TE OGH 2010/10/22 9Ob41/10k

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Veröffentlicht am 22.10.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil, Dr. Hopf, Dr. Tarmann-Prentner und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****AG, *****, vertreten durch Sattler & Schanda, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei S*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Longin Josef Kempf und Dr. Josef Maier, Rechtsanwälte in Peuerbach, wegen 4.926,96 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 17. März 2010, GZ 39 R 342/09x-22, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1 Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wurde das Netzbereitstellungsentgelt für den zunächst geschätzten Anschlusswert von 300 kW von der Beklagten gezahlt. Die zugrunde liegende Bestimmung in Pkt 5.2.2 der Bau- und Ausstattungsbeschreibung samt besprochener Zuordnung dieser Leistungsposition zur Vermieterin wurde von den Vertragsparteien somit dahin verstanden, dass die Zahlungspflicht die Beklagte trifft. Davon ausgehend erweist sich die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass sich eine zeitliche Beschränkung der Zahlungspflicht aus den Vereinbarungen nicht ableiten lasse und die Beklagte daher (bis zum festgelegten Höchstwert von 550 kW) die Netzbereitstellungsentgelte auch im Fall der späteren Erhöhung der Anschlusswerte zu tragen habe, sowie dass die Klägerin aufgrund der bei Vertragsabschluss bzw Übergabe des Bestandobjekts bestehenden vorläufigen Situation auf die Zahlung weiterer Entgelte nicht etwa verzichtet habe, jedenfalls als vertretbar. Dieses Auslegungsergebnis vermag als typische Einzelfallbeurteilung eine erhebliche Rechtsfrage nicht zu begründen (vgl RIS-Justiz RS0042936; RS0042776).

1.2 Nach den Ausführungen in der außerordentlichen Revision soll sich die Befristung der Zahlungspflicht der Beklagten daraus ergeben, dass die zu beurteilende Regelung nicht im Mietvertrag, sondern in der Bau- und Ausstattungsbeschreibung enthalten sei.

Nach Pkt 29 des Mietvertrags sind die darin aufgezählten Anlagen, darunter auch die Bau- und Ausstattungsbeschreibung, in den Mietvertrag „eingebunden“. Aus Pkt 3.2 des Mietvertrags, in dem auf die Beilagen als integrierende Bestandteile des Mietvertrags hingewiesen wird, lässt sich ebenfalls kein zwingender Anhaltspunkt für eine Befristung der der Beklagten zugeordneten Zahlungspflicht entnehmen. Soweit sich die Beklagte auf die Regelung zur Tragung der Nebenkosten in Pkt 6 des Mietvertrags beruft, ist darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmung unter dem Vorbehalt etwaiger Sonderregelungen steht.

1.3 Die subsidiäre Auslegungsregel des § 915 ABGB, auf die die Beklagte in der außerordentlichen Revision Bezug nimmt, ist nach der Rechtsprechung und Lehre erst dann heranzuziehen, wenn die Ermittlung des Vertragsinhalts nach § 914 ABGB ohne eindeutiges Ergebnis geblieben ist (RIS-Justiz RS0109295; Bollenberger in KBB² § 915 ABGB Rz 1). Dies ist hier nicht der Fall.

2. Nach der vertretbaren Auslegung durch das Berufungsgericht ist der Anschlusswert laut Pkt 5.2 der Bau- und Ausstattungsbeschreibung als von der Leistungspflicht der Beklagten umfasster Höchstwert für das Bestandobjekt anzusehen. Die weitere Beurteilung, dass bis zur Erreichung dieser Kapazität bei nicht willkürlicher Vorschreibung des zusätzlichen Entgelts durch den Netzbetreiber die Ursachen dafür nicht maßgeblich seien, ist ebenfalls nicht korrekturbedürftig.

3. Das Feststellungsinteresse iSd § 228 ZPO ist nach der Rechtsprechung auch dann zu bejahen, wenn aufgrund des Verhaltens des Beklagten eine erhebliche objektive Ungewissheit über den Bestand eines Rechts entstanden ist und diese Ungewissheit durch die Rechtskraftwirkung des Feststellungsurteils beseitigt werden kann. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Beklagte ein Recht des Klägers hartnäckig bestreitet (RIS-Justiz RS0039202; RS0039007). Die mögliche Leistungsklage hindert die Feststellungsklage nur insofern, als durch den Leistungsanspruch auch der Feststellungsanspruch zur Gänze ausgeschöpft wird. Die Möglichkeit, zu einem in Zukunft liegenden Zeitpunkt eine Leistungsklage zu erheben, schließt die Feststellungsklage hingegen nicht aus (RIS-Justiz RS0038817).

Die Verpflichtung zur Zahlung weiterer Netzbereitstellungsentgelte für eine Versorgungsleistung bis 550 kW wird von der Beklagten auch in der außerordentlichen Revision noch nachdrücklich bestritten. Die Bejahung des Feststellungsinteresses durch die Vorinstanzen ist als Einzelfallbeurteilung (RIS-Justiz RS0039177) ebenfalls vertretbar.

4. Insgesamt vermag die Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage, die ein Eingreifen des Obersten Gerichtshofs erforderlich machen würde, aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen.

Textnummer

E95489

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0090OB00041.10K.1022.000

Im RIS seit

22.11.2010

Zuletzt aktualisiert am

22.11.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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