TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/16 W281 2232698-3

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Veröffentlicht am 16.11.2020
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Entscheidungsdatum

16.11.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch

W281 2232698-3/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Rosemarie HALBARTH-KRAWARIK über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer, Staatsangehöriger von Afghanistan, gelangte unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 19.03.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) vom 12.03.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.); der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.); ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.); gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).

1.2.    Am 26.03.2018 nahm der Beschwerdeführer an einer Rückkehrberatung durch den Verein Menschenrechte Österreich teil und erklärte nicht ausreisewillig zu sein.

1.3.    Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 17.07.2019 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt gemäß §§ 15, 269 Abs. 1 1. Fall StGB sowie wegen der Vergehen der Sachbeschädigung gemäß § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 12 Monaten, welche unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, rechtskräftig verurteilt.

1.4.    Mit Bescheid des Bundesamtes vom 23.09.2019 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 09.08.2019 verloren hat. Gegen diesen Bescheid wurde kein Rechtsmittel erhoben und erwuchs dieser in weiterer Folge in Rechtskraft.

1.5.    Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 17.04.2020 wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen der Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB, wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung gemäß § 107 Abs. 1 StGB sowie des Verbrechens der versuchten schweren Körperverletzung gemäß §§ 15, 84 Abs. 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten, wobei ein Teil von 13 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, rechtskräftig verurteilt.

1.6.    Am 25.05.2020 wurde das Bundesamt von der beabsichtigten vorzeitigen Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft verständigt.

1.7.    Mit Schreiben des Bundesamtes vom 02.06.2020 wurde dem Beschwerdeführer das Ergebnis der Beweisaufnahme mitgeteilt und ihm im Rahmen des Parteiengehörs die Möglichkeit geboten zur beabsichtigten Verhängung einer Sicherungsmaßnahme (Schubhaft oder gelinderes Mittel) eine Stellungnahme abzugeben. Von der Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme machte der Beschwerdeführer ohne Angabe von Gründen keinen Gebrauch.

1.8.    Mit Bescheid vom 24.06.2020 ordnete das Bundesamt über den Beschwerdeführer die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme an. Dieser Bescheid wurde nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft am 26.06.2020 in Vollzug gesetzt und der Beschwerdeführer wird seither in Schubhaft angehalten.

1.9.    Die vom Beschwerdeführer gegen diesen Schubhaftbescheid sowie die Anhaltung in Schubhaft erhobene Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.07.2020, GZ W117 2232698-1/15Z, als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

1.10.   Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.07.2020, GZ W107 2192093-1/28E, wurde die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 12.03.2018 erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

1.11.   In weiterer Folge leitete das Bundesamt am 21.07.2020 bei der afghanischen Vertretungsbehörde ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer ein und wurde dieser am 04.09.2020 durch die afghanische Botschaft als afghanischer Staatsangehöriger identifiziert und der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer zugestimmt.

1.12.   Der Beschwerdeführer befand sich von 14.08.2020 bis 16.08.2020 und von 27.08.2020 bis 01.09.2020 in Hungerstreik, um seine Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen. Zudem musste der Beschwerdeführer von 09.08.2020 bis 12.08.2020 sowie von 01.09.2020 bis 02.09.2020 wegen der Gefahr der Selbst- und Fremdgefährdung, unkooperativen Verhaltens sowie Verhaltensauffälligkeiten in einer Sicherheitszelle untergebracht werden.

1.13.   Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 02.09.2020 wurde dem Beschwerdeführer für die außerordentliche Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.07.2020 die Verfahrenshilfe bewilligt. Mit Schriftsatz vom 16.10.2020 erhob der Beschwerdeführer außerordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis. Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, auch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, in dieser Sache ist bis dato nicht erfolgt.

1.14.   Das Bundesamt führte am 24.07.2020, am 20.08.2020 und am 18.09.2020 Schubhaftprüfungen gemäß § 80 Abs. 6 FPG durch.

2.1.    Am 16.10.2020 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft dem Bundesverwaltungsgericht vor.

Am 20.10.2020 wurde vom Bundesamt eine Meldung jenes Polizeianhaltezentrums, indem der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten wird, vorgelegt, wonach sich der Beschwerdeführer am 17.10.2020 mit einem Feuerzeug selbst Brandwunden am linken Unterarm zugefügt hat und aufgrund dieses Verhaltens erneut in eine Sicherheitszelle verlegt werden musste.

Auf Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichtes wurde am 20.10.2020 von der Landespolizeidirektion Wien unter Vorlage eines amtsärztlichen Gutachtens vom 20.10.2020 mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer weiterhin haftfähig ist.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.10.2020, W115 2232698-2/6E, wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

2.2. Am 16.11.2020 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft dem Bundesverwaltungsgericht vor.

Im Zuge der Vorlage wurde vom Bundesamt nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass weiterhin aktuell Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf bestehe. Auch mit der Anordnung eines gelinderen Mittels könne nach wie vor nicht das Auslangen gefunden werden. Der zweimalige Versuch mit einem Hungerstreik die Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen und die Nichtinanspruchnahme der unterstützten freiwilligen Rückkehr zeige zudem, dass der Beschwerdeführer alles versuche, um seine Abschiebung zu verhindern. Bis dato habe er keine freiwillige Ausreise beantragt. Nach Rücksprache mit dem Polizeianhaltezentrum sei der Beschwerdeführer nach wie vor haftfähig. Es sei geplant, die Abschiebung des Beschwerdeführers mit dem nächstmöglich geplanten Charter im nächsten Monat- abhängig von der Situation in Zusammenhang mit der der vorherrschenden COVID-19 Pandemie - durchzuführen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Sache dieses Verfahrens ist die Feststellung, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

1. Feststellungen:

1.1.    Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger Staatsangehöriger Afghanistans. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Er hält sich seit 19.03.2016 in Österreich auf.

1.1.2. Zu den strafgerichtlichen Verurteilungen

1.1.2.1. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 17.07.2019, XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt gemäß §§ 15, 269 Abs. 1 1. Fall StGB sowie wegen der Vergehen der Sachbeschädigung gemäß § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 12 Monaten, welche unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, rechtskräftig verurteilt.

Der Verurteilung liegen Tathandlungen zugrunde, wonach der Beschwerdeführer gemeinsam mit zwei anderen Tätern (darunter seine Lebensgefährtin) im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter nach Fassen eines gemeinschaftlichen Tatentschlusses eine fremde bewegliche Sache beschädigt hat, indem sie mit dem Küchenmesser eine Handkassa aufbrachen, wodurch ein Schaden in der Höhe von € 15,-- entstanden ist; der Beschwerdeführer am 20.11.2018 eine fremde Sache beschädigt hat, und zwar den Wohnzimmertisch seiner Lebensgefährtin, indem er diesen zer- bzw. auf diesen einschlug, wodurch ein Schaden von nicht mehr feststellbarer Höhe entstanden ist sowie der Beschwerdeführer Polizeibeamte mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich der Durchsetzung seiner Wegweisung und seiner Festnahme, zu hindern versucht hat, indem er zwei Schläge mit der Faust gegen den Brustbereich des einen Polizeibeamten ausführte und sodann versuchte den zweiten Polizeibeamten durch einen Stoß mit der Hand im Brustbereich zurückzustoßen und er, nachdem er zu Fall gebracht worden war, sich durch Treten mit den Füßen und heftigen Bewegungen mit den Armen aus dem Festhaltegriff der Polizeibeamten losreißen wollte, wobei es beim Versuch blieb, weil es den Polizeibeamten dennoch gelang die Amtshandlung durchzuführen.

Mildernd wurden bei der Strafbemessung das Geständnis sowie der bisher ordentliche Lebenswandel des Beschwerdeführers gewertet. Erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Vergehen.

1.1.2.2. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 17.04.2020, XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen der Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB, wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung gemäß § 107 Abs. 1 StGB sowie des Verbrechens der versuchten schweren Körperverletzung gemäß §§ 15, 84 Abs. 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten, wobei ein Teil von 13 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, rechtskräftig verurteilt.

Der Verurteilung liegen Tathandlungen zugrunde, wonach der Beschwerdeführer seine Lebensgefährtin am Körper verletzt hat, und zwar am 23.01.2019, indem er ihr mit einem schweren Trinkglas einen Schlag gegen den Hinterkopf versetzt hat, wodurch sie eine Platzwunde am Hinterkopf erlitt; am 16.03.2020, indem er ihr einen Faustschlag in ihr Gesicht versetzt hat, wodurch sie ein Hämatom und eine Schwellung unter dem linken Auge erlitt; am 16.03.2020 sie gefährlich mit zumindest einer Verletzung am Körper bedroht hat, indem er äußerte „Wenn ich jetzt wegen dir in das Gefängnis komme, dann bringe ich dich um, wenn ich wieder draußen bin.“ und im Anschluss mit einem Taschenmesser mehrere Bewegungen in Richtung ihres Bauches und Gesichtes ausführte, wodurch sie Schnittverletzungen am linken Oberarm und im Brustbereich erlitt sowie sie am 16.03.2020 durch diese Tat am Körper verletzt und dadurch eine schwere Verletzung herbeigeführt hat, wobei es beim Versuch blieb, da seine Lebensgefährtin den Angriffen ausweichen konnte.

Mildernd wurden bei der Strafbemessung der wesentliche Beitrag des Beschwerdeführers zur Wahrheitsfindung sowie die Tatsache, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, gewertet. Erschwerend die Tatbegehung innerhalb offener Probezeit, eine auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Vorstrafe sowie das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit mehreren Vergehen. Mit Beschluss wurde vom Widerruf der mit Urteil vom 17.07.2019 gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen und die dort verhängte Probezeit auf fünf Jahre verlängert.

1.1.3. Anordnung der Schubhaft

Mit Bescheid vom 24.06.2020 ordnete das Bundesamt über den Beschwerdeführer die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme an. Dieser Bescheid wurde nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft am 26.06.2020 in Vollzug gesetzt und der Beschwerdeführer wird seit 26.06.2020 in Schubhaft angehalten.

1.1.4. Haftfähigkeit

Der Beschwerdeführer ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vor. Er wird vom Verein Dialog psychiatrisch betreut. Eine signifikant erhöhte Gefahr einer Infektion mit COVID-19 besteht im Polizeianhaltezentrum, wo der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten wird, nicht.

1.2.    Zu den Voraussetzungen der Schubhaft (Fluchtgefahr, Sicherungsbedarf, Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft):

1.2.1.  Der Beschwerdeführer stellte am 19.03.2016 einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 12.03.2018 wurde dieser Antrag sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen; ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt; gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist. Weiters wurde festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Am 26.03.2018 nahm der Beschwerdeführer an einer Rückkehrberatung durch den Verein Menschenrechte Österreich teil und erklärte nicht ausreisewillig zu sein.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 23.09.2019 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 09.08.2019 verloren hat. Gegen diesen Bescheid wurde kein Rechtsmittel erhoben und erwuchs dieser in weiterer Folge in Rechtskraft.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.07.2020, GZ W107 2192093-1/28E, wurde die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 12.03.2018 erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 02.09.2020 wurde dem Beschwerdeführer für die außerordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis die Verfahrenshilfe bewilligt. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist in diesem Verfahren durch den Verwaltungsgerichtshof bisher nicht erfolgt.

1.2.2. Der Beschwerdeführer will weiterhin nicht freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückkehren oder am Verfahren zu seiner Außerlandesbringung mitwirken. Er ist nicht ausreisewillig.

1.2.3.  Der Beschwerdeführer ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten in besonders ausgeprägtem Maß nicht vertrauenswürdig. Der Beschwerdeführer achtet die österreichischen Gesetze und die österreichische Rechtsordnung nicht. Er ist nicht zu einem gesetzeskonformen Verhalten zu bewegen. Der Beschwerdeführer wurde in Österreich zweimal strafrechtlich verurteilt. Darüber hinaus ist er nicht gewillt, mit den Behörden zu kooperieren. Um seine Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen, befand sich der Beschwerdeführer von 14.08.2020 bis 16.08.2020 und von 27.08.2020 bis 01.09.2020 in Hungerstreik. Zudem musste der Beschwerdeführer von 09.08.2020 bis 12.08.2020, von 01.09.2020 bis 02.09.2020 sowie am 17.10.2020 wegen der Gefahr der Selbst- und Fremdgefährdung, unkooperativen Verhaltens sowie Verhaltensauffälligkeiten in einer Sicherheitszelle untergebracht werden.

Aufgrund dieses Verhaltens bestehen aktuell Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der Beschwerdeführer untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten, um sich einer Abschiebung zu entziehen, dies auch vor dem Hintergrund, dass sein Asylverfahren mittlerweile abgeschlossen ist, eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorliegt und der Beschwerdeführer von der afghanischen Vertretungsbehörde bereits als afghanischer Staatsbürger identifiziert und die Ausstellung eines Heimreisezertifikates zugesagt wurde.

1.2.4.  In Österreich lebt die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers. Über weitere familiäre Kontakte in Österreich verfügt der Beschwerdeführer nicht. Er verfügt seit 16.09.2020 über keinen gesicherten Wohnsitz mehr.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, hat in Österreich kein Einkommen und verfügt über kein zur Sicherung seiner Existenz ausreichendes Vermögen. Der Beschwerdeführer verfügt aktuell über Barmittel in Höhe von € 822,--.

1.2.5.  Das Bundesamt ist seiner Verpflichtung, auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken, nachgekommen. Es hat rechtzeitig und zielführend ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer eingeleitet und fortgeführt. Der Beschwerdeführer wurde bereits von der afghanischen Botschaft als afghanischer Staatsangehöriger identifiziert und ist von dieser der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer zugestimmt worden. Eine für den 06.10.2020 bereits geplante Charterabschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat hat aufgrund der vorherrschenden COVID-19 Pandemie wieder storniert werden müssen. Es ist aber damit zu rechnen, dass die gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit COVID-19 zumindest innerhalb der Schubhafthöchstdauer soweit gelockert sind, dass Abschiebungen innerhalb dieses Zeitraumes durchführbar sind.

1.2.6.  Eine (relevante) Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes bzw. der Umstände für die Aufrechterhaltung der Schubhaft hat sich seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.10.2020 nicht ergeben. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Weiterführung der Schubhaft sind zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung nach wie vor gegeben.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes, den gegenständlichen Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes das vorangegangene Asyl- und fremdenpolizeiliche Verfahren des Beschwerdeführers betreffend (Geschäftszahl 2192093-1), in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Schubhaftbescheid vom 24.06.2020 sowie die Anhaltung in Schubhaft (Geschäftszahl 2232698-1) sowie den Akt der vorangegangen Haftprüfung (Geschäftszahl 2232698-2), in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem und in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

2.1.    Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus den unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalten der vorgelegten Verwaltungsakte und der vorliegenden Gerichtsakte des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2.    Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellung zu Pkt 1.1.1., dass es sich beim Beschwerdeführer um einen volljährigen Staatsangehörigen Afghanistans handelt, beruht im Wesentlichen auf den (diesbezüglich gleichbleibenden) Angaben des Beschwerdeführers in seinen Asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren. Gegenteiliges wurde von ihm auch nicht behauptet und ist in den bisherigen Verfahren auch nicht hervorgekommen. Zudem wurde seine Staatsangehörigkeit auch von der afghanischen Vertretungsbehörde bestätigt.

Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder in Österreich Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist, finden sich weder im Akt des Bundesamtes noch in den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich, zumindest seit der Stellung seines Antrages auf internationalen Schutz am 19.03.2016, ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister, dem vorgelegten Verwaltungsakt des Bundesamtes, den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes sowie den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in den bisherigen Verfahren.

Aus der Einsichtnahme in das Strafregister sowie der Protokollsvermerke und gekürzten Urteilsausfertigungen (2192093-1, OZ 12 und OZ 21 sowie 2232698-1, OZ 8 und OZ 14) ergibt sich die strafrechtliche Verurteilung des Beschwerdeführers zu Pkt 1.1.2..

Dass der Beschwerdeführer seit 26.06.2020 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres. Zudem ist unstrittig, dass über den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 24.06.2020 die Schubhaft verhängt wurde.

Die Feststellung zu Pkt. 1.1.4. , wonach der Beschwerdeführer haftfähig ist und keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vorliegen, ergibt sich zum einen aus einer Einsichtnahme in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres, wo sich keine Einträge finden, die auf maßgebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen hindeuten. Eine Brandverletzung, die sich der Beschwerdeführer am 17.10.2020 mit einem Feuerzeug selbst zugefügt hat, wurde laut dem vom Bundesamt vorgelegten Bericht jenes Polizeianhaltezentrums, indem der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten wird, von der Sanitätsstelle in Form eines Wundverbandes versorgt (W115 2232698-2, OZ 5). Eine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers aufgrund dieser Verletzung ist nicht gegeben. Zum anderen hat die Landespolizeidirektion Wien auf Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichtes am 20.10.2020 unter Vorlage eines amtsärztlichen Gutachtens vom selben Tag mitgeteilt (W115 2232698-2, OZ 9), dass beim Beschwerdeführer auch aktuell keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vorliegen. Zur Brandverletzung, die sich der Beschwerdeführer selbst zugefügt hat, wurde zudem ausgeführt, dass die diesbezüglichen Wunden einer regelmäßigen amtsärztlichen Kontrolle unterzogen werden und in Abheilung befindlich sind. Er wird durch den Verein Dialog psychiatrisch betreut. Zudem hat der Beschwerdeführer in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass auch weiterhin keine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers vorliegt. Hinweise, dass der Beschwerdeführer einer signifikant erhöhten Gefahr einer Infektion mit COVID-19 im Polizeianhaltezentrum, wo er in Schubhaft angehalten wird, ausgesetzt ist, haben sich im gegenständlichen Verfahren nicht ergeben.

2.3.    Zu den Voraussetzungen der Schubhaft (Fluchtgefahr, Sicherungsbedarf, Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft):

Die Feststellungen zum unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.07.2020, GZ W107 2192093-1/28E, das seinen Antrag abwies.

Das Bestehen einer aktuell durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen den Beschwerdeführer ergibt sich unzweifelhaft aus den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten (insbesondere Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.07.2020, GZ W107 2192093-1/28E). Die aufschiebende Wirkung hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zuerkannt (Gesamtakt zu W107 2192093-1).

Die Feststellung zur Rückkehrberatung am 26.03.2018 ergibt sich aus den Feststellungen des Erkenntnisses vom 20.10.2020 und die Feststellung zum Bescheid vom 23.09.2019 ergibt sich ebenfalls aus den Feststellungen des Erkenntnisses vom 20.10.2020 sowie aus dem Akt 2232698-2, OZ 3 und dem Akt 2232698-1, OZ 4.

Die Feststellungen zum Hungerstreik durch den Beschwerdeführer sowie die Notwendigkeit seiner Unterbringung in einer Sicherheitszelle aufgrund seines Verhaltens beruhen auf den diesbezüglichen Eintragungen in der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres und der Stellungnahme des Bundesamtes vom 16.11.2020, OZ 1 sowie den Feststellungen zum des Erkenntnisses vom 20.10.2020, W115 2232698-2/6E.

Die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer die österreichischen Gesetze und die österreichische Rechtsordnung nicht achtet, nicht zu einem gesetzeskonformen Verhalten zu bewegen ist, nicht gewillt ist, mit den Behörden zu kooperieren und in besonders ausgeprägtem Maß nicht vertrauenswürdig ist, ergeben sich aus dem festgestellten und aktenkundigen bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers, insbesondere aus seinen strafrechtlichen Verurteilungen sowie auch zuletzt aus seinem Verhalten während der Schubhaft (zweimaliger Hungerstreik, um die Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen und die dreimalige Notwendigkeit der Unterbringung des Beschwerdeführers wegen der Gefahr der Selbst- und Fremdgefährdung, unkooperativen Verhaltens sowie Verhaltensauffälligkeiten in einer Sicherheitszelle) (siehe dazu nochmal Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres und der Stellungnahme des Bundesamtes vom 16.11.2020, OZ 1).

Dass der Beschwerdeführer nicht bereit ist, freiwillig in den Herkunftsstaat zurückzukehren oder am Verfahren zu seiner Außerlandesbringung ausreichend mitzuwirken, geht unzweifelhaft aus den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten hervor. So hat der Beschwerdeführer wiederholt angegeben, nicht freiwillig nach Afghanistan zurückkehren zu wollen. Bis dato hat der Beschwerdeführer keinen Antrag auf freiwillige Rückkehr bzw. Ausreise eingebracht (Stellungnahme des Bundesamtes vom 16.11.2020, OZ 1).

Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates wurde am 21.07.2020 (2232698-2, OZ 4) beantragt und am 04.09.2020 erfolgte die Verständigung über die positive Identifizierung durch die afghanische Delegation (Stellungnahme des Bundesamtes vom 16.11.2020, OZ 1).

Es haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer sein bisher gezeigtes Verhalten ändern wird. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher zusammenfassend weiter davon aus, dass der Beschwerdeführer bei einer Entlassung aus der Schubhaft untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten wird. In einer Gesamtschau ergibt sich daher, dass der Beschwerdeführer nach wie vor nicht vertrauenswürdig ist und aktuell Fluchtgefahr sowie Sicherungsbedarf bestehen. Im Hinblick auf die getroffenen Feststellungen liegen auch die Voraussetzungen für die Anordnung eines gelinderen Mittels aktuell nicht vor.

Die Feststellungen zu den Familienverhältnissen des Beschwerdeführers unter Pkt. 1.2.4., insbesondere zu seiner in Österreich lebenden Lebensgefährtin, ergeben sich aus der Aktenlage sowie aus den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 08.07.2020 und der zeugenschaftlichen Aussage von seiner Lebensgefährtin in dieser Verhandlung (2232698-1, OZ 15). Seine Lebensgefährtin konnte den Beschwerdeführer jedoch auch in der Vergangenheit nicht von der Begehung seiner Straftaten abhalten. Vielmehr war sie, wie aus dem im Gerichtsakt zur Geschäftszahl 2232698-1 einliegenden Urteil eines Landesgerichtes vom 17.07.2019 hervorgeht (OZ 15), als Mittäterin bei einer vom Beschwerdeführer begangenen Sachbeschädigung beteiligt und wurde auch sie selbst wegen diesem Vergehen gemäß § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Wochen, welche unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt. Sie konnte ihn auch nicht von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abhalten. Der zweiten Verurteilung vom 17.04.2020 lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer gerade die Körperverletzung, die gefährliche Drohung und die versuchte schwere Körperverletzung gegen seine Lebensgefährtin setzte.

Das Fehlen substanzieller sozialer Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet ergibt sich aus der Aktenlage. So ist unstrittig, dass sich der Beschwerdeführer längere Zeit in Haft befunden hat, wodurch die Aufrechterhaltung sozialer Beziehungen substanziell erschwert worden ist und er aktuell keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgeht und auch kein Einkommen erzielt, womit er seine Existenz in Österreich sichern kann. Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer aktuell über Barmittel in Höhe von € 822,-- verfügt, ergibt sich aus einem Auszug der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Österreich über keinen gesicherten Wohnsitz verfügt, ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister, aus der sich ergibt, dass er seit 16.09.2020 nicht mehr an der zuletzt gemeldeten Adresse mit Hauptwohnsitz gemeldet ist. Eine Anmeldung an einem neuen Wohnsitz ist nicht erfolgt. Er ist aktuell nur mehr mit Nebenwohnsitz im Anhaltezentrum gemeldet.

Aus der Aktenlage ergibt sich, dass das Bundesamt um die rasche Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bemüht ist. Hinweise, dass die Ausstellung eines Heimreisezertifikates aussichtslos erscheinen würde, liegen nicht vor. Vielmehr wurde der Beschwerdeführer bereits von der afghanischen Vertretungsbehörde als afghanischer Staatsangehöriger identifiziert und der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer zugestimmt. Eine für den 06.10.2020 bereits geplante Charterabschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat hat aufgrund der vorherrschenden COVID-19 Pandemie wieder storniert werden müssen. Dass es aufgrund der zum Entscheidungszeitpunkt aktuell vorherrschenden COVID-19 Pandemie zu Verzögerungen hinsichtlich der Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat wegen der vorherrschenden Mobilitätsbeschränkungen kommt, steht für das Bundesverwaltungsgericht außer Streit. Es ist aber davon auszugehen, dass die gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit COVID-19 aufgrund der damit verbundenen massiven Belastungen für Privatpersonen und Wirtschaft realistischer Weise in absehbarer Zeit - jedenfalls innerhalb der Schubhafthöchstdauer - wieder substantiell gelockert werden und eine Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat spätestens dann erfolgen kann. Abschiebungen nach Afghanistan auf dem Luftweg sind bereits vor Ausbruch der COVID-19 Pandemie regelmäßig durchgeführt worden. Sobald der Flugverkehr nach Afghanistan wieder aufgenommen wird, steht einer Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat nichts entgegen, zumal auch schon von der afghanischen Vertretungsbehörde der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bereits zugestimmt worden ist. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auch die Möglichkeit besteht, den Beschwerdeführer mittels Charterabschiebung nach Afghanistan zu verbringen, womit das Bundesamt nicht an die Wiederaufnahme der Linienflüge gebunden ist. In diesem Zusammenhang wurde vom Bundesamt in seiner Stellungnahme im Zuge der Aktenvorlage auch angegeben, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat mit dem nächstmöglichen Charter im kommenden Monat erfolgen soll. Eine bereits jetzt bestehende faktische Unmöglichkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers ist aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes nicht ersichtlich.

Eine Änderung der relevanten Umstände für die Aufrechterhaltung der Schubhaft seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.10.2020 ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Gegenteiliges ist auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

3.1.1.  Gesetzliche Grundlagen:

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:

„§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1.         in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2.         sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
3.         eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.“

Der mit „Dauer der Schubhaft“ betitelte § 80 FPG lautet:

„§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich
1.         drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2.         sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil
1.         die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2.         eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3.         der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4.         die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.“

Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

㤠22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

3.1.2.  Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, 2007/21/0498; VwGH 08.09.2005, 2005/21/0301; VwGH 23.09.2010, 2009/21/0280).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FPG ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (VwGH 17.03.2009, 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (VwGH 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114, vgl. auch VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).

Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (VwGH 22.05.2007, 2006/21/0052; VwGH 29.04.2008, 2008/21/0085; VwGH 28.02.2008, 2007/21/0512; VwGH 28.02.2008 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird. (VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).

In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung nur ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Über vor oder nach der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen (VwGH 30.08.2018, Ra 2018/21/0111).

3.1.3.  Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft

3.1.3. Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat das Bundesamt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung vorzulegen. Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Bundesverwaltungsgericht ergeben, dass die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers als verhältnismäßig angesehen werden kann.

3.1.3.2. Allgemeine Voraussetzungen

Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Aufrechterhaltung der Schubhaft grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen (Vorliegen eines Sicherungsbedarfes, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft) – möglich ist.

Der Beschwerdeführer war bei Anordnung der Schubhaft haftfähig und ist dies auch weiterhin. Für Gegenteiliges gab es im Verfahren keinerlei Anhaltspunkte.

3.1.3.3. Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf

Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus:

Gemessen an § 76 Abs. 3 FPG, konkret an dessen ersten Satz „liegt eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1" - immer noch - vor, da „bestimmte Tatsachen“, nämlich jene bereits im Rahmen der angeführten Beweiswürdigung relevierten, indizieren, dass sich der Beschwerdeführer einer drohenden Abschiebung in den Herkunftsstaat entziehen wird. Die Gründe, aus denen das Bundesamt die Schubhaft anordnete (insbesondere Ziffer 9 des § 76 Abs. 3 FPG), haben sich seither nicht geändert und erweisen sich als grundsätzlich nachvollziehbar. Die vom Beschwerdeführer gegen diesen Schubhaftbescheid erhobene Beschwerde wurde auch mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.07.2020 als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Die Voraussetzungen für die Fortsetzung und Verhältnismäßigkeit der Schubhaft wurden auch im Erkenntnis vom 20.102020 bejaht. Ergänzend ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass eine Schubhaft nunmehr auch originär auf § 76 Abs. 2 Z 2 FPG gestützt werden kann, da der Beschwerdeführer nun nicht mehr Asylwerber ist und eine aufrechte, durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorliegt.

In Österreich lebt die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers. Wie bereits ausgeführt, konnte diese den Beschwerdeführer jedoch auch in der Vergangenheit nicht von der Begehung seiner Straftaten abhalten. Davon abgesehen verfügt der Beschwerdeführer über keine substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet. Weiters verfügt der Beschwerdeführer seit 16.09.2020 über keinen gesicherten Wohnsitz. Er geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, hat kein Einkommen und verfügt über kein zur Sicherung seiner Existenz ausreichendes Vermögen.

Aufgrund dieses Verhaltens bestehen aktuell Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der Beschwerdeführer untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten, um sich einer Abschiebung zu entziehen.

Sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose haben bei dem Beschwerdeführer ein erhöhtes Risiko des Untertauchens sowie einen Sicherungsbedarf ergeben. Demgegenüber hat der Beschwerdeführer auch keine substantiellen Bindungen oder Kontakte in Österreich oder einen gesicherten Wohnsitz. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung aus, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist.

Es liegt daher Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 3 und Z 9 FPG vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben.

3.1.3.4. Dauer der Schubhaft

Der Beschwerdeführer wird seit 26.06.2020 in Schubhaft angehalten. Der Haftprüfungstermin für die erste Überprüfung gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG war som

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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