TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/7 I422 1265587-5

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.10.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

07.10.2019

Norm

AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs4
AsylG 2005 §9
AsylG 2005 §9 Abs1
AsylG 2005 §9 Abs2 Z2
AsylG 2005 §9 Abs2 Z3
AsylG 2005 §9 Abs3
AsylG 2005 §9 Abs4
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I422 1265587-5/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX StA. Kamerun, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.08.2019, Zl. 750801210/190800734, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Kameruns, stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 02.06.2005 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid vom 20.10.2005, AZ 05 08.012, wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers abgewiesen (I.), die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Kamerun für zulässig erklärt (II.) und der Beschwerdeführer nach Kamerun ausgewiesen (III.). Mit Schriftsatz vom 27.10.2005 erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid das Rechtsmittel einer Berufung.

3. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 24.11.2009, A5, 265.587-0/2008/10E, wurde der Bescheid vom 20.10.2005 behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1991 zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

4. Mit Bescheid vom 27.08.2010, AZ 05 08.012 - BAG, wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers abgewiesen (I.), die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Kamerun für zulässig erklärt (II.) und der Beschwerdeführer nach Kamerun ausgewiesen (III.).

5. Gegen den genannten Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 16.09.2010 Beschwerde. Mit Beschluss des Asylgerichtshofes vom 15.04.2011 wurde die Beschwerde vom 16.09.2010 gemäß § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurückgewiesen.

6. Am 12.05.2011 stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag). Bei einer Einvernahme vor der Behörde am 19.05.2011 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass das Verfahren betreffend seinen Folgeantrag bis zur Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag ausgesetzt werde.

7. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.09.2011 wurde dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattgegeben.

8. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 01.03.2012, Zl A5 265.587-3/2011/6E, wurde der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs 2 AVG 1991 zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

9. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.12.2012 wurde der Asylantrag abgewiesen (I.), festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Kamerun zulässig sei (II.) und der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Kamerun ausgewiesen (III.).

10. Mit Schriftsatz vom 28.12.2012 erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel einer Beschwerde gegen diesen Bescheid.

11. Mit Erkenntnis vom 06.03.2015 wurde die Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich Spruchpunkt II. wurde der Beschwerde stattgegeben und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Kamerun nicht zulässig ist. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer eine bis zum 06.03.2016 befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

12. Die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde in der Folge wiederholt, zuletzt bis zum 06.03.2020 erteilt.

13. Mit Schreiben vom 07.09.2019 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass gegen ihn ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten eingeleitet wurde.

14. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 30.08.2019 erkannte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkt I.) und entzog die mit Bescheid vom 06.03.2015 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt II.). Des Weiteren erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.). Ferner stellte die belangte Behörde fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Kamerun unzulässig ist (Spruchpunkt IV.).

15. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig und zulässig das Rechtsmittel einer Beschwerde.

16. In der Folge legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Kamerun. Seine Identität steht fest.

Er ist ledig und hat keine Kinder.

Der Beschwerdeführer leidet seit einigen Jahren, der genaue Zeitpunkt ist nicht feststellbar, an paranoider Schizophrenie F.20.0. Er befand sich in Österreich deswegen mehrmals in stationärer Behandlung in einer Nervenklinik. Es ist vom Vorliegen einer chronischen Erkrankungsform auszugehen, wobei dies bedeutet, dass eine Spontanremission bzw. spontane Heilung mit Sicherheit auszuschließen ist.

Der Beschwerdeführer ist arbeitsunfähig.

1.2. Zum Aufenthalt in Österreich

Der Beschwerdeführer ist nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet zunächst ab Oktober 2005 als Asylwerber und ab 06.03.2015 als subsidiär Schutzberechtigter im Bundesgebiet aufhältig. Dies zuletzt mit einer bis 06.03.2020 befristeten Aufenthaltsberechtigung.

Ein Bruder des Beschwerdeführers lebt mit seiner Familie als anerkannter Flüchtling in Enns. Mit diesem und dessen Familie besteht regelmäßiger Kontakt; ein gemeinsamer Haushalt mit diesem besteht nicht (mehr), auch liegen keine finanziellen Abhängigkeiten zu diesem vor.

Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nach und bezieht Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Er absolvierte eine Deutschprüfung auf B1-Niveau.

Es kann nicht von einer tiefgreifenden Verfestigung in beruflicher, wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht ausgegangen werden.

Der Beschwerdeführer wurde in Österreich mehrfach strafgerichtlich verurteilt.

Mit Urteil des Bezirksgerichts Linz vom 12.01.2007, 18 U 427/2006A wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 1 erster, zweiter und sechster Fall SMG zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je €

2,00 und im Nichteinbringungsfall zu einer bedingten Ersatzfreiheitstrafe 40 Tage unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 01.03.2011, 34 HV 10/2011s wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Entziehung von Energie gemäß § 132 Abs. 1 StGB und des Vergehens des versuchten Diebstahls sowie des Verbrechens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls gemäß § 15, 127, 130 erster Fall StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwölf Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 20.05.2011, 37 HV 51/2011t wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des versuchten Wiederstands gegen die Staatsgewalt gemäß § 15, 269 Abs. 1 erster Fall und wegen des Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 01.10.2014, 34 HV 89/2014p wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften gemäß §§ 27 Abs. 1 Z. 1 erster, zweiter und achter Fall, 27 Abs. 4 Z 1 SMG, wegen des Vergehens der Sachbeschädigung gemäß § 125 StGB wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall StGB sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 2 SMG und wegen des Vergehens des Diebstahls gemäß § 127 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 21.01.2016, 12 HV 102/2015l wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, § 27 Abs. 2 SMG und § 27 Abs. 1 Z 1 erster, zweiter und achter Fall SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt.

Mit Urteil des Bezirksgerichts Traun vom 19.02.2018, 003 U 11/2018k wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Sachbeschädigung gemäß § 125 StGB zu einer Geldstrafe von 100 Tagesätzen zu je € 4,00 und im Nichtbeinbringungszahl zu einer Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 50 Tagen verurteilt.

1.3. Zur Rückkehrsituation:

Der Beschwerdeführer leidet an paranoider Schizophrenie und ist nicht arbeitsfähig.

Im Falle einer Verbringung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat droht diesem aufgrund seiner schweren psychischen Erkrankung ein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention.

Eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Kamerun ist nicht möglich.

1.4. Zur maßgeblichen Situation im Kamerun:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat ist auf Basis des "Länderinformationsblattes der Staatendokumentation" zu Kamerun festzustellen:

Sicherheitslage

Für den Großteil des Staatsgebiets Kameruns wird seitens des französischen Außenministeriums bzgl. Reisen nicht abgeraten. Abgeraten wird lediglich von Reisen in die Grenzgebiete zu Nigeria, dem Tschad und der zentralafrikanischen Republik; in die Provinz Extrême-Nord und den nördlichen Teil der Provinz Nord. Reisen in die Provinzen Nord und Adamoua sollten nur unternommen werden, wenn diese dringend notwendig sind (FD 17.3.2017b). In den englischsprachigen Regionen um die Städte Bamenda und Buea kommt es nach Streiks von Teilen der anglophonen Bevölkerung zu gewalttätigen Demonstrationen und Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften, die bereits mehrere Todesopfer und Verletzte gefordert haben. Das österreichische Außenministerium warnt ausdrücklich vor Reisen in den Norden des Landes. Reisen in die Grenzgebiete zum Tschad und zur zentralafrikanischen Republik sollen nur unternommen werden, wenn diese dringend notwendig sind. Die Lage ist gespannt und unsicher und kann sich innerhalb kürzester Zeit verschlechtern. Das Risiko von Überfällen durch gewalttätige Straßenräuber sowie Entführungen ist besonders hoch. In den letzten Jahren wurden mehr als 20 ausländische Staatsangehörige im Norden des Landes entführt (BMEIA 17.3.2017).

Derzeit steht Kamerun vor großen Herausforderungen, da sich das Umfeld in den Nachbarländern Zentralafrikanische Republik und Nigeria destabilisiert hat. An der Grenze zur Zentralafrikanischen Republik ist es seit Ausbruch der Seleka-Rebellion im Dezember 2012 mehrfach zu bewaffneten Übergriffen auf kamerunische Orte gekommen. Seit Beginn der Rebellion sind über 259.000 Flüchtlinge aus der Zentralafrikanischen Republik in Kamerun eingetroffen (AA 9.12.2016). Das Grenzgebiet mit der Zentralafrikanischen Republik gilt wegen dieser grenzüberschreitender Übergriffe bewaffneter Gruppen der dortigen Rebellen als unsicher (AA 17.3.2017; vgl. FH 2016). Es kam dort auch zu Gefechten zwischen zentralafrikanischen Rebellen und kamerunischen Kräften (FH 2016).

In der Provinz Extrême-Nord, die an die Hochburg der Boko Haram in Nigeria grenzt, kommt es zu wiederholten Einfällen der Extremisten (FH 2016). Im Norden Kameruns, besonders in der Region Extreme-Nord, bedrohen Übergriffe von Boko Haram die Stabilität. Die Regierung geht u. a. mit Militäreinsätzen gegen die Bedrohung vor. Vor allem in der Region Extrême -Nord sind fast 59.000 Menschen aus Nigeria geflüchtet (AA 9.12.2016).

In der Provinz Extrême-Nord besteht ein hohes Entführungsrisiko für Ausländer. An der Grenze zu Nigeria und in Maroua, der Hauptstadt der Region Extrême-Nord, ist es zu Selbstmordanschlägen mit zahlreichen Todesopfern gekommen (AA 17.3.2017; vgl. FD 17.3.2017a). Auch in den Grenzgebieten zu Nigeria in den Provinzen Nord und Adamaoua können terroristische Aktivitäten vorkommen (FD 17.3.2017b). Laut einem Bericht der International Crisis Group wurden im Zuge der Angriffe durch Boko Haram, seit März 2014, 1.500 Menschen getötet und 155.000 verdrängt (IRIN 11.1.2017). Boko Haram war vor allem in der Region Extrême-Nord für Menschenrechtsverstöße verantwortlich (AI 22.2.2017).

Gewarnt wird darüber hinaus vor Reisen zur Halbinsel Bakassi und Umgebung aufgrund fortdauernder Sicherheitsprobleme. Im gesamten Golf von Guinea gibt es Bandenunwesen. In der Vergangenheit gab es Überfälle und Geiselnahmen auf Küstenorte, Fischkutter, Öltanker oder Ölplattformen (AA 17.3.2017; vgl. BMEIA 17.3.2017).

Die allgemeine Sicherheitslage ist vor allem in den Städten bzw. auf den Überlandstraßen von zunehmender Gewaltkriminalität gekennzeichnet (GIZ 2.2017a). In den Regionen Nord und Adamaoua sowie in den Grenzgebieten zu Nigeria und Tschad kommt es vermehrt zu gewalttätigen Raubüberfällen (AA 17.3.2017).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf, Zugriff 17.3.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (17.3.2017): Kamerun: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/KamerunSicherheit_node.html, Zugriff 17.3.2017

-

AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Cameroon, https://www.ecoi.net/local_link/336459/479100_de.html, Zugriff 17.3.2017

-

BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (17.3.2017): Reiseinformation Kamerun, http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/kamerun/, Zugriff 17.3.2017

-

FD - France Diplomatie (17.3.2017a): Cameroun - Conseils aux voyageurs - Dernière minute,

http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/cameroun/#derniere, Zugriff 17.3.2017

-

FD - France Diplomatie (17.3.2017b): Cameroun - Conseils aux voyageurs - Sécurité,

http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/cameroun/#securite, Zugriff 17.3.2017

-

FH - Freedom House (2016): Freedom in the World 2016 - Cameroon, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2016/cameroon, Zugriff 19.8.2015

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2017a): Kamerun - Geschichte & Staat, http://liportal.giz.de/kamerun/geschichte-staat/, Zugriff 17.8.2015

-

IRIN - Integrated Regional Information Network (10.8.2015): Boko Haram still a threat to refugees in Cameroon, http://www.irinnews.org/feature/2017/01/11/boko-haram-still-threat-refugees-cameroon, Zugriff 17.3.2017

Rechtsschutz/Justizwesen

Das kamerunische Rechtssystem ist uneinheitlich. Neben der traditionellen Rechtsprechung, die für jede Volksgruppe spezifisch ist, existiert das moderne Recht, das bis vor kurzem, sowohl von der britischen (common law) als auch von der französischen Rechtskultur (Code Napoléon) bestimmt worden war, bis das Parlament 2006 eine Harmonisierung des Strafgesetzbuchs verabschiedete. Moderne Gerichte gibt es auf Arrondissements-Ebene (tribunal de première instance) und Départements-Ebene (tribunal de grande instance), Berufungsgerichte auf Provinzebene (cour d¿appel). Probleme bereiten der absolute Mangel an Gerichten, die Bestechlichkeit von Richtern, die Konzentration der Rechtsanwaltsbüros auf Douala und Yaoundé, die mangelnde Unabhängigkeit der Gerichte von der Exekutive und die Blockierung der Gerichte in Douala und Yaoundé aufgrund von Richtermangel (GIZ 2.2017).

Das Justizsystem ist überlastet; manche Richter und Staatsanwälte sind unterqualifiziert oder infolge ihrer geringen Gehälter bestechlich. Rechtsstaatliche Verfahren sind nicht durchgängig gewährleistet. Allerdings hat sich der Justizminister in den vergangenen Jahren

mit Informationskampagnen und Fortbildungsseminaren um die Weiterbildung der Richter bemüht. In der Praxis wird das neue Strafprozessrecht jedoch von den Behörden zumeist nur angewendet, wenn die Betroffenen dies einfordern. Dies setzt einen gewissen Kenntnisstand der Gesetzeslage voraus, den jedoch nur eine Minderheit der Bevölkerung aufweist (AA 9.12.2016).

Die gravierenden Schwächen des Rechtssystems betreffen alle Bürger gleichermaßen und sind vor allem in Korruption, mangelhafter Aus- und Fortbildung sowie Überlastung begründet. Sippenhaft ist nicht vorgesehen. Der Justizapparat ist in Kamerun schwerfällig und zeigt wenig Einsatzbereitschaft; dies gilt auch bei Ermittlungen zu Menschenrechtsverletzungen. Manche Staatsanwälte und Richter sind bestechlich und beeinflussbar. Am 1.1.2007 trat das erstmals landesweit einheitliche Strafprozessrecht in Kraft, das die Rechte der Beschuldigten präzisiert und stärkt. Darüber hinaus wurde ein Recht auf Entschädigung im Fall unangemessen langer Untersuchungshaft eingeführt. Viele Betroffene scheuen jedoch den - insbesondere für Laien komplizierten - administrativen Aufwand (AA 9.12.2016).

Die vor allem in den ländlichen Gegenden praktizierte Justiz traditioneller Autoritäten ist weder verfassungsrechtlich legitimiert, noch unterliegen die daraus folgenden Entscheidungen und Handlungen einer staatlichen Kontrolle. Dieses traditionelle Rechtssystem benachteiligt vor allem Frauen und Kinder. Häufig gibt es Machtmissbrauch der traditionellen Autoritäten (Clanchefs usw.). Im Norden des Landes unterhalten einige "Könige" ("Lamido") Privatgefängnisse, in denen mutmaßliche Kriminelle bis zum Abtransport in staatliche Gefängnisse in Haft genommen und dabei mitunter misshandelt werden. Diese "Könige" sind zudem traditionelle Gerichtsherren, die auch eine körperliche Bestrafung anordnen können (AA 9.12.2016).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf, Zugriff 15.3.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2017a): Kamerun - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/kamerun/geschichte-staat/, Zugriff 15.3.2017

Sicherheitsbehörden

Die Gendarmerie Nationale ist die nationale Polizei. Sie hat militärischen Charakter und ist Teil der Streitkräfte. Sie interveniert im nichtstädtischen Bereich, also auf dem Lande. Dagegen untersteht die Police Nationale dem Innenministerium (GIZ 2.2017a). Verhaftungen werden von der Gendarmerie und den verschiedenen Untergliederungen der Polizei ausgeführt: allgemeine Polizei (Sécurité publique), Inlandsgeheimdienste (Renseignements Généraux, Surveillance du Territoire), Kriminalpolizei (Police Judiciaire), Grenzpolizei (Police des Frontières) sowie von der Spezialeinheit GSO (Groupement Spécial d'Opérations) (AA 9.12.2016). Letztere ist eine Eliteeinheit der Polizei. Es gibt auch Spezialeinheiten zur Bekämpfung von Straßenräubern, wie die im März 1998 gegründete Brigade Anti-Gang (auch: Groupement mobile d'intervention GMI, unités antigangs), das 2000 gegründete Commandement Opérationnel (CO, auch: special oder operational command) oder die seit 2006 im Einsatz befindliche Brigade d'intervention rapide (BIR) (GIZ 2.2017a). Auch die Militärpolizei darf Verhaftungen durchführen, wenn sie im Rahmen von Unruhen eingesetzt wird. Der Auslandsgeheimdienst DGRE, der auch im Inland eingesetzt wird, nimmt in Einzelfällen ebenfalls Verhaftungen vor (AA 9.12.2016).

Probleme der Polizeikräfte sind zunehmende Gewalt und Banditentum auf der einen, Korruption, willkürliche Verhaftungen und Folter auf der anderen Seite (GIZ 2.2017a). Die Sicherheitskräfte sind zum Teil schlecht ausgebildet, bezahlt und ausgerüstet (AA 9.12.2016).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf, Zugriff 15.3.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2017a): Kamerun - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/kamerun/geschichte-staat/, Zugriff 9.3.2017

Folter und unmenschliche Behandlung

Das Gesetz vom 10.1.1997 hat den Straftatbestand Folter mit Todes- oder Gesundheitsfolgen in das Strafgesetzbuch eingeführt (Art. 132 ff). Unmenschliche und erniedrigende Strafen sind weder im Strafgesetzbuch vorgesehen, noch werden sie verhängt bzw. vollstreckt (AA 9.12.2016).

In der Praxis kommen Misshandlungen (AA 9.12.2016) und Folter (USDOS 3.3.2017) vor. Dabei handelt es sich meist um Schikanen durch Gefängniswärter, Polizisten oder Angehörige der Geheimdienste und der Gendarmerie (AA 9.12.2016; vgl. USDOS 3.3.2017). In schwer verifizierbaren Einzelfällen soll es zu Misshandlungen zwecks Erpressung von Geständnissen gekommen sein. Über ein derartiges systematisches Vorgehen der Sicherheitsbehörden oder des Gefängnispersonals liegen keine Erkenntnisse vor (AA 9.12.2016).

Es kommt zu willkürlicher und unverhältnismäßiger Gewaltanwendung durch die Sicherheitskräfte. Übergriffe der Sicherheitskräfte werden in der Regel nicht angemessen verfolgt. Systematische Gewaltanwendung gegen bestimmte Gruppen ist allerdings nicht feststellbar (AA 9.12.2016). Auch wenn die Regierung einige Schritte ergriffen hat, um Täter zu verfolgen und zu bestrafen, so agieren diese auch weiterhin meist ungestraft (USDOS 3.3.2017).

Im Rahmen des Kampfes gegen Boko Haram werden den kamerunischen Sicherheitskräften

massive Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen (AA 9.12.2016). Vor allem in Zusammenhang mit dem Kampf gegen Boko Haram sind Sicherheitskräfte für Menschenrechtsverletzungen einschließlich außergerichtlicher Hinrichtungen, Verschwinden lassen, willkürlicher Festnahmen sowie Inhaftierungen ohne Rechtsgrundlage verantwortlich (AI 22.2.2017).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf, Zugriff 15.3.2017

-

AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Cameroon, https://www.ecoi.net/local_link/336459/479100_de.html, Zugriff 15.3.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Cameroon, http://www.ecoi.net/local_link/337135/479899_de.html, Zugriff 9.3.2017

Haftbedingungen

Die Haftbedingungen in kamerunischen Gefängnissen sind sehr schlecht (AA 9.12.2016; vgl. FH 2016; vgl. USDOS 3.3.2017) und lebensbedrohlich (FH 2016; vgl. USDOS 3.3.2017), unterscheiden sich aber nach Einkommen bzw. Vermögen der Inhaftierten (AA 10.2.2015). Sie sind durch Mangel an sauberem Trinkwasser, Nahrungsmitteln, Hygiene und medizinischer Versorgung geprägt (AA 9.12.2016; vgl. USDOS 3.3.2017), wodurch es auch zu Todesfällen kommt (USDOS 3.3.2017). Die Gefängnisse sind zum Teil um ein Vielfaches ihrer eigentlichen Kapazität überbelegt (AA 10.2.2015; vgl. FH 2016; vgl. USDOS 3.3.2017). Zwei Drittel der Insassen sind Untersuchungshäftlinge (AA 9.12.2016).

In kleineren Gefängnissen drohen Unterernährung und mangelnde medizinische Versorgung. Die Unterbringung ist dort jedoch insgesamt besser als in den größeren Zentralgefängnissen (AA 9.12.2016). Allerdings sind in den kleineren Gefängnissen Frauen und Jugendliche nicht von den übrigen Gefangenen getrennt untergebracht; dies kann auch in großen Gefängnissen vorkommen (AA 9.12.2016; vgl. USDOS 3.3.2017). Misshandlungen und Vergewaltigungen von Häftlingen - in der Mehrzahl der Fälle durch Mithäftlinge, jedoch auch durch das Gefängnispersonal - kommen immer wieder vor (AA 9.12.2016; vgl. FH 2016). Frauengefängnisse, wie etwa in Nfou, sind manchmal mit mehr Männern als Frauen unter den Häftlingen fehl-, immer jedoch überbelegt. Für die Versorgung der Gefangenen mit Nahrungsmitteln sind die Familienangehörigen verantwortlich. Das Lebensmittelbudget für Gefängnisse wurde 2011 vom Justizministerium um 40 % gesenkt (AA 9.12.2016).

Die Regierung gestattet nationalen und internationalen humanitären Organisationen wie etwa dem IKRK den Zugang zu Gefängnisinsassen (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf, Zugriff 15.3.2017

-

FH - Freedom House (2016): Freedom in the World 2016 - Cameroon, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2016/cameroon, Zugriff 15.3.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Cameroon, http://www.ecoi.net/local_link/337135/479899_de.html, Zugriff 9.3.2017

Grundversorgung/Wirtschaft

Unter den Staaten der zentralafrikanischen Regionalorganisation CEMAC ist Kamerun das wirtschaftlich stärkste Land. Das Bruttoinlandsprodukt erreichte 2015 geschätzte 29,198 Milliarden US-Dollar, pro Kopf ca. 1.330 US-Dollar. Die öffentliche Verschuldung Kameruns liegt bei ca. 24 % des Bruttoinlandsproduktes, steigt aber schnell an. Die Kredite werden vor allem für Infrastrukturprojekte wie Straßenbau und Energieerzeugung sowie die Entwicklung der Landwirtschaft, Telekommunikation, Bergbau und Wasserversorgung eingesetzt. Makroökonomisch wurden in den letzten Jahren Fortschritte erzielt: Kamerun erreichte 2014 ein Wirtschaftswachstum von ca. 3,3 % 2015 lag das Wachstum bei 3,7 %. Neben der Öl- und Gasförderung und den Infrastrukturinvestitionen ist der tertiäre Sektor eine treibende Kraft. Das derzeitige Wirtschaftswachstum reicht nicht aus, um Arbeitsplätze in größerem Umfang zu schaffen und die Armutsrate von circa 39 % nachhaltig zu senken (AA 11.2016b).

Insbesondere der primäre und tertiäre Sektor tragen derzeit zum Wachstum bei. Rohöl und Holz sind die wichtigsten Exportprodukte. Einnahmen aus der Ölförderung konnte Kamerun zuletzt wieder steigern. In der Landwirtschaft wurde die Produktion von Schlüsselprodukten (Kakao, Kaffee, Bananen, Rohkautschuk) durch erleichterten Zugang zu Finanzierung, Ausbildung und Forschung gesteigert. In der Folge erwartet die Regierung künftig weitere Produktionssteigerungen. Weitere Impulse für das Wirtschaftswachstum kommen aus dem sekundären Sektor und basieren auf der beginnenden Umsetzung der Investitionsprogramme zur Verbesserung der Infrastruktur (AA 11.2016b).

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln kann als gesichert angesehen werden. Wer in soziale Not gerät, kann in Kamerun nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen; vielmehr werden Notlagen in der Regel von funktionierenden sozialen Netzen (Großfamilie) aufgefangen. Eine längere Abwesenheit gefährdet diese sozialen Netze. In ganz Kamerun gibt es karitative Einrichtungen, insbesondere Missionsstationen, die in besonderen Notlagen helfen (AA 9.12.2017).

Seriösen Vermutungen zufolge erwirtschaftet der informelle Sektor Kameruns mehr als der formelle. Besonders im urbanen Bereich hält sich ein Großteil der Bevölkerung (Schätzungen sprechen von weit über 50 %) mit Aktivitäten im informellen Sektor über Wasser. Besonders für Frauen und junge Leute bieten sich hier Chancen seinen Lebensunterhalt zu verdienen. 75 % der Bevölkerung legen ihr Geld in informellen Sparvereinen (Tontines) an, die auch ein System sozialer Absicherung darstellen (GIZ 11.2016c).

Über die Hälfte der Kameruner sind von mehrdimensionaler Armut betroffen. Bei den Armutsindikatoren wie die landesspezifische durchschnittlichen Schuljahre (6,0), die Lebenserwartung (55,5) oder die Müttersterblichkeit (590 Sterbefälle auf 100.000 Geburten), dürfen die großen regionalen Unterschiede nicht vergessen werden. Nichtsdestotrotz setzte sich der Aufwärtstrend laut dem UNDP-Bericht zur humanitären Entwicklung im Jahr 2015 fort. Hinsichtlich des Selbstversorgungsgrads mit Lebensmitteln liegt Kamerun weit unterhalb seiner Möglichkeiten. Die bäuerliche Landwirtschaft wird vernachlässigt (GIZ 11.2016c).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (11.2016b): Kamerun - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kamerun/Wirtschaft_node.html, Zugriff 17.3.2017

-

AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf, Zugriff 15.3.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (11.2016c): Kamerun - Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/kamerun/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 17.3.2017

Medizinische Versorgung

Seit den 90er Jahren befindet sich das staatliche Gesundheitssystem Kameruns in der Umstrukturierung. Ziele sind Dezentralisierung, Qualitätskontrolle und die Einbindung der Bevölkerung in Verwaltung und Finanzierung von Gesundheitseinrichtungen. Allerdings lassen die Ergebnisse der staatlichen Gesundheitspolitik weiterhin zu wünschen übrig. Absoluter Ärztemangel aufgrund mangelnder Ausbildungsplätze und die wenigen Ärzte lassen sich vorwiegend in den städtischen Zentren nieder, unzulängliche Infrastruktur und knappe Arzneimittel sind nur einige der Missstände, die die medizinische Versorgungslage Kameruns kennzeichnen. Verschärft wird die Situation durch die Abwanderung von Gesundheitspersonal ins Ausland (GIZ 2.2017b).

Kostenlose Gesundheitsversorgung besteht in Kamerun nicht. Für bestimmte Berufsgruppen (z. B. Militär) gibt es staatliche oder halbstaatliche Versorgungseinrichtungen mit geringem Kostenbeitrag. Der Abschluss einer privaten Krankenversicherung ist möglich. Generell übernimmt die Familie medizinische Behandlungskosten. In den Städten gibt es Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen, in denen überlebensnotwendige Maßnahmen durchgeführt werden können. Die Behandlung chronischer Krankheiten, insbesondere in den Bereichen Innere Medizin und Psychiatrie, wird in den öffentlichen Krankenhäusern der größeren Städte vorgenommen. Für HIV-Infizierte gibt es seit 1997 ein von ausländischen Gebern (WHO/Weltbank, Frankreich, Deutschland) unterstütztes kostenloses staatliches Programm der Heilfürsorge (AA 9.12.2016).

Die Versorgung mit Medikamenten erfolgt überwiegend aus Frankreich, Indien und Nigeria; grundsätzlich wird hierdurch ein weites Spektrum abgedeckt. Die gezielte Einfuhr von Medikamenten aus Deutschland - ausgenommen zum persönlichen Gebrauch - ist problematisch, da Medikamente aufgrund von Erfahrungen mit Medikamentenspenden an medizinische Einrichtungen ohne französischen und englischen Beipackzettel nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen (AA 9.12.2016).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf, Zugriff 15.3.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2017b): Kamerun - Gesellschaft, https://www.liportal.de/kamerun/gesellschaft/, Zugriff 9.3.2017

Behandlung nach Rückkehr

Es sind keine Fälle bekannt, in denen kamerunische Staatsangehörige nach ihrer Rückkehr festgenommen oder misshandelt worden sind. Eine staatliche Verfolgung allein wegen der Stellung eines Asylantrags erfolgt nicht. Freiwillige Rückkehrer, deren Asylantrag abgelehnt wurde, können sich an ein spezielles Reintegrationsprojekt des Malteserordens wenden (AA 9.12.2016).

Quellen: - AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun,

http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf, Zugriff 15.3.2017

Dokumente und Dokumentensicherheit

Es gibt praktisch für jede Urkunde und jedes Dokument professionelle Fälschungen. Die Fälschung von Dokumenten wird in der Bevölkerung oft als Notwendigkeit betrachtet, die Dokumentenlage an die aktuelle Lebenssituation anzupassen. Von den Behörden geht keine Initiative aus, diese Praktiken einzudämmen. Beliebig datierte Partei- und Mitgliedsausweise

können günstig auf dem Markt erworben werden. Parteiregister belegen nur die Zahlung des

Mitgliedsbeitrages; von einem politischen Engagement kann allein aufgrund eines Mitgliedsausweises oder eines Parteiregisterauszugs nicht ausgegangen werden. Selbst bei echten Dokumenten kann nicht von der inhaltlichen Richtigkeit ausgegangen werden, da Dokumente auch bei offiziellen Stellen gekauft werden können. Personenstandsurkunden wie Geburtsurkunden können außerdem auf legalem Weg neu beschafft werden, wenn sich die betreffende Person an ein Gericht wendet und um eine Anordnung zur Nachbeurkundung nachsucht. Die Quote überhaupt nicht beurkundeter Geburten wird auf etwa 30% geschätzt. Von den Behörden wird wenig Sorgfalt auf die formal korrekte Ausstellung von Urkunden und Dokumenten verwandt (AA 9.12.2016).

Quellen: - AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun,

http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf, Zugriff 15.3.2017

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Volljährigkeit, seiner Staatsangehörigkeit sowie zu seinem Familienstand gründen sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde.

Aufgrund der Vorlage von identitätsbezeugenden Dokumenten steht die Identität des Beschwerdeführers fest.

Die Feststellungen zu seinem Gesundheitszustand und die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nicht arbeitsfähig ist, ergeben sich aus den von dem Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Unterlagen (Arztbriefe hinsichtlich der stationären Aufenthalte in der W. J. Klink, psychiatrisches Gutachten von Dr. Adelheid K. vom 15.11.2012 und von DDr. Peter S. vom 13.05.2014).

2.2. Zum Aufenthalt in Österreich:

Die Feststellungen zur illegalen Einreise in das Bundesgebiet, dem ihm erteilten Status des subsidiär Schutzberechtigter und der befristeten Aufenthaltsberechtigung gründen sich auf der Einsichtnahme in den Verwaltungsakt.

Die Feststellungen zu seiner privaten und familiären Situation in Österreich ergeben sich aus seinen diesbezüglichen Angaben vor der belangten Behörde.

Aus der Einsichtnahme in das Betreuungsinformationssystem des Bundes leitet sich die Feststellung ab, dass der Beschwerdeführer Leistungen aus der Grundversorgung bezieht.

Die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer Einsichtnahme in das Strafregister und den sich im Verwaltungsakt befindlichen Kopien der Strafurteile.

2.3. Zur Rückkehrsituation:

Die Feststellung, dass die Rückkehr des Beschwerdeführers nach Kamerun nicht möglich ist, ergibt aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und den von dem Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Unterlagen.

Wie die belangte Behörde im bekämpften Bescheid zu Recht festgestellt hat, kann eine Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention im Falle einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach Kamerun aufgrund seiner schweren psychischen Erkrankung sowie aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer nicht arbeitsfähig ist, nicht ausgeschlossen werden.

2.4. Zur maßgeblichen Situation in Kamerun:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Kamerun samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtliche Grundlagen:

Gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid der Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen, wenn

1. die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen;

2. er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder

3. er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß Abs. 2 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten, wenn er nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 abzuerkennen ist, auch dann zu erfolgen, wenn

1. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt;

2. der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder

3. der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.

In diesen Fällen ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß Abs. 3 ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten jedenfalls einzuleiten, wenn der Fremde straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3) und das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 oder 2 wahrscheinlich ist.

Gemäß Abs. 4 ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen.

Die Aberkennungstatbestände des § 9 Abs. 2 AsylG sind subsidiär anzuwenden, wenn die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 zu erfolgen hat. Dies ergibt sich daraus, dass in den Fällen einer Aberkennung nach Abs. 1 die Gefahr einer durch die Abschiebung drohenden Menschenrechtsverletzung jedenfalls nicht gegeben ist und die Ausweisung und Abschiebung dieser Fremden daher zulässig ist. Der Berufung auf diese Aberkennungstatbestände ist sohin konsequenterweise der Prüfvorrang einzuräumen.

Da die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten bei einer drohenden Verletzung der Rechte nach der EMRK im Sinne des Refoulementverbots selbstverständlich nicht zu einer Abschiebung des Fremden führen soll, ist die Aberkennung nach Abs. 2 mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist (vgl. die Erläuternden Bemerkungen zu § 9 Abs. 2 AsylG, RV 330 XXIV.GP).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Die Behörde stützte die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten fallgegenständlich auf § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005.

Nach dieser Vorschrift hat eine Aberkennung stattzufinden, wenn der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten