TE OGH 2010/4/13 14Os34/10x

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Veröffentlicht am 13.04.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. April 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Mag. Hautz in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Klein als Schriftführerin in der Strafsache gegen Emran D***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 22. Oktober 2009, GZ 40 Hv 166/09z-25, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

B e s c h l u s s

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

G r ü n d e :

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Emran D***** der Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (I) und der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (IV) sowie der Vergehen der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB (II), der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (III) und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB (V) schuldig erkannt.

Danach hat er in Salzburg

(I) am 25. Juli 2009 Chiara F***** mit Gewalt und durch gefährliche Drohung mit dem Tode zur Abstandnahme von weiteren Maßnahmen zur Rückgabe ihres Mobiltelefons genötigt, indem er sie an den Haaren packte, ihr den Kopf nach hinten riss und äußerte, er schwöre „beim Leben seiner vierjährigen Tochter“ sie umzubringen, wenn sie sich nicht ordentlich benehme;

(II) am 27. Juli 2009 Chiara F***** mehr als eine Stunde lang widerrechtlich gefangen gehalten, indem er sie in seiner Wohnung einsperrte;

(III) am 9. August 2009 Chiara F***** vorsätzlich am Körper verletzt, indem er ihr mehrere Schläge versetzte, wodurch sie eine Rötung und Schwellung im Gesicht erlitt;

(IV) am 10. August 2009 Chiara F***** mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zur Vornahme eines Oralverkehrs und zur Duldung eines Anal- und eines Vaginalverkehrs, sohin des Beischlafs und dem Beischlaf gleichzusetzender Handlungen genötigt, indem er ihr Schläge ins Gesicht und Fußtritte gegen Oberarme und Beine versetzte, ihr T-Shirt und Büstenhalter zerriss, sie bei ihrem Versuch, aus dem Fenster zu springen, zurückzog, sie dabei würgte, auf eine am Boden liegende Matratze stieß, sie grob an den Haaren erfasste und ihr Gesicht zu seinem Penis drückte, wobei er äußerte, sie solle leise sein, sonst bekomme sie einen „Hammer“;

(V) am 10. August 2009 Alexander W***** durch die sinngemäße Äußerung, er werde ihm seine Freunde schicken und diese würden ihn abstechen, gefährlich mit dem Tode bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus dem Grund der Z 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Der in Anspruch genommene Nichtigkeitsgrund will als Tatsachenrüge nur schlechterdings unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Eine auf eigene günstigere Schlussfolgerungen aus den - im Urteil ohnehin berücksichtigten - Verfahrensergebnissen (wie insbesondere einzelnen Zeugenaussagen) gestützte Bekämpfung der Beweiswürdigung wird durch sie ebenso wenig eröffnet (RIS-Justiz RS0099674) wie eine Überprüfung der - von den Tatrichtern aufgrund ihres persönlichen Eindrucks in der Hauptverhandlung (hier in Ansehung der Zeugin Chiara F***** durch [teilweise] Vorführung der Bild- und und Tonaufnahme über die kontradiktorische Vernehmung [ON 24 S 76 - vgl für alle: 14 Os 156/08k]) getroffenen - Einschätzung von der (fehlenden) Glaubwürdigkeit einzelner Zeugen (RIS-Justiz RS0099649).

Genau darauf beschränkt sich jedoch im Wesentlichen die Beschwerde, indem sie die von den Tatrichtern mit ausführlicher Begründung bejahte (US 15 ff, US 20 f) Glaubwürdigkeit der Zeugen Chiara F***** und Alexander W***** mit spekulativen Vermutungen über deren Aussagemotivation, mit eigenen Beweiswerterwägungen und unter Berufung auf „die allgemeine Lebenserfahrung“ in Zweifel zu ziehen trachtet.

Soweit mit dem Einwand „unzulänglicher Ausschöpfung der Beweismittel“ zufolge unterlassener Einvernahme eines Zeugen, welcher nach dem Beschwerdevorbringen die Unrichtigkeit von Teilen der Angaben des Tatopfers Chiara F***** und damit grundsätzlich die Unzuverlässigkeit ihrer Aussage bestätigen hätte können, ein Aufklärungsdefizit angesprochen wird, lässt die Rüge eine Darlegung vermissen, wodurch der Angeklagte an der Ausübung seines Rechts, einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen, in der Hauptverhandlung gehindert gewesen sei (RIS-Justiz RS0115823, RS0114036; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480). Nur der Vollständigkeit halber sei daher darauf hingewiesen, dass die betreffende Person, die als Cousin des Angeklagten im Ermittlungsverfahren von ihrem Aussagebefreiungsrecht Gebrauch machte (ON 2 S 121), nach eigenen Angaben des Beschwerdeführers gar keine Wahrnehmungen zu den verfahrensgegenständlichen Vorfällen machen konnte (ON 3 S 5, ON 24 S 25 f).

Mit dem Hinweis auf die Aussage des Zeugen Alexander W*****, wonach er durch die vom Schuldspruch V umfasste Drohung des Angeklagten bloß „betroffen“ gewesen sei (ON 24 S 50), werden erhebliche Bedenken an der Richtigkeit der - zulässig aus dem objektiven Täterverhalten abgeleiteten (US 21; vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452) - Feststellungen zum Vorliegen der subjektiven Tatseite nicht geweckt. Dass das Opfer tatsächlich in Furcht und Unruhe versetzt wird, ist für die Subsumtion des Sachverhalts unter § 107 StGB übrigens nicht erforderlich (Schwaighofer in WK² § 107 Rz 9, RIS-Justiz RS0093082).

Soweit das diesbezügliche Vorbringen als auf die Rechtsfrage (vgl Jerabek in WK² § 74 Rz 34, Sailer SbgK § 107 Rz 16) der Eignung der Äußerung, den Bedrohten in Furcht und Unruhe zu versetzen, gerichtet zu verstehen sein sollte (der Sache nach Z 9 lit a), entzieht es sich mangels argumentativen Substrats einer inhaltlichen Erwiderung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E93765

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0140OS00034.10X.0413.000

Im RIS seit

31.05.2010

Zuletzt aktualisiert am

31.05.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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