TE OGH 2009/9/15 5Ob137/09x

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Veröffentlicht am 15.09.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragsteller 1. Marcus S*****, 2. Mag. Thomas S*****, beide vertreten durch Dr. Andreas Rudolph, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin Gemeinnützige S***** reg. Genossenschaft mbH, *****, vertreten durch Mag. Michael Rudnigger, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG iVm § 16 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 21. April 2009, GZ 40 R 256/08f-99, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung:

Die Antragsgegnerin, eine gemeinnützige Genossenschaft, erwarb im Jahr 1987 einen Hälfteanteil an der Liegenschaft F***** in ***** und im Jahr 1989 den zweiten Hälfteanteil.

Im Zuge der Sanierung des bereits bestehenden Gebäudes wurde das Dachgeschoss des Hauses ausgebaut und dort Wohnraum für fünf neue Mietobjekte geschaffen. Dabei wurden auch die Wohnungen Top Nr 29 und 33 auf Kosten der Antragsgegnerin neu geschaffen, die beide der Ausstattungskategorie A entsprachen und an den Erst- und Zweitantragsteller im Jahr 1992 vermietet wurden. Für die Wohnung des Erstantragstellers wurde ein monatlicher Hauptmietzins von 6.100 S (= 443,31 EUR) und für die des Zweitantragstellers von 7.180 S (= 521,80 EUR) vereinbart.

Mit ihrem verfahrenseinleitenden Sachantrag begehren beide Antragsteller festzustellen, dass diese Mietzinsvereinbarungen insoweit unzulässig seien, als sie den Mietzinsbildungsbestimmungen des WGG zuwiderlaufen; dazu wird jeweils noch die Feststellung einer Mietzinsüberschreitung begehrt.

Mit rechtskräftigem Zwischensachbeschluss (bestätigt vom Obersten Gerichtshof am 28. 8. 2007 zu 5 Ob 173/07p) wurde festgestellt, dass auf die verfahrensgegenständlichen Mietverhältnisse zufolge § 1 Abs 1 MRG die wohnzivilrechtlichen Bestimmungen des MRG zur Anwendung gelangen, nicht jedoch gemäß § 1 Abs 3 MRG iVm § 20 WGG die wohnzivilrechtlichen Bestimmungen des WGG.

Im fortgesetzten Verfahren wurde festgestellt, dass die mit den Antragstellern jeweils vereinbarten Mietzinse die Angemessenheitsgrenze des § 16 Abs 1 MRG nicht überschritten, sondern sogar unterschritten haben.

Das führte zur Antragsabweisung hinsichtlich beider Begehren.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands jeweils insgesamt 10.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs machen die Antragsteller Nichtigkeit und Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens geltend und führen zur Zulässigkeit des außerordentlichen Revisionsrekurses aus, bisher sei keine Auseinandersetzung mit der Frage analoger Anwendbarkeit der zinsrechtlichen Bestimmungen des WGG auf die Frage der Schaffung neuer Wohnungen durch die Gemeinnützige Gesellschaft erfolgt.

Überdies sei die Frage der Angemessenheit der Hauptmietzinse unrichtig beurteilt worden, weil als Vergleichsmietzinse solche, die nach dem WGG gebildet wurden, heranzuziehen gewesen wären.

Rechtliche Beurteilung

Dazu hat der erkennende Senat erwogen:

Während im außerstreitigen Verfahren eine Mangelhaftigkeit, die bereits vom Rekursgericht verneint wurde, im Revisionsrekurs nicht mehr geltend gemacht werden kann (vgl RIS-Justiz RS0043919 [T1]; RS0042963; RS0050037; RS0030748; RS0043111), trifft das zufolge § 66 Abs 1 AußStrG auf vom Rekursgericht verneinte Nichtigkeiten nicht zu (vgl RIS-Justiz RS0121265).

Soweit die Revisionsrekurswerber allerdings eine Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes rügen, weil der Zeuge J. Z***** nach Richterwechsel trotz entsprechenden Antrags nicht neuerlich einvernommen wurde, sind sie darauf hinzuweisen, dass dies grundsätzlich nur einen Verfahrensmangel und keine Nichtigkeit begründet (vgl RIS-Justiz RS0041480 mwN). Das Rekursgericht hat sich mit der Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes als Verfahrensmangel bereits auseinandergesetzt und das Vorliegen einer Mangelhaftigkeit verneint, weshalb dieser Umstand vor dem Obersten Gerichtshof nicht neuerlich geltend gemacht werden kann (vgl RIS-Justiz RS0042963 mwN).

Das Vorliegen des Nichtigkeitsgrundes der Gehörsverletzung wird zwar behauptet, nicht aber ausgeführt, inwiefern den Antragstellern eine Äußerungsmöglichkeit zu den - wenn auch nur mittelbar aufgenommenen - Beweisen entzogen worden wäre (vgl RIS-Justiz RS0074920; RS0006048 [T6] ua).

Auch die angebliche Befangenheit der entscheidenden Richterin wäre nur dann ein Aufhebungsgrund im Sinn des § 58 Abs 4 Z 1 AußStrG, wenn die Ablehnung erfolgreich gewesen wäre (vgl RIS-Justiz RS0042046; RS0007462), wohingegen im vorliegenden Fall über die Ablehnung bereits rechtskräftig negativ entschieden wurde.

Im Weiteren erkennen zwar die Revisionsrekurswerber, dass die Rechtsfrage der Anwendbarkeit der Mietzinsbildungsvorschriften des MRG auf die konkreten Mietverhältnisse bereits durch rechtskräftigen Zwischensachbeschluss geklärt wurde, meinen jedoch, eine erhebliche Rechtsfrage darin zu erkennen, dass bisher eine Auseinandersetzung mit der Möglichkeit analoger Anwendbarkeit zinsrechtlicher Bestimmungen des WGG unterblieben sei.

Wo in Anbetracht der klaren Regelungen der §§ 20, 20a WGG (vgl dazu 5 Ob 173/07p = wobl 2008/107) eine planwidrige Unvollständigkeit liegen sollte, die die Voraussetzung für jegliche Analogie ist, vermag der Revisionsrekurs nicht nachvollziehbar zu argumentieren. Die Berücksichtigung des Kostendeckungsprinzips setzt eben die Anwendbarkeit des WGG voraus, weshalb nicht mit einer planwidrigen Unvollständigkeit im Geltungsbereich von Zinsbildungsvorschriften des MRG argumentiert werden kann.

Aus den Materialien zum 2. WÄG (AB 52 BlgNR 18. GP 2, 3) ergibt sich, dass der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 20 WGG abschließend das Verhältnis von WGG- und MRG- Geltung regeln wollte und dabei die Geltung der zinsrechtlichen Bestimmungen des MRG bewusst für jene Gebäude schaffen wollte, die die gemeinnützige Gesellschaft nicht im eigenen Namen errichtet, sondern nur erworben hat (vgl Meinhart/Österreicher, Die WGG-Novelle im 2. WÄG, wobl 1991, 85; Würth, 2. Wohnrechts-ÄnderungsG - Ein Überblick, wobl 1991, 95; 5 Ob 40/99i = MietSlg 51/14 ua; 5 Ob 173/07p mwN).

Durch die WRN 1999 wurde die Bestimmung des § 20a WGG eingefügt, die mit 1. 9. 1999 in Kraft getreten ist und den Anwendungsbereich des WGG auf Gebäude ausdehnte, die von einer gemeinnützigen Gebäudeverwaltung zwar nicht errichtet, aber doch in größerem Umfang saniert wurden, womit dem § 1 Abs 3 MRG insoweit materiell derogiert wurde. Dadurch wurde zwar die Vollanwendung des WGG mit entsprechenden Preis- und Entgeltsvorschriften auch für Baulichkeiten normiert, die von einer Bauvereinigung zum Zweck der Sanierung größeren Umfangs erworben wurden (vgl aus den AB zur WRN 1999 in 2056 BlgNR 20. GP 4 f), allerdings unter hier nicht gegebenen Voraussetzungen (vgl dazu 5 Ob 173/07p).

In den weder von § 20 Abs 1 WGG noch (seit 1. 9. 1999) von § 20a WGG erfassten Fällen ist eben das MRG und nicht das WGG anzuwenden, eine Regelungslücke liegt nicht vor. Durch die Ausschließlichkeit dieser Regelung sind auch alle Streitfragen ausgeräumt, die sich im Zusammenhang mit Verweisungen von Förderungsgesetzen auf mietrechtliche Vorschriften ergeben, weil es auf diese Regelungen nicht mehr ankommt (Würth/Zingher/Kovanyi, Rz 4 zu § 20 WGG).

Was die Frage der Berücksichtigung von Objekten mit WGG-Zinsbildung als Vergleichsobjekte bei der Ermittlung der Angemessenheit nach der hier anzuwendenden Fassung des § 16 Abs 1 MRG betrifft, ist nach der Anordnung dieser Gesetzesbestimmung klar, dass nur die dort aufgezählten Faktoren, nicht aber die für die Preisbildung nach dem WGG maßgeblichen heranzuziehen sind.

Die Ermittlung des ortsüblichen Mietzinses und die diesbezügliche Methodenwahl gehört im Übrigen dem Tatfragenbereich an (vgl RIS-Justiz RS0111105 [T9]; RS0070382 [T3; T7; T8]).

Insgesamt zeigt der außerordentliche Revisionsrekurs daher keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG auf. Das hatte zu seiner Zurückweisung zu führen.

Textnummer

E92009

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0050OB00137.09X.0915.000

Im RIS seit

15.10.2009

Zuletzt aktualisiert am

26.09.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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