TE OGH 2018/4/30 1Ob42/18k

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Veröffentlicht am 30.04.2018
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Robert Bukovc, Rechtsanwalt, Salzburg, Erzabt-Klotz-Straße 4, als Masseverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der E***** H*****, ohne Angabe von Beschäftigung und Wohnort, vertreten durch die K–B–K Kleibel Kreibich Bukovc Hirsch Rechtsanwälte GmbH, Salzburg, gegen die beklagte Partei J***** A***** H*****, vertreten durch Dr. Walter Wienerroither, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 2.000 EUR sA und Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 8. November 2017, GZ 22 R 296/17h-13, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 15. Mai 2017, GZ 23 C 20/17y-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Der Antrag auf Unterbrechung des Revisionsverfahrens wird abgewiesen.

II. Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Schuldnerin ist im Grundbuch als Eigentümerin bestimmter Liegenschaftsanteile, mit denen Wohnungseigentum an einer näher bezeichneten Wohnung verbunden ist, eingetragen.

Der Kläger begehrt als Masseverwalter im Insolvenzverfahren über ihr Vermögen von ihrem Ehemann Räumung und Nutzungsentgelt. Dazu brachte er vor, der Beklagte sei weder Eigentümer, noch habe er einen Anspruch auf Einverleibung des Eigentums ob dieser Anteile. Ein Kaufvertrag sei nie gültig zustande gekommen; im Übrigen sei er als Masseverwalter davon zurückgetreten.

Der Beklagte entgegnete, er habe durch einen mit seiner Frau abgeschlossenen Kaufvertrag diese Miteigentumsanteile erworben und sei „außerbücherlicher Eigentümer“. Der Rücktritt des Masseverwalters von diesem Kaufvertrag sei „nicht rechtsgültig“.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Gegen die Bestätigung dieses Urteils durch das Berufungsgericht wendet sich der Beklagte mit seiner außerordentlichen Revision.

Zu I.:

Er beantragt weiters anwaltlich vertreten und nach Einbringung der außerordentlichen Revision die Unterbrechung des Revisionsverfahrens. Dazu trug er vor, sein bestellter Verfahrenshelfer habe es unterlassen, in der Revision „rechtlich wesentliche, vom Mandanten ausdrücklich erbetene Anfechtungsgründe, nämlich Nichtigkeit des Verfahrens iS § 477 Abs 1 Z 5 ZPO“ in die außerordentliche Revision aufzunehmen. Dies habe er bei der zuständigen Staatsanwaltschaft angezeigt.

Rechtliche Beurteilung

Damit macht er aber keinen Unterbrechungsgrund nach der ZPO geltend. Wie er selbst erkennt, müsste eine Entscheidung des Strafgerichts, um eine Unterbrechung des Verfahrens zu rechtfertigen, für die des Zivilgerichts „voraussichtlich von maßgebendem Einfluss“ sein (§ 191 Abs 1 ZPO; 7 Ob 245/03k = RIS-Justiz RS0036921 [T1]; vgl auch RS0036924). Weil die angeblich inhaltlich fehlerhafte Ausführung des Rechtsmittels durch den eigenen Rechtsvertreter allenfalls zu Schadenersatzansprüchen gegen seinen Anwalt führen kann, eine Entscheidung des Strafgerichts über den vom Beklagten als „Verletzung iS § 153 StGB“ qualifizierten Sachverhalt aber mangels Präjudizialität die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts nicht beeinflussen kann, ist sein Antrag abzuweisen.

Zu II.: 

§ 21 IO Abs 1 gibt dem Masseverwalter bei zweiseitigen Verträgen ein Rücktrittsrecht dann, wenn der Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens von beiden Seiten noch nicht (vollständig) erfüllt worden ist. Ein Kauf ist vor Verschaffung des Eigentums am Kaufgegenstand, worin ja die Hauptpflicht des Verkäufers liegt (§§ 1061, 1047 ABGB; 5 Ob 700/77 = RIS-Justiz RS0011232, 1 Ob 140/97p), nicht von dessen Seite (vollständig) erfüllt.

Der Beklagte, der nicht bezweifelt, dass er den Kaufpreis im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung nicht bezahlt hatte, meint, und zwar unter Berufung auf den Rechtssatz RIS-Justiz RS0070873 und die E 6 Ob 66/13v, es sei der Vertrag von seiner Frau bereits zur Gänze erfüllt gewesen, weil bei einem Kaufvertrag zwischen Ehegatten die vollständige Erfüllung, „d.h. Übergabe des verkauften Gegenstandes mit dem Willen der Eigentumsübertragung, einen allenfalls vorhandenen Formmangel“ heile.

Es ist aber zur Eigentumsübertragung bei einer Liegenschaft außer einem Erwerbstitel auch die Eintragung ins Grundbuch erforderlich (§ 431 ABGB). Die Aushändigung einer einverleibungsfähigen Urkunde und die Übergabe bzw Übernahme der Liegenschaft bewirken noch nicht den Übergang des Eigentums. Der Vertrag allein verschafft im Fall der Übertragung des Besitzes, solange das Erwerbsgeschäft nicht in die öffentlichen Bücher eingetragen ist, nicht das dingliche Recht selbst. Vielmehr verbleibt das Eigentum bis zur Eintragung des Erwerbers beim bisherigen Eigentümer (8 Ob 109/03t = SZ 2003/141 = ecolex 2004, 258 [Bollenberger]; 10 Ob 14/07t je mwN; Rassi in Konecny, Insolvenzgesetze § 13 IO Rz 32 mwN; Widhalm-Budak in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze §§ 21, 22 KO Rz 126). Nach einhelliger Rechtsprechung und Lehre besteht nämlich gemäß § 431 ABGB außerhalb der im Gesetz normierten – und hier gar nicht behaupteten – Ausnahmen vom Eintragungsgrundsatz kein Platz für außerbücherliches Eigentum an Liegenschaften (vgl RIS-Justiz RS0011111; Eccher/Riss in KBB5 § 431 Rz 2 mwN). Dementsprechend ist die Beurteilung, ob eine vom Schuldner vor der Insolvenzeröffnung verkaufte Liegenschaft noch zu dessen gemäß § 1 IO in die Konkursmasse fallenden Vermögen gehört, nach der Bestimmung des § 431 ABGB und dessen hierin normierten Intabulationsvoraussetzungen vorzunehmen (RIS-Justiz RS0063858 [T1]).

Zu dem vom Kläger für seine Behauptung (einer vollständigen Erfüllung der Verkäuferin durch Übergabe) ins Treffen geführten Rechtssatz RIS-Justiz RS0070873, dessen Aussage aber die (je nach Zweck des Formgebots mögliche) Heilung von Formmängeln betrifft, hat der fünfte Senat in seiner E 5 Ob 294/01y = NZ 2002/548, 378 (krit Hoyer) erläutert, dass in den bis dahin vom Höchstgericht behandelten Fällen keine Liegenschaftsverkäufe beurteilt worden seien. Auch die vom Revisionswerber zitierte E 6 Ob 66/13v (= GesRz 2013, 353 [Umlauft] = JBl 2013, 787 = EvBl 2013/157, 1090) bezog sich nicht auf den Erwerb von Liegenschafts- sondern auf die Übertragung von Gesellschaftsanteilen.

Ein Rücktrittsrecht des Masseverwalters nach § 21 IO im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Verkäuferin wäre nur dann nicht gegeben gewesen, wenn der Beklagte als Käufer außer den einverleibungsfähigen Urkunden einen gültigen Rangordnungsbeschluss in Händen gehalten hätte und er in der Folge auch im Grundbuch als Eigentümer eingetragen worden wäre (8 Ob 109/03t = RIS-Justiz RS0118210). Ersteres hat er gar nicht behauptet. Die Schuldnerin ist auch nach wie vor im Grundbuch eingetragen.

Damit kann der Kläger eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht aufzeigen, weshalb seine Revision zurückzuweisen ist.

Einer weitergehenden Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Textnummer

E121725

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0010OB00042.18K.0430.000

Im RIS seit

18.06.2018

Zuletzt aktualisiert am

15.01.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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