TE AsylGH Erkenntnis 2008/11/24 E9 227793-3/2008

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Veröffentlicht am 24.11.2008
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Spruch

E9 227.793-3/2008-5E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. R. Engel als Vorsitzenden und den Richter Mag. H. Leitner als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. Mayer über die Beschwerde der E. auch M.E. auch M., geb. 00.00.1959, StA. Armenien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.08.2008, FZ. 02 00.687-BAT, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 7 AsylG 1997 BGBl I Nr. 76/1997 idF BGBl I Nr. I 129/2004 als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. Die Beschwerdeführerin (BF), ihren Angaben nach eine Staatsangehörige von Armenien, stellte am 05.01.2002 beim Grenzüberwachungsposten Gmünd gegenüber einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Asylantrag. Dies erfolgte im Rahmen einer mit der BF aufgenommenen Niederschrift wegen des Verdachtes der Übertretung des Fremden- bzw. des Grenzkontrollgesetzes.

 

Als Begründung für das Verlassen ihres Herkunftsstaates Armenien brachte sie zunächst (zusammengefasst dargestellt) vor, dass ihre Familie von Armeniern bedroht werde, weil ihr Mann und ihr Sohn moslemischen Glaubens seien. Bei ihrer asylbehördlichen Einvernahme am 12.02.2002 durch das BAA - Erstaufnahmestelle Ost präzisierte die BF ihre Angaben. Sie habe Armenien verlassen, weil ihr Gatte "Türke" sei und sie deshalb von Organen der HHSch-Partei diskriminiert worden sei. Sie selbst sei von 1983 bis 1988 Mitglied dieser Partei gewesen und werde deshalb verfolgt. Besonders wurde von der BF betont, dass sie niedergeschlagen und anschließend zwei Monate im Krankenhaus gelegen sei. Als Resultat dieses Vorfalles habe sie ihr Gedächtnis verloren. Sie könne nicht nach Armenien zurückkehren, da sie dort möglicherweise getötet werde.

 

Mit dem Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.03.2002, Zahl: 02 00.687-BAT, wurde der Asylantrag der Beschwerdeführerin gem. § 6 Z 3 AsylG 1997 als offensichtlich unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 AsylG wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Armenien für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.).

 

Dagegen wurde von der Beschwerdeführerin am 05.04.2002 fristgerecht Berufung erhoben.

 

Diesem Rechtsmittel hat der Unabhängige Bundesasylsenat - vom damals zuständigen Senatsmitglied Mag. Stracker - mit Bescheid vom 07.05.2002, Zahl: 227.793/0-VI/17/02 stattgegeben. Der Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.03.2002, Zahl: 02 00.687-BAT, wurde gem. § 32 Abs 2 AsylG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

 

Mit dem Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.11.2002, Zahl: 02 00.687-BAT, wurde der Asylantrag der Beschwerdeführerin gem. § 7 AsylG 1997 als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 AsylG wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Armenien für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.).

 

Dagegen wurde von der Beschwerdeführerin am 15.11.2002 fristgerecht Berufung erhoben.

 

Mit dem Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 10.12.2007, Zahl: 227.793/1/3E-VI/17/02 wurde der Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.11.2002, Zahl: 02 00.687-BAT, gem. § 66 Abs 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

 

Am 29. Jänner 2008 erfolgte die zweite asylbehördliche Einvernahme der BF durch das Bundesasylamt- Erstaufnahmestelle Ost.

 

Am 19.03.2008 langte beim BAA das von Dr. G. erstellte fachärztliche unfallchirurgische Gutachten ein (AS 343 ff). Diesem folgte am 08.07.2008 das von Primarius Dr. S. erstattete psychiatrische Sachverständigengutachten (AS 389 ff).

 

Am 08. August 2008 kam es schließlich zur dritten Einvernahme der BF durch das Bundesasylamt- Erstaufnahmestelle Ost.

 

Nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens hat das BAA folglich mit Bescheid vom 22.08.2008 den Asylantrag gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 AsylG wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Armenien für nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt II.). Gemäß § 8 Abs 3 iVm § 15 Abs 2 AsylG wurde der BF eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 20.08.2009 erteilt (Spruchpunkt III.).

 

Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides hat die Beschwerdeführerin innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Spruchpunkt II. und III. erwuchsen am 09.09.2008 in Rechtskraft. Hinsichtlich des konkreten Inhaltes der Beschwerde, der bei den Erwägungen des Asylgerichtshofes berücksichtigt wurde, wird auf den Akteninhalt verwiesen (VwGH 16.12.1999, 99/20/0524).

 

Die im angefochtenen Bescheid bereits enthaltenen verfahrensgegenständlichen Niederschriften und die getroffenen Feststellungen, insbesondere zum Herkunftsstaat, werden hiermit zum Inhalt dieser Entscheidung erklärt. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist das erkennende Gericht berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das Erk. d. VwGH vom 4. 10. 1995, 95/01/0045; VwGH 24. 11. 1999, 99/01/0280; auch VwGH 8. 3. 1999, 98/01/0278).

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes.

 

Die belangte Behörde legte im Rahmen der Beweiswürdigung (Bescheid S 55 - 58) dar, dass es der Beschwerdeführerin nicht gelungen sei, ihr ausreisekausales Vorbringen - abgesehen von den Angaben zu ihrer Person und der Tatsache, dass sie vor mehreren Jahren eine Kopfverletzung erlitt - glaubhaft zu machen, da dieses in wesentlichen Punkten widersprüchlich bzw. nicht plausibel war.

 

Die vom BAA vorgenommene Beweiswürdigung (Bescheid S 55 - 58) ist im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig. Sie steht auch im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Behörden einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

 

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

 

Aus Sicht des Asylgerichtshofes ist unter Heranziehung dieser, von der höchstgerichtlichen Judikatur festgelegten, Prämissen für den Vorgang der freien Beweiswürdigung dem Bundesasylamt nicht entgegenzutreten, wenn es das ausreisekausale Vorbringen im Ergebnis als nicht glaubhaft qualifiziert. Der Asylgerichtshof schließt sich daher diesen beweiswürdigenden Argumenten an.

 

Die Beschwerdeführerin beantragt in der Beschwerde zum Beweis der darin vorgebrachten Umstände eine mündliche Verhandlung. In der Beschwerde wird aber nicht angeführt, was bei dieser Einvernahme an entscheidungsrelevantem und zu berücksichtigendem Sachverhalt noch hervorkommen hätte können, insbesondere, womit sie die aufgetretenen und für die Entscheidung maßgeblichen Widersprüche und Unplausibilitäten, die zur Nichtglaubhaftmachung ihrer ausreisekausalen Gründe führten, aufzuklären beabsichtige. So argumentiert auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass schon in der Beschwerde darzulegen ist, was eine ergänzende Einvernahme an diesen Widersprüchen hätte ändern können bzw. welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hervorgekommen wären. (zB. VwGH 4.7.1994, 94/19/0337). Wird dies unterlassen, so besteht keine Verpflichtung zur neuerlichen Einvernahme, da damit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung, der sich der Asylgerichtshof anschließt, nicht substantiiert entgegen getreten wird.

 

Weiters führt die BF im Beschwerdeschriftsatz an, dass vom einvernehmenden Referenten - vermutlich auf die beiden ausführlichen Einvernahmen am 29.01.2008 und 08.08.2008 bezogen - "verhörähnliche" Fragetechniken angewandt worden seien. Im Zusammenhang mit ihrem behaupteten Gedächtnisverlust, der Nervosität und ihren psychischen Problemen habe man schon beinahe allein dadurch Widersprüche konstruiert. Bei Betrachtung der gegenständlichen Niederschriften kann dieser Vorwurf nicht nachvollzogen werden. Die Asylbehörde hat die materielle Wahrheit von Amts wegen zu erforschen. Hierbei kann oftmals nur auf eine genaue Befragung des Asylwerbers zurückgegriffen werden. Hinsichtlich der Fragestellung lassen sich aber keine Besonderheiten feststellen und bei genauer Betrachtung hinterlassen die Niederschriften den Eindruck, dass sie den konkreten Verlauf wiedergeben. Gegenteiliges hat die BF auch in der Beschwerde nicht dargetan.

 

Den beiden ersten Niederschriften (vom 12.02.2002 und 29.01.2008) ist weiters nicht zu entnehmen, dass die BF während der Einvernahmen ihre nunmehrige Beanstandung kundtat, was aber ihrer Mitwirkungsverpflichtung entsprochen hätte. Lediglich bei der dritten asylbehördlichen Einvernahme am 08.08.2008 wurde von der BF auf ihr Unwohlsein hingewiesen. Auf die Nachfrage, ob sie sich in der Lage fühle, die Einvernahme durchzuführen, gab sie an: "Ich werde mein Bestes geben." Auf Grund dieser Frage konnte sie aber erkennen, dass sie den Einvernahmetermin bei gesundheitlichen Problemen nicht wahrnehmen muss und eine Verschiebung möglich gewesen wäre. Im Übrigen wird auch bereits in der Ladung darauf hingewiesen, dass Krankheit einen Entschuldigungsgrund für das Nichterscheinen zur Einvernahme darstellt. In Bezug auf den behaupteten Gedächtnisverlust und daraus resultierenden Widersprüchen ist außerdem auf das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Dr. S. zu verweisen, wonach die BF zwar unter psychischen Störungen leide, diese aber nicht derartig gravierend sind, dass sie als Begründung für Widersprüche in den Aussagen der BF herangezogen werden können. Auch die im Jänner 2008 im Allgemeinen Krankenhaus (AKH) der Stadt Wien durchgeführte Operation am linken Ohr der BF ist laut dem behandelnden Arzt Prof. H. vom AKH Wien als Ursache für eine Verschlechterung des Gedächtnisses "sehr unwahrscheinlich".

 

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die BF im Verfahren mehrmals die Möglichkeit hatte ihre Gründe für das Verlassen ihres Herkunftsstaates vollumfänglich darzulegen - selbst in der Beschwerde bestand noch die Möglichkeit allfällige Widersprüche aufzuklären bzw. den Sachverhalt zu ergänzen. Es ist den Niederschriften auch zu entnehmen, dass die erstinstanzliche Behörde im Großen und Ganzen eine geduldige Befragung der Beschwerdeführerin durchführte, wobei auf bestimmte, für die Entscheidung wesentliche Punkte wiederholt zurückgekommen wurde und an keiner Stelle der Eindruck entsteht, die Vernehmungsfähigkeit der Beschwerdeführerin sei nicht mehr gegeben gewesen. Im Ergebnis sind diese Einwände daher nicht dergestalt konkret und substantiiert, um damit dem vollen Beweis (§ 15 AVG) der Niederschrift zu entkräften bzw. um der Beweiswürdigung hinreichend entgegenzutreten um damit eine ergänzende Ermittlungspflicht auszulösen.

 

Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, dass sie ihr mangelhaftes Verständnis des Dolmetschers daran gehindert hätte, den Sachverhalt anlässlich ihrer niederschriftlichen Einvernahmen zur Gänze zu Protokoll zu bringen, ist Folgendes anzuführen: Wäre dem tatsächlich so gewesen, so wäre die BF im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht verhalten gewesen, sich dahingehend zu äußern, dass sie ein weiteres bzw. anderes Vorbringen zu erstatten habe. Generell wird am Ende jeder Einvernahme der Asylwerber befragt, ob er den Dolmetscher verstanden habe. Diese Frage wurde von der BF bei allen drei Einvernahmen bejaht. Anschließend hat sie auch sämtliche Rückübersetzungen mit ihrer Unterschrift bestätigt. Darüber hinaus ist auch darauf hinzuweisen, dass bei genauer Betrachtung der Protokolle keine Hinweise zu finden sind, aus denen sich ableiten ließe, dass zwischen dem Dolmetscher und der BF Verständigungsprobleme bestanden hätten. Die erkennende Behörde geht daher davon aus, dass die behaupteten Verständigungsproblemetatsächlich nicht vorgelegen sind. Auch ist in der Beschwerde kein konkretes Sachverhaltsvorbringen enthalten und fehlen Ausführungen, welche Angaben die Beschwerdeführerin hätte machen können, wenn die angeblichen Verständigungsprobleme nicht vorgelegen wären. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Behauptung von Verständigungsproblemen mit dem Dolmetscher und deren Nichtprotokollierung in der Erstinstanz als nicht zutreffend erachtet werden und als Schutzbehauptung zu qualifizieren sind.

 

Abschließend wird von der BF moniert, dass die Behörde nicht schlüssig darlegen konnte, weshalb diese zum Ergebnis gelangt sei, dass die Verletzung nicht in der von der BF behaupteten Weise entstanden sei. Dieser Vorwurf ist bei Betrachtung der ausführlichen Beweiswürdigung des erstinstanzlichen Bescheides für den Asylgerichtshof nicht nachvollziehbar. Es steht zwar außer Streit, dass die BF vor mehreren Jahren eine Verletzung am Hinterkopf erlitten hat (siehe das unfallchirurgische Gutachten von Dr. G., AS 343 ff). Auf Grund der zahlreichen in der Beweiswürdigung schlüssig aufgezeigten Widersprüche - besonders im Hinblick auf die Entstehung der Verletzung und den anschließenden Krankenhausaufenthalt - erachtete das BAA das Vorbringen der BF aber, den obigen Grundsätzen der Beweiswürdigung entsprechend, als nicht glaubhaft.

 

Es wird somit die Beweiswürdigung des BAA in der Beschwerde nicht substantiiert bekämpft, weshalb der Asylgerichtshof nicht veranlasst war das Ermittlungsverfahren zu wiederholen bzw. zu ergänzen (vgl. zB. VwGH 20.1.1993, 92/01/0950; 14.12.1995, 95/19/1046; 30.1.2000, 2000/20/0356; 23.11.2006, 2005/20/0551 ua.).

 

Im gegenständlichen Verfahren ist aber für den Asylgerichtshof insbesondere aus einem weiteren Widerspruch in einem wesentlichen Punkt einleuchtend, dass die als ausreisekausal dargelegten Bedrohungen zweifelsfrei nicht den Tatsachen entsprechen.

 

Die BF gab nämlich zu Protokoll, inwieweit sie bezüglich der behaupteten ausreisekausalen Ereignisse Hilfe der Polizei in Anspruch nahm. So wurde bei der Einvernahme am 12.02.2002 auf die Frage "Wer möchte Sie töten?" von der BF Folgendes angegeben: "Woher soll ich das wissen. Ich sagte bereits, dass ich mich an die Polizei wandte, die mir aber nicht weiterhalf." (Bescheid S 3)

 

Im Rahmen der Einvernahme am 29.01.2008 gab die BF dann auf die Frage, ob sie überhaupt jemals den Versuch unternommen habe, sich an die Polizei zu wenden, Folgendes zu Protokoll: "Nein, ich hatte Angst." (Bescheid S 28)

 

Dieser gravierende Widerspruch wurde ihr auch vom BAA vorgehalten, wobei ihr Erklärungsversuch nicht überzeugend war: "Ich sagte nur, dass, wenn ich mich an die Polizei gewandt hätte, sie mir nicht helfen hätte können." Dies kann aber ihrer ersten eindeutigen Angabe, die konkret und unmissverständlich ist, nicht entnommen werden. Es ist in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, dass die BF bei der Rückübersetzung ihrer Aussagen natürlich die Möglichkeit hatte Korrekturen/ Richtigstellungen vorzunehmen. Das Protokoll wurde von der BF allerdings vorbehaltlos akzeptiert.

 

Ein weiterer Ansatzpunkt, dass das dargelegte Verletzungsszenario und der anschließende Krankenhausaufenthalt nicht den Tatsachen entsprechen, ist der Umstand, dass die BF bei ihren Einvernahmen trotz eines angeblichen mehrwöchigen Krankenhausaufenthaltes nicht angeben konnte, welche genauen Verletzungen - die BF sprach erst in der dritten Einvernahme vage von Kopfschmerzen, Bluthochdruck und Gedächtnisverlust - sie erlitten habe bzw. welche konkrete Diagnose gestellt wurde. Eine Wundvernähung oder gar Operation sei laut Aussage der BF unwahrscheinlich, auch gebe es keine sichtbaren Narben. Sie schilderte nur einen "Schlag auf den Kopf" und einen daraus resultierenden Verlust ihres Erinnerungsvermögens. Diese Angaben stehen im Widerspruch zur langen stationären Aufenthaltsdauer der BF. Eine Gehirnerschütterung wäre laut unfallchirurgischen Gutachten des Dr. G. zwar möglich gewesen, deren Symptome wären jedoch nach einer Woche nicht mehr gegeben gewesen und hätten auch keinen stationären Aufenthalt erfordert. Es ist weiters theoretisch möglich, dass nach einer Gewalteinwirkung auf das Hinterhaupt eine Bewusstlosigkeit mit anschließender Erinnerungslücke auftritt, ein Gedächtnisverlust, wie von der BF geschildert, ist aber nicht nachvollziehbar. Es ist auch nicht nachvollziehbar, warum keine radiologische Abklärung stattgefunden haben soll. Eine mehrwöchige stationäre Aufnahme ist wohl nur mit einer schweren Verletzung im Gehirnbereich erklärbar, nicht jedoch mit einer schlichten Gehirnerschütterung. Die Aussagen der BF zu ihrer Verletzung und der Dauer des Krankenhausaufenthaltes sind somit nicht mit dem unfallchirurgischen Gutachten des Dr. G. in Einklang zu bringen.

 

Die Zulässigkeit für den Asylgerichtshof über die Beweiswürdigung der Erstbehörde hinaus ergänzende Schlüsse aus den bisherigen Ermittlungen zu ziehen, ergibt sich aus § 41 Abs 7, 2. Fall, AsylG 2005, wonach von einer mündlichen Verhandlung auch dann abgesehen werden kann, wenn sich aus "den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht". Um der Begründungspflicht, resultierend aus § 60 AVG, wonach der Bescheid [das Erkenntnis] erkennen lassen muss, aus welchen Erwägungen die Behörde [der Asylgerichtshof] zu dieser Ansicht gelangt ist, zu entsprechen, bedarf es aber einer (nachvollziehbaren) Darstellung der dafür maßgeblichen gedanklichen Vorgänge.

 

Der Gesetzgeber verwendet hier mit "zweifelsfrei" eine andere Diktion wie im § 6 Abs 1 Z 4 AsylG 1997 idFd Asylgesetz-Novelle 2003, wonach ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzuweisen ist, wenn das "......Bedrohungsszenario offensichtlich den Tatsachen nicht entspricht". Schon aus dem anders gewählten Wortlaut leuchtet es ein, dass der Gesetzgeber hier im § 41 Abs 7 2. Fall AsylG 2005 idgF - womit eine Erweiterung der Möglichkeit der Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung geschaffen werden sollte - mit "zweifelsfrei" auf Grund des anderen Wortsinnes eine andere Wertung anlegen wollte, als mit der "Offensichtlichkeit", ansonsten es keiner Änderung der Diktion bedurft hätte. Daraus resultiert aber auch, dass sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Offensichtlichkeit (vgl. Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 1997 Praxiskommentar, S 100ff mwN auf die Judikatur des VwGH) im zitierten § 6 AsylG 1997 nicht ohne weiteres auf diese neue Bestimmung übertragen lässt. Dem Wortsinn nach ist unter "zweifelsfrei" die "Freiheit von (innerer) Unsicherheit, Ungewissheit, mangelndem Glauben oder innerem Schwanken gegenüber einem (möglichen) Sachverhalt oder einer Behauptung" zu verstehen. Zu dieser Überzeugung hat der Richter (das Gericht) auf Basis der "bisherigen Ermittlungen" zu gelangen.

 

Hier ergeben sich derartige Fakten im Wesentlichen aus den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin im Rahmen des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens. Der Asylgerichtshof ist nicht verhalten, den Asylwerber zu Widersprüchen in Ansehung seines Asylantrages zu befragen, weil keine Verpflichtung besteht, ihm im Wege eines behördlichen Vorhalts zur Kenntnis zu bringen, dass Widersprüche in seinen eigenen Aussagen vorhanden seien, die im Rahmen der gem § 45 Abs 2 AVG vorzunehmenden Beweiswürdigung zu seinem Nachteil von Bedeutung sein könnten, und ihm aus diesem Grunde eine Stellungnahme hiezu zu ermöglichen (VwGH 4.11.1992, 92/01/0560; vgl. ua. auch VwGH 27.6.1985, 85/18/0219; 3.4.1998, 95/19/1734; 30.1.1998, 95/19/1713 wonach keine Verpflichtung besteht, den vom Antragsteller selbst vorgebrachten Sachverhalt zu Gehör zu bringen [siehe auch Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, Rz 29 zu § 45 mwN]). Die Behörde bzw. das Gericht ist auch nicht verpflichtet, dem Antragsteller Gelegenheit zur Stellungnahme hinsichtlich einer vorgenommenen Beweiswürdigung zu geben [Hinweis E 23. April 1982, 398/80] (VwGH25.11.2004, 2004/03/0139; Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, Rz 25 zu § 45 mwN). Wenn die Behörde bzw. das Gericht aufgrund der vorliegenden Widersprüche zur Auffassung gelangte, dass dem Asylwerber die Glaubhaftmachung (seiner Fluchtgründe) nicht gelungen ist, so handelt es sich um einen Akt der freien Beweiswürdigung (VwGH 4.11.1992, 92/01/0560).

 

Den vom Bundesasylamt herangezogenen Berichten zur Situation im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin ist in der Beschwerde - soweit sie Entscheidungsrelevanz entfalten - nicht konkret und substantiiert entgegengetreten worden. Eine maßgebliche Änderung der entscheidungsrelevanten Lage in Armenien ist weder notorisch noch entspricht dies dem Amtswissen, weshalb das im angefochtenen Bescheid dargestellte Lagebild - sofern es maßgeblich ist - noch als aktuell anzusehen ist.

 

Im Ergebnis ist es der Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde weder gelungen eine wesentliche Unschlüssigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung aufzuzeigen, noch ist sie dieser im Rahmen der Anfechtungsbegründung in substantiierter Form entgegengetreten. Hiezu wäre es erforderlich gewesen, dass die Beschwerdeführerin entweder in begründeter Form eine maßgebliche Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung dargetan oder Argumente vorgebracht hätte, die einerseits zu einer anderen Gewichtung oder Bewertung der verfahrensgegenständlichen Beweismittel führen würden oder aus denen andererseits im Rahmen der allgemeinen Denklogik eine Prävalenz des von ihr dargestellten Geschehnisablaufes gegenüber jenem von der Erstbehörde angenommenen hervorleuchtet, was im Ergebnis zu einer anders gelagerten Wahrscheinlichkeitsbeurteilung des der weiteren rechtlichen Würdigung zugrunde zu legenden historisch-empirischen Sachverhaltes führen würde.

 

2. Gemäß § 38 Abs 1 AsylG 1997 BGBl I Nr. 76/1997 idF BGBl I Nr. I 129/2004 entscheidet über Rechtsmittel gegen Bescheide des Bundesasylamtes der unabhängige Bundesasylsenat.

 

Gemäß § 75 Abs 7 AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

1. Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

2. Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

3. Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen."

 

Gemäß § 75 Abs 1 AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des AsylG 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt.

(....).

 

Gegenständlicher Asylantrag wurde am 05.01.2002 gestellt, weshalb sich die Anwendung des AsylG 1997 in der im Spruch zitierten Fassung ergibt. Das Verfahren war am 1.7.2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig und es hat noch keine mündliche Verhandlung stattgefunden. Die Zuständigkeit des erkennenden Senates ergibt sich aus der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes.

 

Soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof gem. § 23 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG idgF hat der Asylgerichtshof [Berufungsbehörde], sofern die Beschwerde [Berufung] nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er [sie] ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) seine [ihre] Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Zu Spruchpunkt I.:

 

Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist eine Person, die aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder die sich als Staatenlose infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will.

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern, ob eine vernunftbegabte Person nach objektiven Kriterien unter den geschilderten Umständen aus Konventionsgründen wohlbegründete Furcht erleiden würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380). Dies trifft auch nur dann zu, wenn die Verfolgung von der Staatsgewalt im gesamten Staatsgebiet ausgeht oder wenn die Verfolgung zwar nur von einem Teil der Bevölkerung ausgeübt, aber durch die Behörden und Regierung gebilligt wird, oder wenn die Behörde oder Regierung außerstande ist, die Verfolgten zu schützen (VwGH 4.11.1992, 92/01/0555 ua.).

 

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 14.10.1998, Zl. 98/01/0262). Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194).

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes müssen konkrete, den Asylwerber selbst betreffende Umstände behauptet und bescheinigt werden, aus denen die von der zitierten Konventionsbestimmung geforderte Furcht rechtlich ableitbar ist (vgl zB vom 8. 11. 1989, 89/01/0287 bis 0291 und vom 19. 9 1990, 90/01/0113). Der Hinweis eines Asylwerbers auf einen allgemeinen Bericht genügt dafür ebenso wenig wie der Hinweis auf die allgemeine Lage, zB. einer Volksgruppe, in seinem Herkunftsstaat (vgl VwGH 29. 11. 1989, 89/01/0362; 5. 12. 1990, 90/01/0202; 5. 6. 1991, 90/01/0198; 19. 9 1990, 90/01/0113).

 

Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Asylgerichtshofes die dargestellten Voraussetzungen für die Zuerkennung von Asyl, nämlich eine glaubhafte Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat aus einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK angeführten Grund nicht gegeben.

 

Wie sich aus der Beweiswürdigung ergibt, ist es der Beschwerdeführerin nicht gelungen eine solche glaubhaft zu machen, weshalb diese vorgetragenen ausreisekausalen Angaben der Asylwerberin - vorbehaltlich den Angaben zu ihrer Person und der Tatsache, dass sie vor mehreren Jahren eine Kopfverletzung erlitt - gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (vgl. VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380). Auch aus der allgemeinen Lage lässt sich konkret für die Beschwerdeführerin kein Asyl ableiten.

 

Ergänzend ist anzumerken, dass es hier zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmales der "Glaubhaftmachung" (der Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt zu sein) quasi wegen der Offenkundigkeit einer Verfolgungsgefahr überhaupt keiner Bescheinigungsmittel bedurft hätte, der gegenständliche Fall keinen Anhaltspunkt bietet (vgl zB. auch VwGH 25.06.2003, Zahl 2000/04/0092). Zum gleichen Ergebnis gelangt man auch unter Berücksichtigung der in Art 4 Abs 5 der Richtlinie 2004/83 des Rates, dargelegten Grundsätze der Staatenpraxis, die lauten:

 

"Wenden die Mitgliedstaaten den in Absatz 1 Satz 1 genannten Grundsatz an, wonach der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz begründen muss, und fehlen für Aussagen des Antragstellers Unterlagen oder sonstige Beweise, so bedürfen diese Aussagen keines Nachweises, wenn

 

a) der Antragsteller sich offenkundig bemüht hat, seinen Antrag zu substantiieren;

 

b) alle dem Antragsteller verfügbaren Anhaltspunkte vorliegen und eine hinreichende Erklärung für das Fehlen anderer relevanter Anhaltspunkte gegeben wurde;

 

c) festgestellt wurde, dass die Aussagen des Antragstellers kohärent und plausibel sind und zu den für seinen Fall relevanten besonderen und allgemeinen Informationen nicht in Widerspruch stehen;

 

d) der Antragsteller internationalen Schutz zum frühest möglichen Zeitpunkt beantragt hat, es sei denn, er kann gute Gründe dafür vorbringen, dass dies nicht möglich war;

 

e) die generelle Glaubwürdigkeit des Antragstellers festgestellt worden ist."

 

Im gegenständlichen Fall waren wesentliche Aussagen nicht kohärent bzw. plausibel und es war auch nicht die generelle Glaubwürdigkeit der Person festzustellen. Somit hätten ihre entscheidungsrelevanten Aussagen auch nach der leg cit eines "Nachweises" zur Glaubhaftmachung bedurft, der bis zur gegenständlichen Entscheidung jedoch nicht erbracht wurde.

 

Selbst wenn man das ausreisekausale Vorbringen der BF rein hypothetisch, ohne es an dieser Stelle als glaubwürdig qualifizieren zu wollen der rechtlichen Beurteilung zu Grunde legen würde, kommt bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein qualifizierter Sachverhalt hervor, welcher eine Asylgewährung rechtfertigen könnte. Asyl wird nicht als Ausgleich für erlittene Repressionen gewährt, sondern als Schutz vor aktuellen Verfolgungen. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob eine Verfolgungsgefahr aktuell besteht, ist, wie oben ausgeführt, der Zeitpunkt der Bescheiderlassung. War der Asylwerber erwiesenermaßen zum Zeitpunkt seiner Ausreise im Herkunftsland verfolgt, hat sich zum Entscheidungszeitpunkt über den Asylantrag die Gefährdungssituation jedoch soweit entspannt, dass eine Rückkehr zumutbar ist, ist eine Asylgewährung ausgeschlossen. Nach den der Entscheidung zugrundeliegenden Länderfeststellungen betreffend Armenien (Bescheid S 4 ff und Bescheid S 39 ff), liegen derzeit keine aktuellen Berichte darüber vor oder existieren keine von Amts wegen aufzugreifenden Anhaltspunkte, dass gegenwärtig armenische Staatsbürger, die in einer Mischehe mit einem aserbaidschanischen Ehepartner leben bzw. Sympathisanten der HHSch-Partei in Armenien generell mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer asylrelevanten - sohin auch einer maßgeblichen Intensität erreichenden - Verfolgung ausgesetzt bzw. staatlichen Repressionen unterworfen würden. Sohin würde es in Folge der sich geänderten Verhältnisse jedenfalls an der erforderlichen Aktualität der Verfolgung mangeln.

 

Es war unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände daher zu Recht kein Asyl zu gewähren, die Entscheidung des BAA im Ergebnis zu bestätigen und die Beschwerde somit hinsichtlich Spruchpunkt I. abzuweisen.

 

III. Gemäß § 41 Abs 7 AsylG 2005 kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67 d AVG. Es ergibt sich aus § 23 AsylGHG, dass die dort als Rechtsfolge vorgesehene sinngemäße Anwendung des AVG 1991 unter dem Vorbehalt anderer Regelungsinhalte des B-VG, des AsylG 2005 und des VwGG steht. Derartige ausdrückliche andere Regelungen für das Verfahren vor dem Asylgerichtshof sind, in den in der Erläuterung laut AB 371 XXIII. GP genannten §§ 20, 22 und 41 AsylG 2005 enthalten, wohl aber auch in den §§ 42, 61 und 62 AsylG 2005. Es ergibt sich aus § 23 AsylGHG somit die Anwendung von Verfahrensbestimmungen für den Asylgerichtshof in allen anhängigen Verfahren einschließlich der gemäß den Übergangsbestimmungen des AsylG 2005 nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führenden Verfahren, ohne dass es dafür einer Nennung dieser Bestimmungen (auch) im § 75 Abs 1 AsylG 2005 bedürfte. § 41 Abs 7 ist daher im gegenständlichen Verfahren anwendbar.

 

Im gegenständlichen Fall konnte das Unterlassen der mündlichen Verhandlung auf die 1. und ergänzend auch auf die 2. Fallvariante gestützt werden. Der Sachverhalt konnte aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt erachtet werden, da dieser nach einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde nach schlüssiger Beweiswürdigung festgestellt und dieser in der Beschwerde auch nicht substantiiert entgegen getreten wurde. Weder war der Sachverhalt ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden nicht vorgetragen.

 

Im konkreten Fall wurde im Rahmen der Erwägungen auch dargestellt, dass sich aus den bisherigen Ermittlungen für den erkennenden Asylgerichtshof zweifelsfrei ergab, dass das Vorbringen im dargestellten Ausmaß nicht den Tatsachen entspricht. Es konnte daher eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Schlagworte
Glaubhaftmachung, Glaubwürdigkeit, Mitwirkungspflicht
Zuletzt aktualisiert am
09.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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