TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/25 L515 2166616-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.10.2017
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

25.10.2017

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §20 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53
FPG §55

Spruch

L515 2166616-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.06.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 13, 57 AsylG

2005, BGBl. I 100/2005 idgF, § 10 AsylG iVm § 9 BFA-VG BGBl I Nr. 87/2012 idgF und §§ 46, 52 Abs. 2 und 9, 53 55 FPG BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

BESCHLUSS

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.06.2017, Zl. XXXX , beschlossen:

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

I.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge als "bP" bezeichnet), ist Staatsangehöriger der Republik Irak und brachte nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 20.6.2015 bei der belangten Behörde Anträge auf internationalen Schutz ein.

In Bezug auf das bisherige verfahrensrechtliche Schicksal bzw. das Vorbringen der bP im Verwaltungsverfahren wird auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen, welche wie folgt wiedergegeben werden:

" - Sie sind spätestens am 20.06.2015 illegal ins Bundesgebiet eingereist, und haben Sie an diesem Tag einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Sie gaben an, den Namen XXXX zu führen, Staatsangehöriger des Iraks und am XXXX in XXXX im Irak geboren zu sein.

-

Im Zuge Ihrer niederschriftlichen Erstbefragung durch die LPD [ ], am 20.06.2015, gaben Sie vor einem Organwalter des öffentlichen Sicherheitsdienstes, befragt zum Fluchtgrund und zu einer allfälligen Rückkehrgefährdung Folgendes an:

F: Warum haben Sie ihr Land verlassen (Fluchtgrund):

A: Vor ca 4 Monaten wurde ich von verschleierten Männern an einen unbekannten Ort entführt und einen Monat festgehalten. Ich wurde von diesen Männern immer wieder gefoltert, mir wurden die Haare abgeschnitten, und mir wurden mit Messern und Rasierklingen Schnittwunden an beiden Armen zugefügt. Bei der Entführung wurde mir eine Haube aufgesetzt und ich wurde aus einem PKW geworfen. Ich wurde noch mit dem Umbringen bedroht.

Ich habe mein Land nach dieser Entführung verlassen, weil ich mir meines Lebens nicht mehr sicher bin.

-

Mit Ladung vom 14.07.2015 wurden Sie für 21.08.2015 zur ärztlichen Untersuchung (Altersfeststellung) geladen.

-

Mit Schreiben vom 22.07.2015, eingebracht durch die ARGE Rechtsberatung, gaben Sie an, dass Ihr richtiges Geburtsdatum der 04.07.1991 sei und schlossen Sie diesem Schreiben zwei Lichtbilder bei auf denen unleserlich ein irakischer Reisepass und ein irakischer Staatsbürgerschaftsnachweis zu erkennen waren.

-

Ihr Verfahren wurde gem. § 19 (2) AsylG ohne Durchführung einer Ersteinvernahme zugelassen.

-

Am 10.11.2015 nahmen Sie durch Ihren ausgewiesenen bevollmächtigten Vertreter der Caritas [ ] Einsicht in Ihren Verfahrensakt und wurde Ihnen eine Kopie Ihrer niederschriftlichen Erstbefragung ausgefolgt.

-

Mit 03.12.2015 wurden Sie aus disziplinären Gründen aus der Grundversorgung des Landes [ ] abgemeldet.

-

Mit 18.03.2016 langte bei der ho. Behörde ein in englischer Sprache verfasstes Schreiben betreffend einen Vorfall in Ihrer Unterkunft ein. Dieses Schreiben war mit Ihrem Namen unterfertigt.

-

Am 02.06.2016 wurden Sie aufgrund eines Vorfalles in[ ], durch die Exekutive wegen Fremdgefährdung (§ 46 Abs 2 SPG)in das LKH [ ] vorgeführt.

-

Aufgrund eines Vorfalles in Ihrer Unterkunft am 30.01.2016 fand am 07.07.2016 am Landesgericht für Strafsachen Graz gegen Sie die Hauptverhandlung zu GZ:[ ], wegen §§ 107 (1), 107 (2) StGB; §§ 125, 126 (1) Z 7 StGB statt. Im Zuge der Hauptverhandlung wurden Sie aufgrund einer Ausdehnung der Anklage festgenommen und wurde mit 09.07.2016 über Sie die Untersuchungshaft verhängt. Es erging ein Unzuständigkeitsurteil.

-

Seither befinden Sie sich durchgehend im Stande der Untersuchungsbzw Strafhaft.

-

Bei der niederschriftlichen Einvernahme am 21.04.2017 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, gaben Sie vor einem Organwalter des Bundesamtes Folgendes an:

F: Wie lautet Ihr vollständiger Name?

A: XXXX . Ich bin am XXXX in XXXX geboren.

F: Fühlen Sie sich heute psychisch und physisch in der Lage, Angaben zu Ihrem Asylverfahren zu machen?

A: Ja.

F: Sind Sie in ärztlicher Behandlung, nehmen Sie irgendwelche Medikamente?

A: Ich nehme Tabletten, damit ich schlafen kann. Regelmäßig zum Arzt gehe ich aber nicht.

F: Mir wird eine kurze Darstellung des bisherigen Ablaufs des Verfahrens gegeben und Grund und Ablauf der nunmehrigen Einvernahme mitgeteilt. Haben Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht? Wurden diese korrekt protokolliert und Ihnen rückübersetzt?

A: Ich habe die Wahrheit gesagt, möchte heute aber noch mehr sagen. Rückübersetzt wurde mir meine Erstbefragung nicht.

F: Warum haben Sie die Rückübersetzung dann mit Ihrer Unterschrift bestätigt?

A: Ich kann mich nicht daran erinnern, ob es mir rückübersetzt wurde.

F: Haben Sie irgendwelche Dokumente oder sonstige Beweismittel, die Sie im bisherigen Verfahren noch nicht vorgelegt haben?

A: Nein.

F: Wo befindet sich Ihr Reisepass?

A: Ich habe meinen Staatsbürgerschaftsnachweis und meinen Personalausweis bei der Erstbefragung abgegeben. Meinen Reisepass ist im Meer verloren gegangen. Ich habe alles im Meer verloren.

F: Sie gaben gerade an, dass Sie Ihren Personalausweis in Österreich abgegeben hätten.

A: Ich habe nur Kopien abgegeben. Die Kopien habe ich im Irak angefertigt.

F: Wie konnten Sie dann am 22.07.2015 eine Kopie Ihres Reisepasses vorlegen? Wie sind Sie an die Kopien gelangt?

A: Meine Familie hat Sie fotografiert und mir geschickt.

F: Wann war das?

A: Als ich im Camp in Wien war.

F: Wie kann die Familie die Dokumente fotografieren, wenn die Dokumente im Meer liegen?

A: Ich habe bereits bevor ich den Irak verlassen habe Kopien gemacht. Die Originale habe ich im Meer verloren.

Vorhalt: Für die Zuerkennung eines Schutzstatus in Österreich ist es erforderlich Ihre Identität aufgrund unbedenklicher Dokumente festzustellen.

F: Es ist also unmöglich originale Dokumente zu beschaffen?

A: Meine Familie ist bereits weg aus dem Irak. Es gibt niemanden, der neue Dokumente beschaffen könnte.

F: Wann hat Ihre Familie den Irak verlassen?

A: Genau weiß ich es nicht. Etwa vier Monate nachdem ich in Österreich war, hat meine Familie den Irak verlassen.

F: Gibt es irgendwelche Unterlage, die Sie heute vorlegen wollen?

A: Ich will versuchen einen meiner Verwandten im Irak zu ersuchen, dass sie mir meine Dokumente aus dem Irak hierher schicken. Reisepass weiß ich aber nicht, ob ich einen bekommen kann.

Ich habe alles bei meiner Erstbefragung abgegeben.

F: Die Kopien Ihrer Dokumente haben Sie nicht in der Erstbefragung abgegeben, sondern später durch die Caritas vorgelegt.

A: Ja, das stimmt. Man sagte mir, beim Geburtsdatum wäre ein Fehler.

F: Weshalb gaben Sie in der Erstbefragung an, dass Sie am 01.01.1998 geboren wären und haben Ihre Daten erst nach Ihrer Ladung zur Altersfeststellung berichtigt?

A: Ich hatte damals Angst. Ich war noch nie in Europa. Die Dolmetscherin hat dieses Geburtsdatum angegeben. Sie sagte ich sei so jung.

Vorhalt der Kopien: Gibt es Kopien in besserer Qualität?

A: Ja, auf meinem Telefon sind sie in besserer Qualität zu sehen. Mein Telefon befindet sich bei einem Freund in Puntigam. Er wohnt in der XXXX , sein Name ist Derwan und er ist Kurde.

F: Warum legte die Caritas dann nicht leserliche Kopien vor?

A: Die Fotoapparate im Irak sind schlechter als in Österreich.

F: Wer verfasste Ihre englischsprachige Eingabe vom 18.03.2016?

A: Das haben Beamte des sozialen Dienstes im Gefängnis geschrieben. Ich habe das nicht geschrieben. Ich kann weder lesen noch schreiben.

F: Ein Beamter des sozialen Dienstes hat den Brief geschrieben, mit Ihrer Unterschrift versehen und an das Bundesamt übermittelt?

A: Ja.

LA: Das glaube ich Ihnen nicht.

A: Ich kann nicht schreiben und lesen. Ich habe Ihn gebeten, dass er mir diesen Brief schreibt.

F: Gibt es sonst noch irgendwelche Dokumente oder sonstige Beweismittel, die Sie noch vorlegen können?

A: Nein.

F: Welche Staatsangehörigkeit, Volkgruppen- und Religionszugehörigkeit haben Sie? Welche Sprachen sprechen Sie?

A: Ich bin irakischer Staatsangehöriger, ich bin Moslem/Sunnit, gehöre der Volksgruppe der Araber an und meine Muttersprache ist Arabisch. Ich bin in XXXX geboren und habe in XXXX gelebt.

F: Wie ist Ihre schulische und berufliche Ausbildung?

A: Ich bin nicht zur Schule gegangen.

F: Weshalb haben Sie nicht die Schule besucht?

A: Weil ich Alkohol getrunken habe.

F: Als Kind haben Sie Alkohol getrunken?

A: Nein, als ich 17 Jahre alt war. Wir hatten kein Geld für die Schule. Mein Vater war schon älter. Er war Taxifahrer. Manchmal fuhr er, manchmal fuhr er nicht.

F: Haben Sie einen Beruf erlernt?

A: Ich habe Gemüse am Markt verkauft.

Anmerkung: Dem AW wird sein Name und der Text "Ich habe Gemüse am Markt verkauft" in arabischer Schrift vorgehalten. Er liest seinen Namen vor. Beim Text sagt er sofort, er könne nicht lesen.

F: Ihren Namen konnten Sie doch lesen.

A: Ich kenne meinen Namen.

F: Leben oder lebten Sie je in einer Ehe oder eheähnlichen Beziehung oder dem gleichkommenden Partnerschaft?

A: Nein.

F: Haben Sie Kinder?

A: Nein.

F: Schildern Sie bitte Ihre Lebensumstände im Irak. Wo haben Sie bis zu Ihrer Flucht im Heimatland gelebt?

A: Ich habe zuletzt in XXXX , im Bezirk XXXX gelebt. Eine genaue Adresse gibt es nicht. Ich lebte dort in einem Haus zusammen mit meinen Eltern und meinen sechs Geschwistern. Das Haus gehörte meinem Vater. Jetzt steht das Haus leer. Meine Familie ging nach England. Das Haus war ein gemietetes Haus.

F: Wo lebt Ihre Familie?

A:

Vater: XXXX

Alter: unbekannt

In Großbritannien

Mutter: XXXX

Alter: unbekannt

In Großbritannien

Bruder: XXXX

Alter: unbekannt

In Großbritannien

Bruder: XXXX

Alter: unbekannt

In Großbritannien

Bruder: XXXX

Alter: unbekannt

In Großbritannien

Schwester: XXXX

Alter: unbekannt

In Großbritannien

Schwester: XXXX

Alter: unbekannt

In Großbritannien

F: Sie müssen doch das ungefähre Alter der Eltern kennen.

A: Meine Mutter ist vielleicht 50 Jahre alt, mein Vater älter.

F: Einen Bruder XXXX haben Sie nicht?

A: Er heißt XXXX .

F: Wer ist dann Ihr Bruder XXXX ?

A: Ich habe XXXX auch in der Erstbefragung genannt.

F: Wie alt sind Ihre Geschwister?

A: Das weiß ich überhaupt nicht. Sie sind jünger als ich.

F: Leben sonst noch Angehörige im Irak?

A: Meine Verwandtschaft lebt im Irak. Ich habe einen Onkel und eine Tante väterlicherseits in XXXX im Irak. Auch meine Großmutter und ein Onkel mütterlicherseits leben in XXXX .

F: Haben Sie Kontakt zu Ihren Angehörigen im Irak?

A: Nein.

F: Hatten Sie vor Ihrer Ausreise Kontakt zu Ihren Verwandten?

A: Ich hatte sie selten gesehen. XXXX ist weit von XXXX entfernt.

F: Weshalb gaben Sie in Ihrer Erstbefragung an, in XXXX geboren zu sein? Heute geben Sie XXXX an.

A: Ich bin in XXXX geboren. Ich habe dann in XXXX gelebt.

F: Womit haben Sie in Ihrem Heimatland bisher Ihren Lebensunterhalt bestritten?

A: Ich kenne mich nicht aus. Ich habe Gemüse verkauft. Ich konnte davon leben.

F: Womit haben Ihre Angehörigen Ihren Lebensunterhalt bestritten?

A: Mein Vater ist Taxi gefahren. Mein Vater und ich haben die Familie ernährt. Meine Geschwister haben nicht gearbeitet. Sie waren zu jung. Sie gingen alle zur Schule.

F: Sie waren also der einzige der nicht zur Schule gegangen ist?

A: Ja.

F: Wie waren Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse im Herkunftsstaat?

A: Mittelmäßig.

F: Wann haben Sie Ihr Heimatland verlassen?

A: Am 20.06.2015.

Anmerkung: Der AW liest das Datum vor und bestätigt dieses.

F: Warum wissen Sie das noch so genau?

A: Ich weiß das noch.

F: Haben Sie Ihr Heimatland früher schon einmal verlassen?

A: Nein.

F: Haben Sie in anderen Staaten um Asyl angesucht?

A: Nein.

F: Wie viel hat Ihre Ausreise gekostet? Wie wurde Ihre Ausreise finanziert?

A: Etwa € 1900. Meine Verwandtschaft hat das zusammen finanziert.

F: Welche Verwandtschaft?

A: Mein Onkel väterlicherseits und ein Onkel mütterlicherseits. Auch Freunde haben mitgezahlt.

F: Schildern Sie die Gründe, warum Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen und einen Asylantrag gestellt haben von sich aus vollständig und wahrheitsgemäß. Ihre Angaben im Asylverfahren werden vertraulich behandelt und nicht an die Behörden Ihres Heimatlandes weitergeleitet. Es ist unumgänglich, dass Sie die Wahrheit sagen, nichts verschweigen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte selbständig und über Nachfrage wahrheitsgemäß darlegen.

A: Ich habe immer Alkohol getrunken. Die Schiiten haben mich deswegen bedroht. Als ich in einem Kaffeehaus war, kamen die Schiiten und haben mir einen Sack über den Kopf gezogen. Sie haben mich im Auto mitgenommen und misshandelt. Sie haben meinen Arm gebrochen. Sie sagten, sie würden mir den Arm abschneiden, weil ich Alkohol trinke. Meine Freunde im Kaffee sagten mir, diese Männer würden mich umbringen.

Ich weiß nicht wo sie mich hingebracht haben. Alles war dunkel. Sie fragten mich warum ich Alkohol trinke. Sie fragten mich, weshalb ich tätowiert wäre. Diese Leute gaben mir Spritzen und ich wurde ohnmächtig.

F: Wie lange haben Sie diese Leute festgehalten?

A: Ein Monat oder mehr. Ich weiß nicht, ob es mehrere Monate waren. Durch die Spritzen war ich immer ohnmächtig. Nachdem ich frei kam, habe ich jeden Tag getrunken, um meine Psyche zu verändern.

F: Zeigen Sie mir Ihre Folterspuren!

Anmerkung: Der AW zeigt Narben an den Oberarmen. Der AW ist am rechten Unterarm stark tätowiert.

F: Wann wurden Sie entführt?

A: Ich kann mich nicht mehr erinnern.

F: Wann wurden Sie freigelassen?

A: Ich kann mich nicht erinnern.

F: In welchem Jahr war der Vorfall?

A: Ich bin seit einem Jahr hier. Ein Jahr bevor ich den Irak verlassen habe.

F: Wer war an diesem Tag im Kaffeehaus noch anwesend?

A: Drei meiner Freunde. Sie liefen weg als diese Männer kamen.

F: Um wie viele Entführer handelte es sich?

A: Viele. Etwa 3-4 Männer. Sie waren auch bewaffnet. Sie hatten Pistolen in Ihren Taschen.

F: Schildern Sie die genaue Chronologie des Vorfalles.

A: Die Männer kamen zu mir und haben zwei Männer mit mir gesprochen und zwei Männer waren hinter mir. Sie sagten ich solle aufstehen. Ich bin mit Ihnen gegangen, da haben Sie mir einen Sack über den Kopf gezogen.

F: Wer hatte Sie entführt?

A: Schiiten.

F: Woher wissen Sie das?

A: Das Kaffeehaus gehörte einem Schiiten und in XXXX leben hauptsächlich Schiiten. Deshalb glaube ich, dass es Schiiten waren. Ich weiß es aber nicht. Sie gehörten jedenfalls zur Sippe ASHIRA.

F: Woher wissen Sie das?

A: Weil das Kaffeehaus den Schiiten dieser Sippe gehört hat.

F: Weshalb haben Sie diese Männer entführt?

A: Damit ich mit Ihnen gegen den IS (Daesh) kämpfe. Ich sagte, ich will nicht kämpfen.

F: Sie gaben an, dass man Sie entführt hätte, weil Sie Alkohol getrunken haben, jetzt sagen Sie, Sie hätten kämpfen sollen. Was stimmt nun?

A: Ich weiß nicht, weshalb sie mich entführt haben.

F: Sie gaben an, ein Monat gefangen gewesen zu sein. In dieser Zeit müssen Sie ja mit den Entführern kommuniziert haben.

A: Sie haben nie mit mir gesprochen.

F: Forderten die Entführer etwas von Ihnen oder Ihrer Familie für Ihre Freilassung?

A: Sie haben mich missbraucht, dass ich mit Ihnen geschlafen habe. Sie haben auch meine Haare geschnitten. Es gab keine Forderungen. Sie haben mich einfach wieder freigelassen. Meine Familie brachte mich dann ins Krankenhaus.

F: Sie gaben in der Erstbefragung auch an, dass Ihnen Schnittwunden zugefügt worden wären?

A: Sie haben mich auch geschlagen und mich mit dem Messer geschnitten.

F: Gab es vor oder nach Ihrer Entführung irgendwelche Vorfälle mit diesen Männern?

A: Nein, ich hatte auch nie Kontakt zu diesen Männern.

F: Gab es in Ihrem sozialen Umfeld jemals Vorfälle mit diesen Männern?

A: Ich weiß es nicht.

F: Wann haben Sie den Entschluss gefasst, Ihr Heimatland zu verlassen?

A: Als sie mich entführt haben.

F: Sie gaben ja an, dass dieser Vorfall bereits ein Jahr vor Ihrer Ausreise war. Weshalb sind Sie nicht sofort ausgereist?

A: Das ist richtig. Ich war ganz fertig. Ich konnte nicht weggehen. Nach der Entführung war ich psychisch krank.

F: Weshalb haben Sie den Irak dann nach einem Jahr verlassen?

A: ich hatte zu wenig Geld, um früher auszureisen. Ich hatte Angst, dass Sie mich umbringen.

F: Aber es gab ja keine Vorfälle mehr.

A: Das ist richtig. Ich hatte trotzdem Angst.

F: Warum sind Sie nicht zur Polizei gegangen?

A: Ich hatte Angst, dass die Polizisten mich schlachten.

F: Weshalb hätten sie das tun sollen?

A: Die Männer, die mich entführt haben, hätten dann gewusst, dass ich etwas unternommen habe und hätten sie mich getötet. Ich habe daher nicht versucht, zur Polizei zu gehen.

F: Gab es sonst noch Gründe, warum Sie Ihr Heimatland verlassen haben?

A: Nein, ich hatte keine anderen Gründe.

F: Haben Sie in Ihrem Heimatland Probleme mit der Polizei oder anderen staatlichen Stellen?

A: Nein.

F: Ist gegen Sie ein Gerichtsverfahren anhängig?

A: Nein.

F: Wurden Sie jemals aus Gründen Ihrer Religion, Rasse, Ihrer Ethnie oder politischen Überzeugung oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt?

A: Ich weiß nicht, ob ich von dieser zuvor genannten Sippe verfolgt werde. Aus den genannten Gründen werde ich nicht verfolgt.

F: Was befürchten Sie bei einer Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat?

A: Ich habe niemanden mehr im Irak. Ich will hier ein neues Leben aufbauen.

F: Weshalb sind Sie nicht in einen anderen Teil des Irak gegangen, etwa zu Ihren Verwandten nach XXXX ?

A: Ich war psychisch krank. Deshalb habe ich den Irak verlassen.

F: Haben Sie somit heute alle Fluchtgründe genannt?

A: Ja. Ich konnte heute alles sagen, was ich zu meinen Fluchtgründen vorbringen wollte.

Mit dem AW werden die Feststellungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sein Heimatland betreffend erörtert.

F: Möchten Sie etwas dazu anmerken?

A: Mir ist die Lage im Irak bekannt. Ich verzichte auf eine Ausfolgung der Länderinformation.

Vorh: Gegen Sie ist ein gerichtliches Ermittlungsverfahren wegen (versuchten) Mordes gem.

§ 75 StGB anhängig und befinden Sie sich derzeit in Untersuchungshaft.

Sollten Sie rechtskräftig wegen (versuchten) Mordes gem. § 75 StGB verurteilt werden, stellt diese Verurteilung einen Asylausschlussgrund gemäß § 6 Abs 1 Z 4 AsylG dar.

F: Was sagen Sie dazu?

A: Ich habe damals mit einem Freund von mir Alkohol getrunken und mein Freund wollte mich dann stechen. Ich habe mich nur verteidigt. Ich wurde auch noch nicht verurteilt.

F: Haben Sie Verwandte in Österreich?

A: Nein.

F: Haben Sie Angehörige in einem EU Staat?

A: Meine Kernfamilie in Großbritannien.

F: Haben Sie in Österreich einen Deutschkurs besucht?

A: Ich hatte kein Geld.

F: Können Sie mir Ihren Tagesablauf auf Deutsch schildern?

A: Eine Verständigung in deutscher Sprache ist nicht möglich.

F: Sind Sie Mitglied bei einem Verein oder einer karitativen Organisation (z.B: Rotes Kreuz, Caritas, )?

A: Nein.

F: Weshalb haben Sie die Zeit in Österreich nicht genutzt sich hier zu integrieren?

A: Ich habe ein Buch hier und lerne daraus Deutsch.

F: Wie lernen Sie aus diesem Buch Deutsch?

A: Ein Freund in der Zelle lernt mit mir. In diesem Buch gibt es Bilder und mein Freund liest mir vor, was da steht.

F: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint?

A: Ja.

Ich möchte noch sagen, dass der Name meines Bruders XXXX eigentlich XXXX ist. Da habe ich gelogen.

-

Mit Verfahrensanordnung der ho. Behörde vom 21.04.2017, nachweislich zugestellt am 25.04.2017, wurde Ihnen mitgeteilt, dass Sie aufgrund der Verhängung der Untersuchungshaft (§§ 173 StPO) gem. § 13 Abs 2 AsylG Ihres vorläufigen Aufenthaltsrechtes im Bundesgebiet verlustig wurden.

-

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz zu GZ: XXXX , rechtskräftig mit 14.06.2017, wurden Sie wegen § 125 StGB, § 126 Abs 1 Z 7 StGB und § 87 Abs 1 StGB, § 15 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.

"

I.2. Der Antrag der bP auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheide der belangten Behörde gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 13 Abs. 2 Z3 AsylG hat die bP ihr Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet am dem 9.7.2016 verloren (Spruchpunkt III). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die bP Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung In den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt IV) Gemäß § 53 Abs.1 iVm Z 3 FPG wurde gegen die bP ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V). Einer Beschwerde wurde gem. § 18 Abs. 2 Z2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

I.3. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und führte hierzu –unter Einmengung von Elementen der rechtlichen Beurteilung Folgendes aus:

" Es ist Ihnen im gesamten Verfahren nicht gelungen eine individuelle Verfolgungssituation aus den Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft zu machen.

Ihr Vorbringen hinsichtlich Ihrer Fluchtgründe war generell als nicht glaubhaft zu bezeichnen, zumal dieses völlig vage und unsubstantiiert war. Alleine der Umstand, dass sich Ihr Fluchtvorbringen in Ihrer niederschriftlichen Erstbefragung und in Ihrer Befragung vor dem Bundesamt in den wesentlichen Punkten deckte, vermag alleine noch nicht ausreichen, dieses als glaubhaft anzusehen.

Vielmehr war es für die erkennende Behörde keinesfalls auf schlüssige Weise nachzuvollziehen, dass Sie sich zumindest ein Monat lang in der Gewalt Ihrer Entführer befunden haben sollen, jedoch weder mit Sicherheit sagen können wer Sie entführt hat und warum Sie entführt wurden. Zudem steigerten Sie Ihr Fluchtvorbringen im Laufe des Verfahrens auf sexuelle Übergriffe und die Verabreichung von Drogen in der Gefangenschaft. Es habe zu keiner Zeit Forderungen seitens Ihrer Entführer gegeben und gab es auch sonst niemals Zwischenfälle oder Vorfälle mit ebendiesen Männern gegeben.

Selbst hinsichtlich der Zeitpunkt oder Dauer Ihrer angeblichen Gefangenschaft gaben Sie an nicht sagen zu können, nicht einmal ob es ein Monat oder mehrere Monate waren.

Ihr diesbezügliches Vorbringen war daher generell als unglaubhaft einzustufen. In diesem Zusammenhang muss der Vollständigkeit halber auch angeführt werden, dass Ihnen im gerichtlichen Strafverfahren seitens eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet der klinischen Psychologie eine hohe Lügenbereitschaft attestiert wurde. Diese Diagnose wird auch durch Ihr Verhalten im gegenständlichen Verfahren unterstützt. So behaupteten Sie etwa zu Ihrer englischsprachigen Eingabe vom 18.03.2016 befragt, ein Beamter des sozialen Dienstes im Gefängnis hätte diese verfasst, obwohl Sie sich zu diesem Zeitpunkt auf freiem Fuße befunden haben.

Sie haben zudem ausdrücklich negiert jemals staatlichen Schutz bei den staatlichen Behörden wegen der von Ihnen geschilderten Bedrohung gesucht zu haben. Begründend führten sie zuerst aus, dass Sie Angst gehabt hätten von den Polizisten "geschlachtet" zu werden, dann, dass Sie Angst hatten, Ihre Entführer hätten davon Kenntnis erlangen können. Weiters erscheint der Behörde Ihr Fluchtvorbringen auch im Lichte des Umstandes, dass Sie nach eigenen – ebenfalls inkonsistenten – Angaben, noch bis zu einem Jahr im Herkunftsstaat verblieben, ehe Sie aufgrund Ihrer behaupteten Angst ausreisten.

Selbst bei Wahrunterstellung, wäre das von Ihnen geltend gemachte fluchtbegründende Ereignis alleine nicht geeignet, eine asylrelevante Bedrohung zu begründen, da die Behörde in diesem Fall nur von einer Bedrohung durch Privatpersonen aus kriminellen Motiven ausgehen kann, zumal Sie selbst angaben, dass Sie weder von staatlicher Seite aus Konventionsgründen verfolgt wurden, noch Angaben dass Ihnen die staatliche Schutzfähigkeit aus ebendiesen Gründen verwehrt geblieben wäre.

Es konnten daher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Bestehen einer asylrelevanten Gefahr für Ihre Person festgestellt werden. Dass im Irak eine generelle und systematische Verfolgung von Muslimen sunnitischer Glaubensrichtung stattfindet, kann aus den länderkundlichen Feststellungen zur Lage im Irak nicht abgeleitet werden. Wiewohl ausweislich der Feststellungen im Irak eine Sunniten -feindliche Politik vorherrscht und es in unterschiedlicher Intensität zu Vertreibungen mit dem Ziel einer religiösen Homogenisierung oder von Entführungen kommt, kann noch nicht von einer zielgerichteten und systematischen Verfolgung von Muslimen sunnitischer Glaubensrichtung ausgegangen werden. Sie haben demnach nicht bereits aufgrund ihrer sunnitischen Glaubensrichtung eine individuell gegen ihre Person gerichtete Verfolgung zu befürchten (vgl. VwGH 17.12.2015, Ra 2015/20/0048).

Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

Sie konnten weder eine individuelle Verfolgung noch eine individuelle Gefahr, die asylrelevant wäre, glaubhaft machen. Es besteht auch keine sonstige, wie auch immer geartete, besondere Gefährdung Ihrer Person.

Sie lebten bis zu Ihrer Ausreise aus dem Irak in XXXX . Zwar ist es im von den Streitkräften und schiitischen Milizen kontrollierten Süden nicht auszuschließen, dass es zu Übergriffen und Diskriminierung gegenüber der sunnitischen Minderheit kommt, jedoch haben Sie zu keiner Zeit vorgebracht, dass Sie auf Grund Ihrer Religion Probleme hatten oder solche im Falle Ihrer Rückkehr zu befürchten hätten. Zudem war zu berücksichtigen, dass Sie glaubhaft vorbrachten in XXXX über familiäre Anknüpfungspunkte zu verfügen, die Sie bereits bei Ihrer Ausreise auch finanziell unterstützen. Die Region XXXX weist zudem einen vergleichsweise hohen Anteil an Sunniten an der Gesamtbevölkerung im Vergleich zu anderen Regionen des Südiraks auf. Weshalb Ihnen eine Niederlassung in dieser Region trotz Ihrer familiären Anbindungen nicht zumutbar sein sollte, war für die erkennende Behörde nicht ersichtlich und erstatteten Sie auch kein entsprechendes Vorbringen. Über entsprechende Nachfrage gaben Sie lediglich der Frage ausweichend an, dass Sie psychisch krank gewesen seien und deshalb den Irak verlassen hätten.

Zudem handelt es sich bei Ihnen um einen jungen, mobilen und arbeitsfähigen Mann, dem es bereits vor seiner Ausreise gelungen ist seinen Lebensunterhalt in einer schiitisch dominierten Stadt aus Eigenem zu bestreiten.

Trotz der allgemein volatilen Sicherheitslage im Irak – die das Bundesamt keineswegs verkennt - kann im Lichte der in den Länderfeststellungen angeführten Opferzahlen nicht erkannt werden, dass schon aufgrund Ihrer bloßen Anwesenheit in XXXX , XXXX oder einem sunnitischen Viertel Bagdads davon ausgegangen werden muss, dass Sie Opfer eines Anschlages werden würden. Offene Kampfhandlungen finden in Bagdad oder dem Südirak im Übrigen nicht statt.

Eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit, dass Sie Opfer von Anschlagskriminalität werden, kann in Anbetracht dessen nicht erkannt werden, zumal es auch Ihren Verwandten möglich ist, ein Leben in der Region XXXX zu führen.

Aus den Feststellungen der Staatendokumentation sind keine Umstände bekannt, dass im Irak eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehre, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre. Zudem haben Sie auch weder eine Erkrankung, noch einen sonstigen auf Ihre Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" behauptet oder bescheinigt, der die reale Gefahr einer Verletzung Ihrer Rechte im Sinne des § 8 AsylG zur Folge haben würde. Es ist Ihnen auch möglich, von Österreich aus den Irak über den internationalen Flughafen Bagdad oder XXXX sicher zu erreichen.

Im gegenständlichen Fall geht die ho. Behörde daher davon aus, dass unter Berücksichtigung Ihrer persönlichen Verhältnisse (Alter, Gesundheitszustand, Arbeitsfähigkeit und sonstige Anknüpfungspunkte, Herkunftsregion, Mobilität, Zumutbarkeit der zumindest vorübergehenden Inanspruchnahme internationaler Hilfe nicht davon auszugehen ist, dass Sie im Falle einer Rückkehr in den Irak in eine derart aussichtslose Lage gedrängt werden, die Ihnen eine Rückkehr unzumutbar erscheinen ließe.

Betreffend die Feststellungen zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Die Feststellungen zu Ihrem Privat- und Familienleben sowie zu Ihren Lebensumständen stützen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben im Verfahren und den Inhalt Ihres Asylaktes bzw auf das im Akt einliegende Urteil.

Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für die Erlassung des Einreiseverbots:

Ihre strafrechtliche Delinquenz geht aus dem im Akt einliegenden Urteil, sowie der vorliegenden Strafregisterauskunft zweifelsfrei hervor.

Im Lichte der schwere Ihrer Delinquenz und Ihrem besonders destruktiven Persönlichkeitsbild, welches sich insbesondere aus den Erhebungen im gerichtlichen Strafverfahren ergibt, ist Ihre Gleichgültigkeit bzw. Ihre Ablehnung gegenüber der österreichischen Rechtsordnung klar dokumentiert, und dadurch auch eine hinreichende Wahrscheinlichkeit begründet, dass Sie auch künftig eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen werden, insbesondere da Sie über ein besonders hohes Aggressionspotential im Zusammenhang mit dem Konsum von Alkohol verfügen. Aufgrund dieser Umstände und Ihres Gesamtverhaltens kann seitens der erkennenden Behörde keines falls von einer positiven Zukunftsprognose ausgegangen werden.

"

I.4. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat traf die bB Feststellungen, denen sich das ho. Gericht anschließt.

I.5. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar. Weiters sei aufgrund der Delinquenz der bP vom Verlust des Aufenthaltsrechts auszugehen und erließ die bP ein Einreiseverbot. Ebenso sei aufgrund des bisherigen Verhaltens der bP davon auszugehen, dass schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass die bP eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, weshalb der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde

I.6. Gegen die genannten Bescheide wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsätzen innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Im Wesentlichen beriefen sich die bP auf ihr bisheriges Vorbringen und gingen davon aus, dass die bB die Anträge rechts- und tatsachenirrig abwies.

Nach der Wiederholung des bisherigen Vorbringens und des delinquenten Verhaltens der bP brachte die bP weiters vor, von "Bidun" abzustammen.

Die bB hätte dem Ermittlungspflichten iSd § 18 Abs.1 AsylG nicht entsprochen. Insbesondere hätte sie aufgrund des schlechten psychischen Zustandes der bP ein Gutachten einholen müssen.

Ebenso wären Ermittlungen in Bezug auf Behandlungsmöglichkeiten m Irak erforderlich gewesen.

Der bP wäre zu den Länderfeststellungen kein Parteiengehör gewährt worden und wären diese unvollständig, da sie nicht auf das konkrete Vorbringen der bP abgestellt sind. Ebenso hätte sich die bB mit der Schutzfähigkeit der Behörden auseinandersetzen müssen. Darüber hinaus wären die Länderfeststellungen schon als überholt anzusehen gewesen.

Die bP hätte sich im Rahmen einer Gefährdungsprognose nicht im ausreichenden Maße mit dem Persönlichkeitsbild der bP auseinandergesetzt und reiche die Begehung einer Straftat für sich gesehen nicht aus, um ein Einreiseverbot zu verhängen.

In weiterer Folge verwies die bP auf die Berichtslage zur Behandlung psychischer Erkrankungen im Irak (aus der sich ergibt, dass Behandlungsmöglichkeiten grundsätzlich bestehen), zur allgemeinen Sicherheitslage, sowie zur Lage der Bidun, insbesondere mit Hinweis auf den Umstand, dass ein erheblicher Teil dieser Bevölkerungsgruppe staatenlos sei und soweit sie einen Rechtsanspruch auf die Verleihung der Staatsbürgerschaft bestünde, sie mit erheblichen administrativen (Anm.: gem. der Berichts jedoch nicht unüberwindlichen) Hürden konfrontiert sind.

Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes hätten im Rahmen der Erstbefragung die dort bestehenden inhaltlichen Schranken nicht beachtet, hätten außer Acht gelassen, dass die bP und geht die bB rechtswidriger Weise von einer Vorbringenssteigerung zwischen den Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und vor der Behörde aus.

Die bP hätte Folterspuren schlichtweg ignoriert.

Aufgrund der mangelhaften Sachverhaltsfeststellung zog die bB rechtsirrig die falschen Schlüsse und wies den Antrag rechtsirrig ab.

Im Rahmen der Rückkehrentscheidungen wären integrative Aktionen bzw. Bemühungen. Eine Rückkehrentscheidung hätte im gegenständlichen Fall für dauerhaft unzulässig erklärt werden müssen.

Das verhängte Einreiseverbot wäre jedenfalls als zu lang bemessen worden.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sei mangelhaft begründet und stelle eine Verletzung von Art 3 EMRK und Art 4 der GRC dar.

Weiters wurden verschiedene verfahrensrechtliche Anträge gestellt, auf die an den entsprechenden Stellen des gegenständlichen Erkenntnisses eingegangen wird.

I.7. Das Vorbringen in der Beschwerdeschrift stellt die letzte Äußerung der bP im Verfahren zum gegenständlichen Antrag bzw. zu ihren Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet dar.

I.8. Mit ho. Beschluss vom 8.8.2017 wurde der Beschwerde gem. § 18 Abs. 5 der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

Dies wurde im Wesentlichen wie folgt begründet:

" Der bB ist beizupflichten, dass sich das Vorbringen der bP zur Begründung ihres Antrages im Rahmen des hier relevanten Prüfungsrahmens als nicht glaubhaft darstellt und kann aus der allgemeinen Lage im Südirak bezogen auf die bP per se kein relevantes Abschiebehindernis erblickt werden. In Bezug auf den psychischen Zustand der bP wird auf die nachvollziehbaren Ausführungen im Urteil des zuständigen Strafgerichts verwiesen, woraus sich im Wesentlichen ergibt, dass eine auffallende Persönlichkeitsstruktur mit emotional-instabilen und verantwortungslosen Aspekten, sowie eine hohe Lügenbereitschaft vorliegt und die bP vor allem unter Alkoholeinfluss zu selbst- und fremdaggressiven Verhalten neigt und ist unter Alkoholeinfluss von einer erhöhten Kränkbarkeit auszugehen, welche sich "raptusartig" entladen kann. Weder die beigezogene klinische Psychologin, noch der Facharzt für Psychiatrie diagnostizierten der bP einen Zustand oder ein Leiden, welcher oder welches sie unfähig erscheinen ließe, sich an Ereignisse in der Vergangenheit zu erinnern und darüber wahrheitsgemäß zu berichten. Auch kann aus dem psychischen Zustand kein Abschiebehindernis abg

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten