TE OGH 2009/12/15 1Ob240/09i

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Veröffentlicht am 15.12.2009
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen 1. Diotima F*****, und 2. Simon W*****, über den Revisionsrekurs des Vaters Michael F*****, vertreten durch Mag. Dr. Wolfgang Fromherz und Mag. Dr. Bernhard Glawitsch, Rechtsanwälte in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 21. September 2009, GZ 43 R 507/09s-U62, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Liesing vom 29. Mai 2009, GZ 1 P 11/00a-U55, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht erhöhte die monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters für die 1997 und 1999 geborenen Kinder ab 1. 1. 2008 auf 418 EUR bzw 352 EUR. In die Unterhaltsbemessungsgrundlage bezog es zusätzlich zu dem jährlichen Nettoeinkommen von 18.400 EUR, das der Vater als Lehrer im Jahr 2008 erzielte, eine fiktive jährliche Nettorendite von rund 8.000 EUR ein, die der Vater bei konservativer Veranlagung aus einem ererbten Vermögen von mindestens 204.000 EUR (das er tatsächlich in die Aufnahme einer Schafzucht investierte) erzielen könnte.

Das Rekursgericht bestätigte diese Erhöhung der Unterhaltsverpflichtung und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs wegen fehlender höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu der Frage zu, ob ein geldunterhaltspflichtiger Elternteil mit einem aus einer vollen Erwerbstätigkeit bezogenen Arbeitseinkommen, das nur eine Alimentierung des Kindes unter dem Durchschnittsbedarf ermögliche, das ihm aus einer Erbschaft zugekommene Vermögen ohne Aussicht auf in absehbarer Zeit erzielbare Gewinne in einen landwirtschaftlichen Betrieb investieren dürfe.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs des Vaters ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.

Zur Unterhaltsbemessungsgrundlage zählen fiktive Erträgnisse eines - auch im Erbweg erworbenen (RIS-Justiz RS0047397) - Vermögens, die der Unterhaltspflichtige bei möglichst erfolgversprechender Anlage des Kapitals zumutbarerweise erzielen kann (10 Ob 57/08t; RIS-Justiz RS0047643). Für die Anspannung auf ein tatsächlich nicht erzieltes Einkommen genügt die leicht fahrlässige Herbeiführung des Einkommensmangels, indem der Unterhaltspflichtige zumutbare Einkommensbemühungen unterlässt (RIS-Justiz RS0047495 [T2]). Maßstab ist stets das Verhalten eines pflichtbewussten Elternteils in der Lage des Unterhaltspflichtigen (RIS-Justiz RS0047421). Auch eine Anspannung über den Regelbedarf hinaus ist grundsätzlich zulässig, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind (7 Ob 97/08b mwN; RIS-Justiz RS0047487). Keinesfalls kann der Verzicht auf die Erzielung eines höheren Einkommens, der nicht durch besondere, vom Unterhaltspflichtigen zu behauptende und beweisende (RIS-Justiz RS0047436; vgl RS0106533) berücksichtigungswürdige Umstände erzwungen ist, zu Lasten der unterhaltsberechtigten Kinder gehen (RIS-Justiz RS0047566).

Nach diesen Kriterien haben die Vorinstanzen die einzelfallbezogene (RIS-Justiz RS0007096) Frage der Anspannung des Vaters auf fiktive Erträge aus seinem Vermögen in einer Weise gelöst, die nicht korrekturbedürftig ist. Die vom Vater selbst stammende Einschätzung, er könne frühestens nach Ablauf von 5 Jahren „allenfalls mögliche" monatliche Einkünfte von 1.000 EUR aus der Schafzucht mit 110 Tieren erzielen, stellt sich im Vergleich zu der von den Vorinstanzen angenommenen jährlichen Rendite nicht als optimale Verwertung des ererbten Vermögens dar, zwingt sie doch die unterhaltsberechtigten Kinder für den Zeitraum von 5 Jahren zu einer bescheideneren Lebensführung und das ohne Garantie auf eine zukünftige Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Vaters. Der Ausbildung des Vaters als Absolvent einer landwirtschaftlichen Fachhochschule kommt nicht die Bedeutung zu, welche ihr der Revisionsrekurs zumisst, liegt doch der hauptsächliche berufliche Schwerpunkt des Vaters in seiner Lehrertätigkeit und garantiert seine Ausbildung nach seiner eigenen Einschätzung keine monatlichen Einkünfte, die das Lehrereinkommen übersteigen. Was die Höhe des fiktiven Zinsertrags bei konservativer Veranlagung betrifft, so handelt es sich dabei um eine Tatsachenfeststellung, die den Obersten Gerichtshof auch im Außerstreitverfahren bindet (RIS-Justiz RS0007236). Dass das Erstgericht die Höhe der Nettoverzinsung (rund 3,92 % jährlich) ohne Ermittlungsverfahren festgestellt hat, wurde im Rekurs des Vaters als Verfahrensmangel gerügt. Dieser, vom Rekursgericht verneinte Mangel des Verfahrens erster Instanz stellt - abgesehen von einer in diesem Unterhaltsverfahren nicht relevanten Einschränkung (Wahrung des Kindeswohls) - keinen Revisionsrekursgrund dar (4 Ob 135/05i = RIS-Justiz RS0050037 [T5]).

Textnummer

E92687

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0010OB00240.09I.1215.000

Im RIS seit

14.01.2010

Zuletzt aktualisiert am

19.10.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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