TE OGH 2018/5/29 14Os36/18b

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Veröffentlicht am 29.05.2018
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Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Mai 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Sinek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Roland I***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 2 Z 1, Abs 4 Z 1 und  3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 4. Dezember 2017, GZ 19 Hv 20/17w-212, und weiters über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den gemeinsam mit dem Urteil gefassten Beschluss auf „Vorbehalt“ des Widerrufs einer bedingten Strafnachsicht nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass werden das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen A/I und B und demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) sowie der zugleich ergangene

Beschluss auf Vorbehalt des

Widerrufs einer bedingten Strafnachsicht

aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht Feldkirch verwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft, diese auch mit ihrer Beschwerde, auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Roland I***** „des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und fünfter Fall, Abs 2 Z 1, Abs 4 Z 1 und Z 3 SMG, … § 12 zweiter Fall StGB“ (A) und des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (B) schuldig erkannt.

Danach hat er

(A) vorschriftswidrig Suchtgift

I) in B***** „bzw an anderen Orten im In- und Ausland, wobei durch die Tat österreichische Interessen verletzt wurden“, von 2008 bis Anfang Februar 2012 in einer das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, und zwar insgesamt rund 84 Kilogramm Cannabisharz (4.900 Gramm Delta-9-THC) nach Österreich eingeführt, indem er Ling L***** und Chin J***** in sechs Fällen dazu bestimmte, per Flugzeug jeweils zwei Reisekoffer, in deren doppelten Böden je sieben Kilogramm Cannabisharz versteckt waren, von N***** nach Z***** zu transportieren, die Suchtgifteinfuhren von Vorarlberg aus im Zusammenwirken mit in Asien aufhältigen Mittätern organisierte, bei den Suchtgiftübergaben in Z***** anwesend war, die Koffer mit dem Suchtgift in zumindest drei Fällen selbst nach Österreich verbrachte und in den anderen Fällen Mittäter dazu bestimmte, sowie für die Unterkunft von Ling L***** und Chin J***** bis zu ihrem Rückflug Sorge trug, wobei er die Tat gewerbsmäßig und als Mitglied einer kriminellen Vereinigung beging, und schon wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden war;

II) von 2008 bis November 2011 in B***** Arndt B***** in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge, nämlich 2.100 Gramm Cannabisharz (105 Gramm Delta-9-THC), durch gewinnbringenden Verkauf überlassen;

III) von Ende 2011 bis Oktober 2012 zur strafbaren Handlung seiner Ehefrau Sabine I*****, die in B***** Arndt B***** in vier Angriffen Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge, nämlich 400 Gramm Sharaz-Cannabisharz und 300 Gramm Cannabisharz (insgesamt 87 Gramm Delta-9-THC), durch gewinnbringenden Verkauf überließ, „beigetragen, indem er, nachdem Arndt B***** das Suchgift bei ihm bestellt hatte, die Übergaben durch Sabine I***** vermittelte bzw. diese zur Übergabe des Suchtgiftes an Arndt B***** bestimmte“;

(B) im Jahr 2010 an einem nicht feststellbaren Ort Ling L***** durch gefährliche Drohung mit dem Tod zu einer Handlung, und zwar zur weiteren Einfuhr von Suchtgiften im Sinn der Faktengruppe A/I, genötigt, indem er ihr am Telefon sagte, dass er sie umbringen werde, wenn sie nicht (zur weiteren Durchführung von Kurierdiensten) komme und er sie auf der ganzen Welt finden werde.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 3 und 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, welcher teilweise Berechtigung zukommt.

Nicht im Recht ist sie im gegen die Schuldsprüche A/II und III gerichteten Umfang.

Mit der Kritik an den im Urteil genannten Gründen, aus denen das Erstgericht die ursprünglichen (für den Angeklagten nachteiligen) Angaben des Zeugen Arndt B***** im Rahmen seiner Vernehmung durch die Kriminalpolizei (ON 102 S 45 ff [61 ff]) für glaubwürdig erachtete, seinen – diese Belastungen deutlich abschwächenden – späteren Depositionen aber nicht zu folgen vermochte (US 13), übersieht die Beschwerde, dass die tatrichterliche Beurteilung der Überzeugungskraft von Personalbeweisen – so sie nicht undeutlich (Z 5 erster Fall) oder in sich widersprüchlich (Z 5 dritter Fall) ist – einer Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde entrückt ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 431; RIS-Justiz RS0106588 [T13]).

Zu einer gesonderten Erörterung von im Rechtsmittel relevierten Details aus der – insgesamt für unglaubwürdig angesehenen – Aussage des Zeugen vor der Landespolizeidirektion Vorarlberg (ON 111) und vor Gericht bestand entgegen dem weiteren Rügestandpunkt unter dem Aspekt der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) keine Verpflichtung

(RIS-Justiz RS0098642).

Der Einwand unterlassener Auseinandersetzung mit der angeblichen Bekanntgabe weiterer „Quellen für den Bezug von Cannabisharz“ durch Arndt B***** (erneut Z 5 zweiter Fall) scheitert schon an der fehlenden Nennung der entsprechenden Fundstelle in den umfangreichen Akten (

RIS-Justiz

RS0124172 [T4]). Davon abgesehen stünden solche Angaben mit Blick auf die konkrete Bezifferung der gerade vom Beschwerdeführer bezogenen Suchtgiftmengen durch den Zeugen (ON 102 S 61 ff) auch nicht im erörterungsbedürftigen Widerspruch zu den darauf gegründeten Feststellungen.

Mit dem Hinweis auf eine Verurteilung der Sabine I***** wegen „dieser Taten“ wird ein Begründungsmangel nicht geltend gemacht. Im Übrigen bezog sich das sie betreffende Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 23. Juli 2013, AZ 18 Hv 47/13b, auf die vom Schuldspruch A/III umfassten Suchtgiftübergaben.

Schon weil der – mängelfrei aus den Angaben des Arndt B***** abgeleitete (US 13 f iVm ON 102 S 63) – Urteilssachverhalt zum Schuldspruch A/III auch die Annahme von Beitragstäterschaft (§ 12 dritter Fall StGB) zur Überlassung von Suchtgift durch Sabine I***** trägt (US 6 f), spricht die Mängelrüge mit dem Vorwurf offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zu einer Bestimmung der Genannten zur Ausführung dieser strafbaren Handlung keine entscheidende Tatsache an (zur

rechtlichen Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen: RIS-Justiz RS0117604, RS0013731).

Dass die unmittelbare Täterin im Urteil als Verkäuferin bezeichnet, der Kaufpreis aber nach den weiteren Konstatierungen an den Beschwerdeführer überwiesen wurde, begründet keine Nichtigkeit nach Z 5 dritter Fall (vgl dazu RIS-Justiz

RS0099548).

In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde daher

bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Die Verfahrensrüge (Z 3) zum Schuldspruch A/I reklamiert hingegen mit Recht einen durch Verlesung der Protokolle über die Vernehmungen der Ling L***** und des Chin J***** (damals als Beschuldigte) im Ermittlungsverfahren (ON 102 S 73 ff, 133 ff; ON 211 S 5) bewirkten Verstoß gegen § 252 Abs 1 StPO.

Nach (dem hier maßgeblichen; vgl US 8) § 252 Abs 1 Z 1 StPO dürfen derartige Beweismittel bei sonstiger Nichtigkeit – soweit vorliegend von Relevanz – nur dann verlesen oder vorgeführt werden, wenn der Aufenthalt der Vernommenen unbekannt oder ihr persönliches Erscheinen (wegen ihres Alters, wegen Krankheit, Gebrechlichkeit, entfernten Aufenthalts oder aus anderen erheblichen Gründen) füglich nicht bewerkstelligt werden kann. Die Frage, welche Maßnahmen gesetzt werden müssen, um ausländische Beweispersonen zum Erscheinen vor dem erkennenden Gericht zu veranlassen, hat nach Lage des konkreten Einzelfalls zu erfolgen, wobei die Voraussetzungen für die Verlesung umso restriktiver zu handhaben sind, je wichtiger der fragliche Zeugenbeweis für die Wahrheitsfindung ist und je schwerer der dem Angeklagten zur Last liegende Vorwurf wiegt (RIS-Justiz RS0108361; Kirchbacher, WK-StPO § 252 Rz 61 ff).

Vorliegend beschränken sich die entsprechenden Bemühungen des Erstgerichts auf den einmaligen Versuch, Ling L***** und Chin J***** – zudem ausschließlich mit internationalem Rückschein – in Singapur als Zeugen zur Hauptverhandlung zu laden (ON 204) und deren Ausschreibung zur „weltweiten Aufenthaltsermittlung“ (ON 200 f, 203).

Dass die an die Erstgenannte gerichtete Sendung mit dem Vermerk „Incorrect/Insufficient adress“ retourniert wurde (ON 207), rechtfertigt die Annahme des Erstgerichts, ihr persönliches Erscheinen sei „wegen entfernten und zugleich unbekannten Aufenthalts“ füglich nicht zu bewerkstelligen gewesen (ON 211 S 4 f und US 8 f), schon deshalb nicht, weil Ling L***** ihre (Wohn-)Adresse im Rahmen ihrer (in der Hauptverhandlung verlesenen) Vernehmungen durch die Kriminalpolizei jeweils mit „B 769, # 10-132, W***** 60“ in „730769 Singapur“ bekannt gegeben hatte (ON 102 S 73, 89, 97, 111, 117, 125), die Ladung aber (nur) an die in der Vollzugsinformation vom 29. September 2017 aufscheinende Anschrift „W***** 6, 730725 Singapur“ (ON 198) gesendet wurde, welche
– aus dem eben wiedergegebenen Vermerk der Singapur Post Ltd auf dem Kuvert erschließbar – ersichtlich unrichtig oder zumindest unvollständig war.

Ausgehend von den oben dargestellten Grundsätzen hätte es mit Blick auf die Schwere des gegen den Beschwerdeführer zu A/I erhobenen Vorwurfs und die beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter, die die diesbezüglichen Feststellungen nahezu ausschließlich auf die Angaben der Ling L***** und des Chin J***** stützten (US 8 ff), auch in Bezug auf den Zweitgenannten weiterer Maßnahmen (etwa eines neuerlichen Ladungsversuchs im Rechtshilfeweg) zur Veranlassung seines Erscheinens vor dem erkennenden Gericht bedurft, um die Verlesung seiner Aussage nach § 252 Abs 1 Z 1 StPO zu rechtfertigen. Aus dem Umstand, dass er die Ladung zur Hauptverhandlung nicht behob (vgl den Vermerk auf dem retournierten Kuvert „Unclaimed“; ON 207), lassen sich per se weder dessen grundsätzliche Verweigerung einer Anreise nach Österreich noch Zweifel an der „tatsächlichen Existenz“ der „angegebenen Adresse“ (US 9) ableiten.

Dass die am 2. Oktober 2017 veranlasste „weltweite Aufenthaltsermittlung“ der Genannten bislang nicht zu deren Ausforschung führte (ON 211 S 4 f), begründet mit Blick auf die dort enthaltenen unzureichenden Angaben zu ihren Personen (so wurde das Geburtsdatum jeweils als „unbekannt“ bezeichnet und als Wohnsitz bei Ling L***** gleichfalls nur die oben angeführte Ladungsadresse, bei Chin J***** die Adresse der Justizanstalt Hirtenberg angeführt), den kurzen Zeitablauf und die fehlende polizeiliche Berichterstattung über allfällige Vollzugsversuche (vgl dazu erneut RIS-Justiz RS0108361 [T18]) die Verlesungsermächtigung des § 252 Abs 1 Z 1 StPO ebenso wenig.

Jene der Z 2 bis 3 der Bestimmung stehen hier nicht in Rede, sein Einverständnis mit der Verlesung (§ 281 Abs 1 Z 4) hat der Angeklagte ausdrücklich nicht erteilt (vgl die entsprechende Berichtigung des Protokolls über die Hauptverhandlung ON 218).

Unter dem Aspekt der Relativität des aufgezeigten Verfahrensmangels (§ 281 Abs 3 StPO) ist ein Nachteil für ihn nicht auszuschließen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 734 und 740 f; vgl übrigens auch erneut US 8 ff). Dieser zwingt demnach zur

Aufhebung des Urteils im Schuldspruch A/I sowie – wegen des engen

beweismäßigen Zusammenhangs zwischen der diesem Schuldspruch zugrunde liegenden Suchtgifteinfuhr und der schweren Nötigung der Ling L***** zur Fortsetzung gleichartigen deliktischen Verhaltens (vgl US 14) – auch im Schuldspruch B (§ 289 StPO; Ratz, WK-StPO § 289 Rz 3; RIS-Justiz RS0100072) und demnach im Strafausspruch sowie des – in Urteilsform ergangenen – Beschlusses auf „Vorbehalt“ des Widerrufs einer bedingten Strafnachsicht (§ 285e StPO).

Eine weitere Erörterung der die von der Kassation umfassten Schuldsprüche betreffenden Nichtigkeitsbeschwerde erübrigt sich somit.

Mit ihren Berufungen sind der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft, letztere auch mit ihrer Beschwerde, auf diese Entscheidung zu verweisen.

Bleibt mit Blick auf § 290 StPO und den zweiten Rechtsgang anzumerken:

1. § 28a Abs 4 Z 3 SMG normiert eine besondere Art von Zusammenrechnungsgrundsatz (vergleichbar § 29 StGB). Zu einer Subsumtionseinheit nach dieser Gesetzesstelle lassen sich aber nur gleichartige Verbrechen

zusammenfassen, also solche des selben Tatbilds. § 28a Abs 1 zweiter Fall SMG einerseits und § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG sind dagegen als kumulatives Mischdelikt aufzufassen (RIS-Justiz

RS0111410 [va T8]).

Die vom Erstgericht zu A vorgenommene verfehlte Zusammenfassung der dort angeführten Taten bringt daher in Wahrheit Schuldsprüche wegen je eines Verbrechens des Suchtgifthandels (zu A/I) nach § 

28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 1 und 3 SMG und (zu A/II und III) nach § 

28a Abs 1 fünfter Fall SMG, § 12 „zweiter Fall“ StGB zum Ausdruck (

15 Os 136/13h; RIS-Justiz RS0117464, RS0116676 [T8, T9, T10] sowie 12 Os 21/17f [verstärkter Senat], EvBl 2018/13, 83 [zu den Konsequenzen der Wortfolge „übersteigenden Menge“ für die Tatbildverwirklichung nach § 28a Abs 1 SMG durch sukzessiv begangene Taten]).

Ungeachtet der undifferenzierten Subsumtion auch nach § 28a Abs 2 Z 1 SMG ist dem Urteil nämlich nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs bei gebotener Gesamtbetrachtung, insbesonders unter Berücksichtigung der rechtlichen Ausführungen (US 15 f) und nach Maßgabe des Referats der entscheidenden Tatsachen im Urteilstenor (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO), welcher zur

Verdeutlichung der insoweit unklaren Entscheidungsgründe (US 7) herangezogen werden darf (RIS-Justiz RS0114639; vgl US 1 ff, wonach Gewerbsmäßigkeit nur zum Schuldspruch A/I angeführt wird), nicht zu entnehmen, dass sich die Annahme dieser Qualifikation nach dem Willen der Tatrichter auch auf die Schuldsprüche A/II und III (wegen Überlassens von Suchtgift nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG) beziehen sollte.

Ein diesbezüglicher, von der Generalprokuratur angesprochener Subsumtionsfehler (vgl erneut 12 Os 21/17f [verstärkter Senat], EvBl 2018/13, 83, mit welcher Entscheidung – hier insoweit in Rede stehende – bloße Teilakte von Suchtgifthandel nach § 28a Abs 1 SMG als Bezugspunkt für wiederkehrende Begehung [§ 70 Abs 1 Z 3 StGB] nicht genügen und der zur ständigen Rechtsprechung gewordene Ansatz, welcher auf exakter Abgrenzbarkeit einzelner Grenzmengen zueinander beruhte und durch den § 28a Abs 1 SMG auf diese Weise mehrfach begründet werden konnte [vgl RIS-Justiz RS0112225 {T11, T14}, RS0124018], vom Obersten Gerichtshof aufgegeben wurde) liegt daher nicht vor, sodass für eine amtswegige Maßnahme (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) keine Veranlassung bestand.

2. 

Dass die Qualifikation nach § 28a Abs 4 Z 1 SMG eine in der Begehung von in § 278 Abs 2 StGB genannten strafbaren Handlungen (demnach – soweit hier wesentlich – von Verbrechen) gelegene kriminelle Zielsetzung der Vereinigung erfordert, hat das Erstgericht zwar erkannt (US 15), mit der Konstatierung, der Angeklagte habe sich mit anderen Personen „zum Zweck des Verbringens von Suchtgift von Asien nach Europa“ zusammengeschlossen (um „fortgesetzt Suchtgift von Asien nach Europa zu bringen und in weiterer Folge nach Österreich einzuführen“; US 7, 15), aber keine entsprechende tragfähige Sachverhaltsgrundlage geschaffen, was – im Falle der Erweislichkeit – im zweiten Rechtsgang nachzuholen sein wird.

3. Wird jemand wegen einer vor Ablauf der Probezeit nach einer bedingten Strafnachsicht begangenen strafbaren Handlung verurteilt, hat auch im (hier vorliegenden) letzten Fall des § 56 StGB das erkennende Gericht (mit Beschluss) über den Widerruf zu entscheiden (§ 494a StPO). Die im Urteil vertretene Auffassung, dass Voraussetzung einer solchen Entscheidung die Rechtskraft eines im neuen Verfahren ergangenen Schuldspruchs wäre und diese dann von dem Gericht zu treffen sei, das in jenem Verfahren, in dem die bedingte Nachsicht ausgesprochen worden ist, in erster Instanz erkannt hat (US 17), entspricht nicht dem Gesetz.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E121812

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0140OS00036.18B.0529.000

Im RIS seit

26.06.2018

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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