TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/31 I405 2121458-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.01.2020
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Entscheidungsdatum

31.01.2020

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z22
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §54 Abs1 Z1
AsylG 2005 §54 Abs2
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs11
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs7
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9 Abs2
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §52
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I405 2121458-1/13E

I405 2121462-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde von

1.)XXXX, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.01.2016, Zl. 651214605-1752299,

2.) XXXX, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.01.2016, Zl. 1091609003-151582264,

beide vertreten durch RAe Dr. Martin DELLASEGA und Dr. Max KAPFERER, Schmerlingstraße 2/2, 6020 Innsbruck, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.11.2019, zu Recht erkannt:

A) I. Die Beschwerden hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. der angefochtenen Bescheide werden gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

II. Den Beschwerden gegen Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide wird stattgegeben und festgestellt, dass gemäß § 9 Abs. 2 und 3 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist. Gemäß § 54 Abs. 1 Z 1, § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 1 AsylG 2005 wirdXXXX der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Verfahrensgang vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) ergibt sich aus den Verwaltungsakten des BFA.

2.Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: BF1) ist Gatte der Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF2), beide sind Staatsangehörige Nigerias.

3. Der BF1 reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 14.11.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz. Er wurde hierzu am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich erstbefragt und am 29.04.2014 sowie am 03.12.2015 vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen. Als Fluchtgrund machte er bei seiner Erstbefragung wirtschaftliche Motive geltend. Bei seinen Einvernahmen durch die belangte Behörde führte er hingegen aus, dass er als Anhänger der Biafra-Bewegung demonstriert habe und nun deshalb von der Polizei gesucht werde.

4. Die BF2 reiste mit einem von der Österreichischen Botschaft in Abuja ausgestellten Visum (gültig von 02.10.2015 bis 25.10.2015) legal in das Bundesgebiet ein und stellte am 19.10.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Sie wurde hierzu am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich erstbefragt und am 03.12.2015 vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen. Als Fluchtgrund führte sie an, gemeinsam mit ihrem Mann für Freiheit und Demokratie demonstriert zu haben und nun deshalb verfolgt zu werden.

5. Mit angefochtenen Bescheiden des BFA vom 14.01.2016 wurden die Anträge der BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 100/2005 abgewiesen und ihnen der Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 leg.cit. der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Nigeria nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der BF gemäß 46 FPG nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

6. Die Bescheide des BFA wurde den BF, samt den Verfahrensanordnungen vom 22.01.2016, wonach den BF eine Rechtsberaterin amtswegig zur Seite gestellt und ihnen die verpflichtende Teilnahme an einem Rückehrberatungsgespräch aufgetragen wurde, am 26.01.2016 zugestellt.

7. Mit Schriftsatz vom 10.02.2016 erhoben die BF fristgerecht Beschwerde gegen die angefochtenen Bescheide, worin inhaltliche Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wurden.

8. Die gegenständlichen Beschwerden und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom BFA vorgelegt und sind am 16.02.2016 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

9. Am 20.11.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch, an welcher die BF, ihre rechtsfreundliche Vertretung, zwei Vertreterinnen der belangten Behörde und ein Dolmetscher für die Sprache Englisch teilnahmen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der BF:

Die BF sind Staatsangehörige von Nigeria, christlichen Glaubens und Angehörige der Volksgruppe der I(g)bo. Der BF1 stammt aus Abia State, die BF2 stammt aus Imo State. Die Identität des BF1 steht nicht fest, jene der BF2 hingegen schon.

Der Reiseweg des BF1 nach Österreich steht nicht fest, jener der BF2 wiederum schon.

Der BF1 verfügt über eine neunjährige Schulbildung, Ausbildung und Berufserfahrung als Elektriker. Die BF2 verfügt ebenfalls über eine mehrjährige Schulbildung und Ausbildung sowie Berufserfahrung als Lehrerin. Die BF verfügen auch über familiären Anschluss in Nigeria. Ihre Eltern (ad BF2) und Geschwister leben nach wie vor in Nigeria, zu denen sie in aufrechtem Kontakt stehen.

Die BF sind unbescholten.

Die BF sind gesund und arbeitsfähig.

Der BF1 reiste illegal in Österreich ein und befindet sich seit November 2013 im Bundesgebiet. Die BF2 reiste mit einem von der Österreichischen Botschaft in Abuja ausgestellten Visum (gültig von 02.10.2015 bis 25.10.2015) ins Bundesgebiet ein und ist seit Oktober 2015 hier aufhältig. Der BF1 und sind BF2 miteinander verheiratet und leben im gemeinsamen Haushalt. Sie verfügen über keine Verwandten in Österreich.

Die lange Verfahrensdauer ist nicht den BF anzulasten. Sie haben sich dem Verfahren nicht entzogen oder ihre Mitwirkungspflicht verletzt.

Die BF haben mehrere Deutsch-, Werte- und Orientierungskurse besucht und Deutschprüfungen auf dem Niveau A2 abgelegt. Die BF2 besuchte zuletzt einen B1-Deutschkurs.

Der BF1 verkauft eine Straßenzeitung. Die BF2 verrichtet Tätigkeiten als Reinigungskraft. Eine Selbsterhaltungsfähigkeit liegt zwar nicht vor, jedoch verfügt der BF1 über einen Arbeitsvorvertrag. Die BF haben des Weiteren Hilfstätigkeiten bzw. gemeinnützige Tätigkeiten für die XXXX verrichtet.

Der BF1 hat einen Erste-Hilfe-Kurs des Österreichischen Roten Kreuzes besucht.

Die BF sind aktive Mitglieder der Afrikanisch Katholischen Gemeinschaft der Diözese XXXX. Der BF1 ist zudem in einem Sportverein aktiv, wo er an Ski-Rennen teilgenommen und gemeinnützige Tätigkeiten verrichtet hat. Die BF2 ist auch im Frauencafé sowie bei den XXXX aktiv.

1.2. Zur Lage in Nigeria:

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende Peoples Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45 % Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80 % aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakte der belangten Behörde und Befragung der BF im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 20.11.2019. Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat wurden Verfahrensparteien mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übermittelt und ihnen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung die Möglichkeit zur Abgabe einer diesbezüglichen Stellungnahme eingeräumt.

Die Feststellungen zur Identität (Namen und Geburtsdatum) und zu den persönlichen Verhältnissen der BF beruhen auf den diesbezüglichen Angaben der BF in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 20.11.2019 sowie den aktenkundigen Dokumenten der BF2.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zum Familien- und Privatleben der BF sowie zu den übrigen integrationsrelevanten Umständen beruhen auf den diesbezüglichen Aussagen der BF in der Beschwerdeverhandlung vom 20.11.2019 sowie den im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen.

Die Feststellungen zu den Sprachkenntnissen der BF ergeben sich aus dem vorgelegten ÖSD-Zertifikat 30.01.2018 (ad BF1), des ÖIF-Zeugnisses vom 16.01.2019 (ad BF2) und der Bestätigung von XXXX vom 02.07.2019. Die Feststellung zum Besuch des Werte- und Orientierungskurses der BF2 ergibt sich aus der Bestätigung vom ÖIF vom 30.09.2019.

Die Feststellungen zu der Tätigkeit des BF1 als Zeitungsverskäufer ergibt sich aus der Bestätigung der XXXX vom 17.02.2016. Die Feststellung zum Arbeitsvorvertrag des BF1 aus dem Dienstvertrag vom 09.02.2016. Die Feststellung zur Reinigungstätigkeit der BF2 ergibt sich aus dem Empfehlungsschreiben vom 09.10.2019. Die Feststellungen zur gemeinnützigen bzw. freiwilligen Arbeit der BF bei der XXXX ergibt sich aus der Bestätigung vom 11.11.2019.

Die Feststellungen zu der Mitgliedschaft sowie zur Aktivität der BF bei der Afrikanisch Katholischen Gemeinschaft der Diözese XXXX ergibt sich aus den Bestätigungen vom 21.10.2019. Die Feststellungen zur Aktivität bzw. der Teilnahme der BF2 beim XXXX sowie bei den XXXX ergeben sich aus der Bestätigung vom 13.11.2018 und den vorgelegten Kopien von Flyern. Die Feststellung zur sportlichen Aktivität des BF1 ergibt sich aus der Urkunde von XXXX.

Die Feststellungen zur exilpolitischen Tätigkeit des BF1 ergibt sich aus den Angaben des BF1 sowie den vorgelegten Fotos.

Dass die BF gegenwärtig zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes in Österreich Leistungen aus der Grundversorgung beziehen, ist durch einen aktuellen Auszug des Betreuungsinformationssystems über die Gewährung der vorübergehenden Grundversorgung belegt. Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der BF ergibt sich aus dem aktuellen Strafregisterauszug der Republik Österreich.

2.2. Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen sowie der Anfragebeantwortung der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zur Situation von Mitgliedern der IPOB. Der Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Hinsichtlich der länderkundlichen Feststellungen älteren Datums ist anzumerken, dass sich in Bezug auf gegenständliches konkretes Beschwerdevorbringen keine entscheidungswesentlichen Änderungen ergeben haben und sich die Lage in Nigeria in diesen Zusammenhängen im Wesentlichen unverändert darstellt.

Der BF traten diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen. Daran vermochten die von den BF im Rahmen der Stellungnahme vom 14.11.2019 übermittelten Ausführungen, welche die Länderberichte weder ergänzten noch erschütterten, nichts zu ändern.

2.3. Zum Vorbringen der BF:

2.3.1. Die negative Feststellung zu potentieller Verfolgungsgefahr und drohender menschenrechtswidriger Behandlung der BF in ihrem Herkunftsstaat beruht im Wesentlichen auf folgenden Erwägungen:

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt auf Grundlage der ergänzenden Ermittlungen zum Ergebnis, dass das Vorbringen der BF zu den Fluchtgründen nicht glaubhaft ist. Die BF machten im Zuge ihres Vorbringens vor dem BFA und vor dem Bundesverwaltungsgericht unbestimmte sowie widersprüchliche Angaben, sodass der Schlussfolgerung des BFA, dass die Fluchtgeschichte der BF nicht glaubhaft waren, wie darzulegen sein wird, zu folgen war.

2.3.2. Zum BF1:

Die Unglaubwürdigkeit des BF1 setzt zunächst bei seinen Angaben zu seiner Ausreise aus Nigeria an. Während er in der Erstbefragung angab, Nigeria 2007 verlassen zu haben und danach 2013 nach Österreich gereist zu sein, führte er in seinem weiteren Verfahren aus, dass er 2012 von Griechenland freiwillig nach Nigeria zurückgekehrt sei und sodann 2013 Nigeria zum zweiten Mal verlassen habe und schließlich in Österreich eingereist sei. Insoweit er auf entsprechenden Vorhalt der belangten Behörde ausführt, dass er bei der Erstbefragung danach nicht gefragt worden sei, ist dem entgegenzuhalten, dass es dem BF obliegt, vollständige und wahrheitsgemäße Angaben auch zu seiner Ausreise zu machen.

Die Glaubwürdigkeit der Person des BF1 wird aber auch durch seine weiteren Angaben zu seinem Reisepass angezweifelt. Aus seinem Aussageverhalten ist zu entnehmen, dass er nicht gewillt war, wahre Angaben zu seinen Dokumenten und Reisebewegungen zu machen. So gab er zunächst in der Erstbefragung am 14.11.2013 an, dass er nach seiner Ausreise aus Nigeria im Jahr 2007 seinen Reisepass nach Nigeria zurückgeschickt habe, um einen neuen zu erhalten. Hingegen gab er bei seiner Einvernahme am 29.04.2014 an, er habe 2007 einen Reisepass in Nigeria ausstellen lassen, der fünf Jahre gültig gewesen sei. Nachdem dieser in der Türkei verloren gegangen sei, habe er keinen neuen mehr beantragt. In Abkehr zu diesen Ausführungen legte er in seiner weiteren Einvernahme am 03.1.2.2015 dar, dass er seinen Reisepass vor seiner Ausreise aus Nigeria doch verlängern lassen habe, welcher bis 2018 gültig gewesen sei, den er dann aber in der Türkei verloren habe. Wiederum abweichend zu diesen Angaben führte er in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 20.11.2019 an, dass er seinen Reisepass zerrissen habe, da er kein Nigerianer mehr sei. Auf die Frage, wo er diesen zerrissen habe, legte er dann dar, dass er die Gültigkeit des Reisepasses (bis 2007) auslaufen lassen und keinen neuen Reisepass mehr ausstellen lassen habe. Auf Vorhalt seiner Angaben im Verwaltungsverfahren durch die erkennende Richterin erwiderte der BF1 dann, dass es lange her sei und er sich an seine Angaben nicht mehr erinnern könne, er aber den Reisepass erneuern habe, aber nach dem Ablaufdatum nicht weiter erneuert habe. Im groben Widerspruch zu den Einlassungen des BF1 zu seinem Reisepass ergibt sich jedoch aus dem Verwaltungsakt (AS 105), dass der Reisepass des BF1 bis 23.02.2015 gültig war.

Auch im Hinblick auf den konkreten Zeitpunkt seiner Ausreise im Jahr 2013 hat sich der BF1 widersprochen. In diesem Zusammenhang gab er bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 29.04.2014 einmal an, dass es der 12.04.2013 gewesen sei, hingegen an anderer Stelle, dass es doch der 12.05.2013 gewesen sei. Es ist auch nicht nachvollziehbar, warum der BF1 vor der belangten Behörde nicht bereit war, anzugeben, unter welchen Umständen bzw. wie er ausgereist ist. So gab er erst nach wiederholtem Fragen an, dass er schlepperunterstützt, jedoch ohne Dokumente mit Hilfe eines nigerianischen Einwanderungsbeamten Lagos per Flugzeug nach Istanbul verlassen habe. Divergierend dazu führte er vor der erkennenden Richterin aus, dass er sehr wohl mit einem Dokument, nämlich Reisepass, der auf eine ihm ähnlich aussehenden anderen Person ausgestellt gewesen sei, ausgereist sei, und dass diese ihm von dem Einwanderungsbeamten zur Verfügung gestellt worden sei, mit dessen Hilfe er ausgereist sei.

Die weiteren Ausführungen des BF1 zu seinem Fluchthelfer, nämlich dem Einwanderungsbeamten sind auch nicht überzeugend, wenn er meint, dass er zwar niemanden am Flughafen gekannt habe, aber gewusst habe, dass am Flughafen ein "Biafra" angestellt sei, der für die Regierung arbeite. Der belangten Behörde ist auch hier beizutreten, wenn sie in diesem Zusammenhang dem BF1 entgegenhält, dass es nicht nachvollziehbar ist, dass der BF1 zum Flughafen geht, obwohl behördlich nach ihm gesucht wurde und er niemanden dort kannte.

Was das Fluchtvorbringen des BF1 hinsichtlich der behaupteten fluchtkausalen politischen Verfolgung anbelangt, ist der belangten Behörde zunächst beizupflichten, dass die Glaubwürdigkeit des BF1 in dieser Hinsicht zunächst deshalb anzuzweifeln ist, weil er bei seiner Erstbefragung diese nicht geltend machte, sondern erst in seinem weiteren Verfahren. Insofern der BF1 zur unterlassenen Geltendmachung der später angeführten politischen Verfolgung in Nigeria in der Erstbefragung angibt (vgl. AS 233), dass dies seinen negativen Erfahrungen in Griechenland geschuldet sei, wo er eine enge Zusammenarbeit zwischen den griechischen Behörden und der nigerianischen Botschaft wahrgenommen habe und im Falle des Bekanntwerdens seiner Abstammung aus Biafra an nigerianische Behörden ausgeliefert worden wäre, ist dem zu entgegnen, dass der BF1 erstens 2012 freiwillig nach Nigeria zurückkehrte und zweitens seinen Angaben zufolge der MASSOB erst nach seiner Ausreise aus Griechenland im Dezember 2012 beitrat und er zuletzt bzw. nach seiner erneuten Ausreise aus Nigeria im Jahr 2013 dort keinen Asylantrag gestellt hat, sondern lediglich auf der Durchreise war, um von dort über weitere Länder nach Österreich zu reisen. Daher wäre es sehr wohl zu erwarten gewesen, dass er in Österreich, in dem Land, in dem Menschenrechte geachtet werden, wo er deshalb eingereist ist und um Schutz vor Verfolgung angesucht hat, auch bei der ersten Gelegenheit seine Verfolgungsgründe geltend macht, wie die belangte Behörde richtig darauf hinweist.

Was die politische Tätigkeit bzw. die Mitgliedschaft des BF1 bei MASSOB anbelangt, konnte er auch keine überzeugenden Angaben machen. Auf die Frage der erkennenden Richterin in der mündlichen Verhandlung am 20.11.2019, was der Anlass seines Beitrittes zur MASSOB 2012 gewesen sei, gab der BF1 an, dass es die Feststellung gewesen sei, dass er trotz aller Bestrebungen den Aufnahmetest für die Universität nicht geschafft habe, da er diskriminiert worden sei. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass der BF1 seinen Angaben zufolge bereits 1999 mit der Schule aufgehört hat, weshalb also ein früherer Beitritt zu erwarten gewesen wäre, und nicht erst 13 Jahre nach Schulabschluss. Die Einlassungen des BF1 zu seiner Mitgliedschaft waren auch nicht kohärent. Hierzu gab er vor der belangten Behörde am 29.04.2014 auf die Frage, ob er registriertes Mitglied gewesen sei, an, dass man sich nicht registrieren müsse und alles freiwillig sei. Hingegen erklärte er vor der erkennenden Richterin, sehr wohl der Bewegung beigetreten zu sein, was mit einer Registrierung einhergehen muss, zumal die BF2 sehr wohl einen Mitgliedsausweis vorgelegt hat.

Der BF1 war auch nicht in der Lage, detaillierte und homogene Angaben zu den konkreten Geschehnissen bzw. Abläufen der behaupteten Fluchtgründe, nämlich der Demonstrationen sowie der versuchten Festnahme durch die Sicherheitsbehörden zu machen. So gab der BF1 einerseits an, dass sie für Frieden und Freiheit demonstriert hätten, andererseits, dass die Demonstrationen nicht genehmigt gewesen seien, weshalb dem BF1 auch bewusst sein musste, dass die Polizei einschreiten würde und nicht wie von ihm behauptet, für Sicherheit und Ordnung sorgen würde.

Die Glaubwürdigkeit des BF1 wird jedoch insbesondere bei seinen Ausführungen zum behaupteten Festnahmeversuch durch die Polizei unterstrichen. Während er in diesem Zusammenhang vor der belangten Behörde am 29.04.2014 erklärte, dass die Polizei zu ihm nach Aba gekommen und ihm einen Brief gezeigt habe, wonach nach ihm gesucht werde, er sich jedoch geweigert habe, mitzugehen sowie der Polizei erklärt habe, dass er ja nichts verbrochen habe, erklärte er in der mündlichen Verhandlung am 20.11.2019, dass die Polizei zu seinem Onkel gekommen sei bzw. ihn im Haus seines Onkels gesucht habe, sein Onkel dann zu ihnen hinausgegangen sei und gefragt habe, was das Problem sei. Die Polizei hätte geantwortet, dass sie den BF1 auf der Polizeistation brauchen würden. Der BF1 sei in der Tür gestanden und sei dann zu ihnen gegangen und habe erklärt, dass er nichts getan habe. Danach sei er wieder zurück ins Haus gegangen und durch die Hintertür geflüchtet.

Neben diesem groben Widerspruch in der Begegnung mit der Polizei, konnte der BF1 auch nicht plausibel erklären, wie die Polizei ihm erlauben konnte, zurück ins Haus zu gehen und wie er es schaffte, durch die Hintertür zu flüchten, obwohl die Polizisten zu fünft waren und ihn festnehmen wollten.

Auch ist nicht nachvollziehbar, warum die nigerianischen Behörden gerade ihn, obwohl er nur vier Monate politisch aktiv gewesen sein soll sowie keine höherrangige Funktion innegehabt haben soll, unter den 10.000 Demonstranten ausgeforscht haben soll. Sein diesbezüglicher Erklärungsversuch, wonach die Sicherheitsbehörden ihn gefunden hätten, weil er ein leidenschaftliches und aktives Mitglied der Bewegung gewesen sein soll, vermochte nicht zu überzeugen.

Hinsichtlich seiner Demonstrationsteilnahme und der Abläufe der Demonstrationen konnte der BF1 auch keine detaillierten und schlüssigen Angaben machen, welche von einer Person zu erwarten wären, die tatsächlich an solchen Demonstrationen teilgenommen hat. Seine diesbezüglichen Ausführungen sind vage und oberflächlich und konnte er auch auf mehrmalige Nachfrage, keine konkreten Schilderungen tätigen.

Die dargestellte Unglaubwürdigkeit des BF1 aufgrund der dargestellten Widersprüche und Ungereimtheiten zum Vorbringen bezüglich der behaupteten politischen Verfolgung konnte auch nicht durch die in Vorlage gebrachten Schreiben von IPOB und MASSOB beseitigt werden, zumal das Vorbringen des BF1 für die erkennende Richterin die primäre Erkenntnisquelle darstellt und es nicht ausgeschlossen ist, dass die vorgelegten Bestätigungen aus Gefälligkeit geschrieben wurden.

Was die exil-politische Tätigkeit des BF1 in Österreich, nämlich die Vorlage einer Registrierung bei IPOB und Fotos, die den BF1 als "Fahnenträger" bei Kundgebungen zur Unabhängigkeit von Biafra zeigen, anbelangt, ist festzuhalten, dass darin kann keine besondere Exponiertheit erkannt werden kann. Auch hat er nicht behauptet, ein höherrangiger Aktivist in der internationalen Szene zu sein, weshalb nicht davon auszugehen ist, dass er im Fokus der nigerianischen Regierung stehen könnte. Wie aus der dem Verfahren zugeführten Anfragebeantwortung der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zur Situation von Mitgliedern der IPOB hervorgeht, werden die die Repressalien der nigerianischen Regierung gegenüber Mitgliedern von IPOB nicht negiert, doch bedeutet die Mitgliedschaft bei dieser Gruppierung nicht automatisch eine aktuelle Verfolgungsgefahr. Aus den getroffenen Länderfeststellungen geht auch eindeutig hervor, dass es in Nigeria keine Praxis systematischer (politischer) Verfolgung aller Oppositioneller gegeben ist beziehungsweise einfache Mitglieder der Opposition in der Regel keine Verfolgung zu befürchten haben, weshalb im vorliegenden Fall mit einer Verfolgung des BF1 nicht zu rechnen ist.

Gegenständlich kann daher von keinem asylrelevanten Vorbringen ausgegangen werden, da nicht zu erwarten ist, dass der BF1 aufgrund seiner politischen Gesinnung von den nigerianischen Behörden verfolgt werden würde. Diesbezüglich ist auch darauf hinzuweisen, dass der BF1 während seines Aufenthaltes in Griechenland seinen eigenen Angaben nach im Jahr 2012 von den nigerianischen Behörden ohne Probleme ein Heimreisezertifikat ausgestellt bekommen hatte - dies weist jedenfalls nicht darauf hin, dass der BF1 tatsächlich in der Vergangenheit massive Probleme mit den nigerianischen Sicherheitsbehörden gehabt hätte bzw. solche für die Zukunft befürchten würde.

2.3.3. Zum Vorbringen der BF2:

Die Glaubwürdigkeit der BF2 wird zunächst durch ihre Einlassungen im Zusammenhang mit ihrer Einreise in Österreich angezweifelt. So geht aus der im Verwaltungsakt einliegenden Visaabfrage hervor, dass sie gemeinsam mit ihrem Onkel nach Österreich gereist ist, dies hat die BF2 bisher gänzlich verschwiegen, was nicht nachvollziehbar ist. Die Ausführungen der BF2 zum Verbleib ihres Reisepasses, nämlich, dass sie diesen weggeworfen habe, weil sie ihn nicht mehr brauche, ist nicht nachvollziehbar, da sie als Akademikerin sich der Bedeutung eines Reisepasses bewusst sein müsste. Vielmehr wird durch dieses Aussageverhalten deutlich, dass die BF2 nicht bereit ist, vollständige und wahrheitsgemäße Angaben zu den Umständen ihrer Einreise in Österreich zu machen.

Im Zusammenhang mit dem Fluchtvorbringen der BF2 fällt zunächst auf, dass der BF1 bisher nirgends angegeben hat, dass auch seine Gattin politisch aktiv gewesen sei bzw. demonstriert hätte, was jedoch bei Zutreffen dieses Vorbringens zu erwarten gewesen wäre. Zudem wäre auch zu erwarten gewesen, dass wenn die BF2 sich ebenfalls politisch engagiert hat, sie gemeinsam mit ihrem Gatten aus dem Herkunftsstaat ausreist, um einer möglichen Verfolgung zu entgehen. Auch ist nicht nachvollziehbar, warum die nigerianischen Behörden nur nach dem BF1 suchen, wenn beide BF politisch aktiv gewesen sein sollen. Des Weiteren ist der belangten Behörde beizupflichten, dass wenn die BF2 wegen der behaupteten politischen Tätigkeit tatsächlich verfolgt worden wäre, es ihr wohl kaum möglich gewesen wäre, legal aus Nigeria auszureisen. Ein weiteres Indiz für die Unglaubwürdigkeit der behaupteten Verfolgung aus politischen Gründen ist auch in dem Umstand zu erblicken, dass die BF2 als Lehrerin an einer staatlichen Mittelschule unterrichtet habe, was ebenfalls nicht möglich gewesen wäre, wenn die BF2 tatsächlich ins Visier der nigerianischen Sicherheitskräfte geraten gewesen wäre.

Insofern die BF2 des Weiteren bezogen auf das Fluchtvorbringen angibt, dass sie von den Sicherheitskräften insgesamt viermal mitgenommen und dabei zweimal vergewaltigt worden wäre, ist in Überstimmung mit dem BFA zu konstatieren, dass die BF2 dieses Vorbringen im Zuge der Erstbefragung mit keinem Wort erwähnte, was jedoch zu erwarten gewesen wäre. Die Glaubwürdigkeit der BF2 in dieser Hinsicht wird jedoch abgesehen davon dadurch erheblich in Frage gestellt, da die BF2 nicht in der Lage war, weder die Vorfälle konkret zeitlich einzuordnen, noch detaillierte Angaben zu den Missbräuchen zu machen, was jedoch nicht nachvollziehbar ist, da es sich hierbei um einschneidende Erlebnisse handelt. Die behaupteten Vergewaltigungen durch die Sicherheitskräfte werden aber auch deshalb angezweifelt, da die BF2 in der mündlichen Verhandlung am 20.11.2019 nicht plausibel erklären konnte, warum sie nach der ersten Vergewaltigung nicht in ihr Elternhaus zurückgekehrt ist oder nach der zweiten Vergewaltigung noch weitere zwei Jahre in Nigeria an derselben Adresse verblieben und nicht ausgereist ist, wie die belangte Behörde zutreffend darauf hingewiesen hat. Die BF2 hat nicht behauptet, dass sie sich exil-politisch tätigen würde, Gegenteiliges geht auch nicht aus den vorgelegten Unterlagen hervor, sodass sich weitere Überlegungen in diesem Zusammenhang erübrigen.

Im Ergebnis waren daher die gesamten Angaben der BF2 mit Widersprüchen und Ungereimtheiten behaftet, weshalb die erkennende Richterin zusammenfassend zu dem Schluss gelangt, dass die BF2 die von ihr geschilderten Ereignisse tatsächlich nicht erlebt hat und ihrem Vorbringen somit insgesamt die Glaubhaftigkeit zu versagen war.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht u.a. über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z. 1) sowie über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG (Z. 3).

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 3 BFA-Einrichtungsgesetz - BFA-G, BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, obliegt dem Bundesamt die Vollziehung des BFA-VG (Z. 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 (Z. 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr.100 (Z. 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl. I Nr.100 (Z. 4).

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z. 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z. 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z. 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. §66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder einzustellen ist.

§ 34 AsylG 2005 lautet:

"(1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist;

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind."

Gemäß § 2 Absatz 1 Z 22 leg. cit. ist somit ein Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits im Herkunftsland bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

Im gegenständlichen Fall liegt ein Familienverfahren mit den oa. Familienangehörigen (BF1 und BF2) vor.

Zu A)

Zu den Beschwerden gegen Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide:

3.2. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. 2004 Nr. L 304/12 [Statusrichtlinie] verweist). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine "begründete Furcht vor Verfolgung" im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK nicht gegeben. Dies im Hinblick darauf, dass die BF, die von ihnen behaupteten Fluchtgründe nicht glaubhaft machen konnten.

Insgesamt sind somit die eingangs beschriebenen Voraussetzungen für eine Asylgewährung im gegenständlichen Fall jedenfalls nicht erfüllt.

Zu den Beschwerden gegen Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide:

3.3. Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptionellen Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).

Den BF droht in Nigeria - wie oben bereits dargelegt wurde - keine asylrelevante Verfolgung.

Auch dafür, dass den BF im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Juli 2003, Zl. 2003/01/0059). Die BF1 als gesetzliche Vertreterin des BF2 ist volljährig, gesund und erwerbsfähig. Sie weist eine mehrjährige Schul- bzw. Berufsausbildung auf und war die BF1 bislang im Stande, ihren Lebensunterhalt in Nigeria zu bestreiten.

Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb sie ihren Lebensunterhalt nach ihrer Rückkehr nicht durch die Aufnahme einer (zumindest) adäquaten Hilfstätigkeit oder Gelegenheitsarbeiten bestreiten können sollten bzw. weshalb sie im Falle der Rückkehr nicht eine staatliche oder private Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen könnten. Hinzukommt, dass sie nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte in Nigeria verfügen und steht es ihr frei, sich mit den Familienangehörigen in Kontakt zu setzten. Die BF können zudem als eine Familie zurückkehren, zusammen leben und gemeinsam für ihren Lebensunterhalt sorgen.

Zudem besteht ganz allgemein in Nigeria derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre.

Damit sind die BF nicht durch die Außerlandesschaffung nach Nigeria in ihrem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass die BF allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber ihrer Situation in Nigeria besser gestellt sind, genügt nicht für die Annahme, sie würde in Nigeria keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf die Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Artikel 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Die Beschwerden erweisen sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich der Spruchpunktes II. der angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 8 Abs 1 Z 1 AsylG abzuweisen waren.

3.4. Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:

3.4.1. § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

"§ 52 (1) ...

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

...

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

..."

Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 55 AsylG 2005 lautet:

" (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen. "

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist einem Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt (Z 1). Weiters ist eine Erteilung zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel (Z 2) oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel vorgesehen oder wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist (Z 3).

Der BF1 befindet sich seit November 2013 und die BF2 seit Oktober 2015 im Bundesgebiet und ihr Aufenthalt ist nicht geduldet. Weder BF1 noch BF2 sind Zeuginnen oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch keine Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher beim BF1 und bei der BF2 nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

Im vorliegenden Verfahren erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status der subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 F

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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