TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/4 L510 2233426-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.08.2020
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Entscheidungsdatum

04.08.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53
FPG §55

Spruch

L510 2233426-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. INDERLIETH als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Georgien, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.06.2020, Zl: XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrenshergang

1. Die beschwerdeführende Partei (bP) wurde am 15.10.2019 aufgrund des Verdachts der strafbaren Handlung der Schlepperei festgenommen und in weiterer Folge in Untersuchungshaft genommen.

Ihr wurde seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Schreiben vom 02.01.2020 Parteiengehör gem. § 45 Abs 3 AVG eingeräumt und wurde sie über die beabsichtigten fremdenpolizeilichen Maßnahmen in Kenntnis gesetzt. Darüber hinaus hat die bP das Länderinformationsblatt zu Georgien erhalten. Folgende Fragen wurden seitens des BFA an die bP im Rahmen des Parteiengehörs gerichtet:

1.       Seit wann besteht ein durchgehender Aufenthalt in Österreich?

2.       Bekanntgabe der persönlichen Verhältnisse/familiäre Bindungen in Österreich.
Besteht ein gemeinsamer Haushalt? Soziales Umfeld – Freunde etc.? (Um detaillierte
Angaben zu Namen/Adresse/Häufigkeit der Kontakte gebeten.)

3.       Über welche Schul- und Berufsausbildung verfügen Sie in Österreich? Welchen Beruf
üben Sie derzeit aus bzw. haben Sie zuletzt ausgeübt?

4.       Nachweis einer ausreichenden Krankenversicherung

5.       Nachweis ausreichender Existenzmittel/Einkommen zur Bestreitung des
Lebensunterhaltes

6.       Welche Bindungen liegen zum Herkunftsstaat vor?

7.       Gibt es einen Aufenthaltstitel in einem anderen EU-Staat?

8.       Bei Bestehen eines Aufenthaltstitels in einem EU-Staat. Bekanntgabe der
persönlichen Verhältnisse/familiäre Bindungen im EU-Staat/Besteht ein gemeinsamer
Haushalt? Soziales Umfeld – Freunde etc.? (Um detaillierte Angaben zu
Namen/Adresse/Häufigkeit der Kontakte gebeten.)

9.       Gibt es Gründe warum Sie nicht in Ihr Herkunftsland zurückkehren können?

Die bP hat keine Stellungnahme beim BFA eingebracht, obwohl im schriftlichen Parteiengehör ausgeführt wurde, dass bei Nichterbringung einer Stellungnahme, ohne weitere Anhörung entschieden und das Einreiseverbot anhand der Aktenlage erlassen wird.

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX 2020, GZ: XXXX , wurde die bP wegen dem Verbrechen der Schlepperei gemäß § 144 Abs 1 und Abs 3 Z 2 FPG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 24 Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil legte sie Berufung ein. Der Berufung wurde mit Rechtsmittelentscheidung des OLG XXXX vom XXXX 2020, GZ: XXXX , insofern Folge gegeben, als dass ihre Freiheitsstrafe auf 15 Monate herabgesetzt wurde.

Sie verbüßen derzeit ihre Freiheitsstrafe in der Justizanstalt XXXX .

Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid des BFA vom 26.06.2020 wurde der bP ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 Asylgesetz 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 erlassen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz wurde gegen sie ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.). Gemäß § 52 Abs 9 FPG wurde festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Georgien zulässig sei (Spruchpunkt IV.). Gem. § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt. (Spruchpunkt V). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs 2 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).

Mit Verfahrensanordnung vom selben Tag wurde ihr ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

2. Mit Schriftsatz der Vertretung vom 23.07.2020 wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht.

3. Mit 31.07.2020 langte der Verwaltungsverfahrensakt bei der zuständigen Gerichtsabteilung ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1. Zur Person der beschwerdeführenden Partei:

Die Identität der bP steht fest. Sie führt den im Spruch genannten Namen und das dort angeführte Geburtsdatum. Sie ist Staatsangehöriger von Georgien. Sie ist gesund und arbeitsfähig. Sie reiste legal mit einem georgischen Reisepass in Österreich ein und war hier im Bereich der Schlepperkriminalität tätig. Sie verfügt über keinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet. Sie hat keinen Aufenthaltstitel in Österreich. Sie hat keine Arbeitserlaubnis in Österreich. Sie verfügt über keine familiären Bindungen in Österreich. Ihre Familie lebt in Georgien. Ein Bruder der bP lebt in Spanien, zu welchem sie in Kontakt steht und welchen sie besuchen möchte.

Sie wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX 2002, GZ: XXXX , wegen dem Verbrechen der Schlepperei gemäß § 144 Abs 1 und Abs 3 Z 2 FPG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 24 Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil legte sie Berufung ein. Der Berufung wurde mit Rechtsmittelentscheidung des OLG XXXX vom XXXX 2020, GZ: XXXX , insofern Folge gegeben, als dass ihre Freiheitsstrafe auf 15 Monate herabgesetzt wurde.

Demnach hat sie gemeinsam mit einem Komplizen im Auftrag einer dritten Person mehrmals illegale Fremde von Slowenien nach Österreich befördert und nutzte hierfür slowenische Mietautos.

Die bP wurde auch in der Ukraine wegen qualifizierten Diebstahl bereits zu 3 Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Am 28.09.2019 wurde sie von dieser Strafe für ein Jahr auf Bewährung befreit.

1.2. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die bP im Falle einer Ausreise nach Georgien aus in ihrer Person gelegenen Gründen oder aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort einer maßgeblichen individuellen Gefährdung oder Bedrohung ausgesetzt wäre oder dort keine hinreichende Existenzgrundlage vorfinden würde.

1.3. Zur aktuellen Lage in Georgien wird auf die länderkundlichen Feststellungen des BFA im bekämpften Bescheid verwiesen, die auch der gegenständlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde gelegt werden.

2. Beweiswürdigung

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsverfahrensaktes. Zentral wurden berücksichtig:

-        Bericht der Polizei vom 15.10.2019

-        Bericht der Polizei vom 16.10.2019

-        Urteil Landesgericht XXXX vom XXXX

-        Rechtsmittelentscheidung des OLG XXXX

-        Fremdenakt

-        Auszug aus dem ZMR/SA/KPA/IZR-Int

- Bescheid des BFA

- Beschwerde

2.1. Die Feststellungen zu 1.1. stützen sich auf den vorliegenden Akteninhalt und wurden im Verfahren nicht bestritten, weshalb auch das BVwG diese Feststellungen seiner Entscheidung zugrunde legt.

2.2. Die Feststellungen zu 1.2. wurden mangels irgendeines in diese Richtung deutenden Vorbringens durch das BFA getroffen. Auch in der Beschwerde machte die bP in Bezug auf ihren Herkunftsstaat keine Probleme geltend.

Insgesamt war somit den diesbezüglichen Feststellungen des BFA nicht entgegen zu treten.

Dass es aktuell in Georgien keinen landesweiten bewaffneten Konflikt gibt, unter dem die Zivilbevölkerung in einer Weise zu leiden hätte, dass ein Aufenthalt dort jedermann, sohin auch die bP, in eine maßgebliche Gefahrenlage bringen würde, war zugleich als notorisch festzustellen, wie dies aus den Feststellungen des BFA zu gewinnen war.

2.3. Die vom BFA getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage in Georgien stellen sich in den für die Entscheidung wesentlichen Aspekten als ausreichend und tragfähig dar und stehen mit dem Amtswissen des Gerichts hierzu im Einklang.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A)

1. Zu Spruchpunkt I.

Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen

1.1. Gemäß § 58 Abs 1 Z 5 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt. Über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 57 AsylG hat das Bundesamt gem. § 58 Abs 3 AsylG im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

§ 57 AsylG 2005 lautet:

(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs 1 Z 1 oder Abs 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Abs 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können.

1.2. Die bP wurde in Österreich straffällig und liegt somit kein rechtmäßiger Aufenthalt der bP im Bundesgebiet vor. Sie fällt auch nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG betreffend Zurückweisung, Transitsicherung, Zurückschiebung und Durchbeförderung.

Das BFA prüfte somit entsprechend der einschlägigen Bestimmungen die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG. Es lagen gegenständlich jedoch keine Umstände vor, dass der bP allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre und wurde diesbezüglich selbst in der Beschwerde nichts Derartiges dargetan.

Die Beschwerde gegen diesen Spruchpunkt war somit abzuweisen.

2. Zu Spruchpunkt II.

Rückkehrentscheidung

2.1. Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, so ist diese Entscheidung gemäß § 10 Abs 2 AsylG mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Die gegenständliche Entscheidung war daher mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden.

2.2. Gemäß § 52 FPG iVm § 9 BFA-VG darf eine Rückkehrentscheidung nicht verfügt werden, wenn es dadurch zu einer Verletzung des Privat- und Familienlebens in Österreich käme:

§ 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gem. Art 8 Abs 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Zweifellos handelt es sich beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl um eine öffentliche Behörde im Sinne des Art 8 Abs 2 EMRK; der Eingriff ist – wie bereits oben dargestellt – in § 9 Abs 1 BFA-VG iVm § 67 FPG gesetzlich vorgesehen.

Es ist daher in weiterer Folge zu prüfen, ob der Eingriff in Ihr Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Sinne von Art 8 Abs 2 EMRK, verfolgt. Es ist eine individuelle Abwägung der betroffenen Interessen vorzunehmen, um festzustellen, ob der Eingriff durch das Aufenthaltsverbot auch als im Sinne des Art 8 Abs 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann.

Art 8 EMRK:

Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.“

Für die Beurteilung ob ein relevantes Privat- und/oder Familienleben iSd Art 8 EMRK vorliegt sind nach der höchstgerichtlichen Judikatur insbesondere nachfolgende Umstände beachtlich:

Privatleben

Nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (zB. eine Rückkehrentscheidungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

Bei der Schutzwürdigkeit des Privatlebens manifestiert sich der Grad der Integration des Fremden insbesondere an intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen (vgl. EGMR 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 5.7.2005, 2004/21/0124; 11.10.2005, 2002/21/0124).

Familienleben

Das Recht auf Achtung des Familienlebens iSd Art 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben;

das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (EGMR Kroon, VfGH 28.06.2003, G 78/00); etwa bei Zutreffen anderer Faktoren aus denen sich ergibt, dass eine Beziehung genügend Konstanz aufweist, um de facto familiäre Bindungen zu erzeugen: zB Natur und Dauer der Beziehung der Eltern und insbesondere, ob sie geplant haben ein gemeinsames Kind zu haben; ob der Vater das Kind als eigenes anerkannt hat; ob Unterhaltszahlungen für die Pflege und Erziehung des Kindes geleistet wurden; und die Intensität und Regelmäßigkeit des Umgangs (EGMR v. 8.1.2009, Zl 10606/07, Fall Grant gg. Vereinigtes Königreich).

Kinder werden erst vom Moment ihrer Geburt an rechtlich Teil der Familie. Zu noch ungeborenen Kindern liegt somit bis dahin (noch) kein schützenswertes Familienleben iSd Art 8 EMRK vor (vgl. zB VfGH 24.02.2003, B 1670/01; EGMR 19.02.1996, GÜL vs Switzerland).

Der Begriff des Familienlebens ist jedoch nicht nur auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere „de facto Beziehungen“ ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, X ua).

Eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen fällt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) nur dann unter den Schutz des Art 8 Abs 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Juni 2006, B 1277/04, unter Hinweis auf die Judikatur des EGMR; des Weiteren auch das Erkenntnis des VwGH vom 26. Jänner 2006, Zl. 2002/20/0423 und die darauf aufbauende Folgejudikatur, etwa die Erkenntnisse vom 26. Jänner 2006, Zl. 2002/20/0235, vom 8. Juni 2006, Zl. 2003/01/0600, vom 22. August 2006, Zl. 2004/01/0220 und vom 29. März 2007, Zl. 2005/20/0040, vom 26. Juni 2007, 2007/01/0479).

Die Beziehung der bereits volljährigen Kinder zu den Eltern ist vor allem dann als Familienleben zu qualifizieren, wenn jene auch nach Eintritt der Volljährigkeit im Haushalt der Eltern weiterleben, ohne dass sich ihr Naheverhältnis zu den Eltern wesentlich ändert (Chvosta, Die Rückkehrentscheidung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 860 unter Hinweis auf Wiederin in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art 8 EMRK Rz 76).

Nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind Beziehungen zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern, die wegen des Fehlens von über die üblichen Bindungen hinausgehenden Merkmalen der Abhängigkeit nicht (mehr) unter den Begriff des Familienlebens fallen, unter den Begriff des ebenfalls von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Privatlebens zu subsumieren (VwGH 21.4.2011, 2011/01/0093-7 [vgl. dazu die Urteile des EGMR vom 9. Oktober 2003, Slivenko gegen Lettland, Beschwerde Nr. 48321/99, Randnr. 97, vom 15. Juni 2006, Shevanova gegen Lettland, Beschwerde Nr. 58822/00, Randnr. 67, vom 22. Juni 2006, Kaftailova gegen Lettland, Beschwerde Nr. 59643/00, Randnr. 63, und vom 12. Jänner 2010, A.W. Khan gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 47486/06, Randnr. 31 ff]).

Alle anderen verwandtschaftlichen Beziehungen (zB zwischen Enkel und Großeltern, erwachsenen Geschwistern [vgl. VwGH 22.08.2006, 2004/01/0220, mwN; 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723-8], Cousinen [VwGH 15.01.1999, 97/21/0778; 26.6.2007, 2007/01/0479], Onkeln bzw. Tanten und Neffen bzw. Nichten) sind nur dann als Familienleben geschützt, wenn eine „hinreichend starke Nahebeziehung“ besteht. Nach Ansicht der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist für diese Wertung insbesondere die Intensität und Dauer des Zusammenlebens von Bedeutung (vgl. VfSlg 17.457/2005). Dabei werden vor allem das Zusammenleben und die gegenseitige Unterhaltsgewährung zur Annahme eines Familienlebens iSd Art 8 EMRK führen, soweit nicht besondere Abhängigkeitsverhältnisse, wie die Pflege eines behinderten oder kranken Verwandten, vorliegen.

Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR im Fall Cruz Varas gegen Schweden). In diesen Fällen ist nach der Judikatur des EGMR der Eingriff in das Privatleben gegebenenfalls separat zu prüfen (Chvosta, Die Rückkehrentscheidung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 856 mwN).

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

2.3. In Österreich leben keine Familienangehörigen der bP. Die Rückkehrentscheidung bildet daher keinen unzulässigen Eingriff in das Recht Familienleben.

Die bP reiste in Österreich nur in Zusammenhang mit ihrer Straffälligkeit im Rahmen der Schlepperkriminalität ein. Es kamen keine sozialen Verfestigungen in Österreich zu Tage, wie sich aus der Beweiswürdigung ergibt. Es liegt somit kein relevantes Privatleben in Österreich vor.

Die Rückkehrentscheidung stellt somit keinen Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben dar, weshalb es diesbezüglich keiner Abwägung der persönlichen Interessen mit den öffentlichen Interessen, ob eine Rückkehrentscheidung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist, bedurfte

Es erfolgte daher zu Recht die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs 1 Z 1 FPG. Die Beschwerde war somit hinsichtlich Spruchpunkt II. abzuweisen.

3. Zu Spruchpunkt VI.

Einreiseverbot

3.1. Einreiseverbot § 53 FPG

(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1.         wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2.         wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3.         wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
4.         wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5.         wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6.         den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
7.         bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8.         eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
9.         an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1.         ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2.         ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3.         ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4.         ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5.         ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6.         auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);
7.         auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
8.         ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 15.12.2011, Zahl 2011/21/0237, zur Rechtslage vor dem FPG idgF (in Kraft seit 01.01.2014) erwogen, dass bei der Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes nach dem FrÄG 2011 eine Einzelfallprüfung vorzunehmen (vgl ErläutRV, 1078 BlgNR 24. GP 29 ff und Art 11 Abs 2 Rückführungs-RL) sei. Dabei hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen und zu berücksichtigen, ob (bzw. inwieweit über die im unrechtmäßigen Aufenthalt als solchen zu erblickende Störung der öffentlichen Ordnung hinaus) der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Eine derartige Gefährdung ist nach der Gesetzessystematik insbesondere in den Fällen der Z 1 bis 9 des § 53 Abs 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 anzunehmen.

In den Fällen des § 53 Abs 3 Z 1 bis 8 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 ist das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit indiziert, was dann die Verhängung eines Einreiseverbotes in der Dauer von bis zu zehn Jahren und, liegt eine bestimmte Tatsache im Sinne der Z 5 bis 8 vor, von unbefristeter Dauer ermöglicht. Zudem ist festzuhalten, dass - wie schon nach bisheriger Rechtslage (vgl. VwGH 20.11.2008, 2008/21/0603) - in Bezug auf strafgerichtliche Verurteilungen nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern immer auf das zugrunde liegende Verhalten (arg.: Einzelfallprüfung) abzustellen ist. Maßgeblich sind Art und Schwere der zugrunde liegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild; darauf kommt es bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots an.

§ 53 Abs 3 FPG idgF hat im Vergleich zur Rechtslage vor dem 01.01.2014 keine inhaltliche Änderung erfahren. Daraus ist zu schließen, dass auch in Bezug auf die vom VwGH statuierten (obgenannten) Kriterien, die bei der Verhängung des Einreiseverbots und seiner Dauer zur Anwendung gelangen sollen, kein Wandel stattgefunden hat. Aus diesem Grund erachtet das Bundesverwaltungsgericht diese auch nach wie vor als anwendbar. Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs 3 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist (VwGH 2012/18/0230, 19.02.2013)

3.2. Das BFA verhängte gem. § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG ein auf 5 Jahre befristetes Einreiseverbot gegen die bP.

Begründend legte das BFA im Wesentlichen dar, dass, wie aus den Berichten der Polizei und dem Gerichtsurteil bzw. der Rechtsmittelentscheidung des OLG ersichtlich, die bP unter Ausnutzung ihrer sichtvermerkfreien Reisefreiheit, mehrfach illegale Fremde von Slowenien nach Österreich geschmuggelt und die Situation von notleidenden Menschen ausgenutzt habe. Für diese Straftat wurde sie vom Oberlandesgericht zu einer Freiheitsstraße von 15 Monaten verurteilt.

Die öffentlichen Interessen an der Erlassung des gegenständlichen Einreiseverbotes und die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung dieser Entscheidung würden unverhältnismäßig schwerer wiegen als die Auswirkungen auf die Lebenssituation der bP, zumal nicht festgestellt werden konnte, dass diese einer legalen Beschäftigung nachgeht, kranken- oder sozialversichert ist bzw. in Österreich über familiäre, wirtschaftliche oder sonstige Bindungen verfügt.

Überdies besteht nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf die Wahrung eines geordneten Fremdenwesens ein eminent hohes öffentliches Interesse.

Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens sei die Erlassung einer Rückkehrentscheidung bzw. eines Einreiseverbotes die einzig adäquate Maßnahme, um auf die von der bP ausgehende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit in Österreich zu reagieren.

Gemäß § 53 Abs 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn gem. § 53 Abs 3 Zif 1 FPG „ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt worden ist“.

Diese Voraussetzungen würden auf Grund des Verhaltens der bP und der daraus resultierenden rechtskräftigen Verurteilungen im Bundesgebiet vorliegen. Sie habe besonders ihr negatives Verhalten gezeigt, indem sie aus dem Leid anderer, dem Schmuggeln von Menschen, versucht habe Kapital zu schlagen.

Bei der Bemessung des Einreiseverbotes kann sich die Behörde nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen zurückziehen, sondern ist insbesondere auch die Intensität der privaten und familiären Bindungen zu Österreich einzubeziehen (VwgH 7.11.2012, 2012/18/0057). Diesbezüglich würden die vorliegenden Umstände berücksichtigt und für die Bemessung des Einreiseverbotes herangezogen.

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung jedenfalls begründet, insbesondere darauf, ob diese auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Es sei bereits festgestellt worden, dass die Rückkehrentscheidung zu keiner Verletzung bzw. zu keinem Eingriff i.S.d. Art 8 EMRK komme.

Es müsse daher unter Berücksichtigung des in § 53 Abs 3 genannten Tatbestandes ebenso davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit ihrem persönlichen Interesse an einem Verbleib in Österreich überwiege.

Diese Rückkehrentscheidung werde nach ungenütztem Ablauf der Beschwerdefrist, oder im Falle der Einbringung einer Beschwerde grundsätzlich dann durchführbar, wenn das Bundesverwaltungsgericht bis zum Ablauf des siebenten Tages ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkenne.

Die in der Beweiswürdigung erläuterten Umstände würden die Auffassung der Behörde rechtfertigen, dass ihr Aufenthalt im Bundesgebiet eine erhebliche Gefahr der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstelle.

Die Erlassung eines gesonderten Einreiseverbotes sei daher zum Schutz des wirtschaftlichen Wohles und der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen tunlich.

Die Gesamtbeurteilung ihres Verhaltens, ihrer Lebensumstände sowie Ihrer familiären und privaten Anknüpfungspunkte habe daher im Zuge der von der Behörde vorgenommenen Abwägungsentscheidung ergeben, dass die Erlassung des Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig sei, die von ihr ausgehende schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Das ausgesprochene Einreiseverbot sei daher zur Erreichung der in Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.

Das Einreiseverbot beziehe sich gem. § 53 Abs 1 FPG auf das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten, womit lt. VwGH vom 22.5.2013, 2013/18/0021 jene Staaten erfasst sind, für die die Rückführungsrichtlinie, (RL 2008/115/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger) gilt.

Demnach umfasst das Einreiseverbot alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union außer Irland und das Vereinigte Königreich. Umfasst sind allerdings weiter Island, Norwegen, die Schweiz und Liechtenstein.

Sie sei daher angewiesen, im festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet dieser Staaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Die Frist des Einreiseverbotes beginne mit Ablauf des Tages ihrer Ausreise.

Dem wurde in der Beschwerde entgegen gehalten, dass sich das BFA keinen persönlichen Eindruck von der bP verschafft habe. Wäre die bP nämlich näher befragt worden, so hätte man festgestellt, dass der Bruder der bP in Spanien lebe und die bP Kontakt zu diesem habe bzw. diesen besuchen wolle. Zudem komme es auf das Persönlichkeitsbild der bP an und wäre eine Gefährdungsprognose anzustellen gewesen. Die bP zeige sich reumütig und wolle in Zukunft einen ordentlichen Lebenswandel führen. Ein 5jähriges Einreiseverbot sei unverhältnismäßig. Es müsse ein gewisser Zeitraum der Beobachtung des Wohlverhaltens der bP berücksichtigt werden.

Zutreffend verwies das BFA in seiner Entscheidungsbegründung darauf, dass es bei einer Abwägung der im gegenständlichen Fall betroffenen Interessen einer Gesamtbeurteilung des bisherigen Verhaltens der bP und ihrer privaten- und familiären Anknüpfungspunkte bedurfte.

Darüber hinaus ist auf der Grundlage einer Einzelfallprüfung, in deren Rahmen neben den rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen auch das bisherige Verhalten der bP während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet sowie ihr Privat- und Familienleben zu analysieren und berücksichtigen sind, eine Gefährlichkeitsprognose zu treffen (vgl. VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109, mwN aus der Judikatur).

Dahingehend war auch aus Sicht des BVwG darauf abzustellen, dass die bP lediglich zu dem Zweck nach Österreich einreiste um die Schlepperkriminalität auszuüben. Danach hat die bP in bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einer anderen Person die rechtswidrige Einreise von Fremden mit dem Vorsatz gefördert um sich unrechtmäßig zu bereichern. Die bP wirkte einmal beim Schleppen von zumindest drei Personen und ein weiteres Mal beim Schleppen von fünf irakischen Staatsangehörigen mit. Erschwerend wurde durch das OLG die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen derselben Art gewertet. Ebenso wie die Tatbegehung in Gesellschaft. Das OLG führte zudem aus, dass eine zu prüfende bedingte Entlassung aufgrund der Schwere der Tat, zufolge generalpräventiver Belange, kontraindiziert ist. Mildern wurde der bisher ordentliche Lebenswandel gewertet. Dabei ist jedoch festzustellen, dass die bP auch in der Ukraine wegen qualifizierten Diebstahl bereits zu 3 Jahren Freiheitsentzug verurteilt wurde. Am 28.09.2019 wurde sie von dieser Strafe für ein Jahr auf Bewährung befreit. Eine Straffälligkeit der bP liegt somit noch nicht lange zurück. Zudem besteht ein besonders großes öffentliches Interesse, auch aus unionsrechtlicher Sicht, an der Unterbindung der Schlepperkriminalität (VwGH vom 21. Februar 2013, Zl. 2011/23/0192, mwN, v. 20. Dezember 2012, Zl. 2012/23/0011, mwN), weshalb die Tatausführungen der bP als besonders verwerflich anzusehen sind.

Die durch das BFA dargelegte rechtskräftige Verurteilung liegt unbestrittener Weise vor, weshalb das BFA sohin bereits in Ansehung dessen zu Recht von der Erfüllung des Tatbestandes des § 53 Abs 3 Z 1 FPG durch das Fehlverhalten der bP ausgehen konnte, was das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit durch den weiteren Aufenthalt der bP im Bundesgebiet indizierte. Dies blieb auch in der Beschwerde unbestritten.

Das dargestellte Verhalten der bP ist unbestritten den Grundinteressen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit massiv zuwidergelaufen. Die von der bP gesetzten Handlungen beeinträchtigen in gravierendem Ausmaß die öffentlichen Interessen an der Verhinderung strafbarer Handlungen, insbesondere der Schlepperkriminalität. Eine Phase des Wohlverhaltens liegt bisher nicht vor, da sich die bP noch in Haft befindet, weshalb auch nicht von einem Wegfall ihrer Gefährdung ausgegangen werden kann, demgemäß kann auch die diesbezügliche Zukunftsprognose nicht positiv ausfallen und können weitere strafbare Handlungen der geschilderten Art in Hinkunft nicht ausgeschlossen werden.

Vor diesem Hintergrund hat das BFA unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes der bP zu Recht eine ungünstige Zukunftsprognose für die bP abgeleitet.

Wenn in der Beschwerde dargelegt wird, dass die bP mit ihrem Bruder in Spanien Kontakt hat und diesen besuchen wolle, so übersieht die Beschwerde, dass ein tatsächliches Familienleben zum Bruder damit nicht begründet wird. Ein etwaig vorliegendes Privatleben diesbezüglich, welches zudem aufgrund des Werdeganges der bP in den letzten Jahren nicht stark ausgeprägt sein kann, tritt jedoch bei einer Gesamtbeurteilung des Verhaltens der bP gegenüber den öffentlichen Interessen zugunsten der öffentlichen Ordnung und Sicherheit massiv in den Hintergrund. Zudem ist darauf zu verweisen, dass sich die bP auch bisher durch die Tatsache des Aufenthaltes ihres Bruders in Spanien nicht davon abhalten ließ, wiederholt straffällig zu werden. Wenn weiter dargelegt wird, dass sich die bP reumütig zeige und eines ordentlichen Lebenswandel führen wolle, so ist festzustellen, dass derartiges gegenständlich keineswegs zu Tage trat, vielmehr war die bP bereits in der Ukraine straffällig und wurde sie auch in Österreich wiederholt im Rahmen der Schlepperkriminalität straffällig. Somit kann aufgrund der Regelmäßigkeit der Verübung von Straftaten und der wiederholten Tatbegehung in Österreich kein wirkliches Bereuen erkannt werden.

In Gegenüberstellung eines persönlichen Interesses der bP an einem Verbleib im Bundesgebiet kam somit der aus dem eben dargestellten Sachverhalt abzuleitenden Gefährdungsprognose zu Lasten der bP ein höheres Gewicht zu, weshalb sich das vom BFA verhängte Einreiseverbot schon dem Grunde nach als rechtskonform erwies.

Auch bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes kommt es jedoch nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden an, sondern ist immer auf das zugrundeliegende Verhalten (arg. Einzelfallprüfung) abzustellen. Maßgeblich sind Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild (VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237).

Wie oben bereits ausgeführt, besteht allgemein bei Schlepperkriminalität ein großes öffentliches Interesse, auch aus unionsrechtlicher Sicht, an der Bekämpfung dieser gefährlichen Kriminalitätsform. Vor diesem Hintergrund bedarf es eines maßgeblichen Beobachtungszeitraumes, innerhalb dessen sich ein straffällig gewordener Fremder - in Freiheit - bewährt haben muss, um von einem Wegfall der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit ausgehen zu können. Dies trifft konkret auch auf die bP zu, die das ihr angelastete Verhalten wiederholt zu verantworten hat. Wie oben ebenfalls bereits dargelegt, befindet sich die bP aktuell noch in Haft, weshalb nicht auf einen positiven Gesinnungswandel geschlossen werden kann. Auch hat sich die bP nicht durch ihren Bruder in Spanien von ihren Straftaten abhalten lassen.

Im gegenständlichen Fall erweist sich somit auch die vom BFA verhängte Dauer des Einreiseverbots mit 5 Jahren als angemessen.

Die Beschwerde war somit auch hinsichtlich Spruchpunkt III. als unbegründet abzuweisen.


4. Zu Spruchpunkt IV.

Zulässigkeit der Abschiebung

4.1. Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Nach § 50 Abs 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach § 50 Abs 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

Nach § 50 Abs 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

4.2. Dass die bP im Fall ihrer Rückkehr nach Georgien einer Gefährdung im Sinn des Art 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre oder ihr die Todesstrafe dort drohen könnte, ist nicht ersichtlich und auch im Verfahren und der Beschwerde nicht behauptet worden. Es besteht in Georgien kein internationaler oder innerstaatlicher Konflikt, der für eine Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt bedeuten würde. Dies ist notorisch und wurde Gegenteiliges im Verfahren auch nie behauptet. Anhaltspukte dafür, dass die bP in ihrem Herkunftsstaat nicht in der Lage wäre, für ihren notwendigsten Lebensunterhalt zu sorgen, sind ebenso wenig ersichtlich und wurden auch nicht behauptet. Die bP ist gesund, im arbeitsfähigen Alter und hat in Georgien familiäre Anknüpfungspunkte.

Im Hinblick auf die vom BFA im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs 9 iVm § 50 FPG getroffene Feststellung sind keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung in den Herkunftsstaat unzulässig wäre. Derartiges wurde auch im Beschwerdeschriftsatz nicht behauptet.

Es war unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände daher die Entscheidungen des BFA im Ergebnis zu bestätigen und die Beschwerde somit hinsichtlich Spruchpunkt IV. abzuweisen.

5. Zu Spruchpunkt V.

Frist für die freiwillige Ausreise

5.1. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs 2 BFA-VG aberkannt wurde.

(5) Die Einräumung einer Frist gemäß Abs 1 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht.

5.2. Aus der rechtskonformen Anwendung des § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG (Spruchpunkt V.) ergab sich zwingend die Anwendung des § 55 Abs 4 FPG, dem zufolge keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht.

Es war daher die Entscheidungen des BFA im Ergebnis zu bestätigen und die Beschwerde somit hinsichtlich Spruchpunkt V. abzuweisen.

6. Zu Spruchpunkt VI.

Aberkennung der aufschiebenden Wirkung

6.1. Das BFA aberkannte gem. § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung, weil die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Wie die obigen Ausführungen deutlich zeigen, stellt die bP aufgrund ihres persönlichen Verhaltens eine gegenwärtige schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar, sodass sich das BFA zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zur Recht auf § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG stützte.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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