TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/17 I408 2232950-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.07.2020
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Entscheidungsdatum

17.07.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4
StGB §105 Abs1
StGB §125
StGB §127
StGB §129
StGB §146
StGB §164
StGB §229
StGB §241e
StGB §287
StGB §83 Abs1
StGB §89
VwGVG §14 Abs1
VwGVG §15 Abs1
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I408 2232950-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Bosnien und Herzegowina, vertreten durch die DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gemeinnützige GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.04.2020, Zl. 191089710/191006963, nach Beschwerdevorentscheidung vom 18.06.2020 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer, der sich von 1992 bis Ende 2009 rechtmäßig in Österreich aufhielt und der trotz eines gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbot 2010 im Bundesgebiet verblieb, beantragte am 03.10.2019 die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK. Am 06.03.2019 wurde er dazu durch die belangte Behörde niederschriftlich einvernommen.

2.       Mit Schreiben vom 13.01.2020 informierte die belangte Behörde den Beschwerdeführer über die beabsichtigte Abweisung des Antrages vom 03.10.2019 und forderte ihn zur Abgabe einer Stellungnahme auf. Am 27.01.2020 langte die entsprechende Stellungnahme des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde ein.

3.       Mit Bescheid vom 22.04.2020 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK abgewiesen (Spruchpunkt I.), gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Bosnien und Herzegowina zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.), einer Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.) und gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

4.       Mit Schriftsatz vom 15.05.2020 erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde gegen.

5.       Die belangte Behörde führte, dem Beschwerdevorbringen folgend, mit dem Beschwerdeführer eine neuerliche niederschriftliche Einvernahme am 16.06.2020 durch und befragte auch dessen Lebensgefährtin am 17.06.2020 niederschriftlich ein.

6.       Mit Beschwerdevorentscheidung vom 18.06.2020 wies die belangte Behörde die gegen den Bescheid vom 22.04.2020 erhobene Beschwerde als unbegründet ab.

7.       Gegen diese Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde brachte der Beschwerdeführer am 10.07.2020 fristgerecht einen (begründeten) Vorlageantrag ein.

8.       Am 13.07.2020 legte die belangte Behörde die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina, ledig und kinderlos.

Der Beschwerdeführer kam 1992 im Alter von 13 Jahren nach Österreich und wuchs bei einer Familie im XXXX auf. Er verfügte bis 06.12.2009 über eine Niederlassungsbewilligung der Bezirkshauptmannschaft XXXX .

Am 23.02.2010 wurde gegen den Beschwerdeführer aufgrund seiner Straffälligkeiten – zu diesem Zeitpunkt wies er bereits zehn rechtskräftige Strafverurteilungen auf - ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot erlassen, er verblieb aber im Bundesgebiet.

Am 20.06.2017 – zu diesem Zeitpunkt wies er dreizehn rechtskräftige Strafverurteilungen auf - wurde gegen den Beschwerdeführer, weil er weder über einen Aufenthaltstitel oder eine Aufenthaltsberechtigung verfügte und alle Versuche, ihn zu einer freiwilligen Rückkehr zu bewegen, erfolglos blieben, ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet und ihm dazu Parteiengehör gewährt, wozu er am 19.07.2017 eine Stellungnahme übermittelte.

Am 29.08.2018 erfolgte seine letzte strafgerichtliche Verurteilung und am 06.03.2019 wurde er zur beabsichtigten Rückkehrentscheidung niederschriftlich einvernommen.

Am 03.10.2019 stellte er den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs 1 AsylG.

Bis zu dieser Antragstellung wurde der Beschwerdeführer in Österreich insgesamt 14 Mal rechtskräftig verurteilt:

1.       Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 06.08.1998, XXXX , wegen § 89 (§ 81 Abs. 2) StGB zu einer Geldstrafe von 90 Tagsätzen zu je ATS 30.

Der Beschwerdeführer verursachte am 04.05.1998 in alkoholisiertem Zustand einen Verkehrsunfall mit Sachschaden.

2.       Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 20.09.1999, XXXX , wegen § 83 Abs. 1 StGB (Körperverletzung am 10.07.1999) zu einer Geldstrafe von 90 Tagsätzen zu je ATS 200.

3.       Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 17.07.2003, XXXX , wegen §§ 15, 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von fünf Wochen, welche unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde.

4.       Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 09.09.2004, Zl. XXXX , wegen §§ 109 Abs. 1, 109 Abs. 3 Z 1 (Hausfriedensbruch), 105 Abs. 1 (Nötigung), 125 StGB (Sachbeschädigung) zu einer Geldstrafe von 360 Tagsätzen zu je EUR 5.

Der Beschwerdeführer drang am 21.05.2004 gewaltsam in eine Wohnung ein, zwang einen Insassen mit Gewalt zum Verlassen der Wohnung und beschädigte dabei die Türe

5.       Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 07.09.2004, XXXX , wegen § 27 Abs. 1 SMG zu einer Geldstrafe von 60 Tagsätzen zu je EUR 2, welche zunächst bedingt nachgesehen wurde.

Die Verurteilung erfolgte wegen des Erwerbes und Besitzes von Heroin und Cannabisprodukte im Zeitraum Herbst 2002 bis 19.03.2004 sowie des Besitzes von 0,3 g Heroin am 19.03.2004

6.       Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 05.12.2005, XXXX , wegen §§ 84 Abs. 1, 83 Abs. 1 StGB (schwere Körperverletzung am 09.09.2005) zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten, welche zunächst bedingt nachgesehen wurde. Letztendlich wurde die Freiheitsstrafe am 28.03.2011 vollzogen.

7.       Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 25.07.2006, Zl. XXXX , wegen § 229 Abs. 1 StGB, § 27 Abs. 1 SMG und §§ 127, 229 Abs. 1, 241e Abs. 3, 146 StGB zu einer Geldstrafe von 150 Tagsätzen zu je EUR 20.

8.       Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 04.12.2007, XXXX , wegen § 127 StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagsätzen zu je EUR 15.

Am 14.04.2007 entwendete der Beschwerdeführer um 02:00 Uhr in der Früh aus einer unbeaufsichtigten Kellnergeldtasche € 1.400.

9.       Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 02.12.2008, XXXX , wegen § 27 Abs. 1 Z 1 SMG zu einer Geldstrafe von 100 Tagsätzen zu je EUR 2.

Dem Beschwerdeführer wurde dabei der Erwerb und Besitz von 90 mg Coddiol bei einem Freigang aus der Justizanstalt XXXX am 11.08.2008 angelastet. Der Beschwerdeführer leugnete die Tat bis zuletzt.

10.      Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 12.05.2009, XXXX , wegen §§ 27 Abs. 1 Z 1 1.2. Fall, 28a Abs 1 5. Fall, 27 Abs 2, 28a Abs 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, und zwar als Zusatzstrafe zu 18 U 360/08f (Freiheitsstrafe von 3 Monaten). Der Beschwerdeführer stellte gleichzeitig einen Antrag auf Strafaufschub gemäß § 39 Abs 1 SMG und erklärte seine Bereitschaft zur Vornahme von gesundheitsbezogenen Maßnahmen.

Der Beschwerdeführer verkaufte von Ende 2005 bis Frühjahr 2005 insgesamt 40 g Heroin und besaß und konsumierte selbst von Juli 2007 bis Anfang Mai 2008 Heroin sowie von Mitte September 2007 bis Anfang Mai 2008 geringe Mengen Marihuana.

11.      Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 06.10.2010, Zl. XXXX , wegen §§ 28a Abs. 1 fünfter Fall, 28a Abs. 3 (Suchtgifthandel), 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, 27 Abs. 2 SMG (unerlaubter Umgang mit Suchtgiften) und §§ 127, 129 Abs. 1 (Diebstahl durch Einbruch), 164 Abs. 1, 164 Abs. 4 zweiter Satz (Hehlerei) StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten.

Der Beschwerdeführer verkaufte von 2009 bis Ende Juni 2010 mindestens 50 g Heroin und erwarb und konsumierte von Ende 2008 bis Ende Juni 2010 selbst Heroin. Außerdem entwendete er am 22.02.2009 mit Mittätern Werbeartikel im Gesamtwert von € 266,55 aus einem Kellerabteil und verwendete gestohlenes Bargeld zum Ankauf von Zigaretten.

12.      Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 06.10.2011, Zl. XXXX , wegen §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB (schwere Körperverletzung am 16.11.2010) zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten. Der Milderungsgrund des Geständnisses kam dabei nicht zu tragen.

13.      Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 09.02.2016, Zl. XXXX , wegen § 127 StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagsätzen zu je EUR 4. Von einem Widerruf der bedingten Strafnachsicht zu XXXX (Freiheitsstrafe von 18 Monaten) wurde abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert.

Der Beschwerdeführer entwendete am 30.04.2020 einem Freund, mit dem er zuvor in einem Lokal den Abend zuvor verbrachte und der nach Behebung von € 1.000, -- auch die Zeche übernommen hatte, während dieser schlief € 400, --. Der Beschwerdeführer leugnete die Tat bis zuletzt.

14.      Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 29.08.2018, Zl. XXXX , wegen § 287 StGB, § 15 StGB, §§ 269 Abs. 1, 83, 84 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten.

Der Beschwerdeführer versetzte sich am 11.05.2018 durch den Genuss von Alkohol in einen die Zurechnungsunfähigkeit ausschließenden Rausch und widersetzte sich mit Gewaltanwendung gegen die einschreitenden Polizeibeamten einer Verhaftung.

Mit Beschluss des Landesgerichtes XXXX , vom 12.11.2018, XXXX , wurde dem Beschwerdeführer ein Vollzugaufschub für den Antritt der Haftstrafe bis 01.06.2019 gewährt, weil er angab, Zusagen bei mehreren Arbeitsstellen zu haben und eine begonnene Interferon-Kur abschließen zu wollen.

Der Beschwerdeführer besuchte nach der Grundschule im damaligen Jugoslawien in Österreich zunächst die Hauptschule und absolvierte anschließend eine Ausbildung zum Tischler. Er war im Anschluss als Tischler, Glasmonteur und Monteur beschäftigt, wobei die letzte Erwerbstätigkeit im Jahr 2008 gelegen ist. Die darauffolgenden zwölf Jahre bis zum heutigen Tag bezog der Beschwerdeführer Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung sowie der Mindestsicherung und verbüßte die verhängten Haftstrafen. Zuletzt war er vom 15.11.2019 an in Haft und wurde nach Verbüßung von zwei Drittel der Freiheitsstrafe am 14.07.2020 bedingt entlassen.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig, hat in den Jahren seines Aufenthaltes in Österreich einen Freundes- und Bekanntenkreis aufgebaut und spricht gut Deutsch.

Er führt mit der österreichischen Staatsbürgerin XXXX , geb. am XXXX , seit rund zwei Jahren eine Beziehung, und lebte mit ihr vor dem aktuellen Haftantritt im gemeinsamen Haushalt. Diese hat kein ebenfalls kein einfaches privates Umfeld, weist selbst 15 Vorstrafen auf, war zuletzt auf Arbeitssuche und hat zu Ihrem Sohn, der bei einer Pflegefamilie lebt, nur alle zwei Wochen, jeweils für eine Woche Kontakt.

Der Beschwerdeführer geht seit 2008, das sind 12 Jahre in Österreich keiner Erwerbstätigkeit mehr nach und lebt von staatlichen Unterstützungsleistungen in Form von Arbeitslosenbezug, Notstandshilfe bzw. Mindestsicherung. Die Zeiträume von 02.08.2007 bis 10.08.2007, von 08.05.2008 bis 28.08.2008, von 28.12.2010 bis 17.01.2012 sowie von 15.11.2019 bis 14.07.2020 verbrachte er in Haft.

In Bosnien leben die Schwester und die Mutter des Beschwerdeführers, wobei zur Mutter regelmäßiger Kontakt besteht. Der Beschwerdeführer spricht die bosnische Sprache auf Muttersprachniveau.

Bosnien und Herzegowina ist ein sicherer Herkunftsstaat. Eine Rückkehr ist für den erwachsenen Beschwerdeführer zumutbar.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich ohne entscheidungserhebliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens und des Gerichtsakts des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellungen beruhen vorwiegend auf den durch entsprechende Unterlagen untermauerten Angaben des Beschwerdeführers in seinem ursprünglichen Antrag, in den Einvernahmen durch die belangte Behörde, in seiner ergänzenden Stellungnahme, in der Beschwerde und dem im Wesentlichen gleichlautenden Vorlageantrag sowie auf der ergänzenden Einvernahme der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers und den vorgenommenen Registerabfragen des BVwG.

Der dem Beschwerdeführer zuletzt erteilte Aufenthaltstitel und das Fehlen eines solchen in weiterer Folge, woraus sich der unrechtmäßige Aufenthalt seit 2009 ergibt und das am 23.02.2010 erlassene Aufenthaltsverbot, sind im Informationsverbund Zentrales Fremdenregister (IZR) dokumentiert.

Die Feststellungen zum Privatleben in Österreich waren aufgrund der übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers und seiner Lebensgefährtin in den jeweiligen niederschriftlichen Einvernahmen zu treffen. Aufgrund des langen Aufenthaltes im Inland ist es zudem plausibel, dass der Beschwerdeführer in Österreich Freunde und Bekannte hat, wobei ein besonderes Naheverhältnis nicht vorgebracht wurde.

Abgesehen von einer Suchterkrankung, welche der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben überwunden hat, haben sich im Verfahren keine Hinweise auf gesundheitliche Probleme ergeben. Aus diesem Umstand sowie aus seinem erwerbsfähigen Alter und der von ihm angestrebten Vollzeitbeschäftigung gründet sich seine Arbeitsfähigkeit.

Die Feststellungen zu den insgesamt 14 strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers sind Strafregister der Republik Österreich und den von der belangten Behörde eingeholten Urteilsausfertigungen entnommen. Der Zeitpunkt der bedingten Haftentlassung ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom 12.06.2020, Zl. XXXX . Die angeführten Haftaufenthalte sind dem aktuellen ZMR-Auszug entnommen.

Die Feststellungen zu seiner Erwerbslosigkeit in den letzten zwölf Jahren ist dem Anteinhalt und dem AJ-WEB Ausdruck entnommen.

Bosnien und Herzegowina ist ein sicherer Staat iSd Herkunftsstaaten-Verordnung (§ 1 Z 1 HStV). Es hat auch kein entsprechendes Vorbringen des Beschwerdeführers gegeben, welches dies in Abrede stellen würde. Zudem wird auf die Bescheidausführungen zur Lage im Herkunftsstaat (Seite 20 - 46) verwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels und zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides):

Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Gemäß § 55 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine Aufenthaltsberechtigung zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK geboten ist.

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG und § 52 Abs. 3 FPG ist die Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG grundsätzlich mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG). Gemäß Art 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (§ 9 Abs. 2 BFA-VG).

Bei der Beurteilung, ob die Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers geboten ist, ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen, die auf alle Umstände des Einzelfalls Bedacht nimmt. Dabei muss ein Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits gefunden werden. In die gebotene Gesamtbeurteilung sind alle gemäß Art 8 EMRK relevanten Umstände seit der Einreise des Fremden einzubeziehen.

Es trifft zwar zu, dass im Rahmen einer Interessenabwägung nach Art. 8 MRK bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt eines Fremden in der Regel von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist (vgl. VwGH 1.2.2019, Ra 2019/01/0027, mwN). Diese Rechtsprechung betraf allerdings nur Konstellationen, in denen sich aus dem Verhalten des Fremden - abgesehen vom unrechtmäßigen Verbleib in Österreich - sonst keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ergab. Die "Zehn-Jahres-Grenze" spielte in der bisherigen Judikatur nur dann eine Rolle, wenn einem Fremden kein - massives - strafrechtliches Fehlverhalten vorzuwerfen war (vgl. VwGH 10.11.2015, Ro 2015/19/0001, mwN)." (VwGH 28.02.2019, Ra 2018/01/0409).

Der Beschwerdeführer hält sich seit seiner Einreise im Jahr 1992 im Bundesgebiet auf, wobei der Aufenthalt nach dem Ablauf der Gültigkeitsdauer seines letzten Aufenthaltstitels 2009 nicht mehr rechtmäßig war. Trotz fehlenden Aufenthaltstitels und Bestehens eines Aufenthaltsverbotes verblieb der Beschwerdeführer im Bundesgebiet.

Der Beschwerdeführer verfügt zwar, vermittelt durch seine Lebensgefährtin mit der seit kurzem ein gemeinsamer Haushalt besteht und die ihn im Rahmen ihrer eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten unterstützt, über familiäre Anknüpfungspunkte, jedoch werden diese durch die kurze Dauer der Beziehung von etwa zwei Jahren, von welchen der Beschwerdeführer wiederrum fast ein Jahr in Strafhaft verbrachte, entscheidend relativiert.

Auch die 14 strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers und die Missachtung eines 2010 erlassenen fünfjährigen Aufenthaltsverbotes führen zu einer weiteren, massiven Relativierung der privaten Bezugspunkte in Österreich.

Ferner brachte der Beschwerdeführer durch seine wiederholten Delinquenzen seine fehlende Bereitschaft, sich in die österreichische Gesellschaft zu integrieren, nachhaltig zum Ausdruck.

Er ist nicht nur wiederholt einschlägig straffällig geworden, sondern hat auch hinsichtlich der Intensität seiner Straftaten an Schwere zugelegt. Seine 14 Verurteilungen umfassen Vermögens-, Eigentums-, Suchtmitteldelikte und Delikte gegen die körperliche Integrität, die zum Teil zu massiven Körperverletzungen bei seinen Opfern führten. So konnten ihn weder bedingte Strafnachsichten, die Verlängerung von Probezeiten, Haftaufschübe noch die Verbüßung von Haftstrafen zu einer Verhaltensänderung bewegen.

Auch die in dieser Zeit ergangenen fremdenpolizeilichen Maßnahmen führten zu keinem Umdenkprozess. So wurde am 23.02.2010 gegen ihn ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot erlassen, und am 06.10.2010 sowie am 06.11.2011 erfolgten schon die nächsten strafgerichtlichen Verurteilungen. Am 20.06.2017 wurde ein Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung eingeleitet und knapp ein Jahr später wurde er neuerlich straffällig und zu einer Haftstrafe von 12 Monaten verurteilt.

Zwar ist der Beschwerdeführer sprachlich gut integriert, jedoch ist seine berufliche Integration nicht geeignet, seine persönlichen Interessen entscheidend zu stärken, liegt doch die letzte Ausübung einer Erwerbstätigkeit annährend 12 Jahre zurück und war der Beschwerdeführer in diesem Zeitraum auf den Bezug staatlicher Leistungen angewiesen.

Der Beschwerdeführer ist damit nicht selbsterhaltungsfähig und lebt von staatlichen Unterstützungsleistungen. Den Verurteilungen wegen Körperverletzungen und Vermögensdelikten ist zu entnehmen, dass er ohne Rücksicht auf den dadurch entstandenen Schaden vorgeht und bei seinen Diebstählen die Tatbegehung leugnet (Bezirksgericht XXXX vom 04.12.2007, Landesgericht XXXX vom 06.10.2011). Bezeichnend ist auch, dass er den Aufschub seiner letzten Haftstrafe im Hinblick auf vorliegenden Arbeitsplatzzusagen beantragte, eine Realisierung bzw. ein Arbeitsantritt aus dem Sozialversicherungsdatenauszug nicht zu entnehmen ist.

Der Beschwerdeführer spricht die bosnische Sprache, hat die prägende Phase seiner Kindheit und Jugend in Bosnien verbracht und verfügt dort über familiäre Anknüpfungspunkte in Form seiner Mutter und Schwester, sodass auch nicht von einer völligen Entwurzelung in Bosnien auszugehen ist. Unabhängig davon hat er schon 2014 die Bereitschaft zu einer freiwilligen Rückkehr zum Ausdruck gebracht, diese aber nie realisiert.

Aus den genannten Gründen ist die belangte Behörde in Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und der öffentlichen und privaten Interessen im Ergebnis zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen und insbesondere an der Verhinderung von Eigentums-, Gewalt- und Suchtmittelkriminalität schwerer wiegt, als die privaten Interessen des Beschwerdeführers an seinem Verbleib in Österreich. Die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels ist trotz der aufgezeigten Integrationsmomente nicht zur Aufrechterhaltung seines Privat- und Familienlebens geboten.

Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 AsylG liegen nicht vor, sodass gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 52 Abs. 3 FPG eine Rückkehrentscheidung zu erlassen ist. Die Gründe, warum die Rückkehrentscheidung nicht auf Dauer unzulässig ist, decken sich mit den Überlegungen zur Abweisung des Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheids ist daher unbegründet.

3.2. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

Für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG von Amts wegen gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (siehe VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0157). Demnach ist die Abschiebung unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für den Betreffenden als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs. 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben oder die Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre (Abs. 2) oder solange die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs. 3).

Da keine dieser Voraussetzungen hier zutrifft, ist die Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat zulässig. Bosnien und Herzegowina gilt als sicherer Herkunftsstaat gemäß § 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG iVm § 1 Z 1 HStV, was für die Annahme einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der dortigen Behörden spricht, zumal bei der Festlegung sicherer Herkunftsstaaten insbesondere auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Menschenrechtsverletzungen Bedacht zu nehmen ist (siehe VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153). In Anbetracht der vorrangigen Funktion der Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG, (lediglich) den Zielstaat der Abschiebung festzulegen, ist es nicht Aufgabe des BFA bzw. des BVwG, im Verfahren zur Erlassung einer fremdenpolizeilichen Maßnahme letztlich ein Verfahren durchzuführen, das der Sache nach einem Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz gleichkommt (VwGH 07.03.2019, Ra 2019/21/0044).

Unter Berücksichtigung der stabilen Lage in Bosnien und Herzegowina und der Lebensumstände des gesunden und arbeitsfähigen Beschwerdeführers liegen keine Gründe vor, die eine Abschiebung unzulässig machen würden.

3.3. Zur Frist für die freiwillige Ausreise und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkte IV. und V. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG ist gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung eine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen. Entscheidungen, in denen der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, sind gemäß § 55 Abs. 1a FPG nicht mit einer Frist für die freiwillige Ausreise zu verbinden. Gemäß § 55 Abs. 4 FPG ist von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

Aufgrund der gravierenden Suchtgift- und Gewaltdelinquenz des Beschwerdeführers, seines belasteten Vorlebens und der Wirkungslosigkeit früherer strafgerichtlicher Sanktionen sind die Voraussetzung des § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG erfüllt. Die mehrmaligen Verurteilungen zu unbedingten Freiheitsstrafen indizieren, dass von ihm auch nach dem Strafvollzug eine schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgehen wird.

Auch bei Bedachtnahme auf die privaten und familiären Anbindungen in Österreich ist mit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung kein unverhältnismäßiger Eingriff in sein Recht auf Privat- und Familienleben verbunden, zumal dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aufgrund der gravierenden Straftaten ein sehr großes Gewicht beizumessen ist (vgl VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0271) und die Kontakte des Beschwerdeführer zu seinen in Österreich lebenden Bezugspersonen ohnedies haftbedingt eingeschränkt sind.

Daher ist seine sofortige Ausreise nach der Haftentlassung im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit notwendig. Aus dem oben Gesagten ergibt sich weiters, dass die Voraussetzungen für die amtswegige Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht erfüllt waren.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde und die Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise sind vor diesem Hintergrund nicht korrekturbedürftig.

3.4. Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, kann vom Bundesamt mit Bescheid mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

Die belangte Behörde hat das gegenständliche Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG gestützt und im Wesentlichen mit den zahlreichen strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers begründet.

Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 3 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.02.2013, Zl. 2012/18/0230).

Der Beschwerdeführer wurde zuletzt 2010 wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten und 2018 wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt. Zuvor bzw. zwischen diesen beiden Verurteilungen lagen zahlreiche weitere Verurteilungen wegen verschiedenster Gewalt-, Vermögens- und Suchtmitteldelikte.

Der VwGH hat im Erkenntnis vom 25.04.2013, Zahl 2013/18/0056 unter anderem erwogen, dass den Interessen des Beschwerdeführers am weiteren Aufenthalt die hohe Gefährdung öffentlicher Interessen gegenüberstehe, die aus der massiven Delinquenz des (im dortigen Verfahren eingebundenen) Beschwerdeführers im Bereich des (dort) bandenmäßig organisierten Suchtgiftschmuggels und -handels resultiere. Im Hinblick auf das überaus große öffentliche Interesse an der Verhinderung derartiger Straftaten sei es nicht zu beanstanden, wenn die belangte Behörde zum Ergebnis gelangt sei, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbots gegen den Beschwerdeführer gemäß § 66 FPG zulässig sei. Es entspräche zudem der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei derart schweren Verbrechen nach dem SMG weder ein langjähriger Aufenthalt in Österreich noch eine sonst vollkommene soziale Integration im Inland einem Aufenthaltsverbot entgegenstehen (vgl. das Erkenntnis vom 19. Jänner 2012, Zl. 2011/23/0255).

Diese Entscheidung geht zwar von einem bandenmäßig organisierten Suchtgiftschmuggel aus, jedoch haftet dem gegenständlichen Fall ebenso ein nicht minderer Grad der Beeinträchtigung öffentlicher Interessen an, erzeugt doch die Überlassung von Suchtgift an andere Personen die hohe Gefahr ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung.

Doch auch unabhängig von der jüngsten Verurteilung zeigte sich der Beschwerdeführer in seinem Handeln über Jahrzehnte hinweg uneinsichtig. Er beging – beginnend mit dem Jahr 1998 – eine Häufung verschiedenster Straftaten, welche nur durch die Zeiten der Haftaufenthalte und jeweils kurz andauernde Zeiträume des Wohlverhaltens unterbrochen wurden, was – die Relation zwischen der Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und die Zahl der (wenngleich teils auch getilgten) Verurteilungen miteinbezogen – den Unrechtsgehalt seines Verhaltens verschärft.

Auch wenn die getilgten Verurteilungen nicht bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes berücksichtigt werden dürfen, so können diese durchaus bei der Betrachtung der Gefährdungsprognose Berücksichtigung finden.

Auch wenn der Beschwerdeführer nunmehr seine Reue und sein Bestreben nach einem Lebenswandel beteuert ist dies im Lichte der begangenen Straftaten und der Dauer seit der letztmaligen Haftentlassung nicht geeignet, sich im Sinne einer Gefährdungsprognose entscheidend zu seinen Gunsten auszuwirken.

Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände, des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und in Ansehung der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens getroffenen Gefährdungsprognose kann daher eine Gefährdung von öffentlichen Interessen, insbesondere an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit (Verhinderung von Eigentums-, Gewalt- und Suchtgiftkriminalität) als gegeben angenommen werden.

Der belangten Behörde ist es daher nicht vorwerfbar, wenn sie im vorliegenden Fall von einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausging, welche die Anordnung eines Einreiseverbotes erforderlich machte, zumal diese Maßnahme angesichts der vorliegenden Schwere der Verstöße gegen österreichische Rechtsnormen und des zum Ausdruck gekommen persönlichen Fehlverhaltens zur Verwirklichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele unbedingt geboten erscheint.

Ein auf den Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG gestütztes Einreiseverbot wie im vorliegenden Fall kann für die Dauer von höchstens zehn Jahren, erlassen werden.

Bei einem in Strafhaft befindlichen Fremden ist für einen Wegfall einer von diesem ausgehenden Gefährdung im Sinne des § 53 FPG in erster Linie das gezeigte Wohlverhalten in Freiheit maßgeblich (VwGH 28.01.2016, Zl. Ra 2016/21/0013 mwN).

Der Beschwerdeführer wurde erst vor wenigen Tagen aus der Haft entlassen. Es bedarf daher vor dem Hintergrund der zahlreichen begangenen Straftaten jedenfalls einer mehrjährigen Zeitspanne, um von einem Wegfall der Gefährdung durch den Beschwerdeführer sprechen zu können. Vor dem Hintergrund dessen massiven strafrechtlichen Fehlverhaltens erscheint dem erkennenden Gericht die gewählte Dauer von sieben Jahren durchaus angemessen, um den Beschwerdeführer von der Begehung gleichgelagerter Straftaten abzuhalten und ihm die Möglichkeit zu geben, sein Fehlverhalten einzusehen und sein nunmehriges Wohlverhalten in Freiheit unter Beweis zu stellen, zumal die gesetzliche Höchstdauer von zehn Jahren bei weitem nicht ausgeschöpft wurde.

Da sich das erlassene Einreiseverbot als rechtmäßig und die festgesetzte Dauer als angemessen erwiesen haben, war die Beschwerde auch hinsichtlich des Spruchpunktes VI. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

3.5. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Nach § 21 Abs. 7 BFA-VG kann bei Vorliegen der dort umschriebenen Umstände von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden. Von einem geklärten Sachverhalt iSd § 21 Abs. 7 BFA-VG bei der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen kann allerdings im Allgemeinen nur in eindeutigen Fällen ausgegangen werden, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des oder der Fremden sprechenden Fakten auch dann kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das BVwG von ihm oder ihr einen persönlichen Eindruck verschafft (vgl. zuletzt VwGH 16.01.2019, Ra 2018/18/0272).

Im gegenständlichen Fall wurde der Sachverhalt nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet (siehe VwGH 28.05.2014, Zahl Ra 2014/20/0017 und 0018-9).

Ferner wurde dem Beschwerdeführer nicht nur die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme gegeben, sondern er wurde selbst zweimal und seine Lebenspartnerin einmal von der belangten Behörde niederschriftlich, unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens einvernommen. Diese Angaben wurden der vorliegenden Entscheidung vollumfänglich zu Grunde gelegt.

Es konnte daher gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt zweifelsfrei geklärt ist und auch aus dem Vorlageantrag keine Umstände entnommen werden können, die noch nicht abgehandelt sind und in einer mündlichen Verhandlung zu erörtern wären.

Zu Spruchteil B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Die bei Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Interessenabwägung ist im Allgemeinen nicht revisibel. Das gilt sinngemäß auch für die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose und für die Bemessung der Dauer des Einreiseverbots (VwGH 29.05.2018, Ra 2018/20/0259). Die Revision ist nicht zuzulassen, weil sich das BVwG dabei an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen war.

Schlagworte

Abschiebung Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK aufschiebende Wirkung - Entfall Beschwerdevorentscheidung Diebstahl Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Gewalttätigkeit Haft Haftstrafe Hausfriedensbruch Körperverletzung Nötigung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Rückkehrentscheidung Sachbeschädigung schwere Straftat Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Suchtgifthandel Suchtmitteldelikt Verbrechen Vorlageantrag Wiederholungsgefahr Wiederholungstaten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I408.2232950.1.00

Im RIS seit

22.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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