TE OGH 2011/2/9 5Ob12/11t

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Veröffentlicht am 09.02.2011
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI Peter L*****, vertreten durch Mag. Franz Doppelhofer, Rechtsanwalt in Graz-Seiersberg, gegen die beklagte Partei Peter M*****, vertreten durch Held Berdnik Astner & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen 137.351,66 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 14. April 2010, GZ 4 R 193/09y-81, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 5. Oktober 2009, GZ 10 Cg 1/09x-76, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.234,38 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 372,40 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Das Berufungsgericht hat zwar die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO für zulässig erklärt, weil noch „keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Fall“ vorliege und eine andere rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhalts in Hinblick auf die Erfüllung des Tatbestands der Beteiligung an einem schweren Betrug möglich sei.

Die Revision des Klägers, die auf die Stattgebung des vom Berufungsgericht im dritten Rechtsgang abgewiesenen Klagebegehrens abzielt, ist entgegen diesem, den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO), Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

Dies ist wie folgt kurz zu begründen (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO):

Rechtliche Beurteilung

1. Dass Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehlt, bedeutet keineswegs, dass die Entscheidung von der Lösung einer iSd § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt. Besonderheiten der Fallgestaltung schließen eine richtungsweisende, die Rechtsentwicklung vorantreibende und für zukünftige Entscheidungen nutzbringende Judikatur des Obersten Gerichtshofs sogar eher aus (vgl RIS-Justiz RS0102181). Ebensowenig rechtfertigt die Frage nach der Vertretbarkeit einer anderen als von der zweiten Instanz erzielten Lösung die Anrufung des Obersten Gerichtshofs nicht (RIS-Justiz RS0102181 [T9; T13]).

Soweit das Berufungsgericht es im Rahmen seines Zulassungsausspruchs für möglich hält, der Oberste Gerichtshof könne die Erfüllung des Tatbestands der Beitragstäterschaft zum schweren Betrug aus den festgestellten Verhaltensweisen des Beklagten anders beurteilen, ist entgegenzuhalten, dass logische Schlussfolgerungen aus äußeren Umständen, hier die auf der inneren Tatseite erforderliche Absicht, konkreter Feststellungen aufgrund von Beweiswertungen bedürften, also der Beurteilung des Obersten Gerichtshofs entzogen sind (vgl RIS-Justiz RS0043196).

2. Die Revision vertritt in rechtlicher Hinsicht zusammengefasst die Ansicht, der Beklagte habe im Wissen um die Herkunft eines größeren Geldbetrags einen Kunden jener Bank, deren Filialleiter er damals war, veranlasst, Geldbeträge in Höhe des Klagebegehrens zur Abdeckung von dessen Bankverbindlichkeiten zu verwenden, und dadurch einen strafrechtlich relevanten Beitrag zur Vollendung der betrügerischen Handlung des Dritten zum Nachteil des Klägers gesetzt, wobei insoweit dem Beklagten im Rechtsmittel - anders als noch in der Klage - nur mehr Beitrags-, aber nicht mehr Bestimmungstäterschaft vorgeworfen wird (zur Unterscheidung und Abgrenzung ausführlich Fabrizy in Höpfel/Ratz, WrKomm zum StGB, § 12 Rz 38 ff).

Es steht allerdings fest, dass der Beklagte in keiner Weise an der (ausschließlich vom deshalb auch rechtskräftig strafgerichtlich verurteilten Kunden veranlassten) betrügerischen Erlangung der vom Kläger abgegebenen Bürgschaftsverpflichtung mitgewirkt hat. Soweit die Revision - mehrfach - einen hievon abweichenden Sachverhalt unterstellt, wird die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Vorsätzliche Beitragstäterschaft setzt den Vorsatz auf Tatbildverwirklichung, somit auf Vollendung der Tat voraus (vgl RIS-Justiz RS0090539). Beim Betrug bedeutet das, dass sich der Vorsatz des Beitragstäters nicht nur auf die Unterstützung der Tat beziehen muss, sondern auch alle subjektiven Tatbestandsmerkmale umfassen muss (RIS-Justiz RS0089030; RS0089884). Dazu reicht mangels Ursächlichkeit das bloße Wissen um das deliktische Verhalten eines Anderen für keine der in § 12 StGB angeführten Beteiligungsformen aus (RIS-Justiz RS0090508 [T4; T5]). Wenn hier der Haupttäter den Entschluss zur individualisierten Tat bereits gefasst und die entsprechende Täuschungshandlung, hier das Herauslocken einer Bürgschaftserklärung des Klägers für einen Kredit, unter wahrheitswidrigen Angaben und damit dessen Vermögensverfügung (vgl SSt 52/19) erwirkt hat, ohne dass der Beklagte daran in irgendeiner Weise beteiligt gewesen war, kommt eine Beitragstäterschaft von vorneherein nicht in Betracht. Stets kommt es darauf an, dass der mittelbare Täter einen ursächlichen Beitrag zur Ausführung der strafbaren Handlung geleistet hat (RIS-Justiz RS0089420; RS0090119 ua).

In Übereinstimmung mit der dargestellten Rechtsprechung hat das Berufungsgericht erkannt, dass der Beklagte dadurch, dass er den Haupttäter (bloß) veranlasste, Geldbeträge, die dieser durch eine strafbare Handlung erlangt hatte, zur Deckung von dessen Bankverbindlichkeiten zu verwenden, in keiner Form eine Beitragstäterschaft zum vorangegangenen schweren Betrug geleistet hat, mag der Beklagte auch als Filialleiter ein „Eigeninteresse“ an der Abdeckung der Schulden eines Bankkunden gehabt haben.

Dass der Tatbestand des Betrugs letztlich erst dadurch vollendet war, dass der Kläger erst ein halbes Jahr später als Bürge tatsächlich in Anspruch genommen wurde (vgl SSt 51/24), ändert daran nichts.

3. Für Hehlerei und/oder Geldwäsche fehlt eine taugliche Sachverhaltsgrundlage.

Die Revision vermag insgesamt das Vorliegen erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zu begründen. Sie ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, sodass ihm Kostenersatz gebührt (RIS-Justiz RS0035979, RS0035962).

Textnummer

E96551

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0050OB00012.11T.0209.000

Im RIS seit

18.03.2011

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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