TE OGH 2009/4/29 7Ob270/08v

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Veröffentlicht am 29.04.2009
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stefan M*****, vertreten durch Dr. Longin Josef Kempf und Dr. Josef Maier, Rechtsanwälte in Peuerbach, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Josef Hofinger und Dr. Roland Menschick, Rechtsanwälte in Grieskirchen, wegen 6.644 EUR samt Anhang, über die ordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom 13. August 2008, GZ 22 R 220/08x-36, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Grieskirchen vom 9. Jänner 2008, GZ 3 C 421/06p-29, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil unter Einschluss der in Rechtskraft erwachsenen Teilabweisung von 14,60 EUR lautet:

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 6.629,40 EUR samt 4 % Zinsen seit 27. Juli 2006 binnen 14 Tagen zu zahlen. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 14,60 EUR samt 4 % Zinsen seit 27. Juli 2006 zu zahlen, wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit 6.120,17 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin enthalten 733,53 EUR an USt und 1.719 EUR an Barauslagen), die mit 1.309,12 EUR bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten 198,68 EUR an USt und 117 EUR an Barauslagen) und die mit 1.140,99 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 92,83 EUR an USt und 584 EUR an Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadenersatz wegen Falschberatung im Rahmen eines Kaufvertrags. Er habe bei einem Mitarbeiter der Beklagten Lackmaterialien zur Renovierung seines Oldtimers VW Käfer gekauft. Er habe dem Mitarbeiter genau geschildert, zu welchem Zweck er das Material benötige. Er habe die Auskunft erhalten, dieses sei für die genannten Anforderungen geeignet. Dennoch sei es nach dem Auftragen am PKW zu großflächigen Abblätterungen des Lacks gekommen. Die Beratung durch den Mitarbeiter der Beklagten sei grob fahrlässig falsch erfolgt. Der aufgebrachte Lack sowie der Untergrund müssten wieder entfernt und das Fahrzeug innen und außen neu lackiert werden. Dafür seien 350 Arbeitsstunden des Klägers zu 15 EUR (5.250 EUR) und (näher aufgeschlüsselte) Kosten für Material und Benützung einer Lackkabine im Wert von 1.394 EUR, zusammen also 6.644 EUR notwendig. Die Beklagte habe als Sachverständige gemäß § 1300 ABGB im Rahmen eines Vertragsverhältnisses zum Kläger durch ihren Mitarbeiter einen falschen Rat erteilt und insoweit zumindest gegen vorvertragliche Schutz- und Sorgfaltspflichten verstoßen; sie habe dafür auch eine Gegenleistung in Gestalt des Kaufpreises erhalten. Wäre der Kläger darüber aufgeklärt worden, dass ein Zweikomponenetengrund aufzubringen gewesen wäre, so hätte er diesen bei der Beklagten gekauft. Rücksichtlich des vom Sachverständigen für eine Selbstsanierung angenommenen Betrags von 4.550,40 EUR sei er nicht gewillt, die Sanierung selbst durchzuführen, die für ihn einen erheblichen Aufwand und ein Risiko darstelle. Er werde deshalb die Reparatur durch eine Fachwerkstätte veranlassen. Mit dem Klagsbetrag würden vorsorglich auch die Kosten einer vom Kläger beabsichtigten Sanierung in einem Fachbetrieb geltend gemacht.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Der Kläger habe sich bei ihrem Außendienstmitarbeiter über Produkte erkundigt und diese dann bestellt. Er habe nicht darüber informiert, wozu er das Material benötige. Eine Empfehlung durch ihren Mitarbeiter sei nicht erfolgt. Auch ein Laie hätte beim ersten Anschleifen des Fahrzeugs bemerken müssen, dass eine entsprechende Haftung nicht gegeben gewesen sei, sodass der Kläger den Schaden selbst verschuldet habe. Nach Abschluss des Beweisverfahrens wendete die Beklagte noch mangelnde Aktivlegitimation ein: Der Schaden sei bei einer dritten Person, nämlich dem damaligen Eigentümer des VW Käfer Ernst H***** eingetreten. Der Kläger habe von diesem wissentlich eine bereits beschädigte Sache gekauft, wozu er rechtlich nicht verpflichtet gewesen wäre. Er habe also den Schaden in seiner Sphäre selbst erzeugt und sei deshalb nicht berechtigt, Ersatz zu fordern. Der Kläger entgegnete, er sei wegen Gewährleistung verpflichtet gewesen, das Fahrzeug zurückzunehmen. Vorsichtsweise werde auch vorgebracht, der Käufer habe allfällige Schadenersatzansprüche an den Kläger abgetreten.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von 4.450,40 EUR samt Anhang statt und wies das Mehrbegehren ab. Es ging von folgendem zusammengefassten Sachverhalt aus, der kursiv gedruckt wiedergegeben wird, soweit er im Berufungsverfahren bekämpft wurde:

Der Kläger sowie sein guter Bekannter Ernst H***** (in Hinkunft: Käufer) sind Mitglieder eines „Käfer-Stammtisches". Der Käufer kaufte einen VW Käfer mit dem Baujahr laut Typenschein 1971 um 1.300 EUR. Er restaurierte dieses Fahrzeug gemeinsam mit dem Kläger mit erheblichem (Zeit-)Aufwand. Die Restaurierung wurde ordnungsgemäß durchgeführt, wobei die Karosserie komplett zerlegt, entrostet, sandgestrahlt, gerichtet und gespachtelt sowie die Lackierung außen und innen neu aufgebracht worden war. Der Kläger ist bei einer Firma beschäftigt, die Hubert S*****, damals noch aktiver Mitarbeiter der Beklagten, häufig als deren Lackvertreter aufsuchte. Im Zuge eines Verkaufsgesprächs erzählte der Kläger diesem Mitarbeiter, er möchte einen VW Käfer restaurieren, worauf ihm der Mitarbeiter der Beklagten bestimmte Lackmaterialien empfahl. Der Kläger verließ sich auf diese Aussagen und kaufte die Lackmaterialien im Juni 2004 bei der Beklagten. Auf der Verpackung fand sich kein Hinweis, dass sie nicht miteinander kombiniert werden dürfen. Der Kläger lackierte den VW Käfer, wie es der Mitarbeiter der Beklagten empfohlen hatte. Nachdem die Sanierung des VW Käfer abgeschlossen war, übergab der Kläger das fertig gestellte Auto dem Käufer, der damit eine Zeit lang fuhr. Das Auto war in repariertem Zustand mehr als 10.000 EUR wert. Über den Winter wurde das Fahrzeug abgestellt und mit Leintüchern bedeckt. Nach dem Abdecken im Frühjahr bemerkte der Kläger, dass viele Risse im Lack vorhanden waren. Nachdem ein nochmaliges Lackieren des Kofferraumdeckels nicht den gewünschten Erfolg gebracht hatte, meinte er gegenüber dem Kläger, dass er das Fahrzeug nicht mehr angreife und dem Kläger zurückgebe. Der Kläger kaufte das Auto zu einem nicht feststellbaren Preis zurück.

Schadensursache für das Abblättern des Lacks war die Kombination der beiden von der Beklagten bezogenen Materialien. Der Kläger musste aufgrund seiner Ausbildung nicht wissen, dass diese beiden Materialien nicht verbunden werden dürfen; er wusste davon auch nicht, sondern vertraute auf die Angaben des Mitarbeiters der Beklagten.

Zur Wiederherstellung der Lackierung am VW Käfer sind folgende Arbeiten durchzuführen: Komplettzerlegung der Karosserie, Abheben der Karosserie von der Bodenplatte, Abschleifen und Entfernen des gesamten Lackaufbaus an den betroffenen Teilen, Reinigen, Spachteln, Aufbringen von Grundierung, Pe-Füller, Acrylfüller sowie Basis- und Klarlack mit den entsprechenden Schleif- und Reinigungsarbeiten. Anschließend ist das Fahrzeug zusammenzubauen, zu komplettieren und die demontierten Teile sind einzupassen.

Am Dach bestanden (bei der Befundaufnahme durch den Sachverständigen am 11. Mai 2007) im linken vorderen Bereich deutliche Krater in der Lackoberfläche, die mit der Verwendung der ungeeigneten Materialien nicht im Zusammenhang stehen. Wegen dieses Lackierfehlers ist ein Abzug für den betreffenden Teil (Dach) im Ausmaß von 50 % gerechtfertigt, da das Dach ohnehin entweder neu zu lackieren wäre oder ein optischer Mangel bestehen bliebe.

Bei Durchführung der beschriebenen Sanierungsarbeiten fallen in einer Fachwerkstatt folgende Arbeitszeiten an: 44,7 Stunden für sämtliche Demontage- und Montagearbeiten, Funktionskontrolle und Probefahrt; 126 Stunden für die Entfernung der Altlackierung und Aufbringen der Neulackierung. Werden die Arbeiten vom Kläger selbst ausgeführt, fallen folgende Arbeitszeiten an: 56,3 Stunden für sämtliche Demontage- und Montagearbeiten, Funktionskontrolle und Probefahrt; 158,5 Stunden für Entfernung der Altlackierung sowie Aufbringen der Neulackierung.

Unter Berücksichtigung der Person des Klägers, seiner Ausbildung und seiner Berufserfahrung ist ein Stundensatz von 15 bis 20 EUR (für Lackierarbeiten) angemessen, sodass die Kosten unter Berücksichtigung eines Arbeitszeitaufwandes des Klägers von 214,8 Stunden und eines Materialaufwandes von 1.107 EUR netto insgesamt 4.550,40 EUR inklusive Mehrwertsteuer ausmachen.

Bei Wiederherstellung der Lackierung in einem Fachbetrieb würden die Reparaturkosten unter Berücksichtigung eines Stundensatzes von 60 EUR netto sowie eines Materialaufwands von 1.261,46 EUR netto 13.804,16 EUR inklusive Mehrwertsteuer betragen.

In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, der Schaden sei auf das rechtswidrige und fahrlässige Verhalten des Mitarbeiters der Beklagten zurückzuführen, die daher den „objektiven Verkehrswert" ersetzen müsse; dem Kläger sei kein Mitverschulden anzulasten. Gegen das Ersturteil erhoben beide Parteien - auch im Kostenpunkt - Berufungen. Der Kläger strebte die Erhöhung des Zuspruchs um 2.179 EUR auf 6.629,40 EUR an (sodass die Abweisung im Umfang von 14,60 EUR samt Anhang in Rechtskraft erwuchs). Die Beklagte machte nur die mangelnde Aktivlegitimation des Klägers geltend; Fragen der unrichtigen Beratung des Klägers durch ihren Erfüllungsgehilfen, ihrer Haftung dafür, des dadurch verursachten Mehraufwands und der Verneinung eines Mitverschuldens des Klägers griff sie nicht mehr auf.

Das Berufungsgericht erachtete die Berufung des Klägers als nicht berechtigt, jene der Beklagten hingegen schon und gelangte zu einer gänzlichen Klagsabweisung. Es hielt die Feststellungen des Erstgerichts zu den Eigentumsverhältnissen am VW Käfer für widersprüchlich. Vom Kläger sei aber in seiner Berufungsbeantwortung folgender Sachverhalt zugestanden worden, der den weiteren Überlegungen zugrunde zu legen sei:

„Der Kläger und der Käufer haben den zunächst vom Kläger gekauften VW Käfer gemeinsam restauriert; vereinbart war, dass der Käufer schließlich das Fahrzeug bekommen sollte. Diese Vereinbarung umfasste auch, dass der Käufer als Gegenleistung im Haus des Klägers Fliesen verlegen sollte. Nach der Restaurierung des Fahrzeugs hat dieses der Käufer übernommen und er ist damit auch gefahren. Andererseits waren im Haus des Klägers Fliesen gelegt. Nachdem die Lackprobleme hervorgekommen waren, übergab der Käufer das Fahrzeug wieder an den Kläger und der Kläger bezahlte an den Käufer 1.200 EUR, welcher Betrag dem Wert des nicht restaurierten VW Käfers entspricht. Die Fliesen im Haus des Klägers wurden nicht herausgerissen."

Rechtlich führte das Berufungsgericht aus: Es sei nicht behauptet worden, dass für die Arbeit des Fliesenlegens etwas bezahlt worden sei. Gehe man mangels gegenteiliger Behauptungen davon aus, der Kläger und der Käufer hätten wechselseitig etwa gleichwertige Leistungen erbracht, bestünden nach Übergabe des restaurierten Fahrzeugs und Abschluss der Fliesenlegearbeiten keinerlei wechselseitige Forderungen; solche seien auch weder behauptet worden noch erkennbar. Durch das „Zurücknehmen" des Autos durch den Kläger - ob freiwillig oder aufgrund einer allfälligen Gewährleistungsverpflichtung - nach Auftreten der Lackschäden um den dem Wert des nicht restaurierten Fahrzeugs entsprechenden Betrag von

1.200 EUR sei es zu keiner wesentlichen Vermögensverschiebung und zu keinem Vermögensschaden auf Seiten des Klägers gekommen. Dem Kläger sei daher gar kein Schaden entstanden. Das Vorbringen des Klägers, der Käufer habe allfällige Schadenersatzansprüche an ihn abgetreten, sei völlig nichtssagend. Es sei auch nicht erkennbar, inwieweit der Käufer Schadenersatzansprüche gegen die Beklagte haben könnte, zumal er nicht in einer direkten Vertragsbeziehung mit der Beklagten gestanden sei, sondern Vertragspartner des Klägers gewesen sei. Nach der Rückabwicklung könnte ein Schaden beim Käufer nur insoweit eingetreten sein, als dieser nunmehr für die geleisteten Arbeiten im Zusammenhang mit dem Fliesenlegen im Haus des Klägers keine (ausreichende) Gegenleistung erhalten habe. Der Käufer hätte also höchstens Ansprüche gegen den Kläger stellen können, jedoch keine Schadenersatzansprüche gegen die Beklagte. Ein Vorbringen in Richtung Schadensverlagerung sei nicht erstattet worden und aufgrund der Beweisergebnisse auch nicht indiziert, weshalb eine entsprechende Anleitungspflicht des Erstrichters gegenüber dem Kläger nicht anzunehmen sei. Es sei daher kein Schaden in Form von durchzuführenden Reparaturarbeiten oder Wiederherstellungskosten festzustellen. Die Aufwendungen, die der Kläger ursprünglich geleistet habe, seien im Wesentlichen Gegenleistung für die Verlegung von Fliesen in seinem Haus gewesen, die dem Kläger nach wie vor zugute komme. Insofern sei die Arbeitsleistung des Klägers im Zusammenhang mit der Restaurierung auch nicht frustriert gewesen. Die ordentliche Revision wurde zugelassen, weil der Standpunkt vertreten werden könnte, der Kläger wäre zu Vorbringen zur Schadensverlagerung und allenfalls auch in Richtung des Bestehens einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts anzuleiten gewesen. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens mit dem Antrag auf Abänderung in einen Zuspruch von 6.629,40 EUR samt Anhang.

Die Beklagte tritt in ihrer Revisionsbeantwortung sowohl der Zulässigkeit als auch der inhaltlichen Berechtigung der Revision entgegen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht einen Schadenseintritt beim Kläger zu Unrecht verneinte. Sie ist auch berechtigt. Da der Revisionswerber seine Rechtsrüge gesetzmäßig ausführte, hat der Oberste Gerichtshof die rechtliche Beurteilung ohne Beschränkung auf die vom Rechtsmittelwerber geltend gemachten Gründe zu prüfen (RIS-Justiz RS0043352). Daher sind folgende Überlegungen anzustellen:

1.1. Zunächst ist dazu Stellung zu nehmen, dass das Berufungsgericht - ohne Beweiswiederholung/-ergänzung - von einem (zum Teil) anderen Sachverhalt als das Erstgericht hinsichtlich des Eigentums am VW Käfer und der Vereinbarungen zwischen dem Kläger und dem Käufer ausging, ohne sich mit den in diesem Zusammenhang erhobenen Beweisrügen beider Seiten auseinanderzusetzen. Allerdings blieben diese beiden allfälligen Mängel des Berufungsverfahrens (vgl RIS-Justiz RS0042151, RS0043088, RS0042993 [T1]) im Revisionsverfahren ungerügt:

Der Kläger macht diese Problematik zwar als erhebliche Rechtsfrage geltend, stellt aber im Rahmen der Ausführung der Revision klar, dass „dies nur insoweit geltend gemacht wird, als das Berufungsgericht nicht festgestellt hat, wann konkret das Fahrzeug vom Kläger an den Zeugen H***** weiterverkauft wurde und wann das schadensverursachende Verhalten durch den Mitarbeiter der beklagten Partei gesetzt wurde". Er verlangt damit aber nur eine - wie noch zu zeigen sein wird - für die rechtliche Beurteilung nicht erforderliche Ergänzung des vom Berufungsgerichts angenommenen Sachverhalts. Die Beklagte wiederum bezeichnet in ihrer Revisionsbeantwortung die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, der von ihm angenommene Sachverhalt sei vom Kläger in der Berufungsbeantwortung zugestanden worden, ausdrücklich als zutreffend. Beide Parteien unterließen überdies eine Rüge der Nichtbehandlung ihrer Beweisrügen zu den angesprochenen Themen.

1.2. Mangels Rüge (vgl Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 503 ZPO Rz 120 ff und 143) hat der Oberste Gerichtshof daher zum Eigentum am VW Käfer und zu den zwischen dem Kläger und dem Käufer getroffenen Vereinbarungen nunmehr von folgendem, teilweise von den Feststellungen des Erstgerichts abweichenden und zur Klarstellung zusammengefasst dargestellten Sachverhalt auszugehen:

Der Kläger und der Käufer restaurierten den zunächst vom Kläger gekauften VW Käfer gemeinsam, wobei vereinbart war, dass der Käufer das Fahrzeug schließlich bekommen sollte, der als Gegenleistung im Haus des Klägers Fliesen verlegen sollte. Die beiden restaurierten das Fahrzeug gemeinsam mit erheblichem (Zeit-)Aufwand. Nachdem die Sanierung des VW Käfer abgeschlossen war und im Haus des Klägers die Fliesen gelegt waren, übergab der Kläger das fertig gestellte Auto dem Käufer, der es übernahm und damit eine Zeit lang fuhr. Im Frühjahr bemerkte der Käufer viele Risse im Lack. Da ein nochmaliges Lackieren des Kofferraumdeckels nicht den gewünschten Erfolg gebracht hatte, gab der Käufer das Fahrzeug an den Kläger zurück, der dafür

1.200 EUR bezahlte, welcher Betrag dem Wert des nicht restaurierten VW Käfer entspricht.

2.1. Jedenfalls bis zur Vereinbarung zwischen dem Kläger und dem Käufer betreffend die Übertragung des Eigentums am VW Käfer an den Käufer gegen Erbringung von Fliesenlegerarbeiten ist daher vom Eigentum des Klägers am VW Käfer auszugehen. Inhaltlich entspricht die in der Folge geschlossene Vereinbarung keinem der gesetzlich geregelten Vertragstypen, weil weder Geld und Ware (Kaufvertrag) noch Ware und Ware (Tauschvertrag) noch Arbeitsleistung und Geld (Dienstvertrag) im Austauschverhältnis standen. Bei derartigen gemischten Verträgen ist für die Beurteilung jeder einzelnen Leistungspflicht die sachlich am meisten befriedigende Vorschrift heranzuziehen; das ist nach der herrschenden Kombinationstheorie die Vorschrift für jenen Vertragstyp, dem die einzelne Pflicht entstammt (RIS-Justiz RS0013941 [T3]; Bollenberger in KBB² § 859 ABGB Rz 15). Betreffend die - üblicherweise einem Kaufvertrag entsprechende - Pflicht des Klägers zur Verschaffung von Eigentum am fertig restaurierten VW ist es daher gerechtfertigt, dazu auf die Bestimmungen des ABGB zum Kaufvertrag zurückzugreifen. § 1053 ABGB sieht - in Entsprechung der §§ 380, 425 ABGB - das Erfordernis der Übergabe der Sache an den Käufer für den Eigentumsübergang vor. Bezogen auf den vorliegenden Sachverhalt bedeutet dies, dass der Kläger sein Eigentum am VW Käfer erst mit der Übergabe des Fahrzeugs an den Käufer verloren haben konnte, die erst nach vollendeter Restaurierung stattfand. Sowohl die für den Schadenseintritt ursächliche Falschberatung durch den Erfüllungsgehilfen der Beklagten als auch die Lackierung des VW Käfer mit dafür untauglichen Materialien mussten daher zwangsläufig zu einem Zeitpunkt erfolgt sein, als das Auto noch nicht übergeben war und daher noch im Eigentum des Klägers stand. Nachdem zweifellos ein ordnungsgemäß restaurierter VW Käfer übertragen werden sollte, war das Fahrzeug ab der Lackierung mit unverträglichen Materialien mit einem (keineswegs geringfügigen) Mangel behaftet, auch wenn dieser erst später, und zwar nach der Übergabe durch Risse im Lack und Abblättern zu Tage trat.

2.2. Die Vereinbarung zwischen dem Kläger und dem Käufer stellt jedenfalls ein gegenseitiges und entgeltliches Rechtsgeschäft dar, weshalb die Gewährleistungsbestimmungen der §§ 922 ff ABGB Anwendung finden können. Nach § 924 Satz 1 ABGB muss der Mangel bei der Übergabe/Ablieferung der Sache vorliegen. Daher ist es gleichgültig, ob der Mangel schon ursprünglich, das heißt beim Abschluss des Vertrags, vorhanden war, oder erst nachträglich (zwischen Vertragsabschluss und Leistung) eingetreten ist (Koziol/Welser II13 65 mwN). Der exakte Zeitpunkt des Eintritts des Mangels muss deshalb auch nicht festgestellt werden.

3.1. Die Leistung einer mangelhaften Sache hat Gewährleistungsansprüche des Übernehmers (= des Käufers) zur Folge, und zwar hier nach § 932 ABGB primär die Verbesserung (für den restaurierten VW Käfer als Speziessache kommt ein Austausch nämlich nicht in Frage); sekundär stehen Preisminderung oder Wandlung zur Verfügung. Durch die Wandlung, die sich noch nicht durch die einseitige Erklärung des Erwerbers der Kaufsache, sondern aufgrund einer Parteienübereinkunft oder mangels einer solchen eines richterlichen Urteils vollzieht, wird der Vertrag ex tunc aufgehoben, die Rechtssache wird also mit schuldrechtlicher Wirkung rückwirkend gestaltet; aufgrund des Vertrags vollzogene Übereignungsakte sind zwar sachenrechtlich weiter wirksam, doch besteht ein schuldrechtlicher Anspruch auf Rückübertragung (RIS-Justiz RS0018599 [insbesondere T3 und T5]; Ofner in Schwimann³ § 932 ABGB Rz 70; Koziol/Welser II13 76 mwN), die hier ohnehin vollzogen wurde.

3.2. Hält man sich das Verlangen des Käufers, das Fahrzeug zurückzugeben, und die dargestellte Rechtslage vor Augen, so kann die weitere zwischen dem Käufer und dem Kläger getroffene Vereinbarung, den VW Käfer gegen Bezahlung von 1.200 EUR durch den Kläger wieder zurückzugeben, ungeachtet der Bezeichnung durch die rechtsunkundigen Vertragsparteien als (Rück-)Kauf nur als zulässige Einigung auf eine Rückabwicklung, also Wandlung des ursprünglich abgeschlossenen Vertrags verstanden werden, bei der der Ausgleich der wechselseitigen Ansprüche (zum Beispiel für die früheren Arbeitsleistungen des Käufers am Fahrzeug und für Fliesenlegerarbeiten einerseits und die Benützung des Fahrzeugs durch den Käufer andererseits) einvernehmlich mit 1.200 EUR zugunsten des Käufers festgelegt wurde. In diesem Sinn berief sich auch der Kläger in Erwiderung des Einwands der Beklagten, der Schaden sei nicht beim Kläger eingetreten, er habe ohne Verpflichtung wissentlich eine beschädigte Sache gekauft, in erster Instanz darauf, er sei gewährleistungsrechtlich verpflichtet gewesen, das Fahrzeug zurückzunehmen, was die Beklagte in erster Instanz gar nicht weiter zu entkräften versuchte.

Damit wurden aber sowohl Titel als auch Modus für den Verlust des Eigentums des Klägers nachträglich beseitigt, sodass von der Wiederherstellung des schon davor bestandenen Eigentums des Klägers auszugehen ist, nicht jedoch - wie die Beklagte argumentiert - von einem neuerlich erworbenen Eigentum aufgrund einer Vertragskette mit jeweils selbständigen Rechtsfolgen. Das bedeutet, dass das ursprüngliche, bloß zweipersonale Verhältnis zwischen dem Kläger als Eigentümer des VW Käfer und Käufer der Lackmaterialien auf der einen Seite und der Beklagten als Verkäuferin, repräsentiert durch ihren Erfüllungsgehilfen, auf der anderen Seite wieder hergestellt wurde. Fragen im Zusammenhang mit einer Schadensverlagerung, die eine Beziehung unter drei Personen voraussetzt, stellen sich somit gar nicht; ebenso wenig kommt es auf eine Forderungsabtretung vom Käufer an den Kläger an. Der den Obersten Gerichtshof bindende Sachverhalt bietet auch keinen ausreichenden Anlass für die Annahme des Zustandekommens einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts.

3.3. Das Berufungsgericht hat sich mit seinen Überlegungen zum einen von den erstinstanzlichen Einwendungen der Beklagten entfernt, die die Aktivlegitimation des Klägers (nur) wegen Eintritts des Schadens beim Käufer als Eigentümer bestritt, nicht jedoch Behauptungen zur Wertigkeit der zwischen dem Kläger und dem Käufer ausgetauschten Leistungen aufstellte und die Fliesenlegerarbeiten unerwähnt ließ. Zum anderen ließ es die dem Vorbringen des Klägers entsprechende Qualifikation der zweiten Vereinbarung als (Einigung über die) Wandlung des ersten zwischen dem Kläger und dem Käufer abgeschlossenen Rechtsgeschäfts unberücksichtigt, das zur Wiederherstellung der davor bestandenen Situation führte.

4.1. Das Begehren des Klägers ist auf Ersatz der Kosten gerichtet, die wegen der Verwendung des bei der Beklagten gekauften, jedoch - resultierend aus einer unrichtigen Beratung - untauglichen, also mangelhaften Lackmaterials notwendig sind, um die Mangelfolgeschäden am VW Käfer zu beseitigen, also auf die Verbesserungskosten. Das Berufungsgericht hat sich zwar - ausgehend von seiner unrichtigen Rechtsansicht - mit der Beweisrüge des Klägers zu seinem Arbeitszeit- und Materialaufwand für die Wiederherstellung einer ordnungsgemäßen Lackierung nicht auseinandergesetzt. Das schadet aber schon deshalb nicht, weil sich der Kläger alternativ zur Begründung seines erhobenen Anspruchs von 6.644 EUR auch auf die Kosten einer (teureren) Sanierung in einer Fachwerkstätte in Höhe von 13.804,16 EUR berief und dazu vorbrachte, dass er eine solche Sanierung beabsichtige und veranlassen werde. Dieses Vorbringen hat die Beklagte - worauf der Kläger zutreffend hinweist - in erster Instanz bloß unsubstantiiert bestritten, obwohl ihr (erst in der Berufungsbeantwortung unzulässig [§ 482 ZPO] nachgetragene) Einwände leicht möglich gewesen wären (RIS-Justiz RS0039927). Die vom Kläger behauptete Absicht einer Reparatur in einer Fachwerkstätte hat daher als zugestanden zu gelten (§ 267 ZPO), weshalb Feststellungen dazu gar nicht erforderlich waren (RIS-Justiz RS0040110).

4.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs steht dem Geschädigten grundsätzlich der Ersatz der Reparaturkosten zu, wenn die Reparatur möglich und wirtschaftlich („tunlich") ist (RIS-Justiz RS0030285). Von Untunlichkeit der Reparatur kann nur die Rede sein, wenn die Reparatur erheblich höhere Kosten verursachte, als der Zeitwert des Fahrzeugs vor der Beschädigung ausmachte (RIS-Justiz RS0030487 [T2]). Für die Untunlichkeit der Reparatur des beschädigten Fahrzeugs trifft den Schädiger, hier die Beklagte, die Behauptungs- und Beweislast (RIS-Justiz RS0030394), die dazu aber kein Vorbringen erstattete. Die Reparaturkosten richten sich nach den Kosten einer technisch einwandfreien Reparatur (2 Ob 158/07k mwN = RIS-Justiz RS0030308 [T6]; 8 Ob 82/85 mwN = ZVR 1987/38 S 118), weshalb Anspruch auf Durchführung in einer Fachwerkstätte besteht (was von der Beklagten gar nicht bestritten wird). Die Ersatzfähigkeit der Reparaturkosten setzt die bereits durchgeführte Reparatur nicht voraus, vielmehr genügt die Reparaturabsicht, die hier anzunehmen ist.

Nach dieser Rechtslage ist dem Kläger ein Anspruch auf Ersatz der Kosten einer Reparatur in einer Fachwerkstätte zuzugestehen, die hier mit 13.804,16 EUR inklusive Mehrwertsteuer feststehen, wovon der Kläger - unter Berücksichtigung der in Rechtskraft erwachsenen Teilabweisung von 14,60 EUR - nur 6.629,40 EUR begehrt. Darauf, ob das Erstgericht zu Recht einen geringfügigen Abzug von 105 EUR inklusive Mehrwertsteuer (offenbar dem Sachverständigengutachten folgend) wegen eines Lackierfehlers im linken vorderen Bereich des Daches vorgenommen hat, kommt es somit nicht an. Dieser Betrag findet nämlich jedenfalls in den dem Kläger zustehenden Kosten einer Fachreparatur Deckung.

4.3. Die Revision des Klägers erweist sich damit als zur Gänze berechtigt, weil die Urteile der Vorinstanzen - soweit noch nicht rechtskräftig - auf einen Zuspruch von 6.629,40 EUR samt 4 % Zinsen seit 27. Juli 2006 abzuändern sind.

5. Das erfordert eine Neuberechnung der Kosten für beide Vorinstanzen. Der Kläger ist mit seinem Kostenrekurs ebenso darauf zu verweisen wie die Beklagte mit ihrer Berufung im Kostenpunkt. Der Kläger ist in erster Instanz nur mit 14,60 EUR unterlegen; nach § 43 Abs 2 ZPO hat er dennoch Anspruch auf vollen Kostenersatz. Er hat die Kosten zum überwiegenden Teil richtig verzeichnet, einer Korrektur (im Sinn der Kostenrüge der Beklagten) bedarf nur die Entlohnung des Gutachtenserörterungsantrags ON 20, weil dafür Honorar nur nach TP 2 RAT zusteht (2 Ob 201/99v ua). Der Additionsfehler betreffend die Barauslagen (richtig 1.719 EUR) war zugunsten des Klägers wahrzunehmen (RIS-Justiz RS0113805). Somit errechnen sich Kosten von zusammen 6.120,17 EUR.

In den Rechtsmittelverfahren blieb der Kläger zur Gänze erfolgreich. Gemäß §§ 41, 50 ZPO hat der Beklagte daher sowohl die richtig verzeichneten Kosten der Berufung (658,96 EUR) und der Berufungsbeantwortung (650,16 EUR) des Klägers als auch der Revision (1.140,99 EUR) zu ersetzen.

Anmerkung

E908617Ob270.08v

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0070OB00270.08V.0429.000

Zuletzt aktualisiert am

29.06.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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