TE OGH 2020/10/2 5Ob158/20a

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Veröffentlicht am 02.10.2020
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. g*****, 2. E*****, beide vertreten durch Dr. Nikola Tröthan, Rechtsanwältin in Innsbruck, wegen Pfandrechtsvormerkung ob EZ ***** KG *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Zweitantragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 27. Mai 2020, AZ 46 R 49/20a, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist die Zulässigkeit der Vormerkung eines Pfandrechts im Rang der Anmerkung einer Rangordnung ungeachtet der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Liegenschaftseigentümerin.

Das Erstgericht bewilligte die Vormerkung.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Insolvenzverwalterin Folge und wies das Vormerkungsgesuch ab. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Zweitantragstellerin zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.

1. Nach ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0121703) ist der Insolvenzverwalter berechtigt und legitimiert, gegen eine der Grundbuchsperre des § 13 IO widersprechende grundbücherliche Eintragung vorzugehen, andere Rechtswirkungen und Rechtsfolgen, die spezifisch durch die Insolvenzeröffnung ausgelöst werden, geltend zu machen und solche Einwände zu erheben, die auch dem Schuldner als Buchberechtigten – ohne Insolvenzeröffnung – selbst noch zugestanden wären. Auch an der (materiellen) Beschwer der Insolvenzverwalterin ist nicht zu zweifeln, weil die Frage einer allfälligen Anerkennung der pfandrechtlich zu sichernden Forderung im Insolvenzverfahren von derjenigen nach der Zulässigkeit einer Pfandrechtsvormerkung trotz Insolvenzeröffnung zu trennen ist. Dass die Insolvenzverwalterin den Anspruch auf Vormerkung anerkannt hätte, behauptet die Revisionsrekurswerberin nicht. Das Rekursgericht hat den Rekurs der Insolvenzverwalterin daher zutreffend als zulässig erachtet und inhaltlich behandelt.

2. Gemäß § 95 Abs 3 GBG sind in einem Grundbuchsbeschluss alle Gründe anzugeben, die der Bewilligung entgegenstehen, weshalb eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG bei einem von mehreren Abweisungsgründen auch dann vorliegen kann, wenn das Gesuch wegen anderer Abweisungsgründe, bei denen keine erhebliche Rechtsfrage zu lösen ist, abgewiesen werden muss (RS0029353). Die Prüfung allfälliger weiterer Abweisungsgründe kann jedoch unterbleiben, wenn die Wiederholung des Grundbuchsgesuchs nicht in Betracht kommt (RS0060544). Scheidet – etwa wegen Fristablaufs (vgl 5 Ob 74/10h) – eine Wiederholung des Grundbuchsgesuchs aus, kann selbst einer allenfalls unrichtigen Beurteilung einzelner Abweisungsgründe keine erhebliche Bedeutung mehr zukommen, wenn das Grundbuchsgesuch aus einem anderen Abweisungsgrund, dessen Berechtigung die Revisionsrekurswerberin nicht in Zweifel zieht, abgewiesen werden muss. Dies ist hier der Fall:

3. Die Auffassung des Rekursgerichts, die Bewilligung der Vormerkung scheitere hier bereits am mangelnden Nachweis, dass ein schon vor der Insolvenzeröffnung perfektioniertes Rechtsgeschäft verbüchert werden soll, zieht die Revisionsrekurswerberin zu Recht nicht in Zweifel, entspricht sie doch der ständigen Rechtsprechung (RS0060941). Die Grundbuchsperre nach § 13 IO gilt grundsätzlich auch dann, wenn der die Eintragungsgrundlage bildende Vertrag längst vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossen war (5 Ob 153/09z; RS0065403 [T2]; RS0063858). § 56 Abs 3 GBG verleiht der Anmerkung der Rangordnung ab dem Tag der Insolvenzeröffnung nur dann Wirksamkeit, wenn die Urkunde über das Geschäft schon vor dem Tag der Insolvenzeröffnung ausgefertigt war und das Ausfertigungsdatum durch eine gerichtliche oder notarielle Beglaubigung dargetan ist. Entspricht die Urkunde – wie hier – diesen Voraussetzungen nicht, ist die Zulässigkeit der Eintragung nach den Vorschriften der IO zu beurteilen (5 Ob 86/02m; Höllwerth in Koller/Lovrek/Spitzer Insolvenzordnung § 13 Rz 10).

4. Nach herrschender Auffassung hat die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Treugebers einer mehrseitigen Treuhand auf den Abwicklungsmodus des Treuhandverhältnisses keinen Einfluss (RS0016151). Das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 21 IO besteht bei Treuhandabwicklungen dann nicht mehr, wenn der Treuhänder bereits den gesamten Kaufpreis erhalten und den Antrag auf Einverleibung gestellt oder einverleibungsfähige Urkunden und einen gültigen Rangordnungsbeschluss in Händen hat. Nur dann kann der Insolvenzverwalter nicht mehr zurücktreten (RS0102658). Nach der vom Rekursgericht bereits zitierten Spezialregelung des § 56 Abs 3 GBG liegt eine einverleibungsfähige Urkunde nur dann vor, wenn das – vor Insolvenzeröffnung gelegene – Ausfertigungsdatum gerichtlich oder notariell beglaubigt wurde (RS0102658 [T1]). Dies ist nach der von der Revisionsrekurswerberin nicht mehr bezweifelten Auffassung des Rekursgerichts hier nicht der Fall, was zur Abweisung des Grundbuchsgesuchs führen musste.

5. Auf die weiteren vom Rekursgericht erörterten Abweisungsgründe ist mangels Wiederholbarkeit des Gesuchs nach Ablauf der befristeten Rangordnung nicht mehr einzugehen.

6. Damit war der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen, ohne dass dieser Beschluss einer weiteren Begründung bedürfte (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Textnummer

E130021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0050OB00158.20A.1002.000

Im RIS seit

23.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.12.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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