TE OGH 2017/11/15 1Ob204/17g

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Veröffentlicht am 15.11.2017
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** AG, *****, vertreten durch Dr. Klaus-Dieter Strobach und andere Rechtsanwälte in Grieskirchen, gegen die beklagte Partei C***** P*****, vertreten durch Dr. Longin Josef Kempf und Dr. Josef Maier, Rechtsanwälte in Peuerbach, wegen 26.469,96 EUR sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 14. September 2017, GZ 6 R 114/17b-45, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wels vom 28. Juni 2017, GZ 26 Cg 24/16g-41, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.725,84 EUR (darin 287,64 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts erhobene Rekurs der Klägerin ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 526 Abs 2 ZPO) mangels Vorliegens einer Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Die Klägerin geht selbst von der Rechtsansicht des Berufungsgerichts aus und erstattet dazu (unzulässig) neues Vorbringen. Im Übrigen wirft sie keine erheblichen Rechtsfragen auf, sodass ihr Rechtsmittel nicht zulässig ist (RIS-Justiz RS0080388 [T1]). Ein Rekurs gegen einen Beschluss nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ist zurückzuweisen, wenn die Rechtsmittelwerberin – wie hier die Klägerin – nur Gründe geltend macht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängen (RIS-Justiz RS0048272 [T11]).

2. Die klagende Bank hat die für die Schlüssigkeit des Klagebegehrens erforderlichen rechtserzeugenden Tatsachen des § 14 Abs 3 Verbraucherkreditgesetz im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht (vgl RIS-Justiz RS0037860). Insofern ist sie behauptungs- und beweispflichtig. Der Beklagte hat dazu eingewandt, dass die Voraussetzungen für den Eintritt des Terminsverlusts nicht gegeben gewesen seien, zumal er mit „seinen Leistungen“ nicht mindestens sechs Wochen im Rückstand gewesen sei.

Die von der Klägerin behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens – das Berufungsgericht hätte ihrer Ansicht nach nicht „von Amts wegen“ aufgreifen dürfen, dass bezüglich der Rate für November 2015 keine Einziehung durch sie vom Konto des Beklagten versucht worden wäre – ist nicht gegeben, weil jedenfalls ein entsprechender Einwand des Beklagten vorlag. Im Übrigen ist die Frage, ob im Hinblick auf den Inhalt der Prozessbehauptungen eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist oder wie ein bestimmtes Vorbringen zu verstehen ist, eine Frage des Einzelfalls, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung keine erhebliche Bedeutung zukommt (RIS-Justiz RS0042828 [T1, T3]).

3. Das Berufungsgericht ging für die Beurteilung, wann der Schuldner bei Bestehen einer Einziehungsbefugnis des Gläubigers in Verzug gerät, im Wesentlichen von den in der Literatur dazu bereits angestellten Erwägungen aus, die folgendermaßen zusammengefasst werden können:

Durch die Einzugsermächtigung kann sich der Empfänger der Zahlung sicher sein, dass diese fristgerecht bei ihm eintrifft, weil er selbst den Zeitpunkt der Zahlung bestimmt. Der Zahlungspflichtige wiederum entgeht der Gefahr eines Schuldnerverzugs, weil „durch die Vereinbarung über den Lastschrifteinzug die Schuld in eine Art Holschuld verwandelt wird“. Der Gläubiger muss die Belastung des schuldnerischen Kontos geltend machen; die Erfüllung tritt mit Einlösung ein. Der Schuldner ist allerdings auch bei Teilnahme an diesem Verfahren genötigt, seinen Kontostand jederzeit so hoch zu halten, dass eine Einlösung der jeweils gegen ihn bestehenden Forderungen, die vom Lastschriftverfahren erfasst werden, möglich ist (Koziol/Koch in Apathy/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht III2 [2007] Rz 1/123). Dieser Vorteil kommt seit der Einführung des § 907a ABGB (gemäß § 1503 Abs 2 Z 1 ABGB ist diese Bestimmung auch auf vor dem 16. 3. 2013 begründete Rechtsverhältnisse, die wiederholte Geldleistungen vorsehen, auf die ab dem genannten Zeitpunkt fällig werdenden Zahlungen anzuwenden) im Zuge des Zahlungsverzugsgesetzes noch besser zur Geltung. Nach § 907a Abs 2 Satz 1 ABGB hat der Schuldner den Überweisungsauftrag so rechtzeitig zu erteilen, dass der geschuldete Betrag bei Fälligkeit (bereits) am Konto des Empfängers wertgestellt ist (abweichend für Verbraucher § 6a Abs 2 KSchG). Die Gefahr der Verzögerung der rechtzeitigen Gutschrift am Konto des Gläubigers entfällt (bei ausreichender Deckung) bei der Einzugsermächtigung (T. Mayr, Die Einzugsermächtigung in der Bankenpraxis, in Barta/Ganner/Voithofer, Rechtstatsachenforschung – Heute, Tagungsband 2013 [2014], 113).

4. Die Rekurswerberin legt das Verständnis des Berufungsgerichts zugrunde, aus der Wertung des § 907a Abs 2 Satz 3 zweiter Halbsatz ABGB sei zu erschließen, dass es zu ihren Lasten (als Gläubigerin) ginge, wenn sie die Einziehung der am 30. 11. 2015 fällig gewordenen Kreditrate vom Konto des Beklagten ohne hinreichenden Grund unterlassen hätte. Das Berufungsgericht erachtete die Erörterung mit den Parteien für erforderlich, weshalb die Klägerin ihre Einzugsermächtigung in Bezug auf die am 30. 11. 2015 fällig gewordene Rate nicht ausgeübt habe und weshalb dies einen Schuldnerverzug des Beklagten mit dieser Kreditrate (§ 14 Abs 3 VKrG: „… rückständigen Leistungen ...“) begründen solle.

Das von der Klägerin dazu erstattete Vorbringen im Rekurs verstößt gegen das Neuerungsverbot (§ 504 Abs 2 ZPO). Wenn sie weiters darauf verweist, dass sich schon aus der „Rückbuchung im September 2015“ die Tatsache der unzureichenden Deckung des Kontos des Beklagten ergebe, so steht weder diese „Rückbuchung“ noch eine Unterdeckung des Kontos im November/Dezember 2015 fest. Sie stellt nicht in Frage, dass nach der getroffenen Kreditvereinbarung mit dem Beklagten sie die Abbuchung (Einziehung) bei entsprechender Deckung vorzunehmen hat.

5. Wenn das Berufungsgericht der Ansicht ist, dass der Sachverhalt in der von ihm dargestellten Richtung noch nicht genügend geklärt ist, dann kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten (RIS-Justiz RS0042179).

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 und § 50 Abs 1 ZPO. Wird ein nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO erhobener Rekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückgewiesen, so sind die Kosten nicht nach § 52 ZPO vorzubehalten; es findet vielmehr ein Kostenersatz statt, wenn der Rechtsmittelgegner – wie hier der Beklagte – auf die fehlende Zulässigkeit hingewiesen hat (RIS-Justiz RS0123222 [T2, T4, T8]; vgl RS0035976 [T2]).

Textnummer

E120102

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00204.17G.1115.000

Im RIS seit

15.12.2017

Zuletzt aktualisiert am

08.05.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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