TE OGH 2009/7/6 1Ob126/09z

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Veröffentlicht am 06.07.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Franz G*****, 2. Elisabeth G*****, beide *****, und 3. Franz G*****, alle ***** und vertreten durch Dr. Georg Lugert, Rechtsanwalt in St. Pölten, gegen die beklagten Parteien, 1. Renate H*****, und 2. Andreas H*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Peter Zöchbauer, Rechtsanwalt in St. Pölten, sowie die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Parteien Stadtgemeinde T*****, vertreten durch Dr. Martin Wandl und Dr. Wolfgang Krempl, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen Duldung (Streitwert 5.000 EUR), über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom 18. November 2008, GZ 21 R 335/08k-18, womit das Urteil des Bezirksgerichts St. Pölten vom 17. April 2008, GZ 7 C 1074/07v-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision der klagenden Parteien wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien sind schuldig, den Beklagten die mit 534,98 EUR (darin enthalten 89,16 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die klagenden Parteien sind weiters schuldig, der Nebenintervenientin auf Beklagtenseite die mit 514,86 EUR (darin enthalten 85,81 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO ab:

Unter Gemeingebrauch versteht man die Benützung einer Straße unter den gleichen Bedingungen ohne behördliche Bewilligung und unabhängig vom Willen des über den Straßengrund Verfügungsberechtigten (RIS-Justiz RS0009760). Der Gemeingebrauch ist eine Art öffentlich-rechtliche Dienstbarkeit, die bewirkt, dass der Eigentümer den Gebrauch dieser Sache durch jedermann nicht hindern kann, sofern sich dieser im Rahmen des Gemeingebrauchs hält (RIS-Justiz RS0009781). Privatrechtliche Verfügungen über öffentliches Gut, die den Gemeingebrauch beeinträchtigen, setzen die Aufhebung der Widmung zum Gemeingebrauch voraus. Die Aufhebung dieser Widmung kann nur durch einen der Widmung entgegengesetzten Akt, vornehmlich durch ein Gesetz oder durch Erklärung der zuständigen Verwaltungsbehörde geschehen, etwa durch die Auflassung einer öffentlichen Straße (RIS-Justiz RS0111847).

Über Störungen und Eingriffe in den Gemeingebrauch öffentlicher Wege entscheidet aber nach der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofs die Verwaltungsbehörde unter Ausschluss des Rechtswegs auch dann, wenn der Grund, über den der Weg verläuft, im Privateigentum steht. Auch zur Entscheidung der Frage, ob ein Weg öffentlich ist, ob er also von der hiezu befugten Behörde in der gehörigen Form als solcher erklärt wurde, sind ausschließlich die Verwaltungsbehörden zuständig (RIS-Justiz RS0029753). Zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs unter Berufung auf den Gemeingebrauch ist daher der Rechtsweg verwehrt (1 Ob 24/91; RIS-Justiz RS0012140). Auch der Einzelne, der in der Ausübung des Gemeingebrauchs gestört wird, kann selbst dann, wenn die Störung von einem Privaten ausgeht, Abhilfe nur von der zuständigen Verwaltungsbehörde verlangen, weil sein Anspruch aus einem öffentlichen Recht auf Benutzung einer dem Gemeingebrauch gewidmeten Sache abgeleitet wird (RIS-Justiz RS0009811).

Ob ein Gemeingebrauch zusteht, ist von den Gerichten lediglich als Vorfrage zu prüfen (1 Ob 56/03x = SZ 2004/18; RIS-Justiz RS0009787), zum Beispiel, wenn in einem Negatorienstreit von Beklagtenseite eingewendet wird, dass ein Weg öffentlich sei und Gemeingebrauch hieran bestehe, sofern dazu noch keine rechtskräftige Verwaltungsentscheidung ergangen ist (RIS-Justiz RS0036833; RS0045617; RS0009790).

Im vorliegenden Fall stützen die Kläger ihr Begehren auf Duldung des Begehens und Befahrens eines Wegs - der Erwerb einer entsprechenden Servitut wurde bereits unangefochten verneint - nur noch auf ihnen zustehenden Gemeingebrauch mit der Behauptung, die Aufhebung der Widmung des Wegs zum Gemeingebrauch sei unwirksam. Damit stützen sie den behaupteten Anspruch aber unmittelbar auf Gemeingebrauch als Hauptfrage des Verfahrens, wofür die Verwaltungsbehörden zuständig sind.

Im Hinblick auf die dazu vorhandene und zitierte oberstgerichtliche Judikatur liegt eine erhebliche Rechtsfrage von über den Anlassfall hinausgehender Bedeutung nicht vor.

Textnummer

E91287

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0010OB00126.09Z.0706.000

Im RIS seit

05.08.2009

Zuletzt aktualisiert am

25.08.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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