TE OGH 2019/4/4 9Nc8/19d

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.04.2019
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** S*****, vertreten durch Neumayer, Walter & Haslinger Rechtsanwälte Partnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei ***** S*****, wegen 2.822,40 EUR sA, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Ordinationsantrag wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrte mit ihrer am 28. 9 .2017 beim Bezirksgericht Gmunden, AZ *****, eingebrachten Klage vom in der Schweiz wohnhaften Beklagten 2.822,40 EUR sA an Schadenersatz. Er habe bezüglich der Edelmetallbestände unrichtige Prüfberichte erstellt, auf die sie bei Abschluss ihrer Goldsparverträge vertraut habe.

Das Bezirksgericht Gmunden verwarf mit Beschluss vom 30. 5. 2018 nach Streitanhängigkeit die vom Beklagten erhobenen Einreden der internationalen Unzuständigkeit und der fehlenden sachlichen Zuständigkeit, wies aber die Klage wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit zurück.

Die Klägerin erhob dagegen Rekurs und stellte für den Fall, dass dem Rekurs nicht stattgegeben werde, den Antrag auf Überweisung der Rechtssache an das Bezirksgericht Salzburg.

Das Landesgericht Wels gab mit Beschluss vom 17. 10. 2018, AZ *****, dem Rekurs der Klägerin nicht Folge und sprach aus, dass der Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 2 Z 1 ZPO jedenfalls unzulässig sei. Zur Begründung der örtlichen Zuständigkeit des Bezirksgerichts Gmunden reiche der Wohnsitz der Klägerin nicht aus.

Mit Beschluss vom 8. 1. 2019, GZ *****, entschied das Bezirksgericht Gmunden über den Überweisungsantrag der Klägerin dahin, dass es die Zurückweisung der Klage „gemäß § 230a ZPO“ aufhob und die Klage „gemäß § 261 Abs 6 ZPO“ an das nicht offenbar unzuständige Bezirksgericht Salzburg überwies.

Der Beklagte erhob dagegen Rekurs.

Die Klägerin stellte auch in ihrer Rekursbeantwortung für den Fall, dass das Rekursgericht dem Rekurs des Beklagten nicht Folge geben und das Bezirksgericht Salzburg seine Zuständigkeit verneinen sollte, einen Ordinationsantrag nach § 28 JN.

Mit Beschluss vom 20. 3. 2019, AZ *****, gab das Landesgericht Wels dem Rekurs des Beklagten Folge, wies den Überweisungsantrag der Klägerin zurück und sprach aus, dass der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei. Die Möglichkeit, einen Rekurs gegen die Zurückweisung der Klage mit einem hilfsweise gestellten Überweisungsantrag zu verbinden, bestehe gemäß § 230a ZPO ausschließlich dann, wenn der Kläger keine Gelegenheit gehabt habe, einen Überweisungsantrag nach § 261 Abs 6 ZPO zu stellen. Davon könne hier (näher dargelegt) keine Rede sein. Der Überweisungsbeschluss des Erstgerichts entbehre einer gesetzlichen Grundlage.

Mit dem nun verfahrensgegenständlichen Ordinationsantrag vom 20. 12. 2018 beantragte die Klägerin beim Obersten Gerichtshof, ein örtlich zuständiges Gericht für ihre unter einem vorgelegte, mit 18. 12. 2018 datierte Klage zu benennen. Die internationale Zuständigkeit der österreichischen Gerichte sei rechtskräftig bestätigt. Das Bezirksgericht Gmunden habe unbekämpfbar seine örtliche Unzuständigkeit ausgesprochen. Wie aufgrund der großen Zahl an Parallelverfahren bekannt, werde die Zuständigkeit des noch in Frage kommenden Bezirksgerichts Salzburg von diesem regelmäßig abgelehnt. Ein inländischer Gerichtsstand lasse sich nicht ermitteln.

Rechtliche Beurteilung

Sind für eine bürgerliche Rechtssache die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichts im Sinne dieses Gesetzes oder einer anderen Rechtsvorschrift nicht gegeben oder nicht zu ermitteln, so hat der Oberste Gerichtshof aus den sachlich zuständigen Gerichten gemäß § 28 Abs 1 JN eines zu bestimmen, welches für die fragliche Rechtssache als örtlich zuständig zu gelten hat, wenn Österreich aufgrund eines völkerrechtlichen Vertrags zur Ausübung von Gerichtsbarkeit verpflichtet ist (Z 1), der Kläger österreichischer Staatsbürger ist oder seinen Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz im Inland hat und im Einzelfall die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder unzumutbar wäre (Z 2) oder die inländische Gerichtsbarkeit, nicht aber ein örtlich zuständiges Gericht vereinbart worden ist (Z 3).

Die Ordination nach § 28 Abs 1 Z 1 JN setzt die internationale Zuständigkeit Österreichs voraus (RIS-Justiz RS0118239; s auch RS0046326; Garber in Fasching/Konecny3 § 28 JN Rz 22). Der Oberste Gerichtshof ist dabei an eine darüber bereits ergangene rechtskräftige Entscheidung gebunden (RIS-Justiz RS0046568 [T5]; Garber in Fasching/Konecny3 § 28 JN Rz 25; jüngst 3 Nc 3/19z mwN). Die von den Vorinstanzen rechtskräftig bejahte internationale Zuständigkeit Österreichs ist im Ordinationsverfahren daher nicht neuerlich aufzurollen.

Die Bestimmung der Zuständigkeit durch den Obersten Gerichtshof setzt aber weiter das Fehlen eines Gerichtsstands im Inland voraus (Garber in Fasching/Konecny3 § 28 JN Rz 17, s auch Rz 134; vgl auch RIS-Justiz RS0118239; RS0046326). Ist bereits ein inländisches Gericht angerufen, so sind die Voraussetzungen für die Bestimmung eines örtlich zuständigen Gerichts so lange nicht gegeben, als dieses seine Zuständigkeit nicht rechtskräftig verneint hat (RIS-Justiz RS0046443 [T6]). Im Zuge eines bereits anhängigen Verfahrens kann über einen Ordinationsantrag daher erst nach rechtskräftiger Entscheidung eines Zuständigkeitsstreits entschieden werden. Solange keine die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts verneinende rechtskräftige Entscheidung vorliegt, besteht für den Obersten Gerichtshof weder ein Anlass noch eine Möglichkeit zu einem Vorgehen nach § 28 JN (RIS-Justiz RS0046443; vgl auch RS0046450).

Im vorliegenden Fall hat zwar das ursprünglich angerufene Bezirksgericht Gmunden seine örtliche Zuständigkeit rechtskräftig verneint. Eine Klagsführung vor dem von der Klägerin weiter – im Wege des Überweisungsantrags – angerufenen Bezirksgericht Salzburg scheiterte hier aber nicht daran, dass dieses rechtskräftig seine örtliche Zuständigkeit abgelehnt hätte, sondern an den von der Klägerin nicht erfüllten formalen Voraussetzungen für eine Überweisung der Rechtssache an dieses Gericht. Da eine seine örtliche Zuständigkeit verneinende rechtskräftige Entscheidung des Bezirksgerichts Salzburg nicht vorliegt, ist für ein Vorgehen nach § 28 JN kein Raum.

Der hier verfahrensgegenständliche, nicht bloß eventualiter gestellte Ordinationsantrag ist danach abzuweisen.

Textnummer

E125130

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0090NC00008.19D.0404.000

Im RIS seit

31.05.2019

Zuletzt aktualisiert am

31.05.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten