der VfGH (Erk. vom 15.10.20014 G237/03 ua. [dieses bezieht sich zwar auf eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Vorgängerbestimmung des § 19 BFA-VG, ist aber nach Ansicht des ho. Gerichts aufgrund der in diesem Punkt im Wesentlichen unveränderten materiellen Rechtslage nach wie vor anwendbar]) stellt ein Bezug auf die innerstaatliche Rechtslage ua. fest, dass der Regelung des AsylG durch die Einführung einer Liste von sicheren Herkunftsstaaten kein Bestreben des Staates zu Grunde liegt, bestimmte Gruppen von Fremden kollektiv außer Landes zu schaffen. Es sind Einzelverfahren zu führen, in denen auch über die Sicherheit des Herkunftslandes und ein allfälliges Refoulement-Verbot endgültig zu entscheiden ist. Dem Gesetz liegt - anders als der Vorgangsweise im Fall Conka gegen Belgien (EGMR 05.02.2002, 51564/1999) - keine diskriminierende Absicht zu Grunde. Die Liste soll bloß der Vereinfachung des Verfahrens in dem Sinne dienen, dass der Gesetzgeber selbst zunächst eine Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall vornimmt. Sicherheit im Herkunftsstaat bedeutet, dass der Staat in seiner Rechtsordnung und Rechtspraxis alle in seinem Hoheitsgebiet lebenden Menschen vor einem dem Art 3 EMRK und der Genfer Flüchtlingskonvention widersprechenden Verhalten seiner Behörden ebenso schützt wie gegen die Auslieferung an einen "unsicheren" Staat. Das Schutzniveau muss jenem der Mitgliedstaaten der EU entsprechen, was auch dadurch unterstrichen wird, dass die anderen sicheren Herkunftsstaaten in § 6 Abs. 2 AsylG [Anm. a. F., nunmehr § 19 Abs. 1 und 2 BFA-VG] in einem Zug mit den Mitgliedstaaten der EU genannt werden.

Die Einführung einer Liste sicherer Herkunftsstaaten führte zu keiner Umkehr der Beweislast zu Ungunsten eines Antragstellers, sondern ist von einer normativen Vergewisserung der Sicherheit auszugehen, soweit seitens des Antragstellers kein gegenteiliges Vorbringen substantiiert erstattet wird. Wird ein solches Vorbringen erstattet, hat die Behörde bzw. das ho. Gerichten entsprechende einzelfallspezifische amtswegige Ermittlungen durchzuführen.

Aus dem Umstand, dass sich der innerstaatliche Normengeber im Rahmen einer richtlinienkonformen Vorgangsweise und unter Einbeziehung der allgemeinen Berichtslage zum Herkunftsstaat der bP ein umfassendes Bild über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Georgien verschaffte, ist ableitbar, dass ein bloßer Verweis auf die allgemeine Lage im Herkunftsstaat, bzw. die Vorlage von allgemeinen Berichten grundsätzlich nicht geeignet ist, einen Sachverhalt zu bescheinigen, welcher geeignet ist, von der Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall abzuweichen (das ho. Gericht geht davon aus, dass aufgrund der in diesem Punkt vergleichbaren Interessenslage die Ausführungen des VwGH in seinem Erk. vom 17.02.1998, Zl. 96/18/0379 bzw. des EGMR, Urteil Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77 sinngemäß anzuwenden sind, zumal sich die genannten Gerichte in diesen Entscheidungen auch mit der Frage, wie allgemeine Berichte im Lichte einer bereits erfolgten normativen Vergewisserung der Sicherheit [dort von sog. "Dublinstaaten"] zu werten sind).

II.3.1.5.2. Auf den konkreten Einzelfall umgelegt bedeutet dies, dass im Rahmen einer verfassungs- und richtlinienkonformen Interpretation der hier anzuwendenden Bestimmungen davon ausgegangen werden kann, dass sich die Bundesregierung im Rahmen einer normativen Vergewisserung ein umfassendes Bild von der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien unter Einbeziehung der unter II.2.3 erörterten Quellen verschaffte und zum Schluss kam, dass die Republik Georgien die unter Anhang I der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zur gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes und den im Erk. des VfGH vom 15.10.20014 G237/03 ua. genannten Kriterien erfüllt.

Aufgrund dieser normativen Vergewisserung besteht für die bB bzw. das ho. Gericht die Obliegenheit zur amtswegigen Ermittlung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage nur insoweit, als seitens der bP ein konkretes Vorbringen erstattet wird, welches im konkreten Einzelfall gegen die Sicherheit Georgiens spricht und der bB bzw. dem ho. Gericht im Lichte der bereits genannten Kriterien die Obliegenheit auferlegt, ein entsprechendes amtswegiges Ermittlungsverfahren durchzuführen.

Das Vorbringen der bP war nicht geeignet, einen Sachverhalt zu bescheinigen, welcher die Annahme zuließe, dass ein von der Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall abweichender Sachverhalt vorliegt. Die Behörde bzw. das ho. Gericht waren in diesem Zusammenhang auch nicht verpflichtet, weiter Ermittlungen zu setzen, da die bP keinerlei Ausführungen im Zusammenhang mit der Lage in Georgien getätigt hat, welche im Zusammenhang mit der Abschiebung relevant werden könnten (vgl. VfGH vom 15.10.2014 G237/03 ua mit zahlreichen wN) und liegt auch kein notorisch bekannter Sachverhalt vor, welcher über das Vorbringen der bP hinausgehend noch zu berücksichtigen wäre.

II.3.1.5.3. Es steht außer Zweifel, dass das ho. Gericht gehörig kundgemachte Gesetze und Verordnungen anzuwenden hat, weshalb das ho. Gericht § 19 AsylG, sowie die Herkunftsstaaten-Verordnung selbstredend anzuwenden hat. Sollte die bP die Auffassung vertreten, dass die Republik Georgien in die Herkunftssaatenverordnung aufgenommen wurde, ohne die bereits beschriebenen Kriterien zu erfüllen, steht es ihr frei, den Weg zum Verfassungsgerichtshof zu beschreiten.

Zu A) (Spruchpunkt I)

II.3.2. Vorfragen

II.3.2.1. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Rückkehrentscheidung auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützt.

Für Georgien ist am 28.3.2017 der visumfreie Reiseverkehr mit der Europäischen Union in Kraft getreten. Nach den neuen Regeln dürfen georgische Bürger die Länder des Schengen-Abkommens bis zu 90 Tage ohne ein Visum besuchen. Vorangegangen waren mehrjährige Verhandlungen. Die Einreise georgischer Staatsbürger in die Europäische Union ist auch nach der neuen Regelung an bestimmte Auflagen gebunden, wie an das Vorhandensein eines biometrischen Passes und den Nachweis ausreichender finanzieller Mittel für den Aufenthalt im Mitgliedstaat der EU, nachgewiesen etwa durch Kreditkarten oder Bargeld.

Aus Art. 20 als auch nach Art. 21 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) ist es Personen mit gültigen Aufenthaltstitel gestattet, sich in anderen Vertragsstaaten für drei Monate visumsfrei aufzuhalten.

Für einen geplanten Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen, wobei der Zeitraum von 180 Tagen, der jedem Tag des Aufenthalts vorangeht, berücksichtigt wird, gelten für einen Drittstaatsangehörigen die in Art. 6 Abs. 1 Schengener Grenzkodex, VO (EU) 2016/399, genannten Einreisevoraussetzungen. So muss der Drittstaatsangehörige im Besitz eines gültigen Reisedokuments und, sofern dies in der sog. Visumpflicht-Verordnung VO (EG) Nr. 539/2001 vorgesehen ist, im Besitz eines gültigen Visums sein. Er muss weiters den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben; er darf nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaates darstellen und insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein.

Gemäß Art. 11 Abs. 1 Schengener Grenzkodex werden die Reisedokumente von Drittstaatsangehörigen bei der Einreise und bei der Ausreise systematisch abgestempelt. Ist das Reisedokument eines Drittstaatsangehörigen nicht mit dem Einreisestempel versehen, so können gemäß Art. 12 Abs. 1 Schengener Grenzkodex die zuständigen nationalen Behörden annehmen, dass der Inhaber des Reisedokuments die in dem betreffenden Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen hinsichtlich der Aufenthaltsdauer nicht oder nicht mehr erfüllt. Gemäß Art. 12 Abs. 2 Schengener Grenzkodex kann diese Annahme vom Drittstaatsangehörigen durch jedweden glaubhaften Nachweis widerlegt werden, insbesondere durch Belege wie Beförderungsnachweise oder Nachweise über seine Anwesenheit außerhalb des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten, aus denen hervorgeht, dass er die Voraussetzungen hinsichtlich der Dauer eines kurzfristigen Aufenthalts eingehalten hat.

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten Fremde sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf, (1.) wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben; (2.) wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind; (3.) wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind bis zu drei Monaten (Artikel 21 SDÜ gilt), sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen; (4.) solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG 2005 zukommt; (5.) bis zur Entscheidung über einen Verlängerungsantrag (§ 2 Abs. 4 Z 17a), solange der Aufenthalt als Saisonier in den vergangenen zwölf Monaten insgesamt die Dauer von neun Monaten nicht überschreitet; (Anm.: Z 6 aufgehoben durch Art. 2 Z 47, BGBl. I Nr. 145/2017) (7.) soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

Der Aufenthalt der bP in Österreich ist damit jedenfalls seit Ablauf von drei Monaten ab Einreise nicht mehr rechtmäßig und hat die bB die Rückkehrentscheidung damit zu Recht auf § 52 Abs. 1 Z 2 FPG gestützt.

II.3.2.2. Auf Grund des gültigen Aufenthaltstitels der bP für Italien ist die Anwendung des § 52 Abs. 6 FPG zu prüfen, welcher wie folgt lautet:

"§ 52. [...]

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen."

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rspr., vgl. etwa das Erkenntnis vom 10.04.2014, Zl. 2013/22/0310 dargelegt, dass § 52 FPG die Bestimmungen der Rückführungsrichtlinie umsetzt (siehe dazu RV 1078 BlgNR 24. GP 29). Art. 6 Abs. 2 der Rückführungsrichtlinie sieht vor, dass ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger mit einem Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates zunächst zu verpflichten ist, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaates zu begeben (vgl. auch BVwG vom 08.06.2015, W226 2102337-1/8E).

Schon aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu Letzterem ergibt sich unzweifelhaft, dass der Gesetzgeber damit die Umsetzung des Art 6 Abs 2 RückführungsRL beabsichtigte (vgl. 1078 BlgNR XXIV. GP, S. 29):

"Im vorgeschlagenen Abs. 2 wird auf die Vorgaben der Art. 6 Abs. 2 iVm Art. 7 Abs. 4 und Art. 8 Abs. 1 der RückführungsRL Bedacht genommen, die anstelle des Art. 23 Abs. 2 und 3 SDP treten. Letztgenannte regelten die Verpflichtung des Drittstaatsangehörigen, sich in den Vertragsstaat zu begeben, der ihm einen Aufenthaltstitel ausgestellt hat sowie dessen Abschiebung bei Missachtung dieser Verpflichtung oder im Fall der Verletzung des ordrepublic sowie die ausnahmsweise Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis trotz Illegalität. In diesem Fall ergeht gegen den Drittstaatsangehörigen grundsätzlich keine Rückkehrentscheidung, sondern nur dann, wenn er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommt oder seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist."

Demnach bedarf es also vor Erlassung einer Rückkehrentscheidung einer "Verpflichtung" des Drittstaatsangehörigen, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaates zu begeben (vgl. VwGH 10.4.2014, 2013/22/0310). Die Frage der "Unverzüglichkeit" stellt sich dann in Bezug auf die Zeitspanne, die seit Ausspruch der "Verpflichtung" ergangen ist. Wird ihr "unverzüglich" entsprochen, hat eine Rückkehrentscheidung zu unterbleiben, andernfalls ist sie zu verhängen (VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234).

Bei der Interpretation der Bestimmung des § 52 Abs. 6 letzter Satz FPG ("sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich") ist bei einer Gesamtbeurteilung des Falles insbesondere auf das strafrechtswidrige Verhalten der bP hinzuweisen, welches gravierend die öffentlichen Interessen beeinflusst hat und demgegenüber die familiären Anknüpfungspunkte in Italien zurückzutreten haben. In Österreich liegen keinerlei integrative Anknüpfungspunkte vor. Die sofortige Ausreise der bP war daher aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich, weshalb sogleich eine Rückkehrentscheidung zu erlassen war. Zur konkreten Interessensabwägung wird auf die Ausführungen zum Einreiseverbot verwiesen.

II.3.3. Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels

II.3.3.1.

§ 57 AsylG 2005, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz:

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von

Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) -(4) ...

Ein Ausspruch in Bezug auf § 57 AsylG 2005 hat seine Grundlage in § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005, wonach das BFA die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen hat, wenn sich ein Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des sechsten Hauptstückes des FPG fällt.

II.3.3.2. Eine Gefährdung der bP in diesem Zusammenhang ist nicht erkennbar und wurde auch in der Beschwerde oder Verhandlung nichts dementsprechendes vorgebracht.

II.3.4. Erlassung einer Rückkehrentscheidung

II.3.4.1. Gesetzliche Grundlagen (auszugsweise):

§ 10 AsylG 2005, Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme:

"§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. ...

2. ...

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. - 5. ...

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) ..."

§ 9 BFA-VG, Schutz des Privat- und Familienlebens:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) - (6) ..."

§ 52 FPG, Rückkehrentscheidung:

Gemäß § 52 Abs. 1 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (Z 1) oder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde (Z 2).

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG idF des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2017 (FrÄG 2017), BGBl. I Nr. 145/2017, ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

§ 55 FPG, Frist für die freiwillige Ausreise

§ 55. (1)...

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

(2) - (5).

Art. 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."

II.3.4.2. Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG). Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (§ 9 Abs. 2 BFA-VG).

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz [NAG], BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aus dem Blickwinkel des § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 EMRK zulässig ist, ist weiters eine gewichtende Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung mit dem Interesse des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich vorzunehmen.

Auch wenn das persönliche Interesse am Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zunimmt, so ist die bloße Aufenthaltsdauer freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären und sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Zl. Ra 2015/19/0247).

Es ist davon auszugehen, dass die Gefährdung im Hinblick auf einen etwaigen weiteren Aufenthalt im Hinblick auf Österreich zu prüfen ist, weil die österreichischen Behörden nicht berufen sind zu prüfen, ob die öffentliche Ordnung oder Sicherheit eines anderen Mitgliedsstaates - schon aufgrund der länderbezogenen Spezifizität dieses Tatbestandes (vgl. EuGH vom 27.10.1977, Rs 30/77, Bouchereau, RN. 33 bis 35) - gefährdet ist.

Sollten die italienischen Behörden der Meinung sein, der Beschwerdeführer würde im Hinblick auf einen weiteren Aufenthalt in Italien aufgrund seiner Verurteilung eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit Italiens darstellen, wäre es deren Sache, dem Beschwerdeführer allenfalls seinen unbefristeten Aufenthaltstitelabzuerkennen abzuerkennen und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung zu erlassen.

Die Frage nach dem Eingriff in das Privat- und Familienleben eines Drittstaatsangehörigen darf nicht allein im Hinblick auf seine Verhältnisse in Österreich beurteilt worden, sondern ist auch die Situation in anderen Mitgliedsstaaten in den Blick zu nehmen. Dies folgt unzweifelhaft daraus, dass Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot grundsätzlich auf das gesamte Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten bezogen sein soll (VwGH vom 15.12.2011, 2011/21/0237, VwGH vom 26.03.2015, 2013/22/0284).

II.3.4.3. Ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens der bP ist zu verneinen, da keinerlei familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich vorliegen.

Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot sollen grundsätzlich auf das gesamte Hoheitsgebiet der Staaten, für die die Rückführungsrichtlinie gilt (Mitgliedstaaten), bezogen sein und ist daher das Privat- und Familienleben der bP nicht nur im Hinblick auf die Verhältnisse in Österreich zu beurteilen, sondern auch die Situation in den anderen Mitgliedstaaten zu berücksichtigen (vgl VwGH 26.03.2015, 2013/22/0284). Daher sind seine Bindungen in Italien in die Interessenabwägung einzubeziehen. Da es jedem Mitgliedstaat nach Art 11 Abs 4 der Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger) zusteht, für Drittstaatsangehörige, gegen die ein Einreiseverbot eines anderen Mitgliedstaats besteht, einen Aufenthaltstitel auszustellen, steht es der bP frei, zu versuchen, über Italien eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten und dort das Familienleben mit seiner Ehegattin und deren Tochter fortzusetzen. Zudem steht es der bP und der Ehegattin, welche ebenfalls in Italien nur über einen Aufenthaltstitel verfügt, frei gemeinsam in Georgien zu leben.

II.3.4.4. Weiters ist zu beurteilen, ob die bP über ein schützenswertes Privatleben in Österreich verfügt.

Unter dem Privatleben sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl EGMR 16.6.2005, Fall Sisojeva ua, Appl 60.654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Bei der Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügt, spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer aus und argumentiert im Erkenntnis vom 26.6.2007, 2007/01/0479, "dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte."

Im Fall der bP, die sich lediglich seit ca. 1 Jahr und das in Haft in Österreich aufhielt, ist anzunehmen, dass der Aufenthalt im Bundesgebiet jedenfalls zu kurz ist, um ein schützenswertes Privatleben zu begründen (vgl auch VwGH vom 15.3.2016, Ra 2016/21/0040, VwGH vom 30.6.2016, Ra 2016/21/0192, VwGH vom 23.2.2017, Ra 2016/21/0235 und VwGH vom 14.11.2017, Ra 2017/21/0188).

Es konnte auch nicht davon ausgegangen werden, dass die bP auf Grund ihres Aufenthalts außerhalb ihres Herkunftsstaates über keinerlei Bindung mehr an ihren Herkunftsstaat verfügen würde (vgl. Beweiswürdigung). Auch ihre strafrechtliche Verurteilung wiegt schwer als Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen an der Verhinderung von Straftaten.

Ihre bislang in Italien bestehenden familiären und privaten Kontakte zu ihrem Ehegatten, deren Tochter und Mutter sowie zu allfälligen Bekannten und Freunden können sowohl über diverse verfügbare Kommunikationsmittel (wie Telefon oder Internet) als auch durch Besuche im Herkunftsstaat der bP aufrechterhalten werden.

Im vorliegenden Fall besteht einerseits ein sehr gravierendes strafrechtliches Fehlverhalten de bP, für das sie eine unbedingte Haftstrafe in Höhe von 3 Jahren zu verbüßen hat, andererseits ein Familienleben in Italien mit dortigen Aufenthaltstitel. Es erscheint daher eine Rückkehrentscheidung, die sich nach der oben zitierten Judikatur auf das gesamte Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten bezieht, in Anbetracht dem dargestellten strafrechtsrelevanten Verhalten aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich.

Im Lichte dieser nach § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotenen Abwägung hat sich somit insgesamt nicht ergeben, dass vorhandene familiäre oder nachhaltige private Bindungen der bP das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts überwiegen würden. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet das persönliche Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, welche im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung (auf Dauer oder vorübergehend) unzulässig erscheinen ließen.

II.3.5. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes erweist sich auch das Einreiseverbot als rechtmäßig:

Die belangte Behörde hat das gegenständliche Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG gestützt und mit dem Umstand begründet, dass die bP von einem Gericht zu einer mindestens dreimonatigen Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt wurde.

Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 22.05.2013, Zl. 2013/18/0021, ausgeführt, dass sich der räumliche Umfang der in § 53 Abs. 1 FPG festgelegten Anweisung schon aus den gesetzlichen in Verbindung mit den unionsrechtlichen Bestimmungen ergibt und somit die Staaten erfasst, für die die Rückführungsrichtlinie gilt. Der in § 53 Abs. 1 FPG verwendete Begriff "Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten" ist daher so auszulegen, dass darunter alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union unter Ausschluss von Irland und des Vereinigten Königreichs, jedoch unter Einschluss der assoziierten Schengen-Staaten Island, Norwegen, Schweiz und Liechtenstein zu verstehen sind.

Bei der Entscheidung über eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot ist auch auf die privaten und familiären Interessen des Drittstaatsangehörigen Bedacht zu nehmen. Die Frage nach dem Eingriff in das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen darf aber nicht allein im Hinblick auf seine Verhältnisse in Österreich beurteilt werden, sondern es ist auch die Situation in den anderen Mitgliedstaaten in den Blick zu nehmen. Das folgt daraus, dass Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot grundsätzlich auf das gesamte Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten bezogen sein sollen (VwGH 15.12.2011, Zl. 2011/21/0237; 26.03.2015, Zl. 2013/22/0284). Italien ist EU-Mitgliedstaat und an die Rückführungsrichtlinie gebunden.

§ 53 BPG lautet:

"Einreiseverbot

§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(1a) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Fre

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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