TE OGH 2011/2/23 3Ob155/10f

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Veröffentlicht am 23.02.2011
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. P*****, Rechtsanwalt in Eisenstadt, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der B***** GmbH, *****, vertreten durch Hajek & Boss & Wagner Rechtsanwälte OG in Eisenstadt, wider die beklagte Partei U***** AG, *****, vertreten durch Doralt Seist Csoklich Rechtsanwaltspartnerschaft in Wien, wegen 731.000 EUR und Feststellung (69.697,52 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 23. April 2010, GZ 3 R 66/09m-76, womit der Berufung der klagenden Partei gegen das Zwischenurteil des Landesgerichts Eisenstadt vom 9. April 2009, GZ 18 Cg 118/05p-72, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.051,35 EUR (darin 341,59 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt vom 21. Dezember 2004, 26 S 118/04m, wurde über das Vermögen der B***** GmbH der Konkurs eröffnet.

Die Beklagte gewährte der nunmehrigen Gemeinschuldnerin mit Vertrag vom 1. Oktober 2002 einen wiederholt ausnutzbaren Kontokorrentkredit mit einem Rahmen von 2 Mio EUR und einer Laufzeit bis 30. September 2007. Anfang des Jahres 2004 wurde der Kreditrahmen auf 2,4 Mio EUR erhöht. Der Kreditvertrag enthält unter dem Titel „Sicherheit“ folgende Bestimmung:

„Abtretung aller bestehenden und künftigen Aufträge ihrer Kunden (Auftragszession), der daraus resultierenden Buchforderungen sowie aller übrigen bestehenden und künftigen Kundenforderungen (Forderungszession) laut separater Generalzessions- vereinbarung im Wege der stillen Zession, wobei wir [die Bank] uns das Recht vorbehalten, die stille Zession durch Verständigung der Drittschuldner jederzeit in eine offene Zession umzuwandeln.“

Am 28. November 2002 stellte die nunmehrige Gemeinschuldnerin der Beklagten ein Anbot zum Abschluss einer Generalzessionsvereinbarung, das von letzterer am 3. Dezember 2003 angenommen wurde. Darin heißt es unter anderem:

„Zur Sicherstellung aller Forderungen, die ihnen aus eingeräumten und künftig einzuräumenden [...] Geld-, Haftungs- und Garantiekrediten bereits erwachsen sind oder in Hinkunft erwachsen sollten [...], bieten wir Ihnen unter den im Kreditvertrag sowie auf den Folgeseiten des gegenständlichen Vertrags angeführten Bedingungen die Abtretung sämtlicher bestehenden und künftigen Rechte und Ansprüche aus der Erteilung von bestehenden und künftigen Aufträgen und die daraus resultierenden Geldforderungen, sowie aller übrigen bestehenden künftigen Kundenforderungen aus unserer Geschäftstätigkeit (Lieferungen und Leistungen), insbesondere gegen in beiliegender Kundenliste angeführte Kunden und alle neu hinzukommenden Kunden [...].“

Unter der Überschrift „Besondere Zessionsbedingungen“ ist unter anderem festgehalten:

„6. Jede einzelne Ihnen abgetretene Forderung ist in unserer Buchhaltung auf den Debitorenkonten und Offenen-Posten-Listen als zediert zu kennzeichnen, d.h., es muss deutlich erkennbar sein, welche Forderung an Sie abgetreten wurde. [...]

7. Bei Verwendung einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage muss der Zessionsvermerk in der EDV gespeichert sein, sodass dieser Vermerk bei jedem Ausdruck der Kundenkonten und Offenen-Posten-Listen sowie womöglich bei Bildschirmeinsicht automatisch aufscheint.

Falls der Ausdruck von Offenen-Posten-Listen vorgesehen ist, muss die Zession als solche zumindest auf jeder Seite dieser OP-Listen analog den Kundenkonten ebenfalls ersichtlich sein.“

Mit Kreditvertrag vom 10. Februar 2004 gewährte die Beklagte der Gemeinschuldnerin einen Einmalbarkredit über 800.000 EUR, der in acht monatlichen Kapitalraten von jeweils 100.000 EUR, beginnend am 15. April 2004 zurückzuzahlen war.

Mit Schreiben vom 14. Juli 2004 stellte die Beklagte unter gleichzeitiger Aufkündigung der Kontoverbindungen sämtliche Kredite fällig und forderte die Gemeinschuldnerin zur Zahlung von 2.431.985,68 EUR zwecks Abdeckung des Kontokorrentkredits und zur Zahlung von 701.083,46 EUR zur Abdeckung des Einmalbarkredits bis 20. Juli 2004 auf.

Mit seiner am 20. Dezember 2005 eingebrachten Klage ficht der Kläger

- gestützt auf § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO sämtliche in den letzten sechs Monaten vor Konkurseröffnung auf den beiden Konten eingelangten Zahlungen und die damit verbundene Herstellung der Aufrechnungslagen, die daran anschließenden Aufrechnungen mit den Kreditforderungen der Beklagten sowie die in den letzten sechs Monaten vor Konkurseröffnung erfolgte Setzung der einzelnen Zessionsvermerke und die in den letzten sechs Monaten vor Konkurseröffnung (insbesondere im Juli 2004) erfolgten Drittschuldnerverständigungen und

- gestützt auf § 31 Abs 1 Z 2 zweiter Fall KO die Aufrechterhaltung des Kontokorrentverhältnisses als nachteiliges Rechtsgeschäft an.

Aus dem Titel der Deckungsanfechtung begehrt der Kläger die Zahlung von 72.489,72 EUR. Darüber hinaus macht er aus dem Titel des nachteiligen Rechtsgeschäfts einen Quotenschaden von 658.510,28 EUR geltend.

Zur Anspruchsbegründung brachte der Kläger unter anderem vor, unabhängig von der Anfechtbarkeit der innerhalb der letzten sechs Monate vor Konkurseröffnung gesetzten Buchvermerke sei die Sicherungszession unwirksam, weil die Buchvermerke in mehrfacher Hinsicht nicht den für einen gültigen Publizitätsakt erforderlichen Kriterien entsprochen hätten. Von diesen Einwänden sind im Revisionsverfahren noch von Relevanz:

- Aus den Buchvermerken sei nicht erkennbar, um welche Art von Zession (Einzel-, Mantel- oder Globalzession) es sich handle.

- Das Datum der Setzung der Zessionsvermerke sei nicht erkennbar. Es finde sich nur ein Hinweis auf das Datum der Generalzession, nicht jedoch ein solcher auf das Datum der konkreten Aufnahme des Zessionsvermerks in die Buchhaltung.

- Die Zessionsvermerke seien gegen eine Abänderung oder Manipulation der Buchhaltung nicht gesichert gewesen. Sie hätten ohne jeden weiteren Aufwand gelöscht bzw verändert werden können. Der Masseverwalter habe nach Konkurseröffnung ohne weitere Umstände den Zessionsvermerk in „alle Forderungen zediert an Asterix“ ändern können, ohne dass der ursprüngliche Wortlaut des Zessionsvermerks wiederherstellbar gewesen wäre.

Die Beklagte replizierte dazu, die über die Globalzession in der Buchhaltung der Gemeinschuldnerin gesetzten Zessionsvermerke stellten einen ausreichenden Modus für eine wirksame Zession dar. Die Gemeinschuldnerin habe das Standardprogramm BMD zur EDV-gestützten Buchführung verwendet. Der Buchvermerk als Publizitätsakt sei vereinbarungsgemäß beim Kundenkonto, auf der OP-Liste und am Bildschirm ersichtlich gewesen. Bis zur Kreditkündigung im Juni 2004 habe die Gemeinschuldnerin der Beklagten laufend OP-Listen übermittelt. Das Änderungsverbot des nunmehr § 190 Abs 3 UGB besage nicht, dass nachträgliche Änderungen von Eintragungen überhaupt unmöglich sein müssten. Der Gültigkeit eines Buchvermerks, auf den sich das Änderungsverbot gar nicht beziehe, stünde nur seine tatsächliche Entfernung, nicht aber die fiktive Entfernbarkeit entgegen.

Mit seinem Zwischenantrag auf Feststellung strebte der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit der Zession gegenüber im Einzelnen angeführter Forderungen, die ein Rechnungsdatum zwischen 10. 2. 2004 und 11. 3. 2004 aufweisen, an. Dazu brachte er ergänzend vor, die Berechnung der Höhe des Quotenschadens hänge wesentlich von der Wirksamkeit der Zession von Forderungen an die Beklagte ab, sodass die Präjudizialität gegeben sei. Der begehrten Feststellung komme auch eine über den konkreten Rechtsstreit hinausgehende Bedeutung zu, weil zu beurteilen sei, ob das in Österreich häufig verwendete Buchhaltungsprogramm BMD im Hinblick auf die leichte Abänderbarkeit eines einmal gesetzten Buchvermerks überhaupt die technischen Voraussetzungen zur Einhaltung der Kriterien eines sachenrechtlich wirksamen Buchvermerks erfülle. Die Frage nach der Wirksamkeit der Zessionen sei auch für die zum jetzigen Zeitpunkt noch offenen Forderungen gegenüber diversen Drittschuldnern von entscheidender Bedeutung, weil dadurch geklärt werde, ob diese an die Masse oder an die Beklagte zu zahlen hätten.

Das Erstgericht stellte die Wirksamkeit der vom Zwischenfeststellungsantrag des Klägers erfassten Zessionen fest und traf dazu folgende Feststellungen:

In der Buchhaltung der Gemeinschuldnerin wurde mit der Ziffer 1 ein Textbaustein verknüpft, sodass bei Eingabe dieser Ziffer beim Kundenstamm automatisch der Zessionsvermerk sowohl beim Kontoblatt des Kunden als auch auf der OP-Liste für die Kundenforderung aufschien. Bei Herausnahme der Ziffer 1 kam dieser Zessionsvermerk auf der OP-Liste für Kundenforderungen nicht mehr vor. Von der Buchhaltung der Gemeinschuldnerin die immer auf dem aktuellen Stand geführt war, wurde monatsweise eine Sicherung gemacht. Die Beklagte erhielt monatlich eine OP-Liste, auf der das Datum der Herstellung des Ausdrucks aufschien. Die Zessionsvermerke waren nicht gleichlautend. Sie lauteten zunächst entweder „alle Ford. zed. B***** 3. 12. 02“ oder „alle Ford. zed. B***** GenZess 3. 12. 02“ und zuletzt aufgrund einer Anordnung der Beklagten „alle Forderungen zediert B***** - Generalzession 03.12.02“.

Bei dem von der Gemeinschuldnerin verwendeten Buchhaltungsprogramm BMD werden Veränderungen nicht mitgeschrieben und daher auch nicht gespeichert; Änderungen können jederzeit vorgenommen werden. Es gibt keine Sicherungsmaßnahmen, die eine nicht mehr feststellbare Veränderung des ursprünglichen Inhalts verhindern würden. Nachträgliche Veränderungen können nur durch den Vergleich von Ausdrucken festgestellt werden.

Nach Konkurseröffnung ordnete der Kläger an, den Zessionsvermerk in „zediert an Asterix“ abzuändern. Aufgrund dieser Änderung war der Wortlaut des ursprünglichen Zessionsvermerks im Buchhaltungsprogramm nicht mehr rekonstruierbar.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass zur Wirksamkeit der Sicherungszession ein Vermerk in den Geschäftsbüchern des Zedenten notwendig sei, wobei im Fall der Buchführung mit Datenträgern der Vermerk auch in die OP-Liste aufgenommen werden müsse. Das Datum des Zessionsvertrags sei entgegen früherer Judikatur nicht notwendiges Mindesterfordernis des Buchvermerks. Auch das Datum des Publizitätsakts selbst sei nicht von Bedeutung, wenn sich die Frage der Mehrfachzession - wie hier - nicht stelle. Nach § 190 Abs 3 HGB (nunmehr § 190 Abs 4 UGB) müsse Sorge dafür getragen werden, dass Eintragungen in die Handelsbücher nicht in einer Weise verändert werden können, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar sei. Die Gemeinschuldnerin habe der Beklagten monatlich OP-Listen übermittelt, sodass diese immer den aktuellen Stand der Buchhaltung überprüfen habe können. Dadurch sei eine ausreichende Nachvollziehbarkeit etwaiger Änderungen gegeben gewesen.

Das Gericht zweiter Instanz gab der vom Kläger erhobenen Berufung mit der Maßgabe nicht Folge, dass es den Antrag auf Zwischenfeststellung abwies. Allein die Tatsache, dass der Buchvermerk theoretisch spurlos gelöscht werden hätte können, mache die Sicherungszession nicht unwirksam. Die nachträgliche Manipulation durch den Kläger könne nicht zu Lasten der Beklagten als Sicherungsnehmerin gehen, weil nicht davon ausgegangen werden könne, dass nach Konkurseröffnung noch potenzielle Kreditgeber vorhanden seien, die der Gemeinschuldnerin im Vertrauen darauf, dass die Forderungen nicht an die Beklagte abgetreten seien, Kredit gewähren würden. Das Datum des Publizitätsakts könne zwar über den Rang konkurrierender Zessionsabreden Aufschluss geben, sei aber für den künftigen potenziellen Gläubiger des Sicherungszedenten nur wenig bedeutsam. Da sich auch die Frage einer Mehrfachzession nicht stelle, würden die in Rede stehenden Zessionsvermerke den pfandrechtlichen Publizitätsvorschriften entsprechen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage fehle, ob die Sicherungszession von Buchforderungen mangels ausreichenden Publizitätsakts unwirksam sei, wenn ein in der Buchhaltung gesetzter (an sich tauglicher) Zessionsvermerk aufgrund des verwendeten (Standard-)Buchhaltungsprogramms ohne besonderen Aufwand spurlos gelöscht werden könne.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, dieses dahin abzuändern, dass seinem Zwischenantrag auf Feststellung stattgegeben werde; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

I. Aus der E 3 Ob 116/08t sind zur Anfechtung von Zessionen folgende in der Rechtsprechung vertretene Grundsätze vorauszuschicken:

1. Bei der Abtretung künftiger Forderungen tritt nur bei der Vollzession ein Rechtsübergang auf den Zessionar schon aufgrund der Zessionsvereinbarung ein (10 Ob 321/02g), nicht aber bei der Sicherungszession, die zur Wirksamkeit der Zessionsvereinbarung noch des nötigen Modus, also des Publizitätsakts (§ 452 ABGB) bedarf (RIS-Justiz RS0011386). Mit der Globalzession werden künftige Forderungen abgetreten. Sie wird als Unterart der Sicherungszession angesehen und behandelt (1 Ob 406/97f = SZ 71/154 uva), bei der die anfechtungsrelevante Rechtshandlung des späteren Gemeinschuldners der Publizitätsakt (der nach vorübergehendem Schwanken in der Judikatur nunmehr wieder alternativ mit der Drittschuldnerverständigung oder aber mit dem Buchvermerk gesetzt werden kann, ausführlich dazu 6 Ob 116/05k = SZ 2006/180) ist (6 Ob 2086/96z). Maßgeblich ist also nicht der Zeitpunkt der Globalzession, sondern derjenige der buchmäßigen Erfassung der einzelnen Forderung (7 Ob 84/07i).

2. Der wirtschaftliche Zweck von Verpfändung und Sicherungszession besteht gleichermaßen in der Sicherung des Gläubigers bei der Kreditgewährung. Im Konkurs des Sicherungszedenten hat der Sicherungszessionar ein Absonderungsrecht (§ 10 Abs 3 KO, jetzt § 10 Abs 3 IO). Wenn der Gläubiger nicht auf diese Sicherheit verzichten will und sich mit einer stillen Zession (also ohne Drittschuldnerverständigung oder Buchvermerk) begnügt, hat er den erforderlichen Publizitätsakt zu veranlassen.

3. Im vorliegenden Revisionsverfahren geht es im Wesentlichen um die Fragen nach dem notwendigen Inhalt des Buchvermerks, insbesondere die Notwendigkeit seiner Datierung und weiters, ob schon die Möglichkeit einer nachträglichen Veränderung des Buchvermerks und der Löschung der historischen Daten in der EDV-Buchhaltung und/oder eine tatsächlich durchgeführte Veränderung die Wirksamkeit der Zession (hier einer Globalzession) verhindert. Dazu ist Folgendes auszuführen:

II. Der Buchvermerk als Zeichen iSd § 452 ABGB:

1. Bei der Globalzession werden künftige Forderungen sofort abgetreten. Wenn sie - wie im vorliegenden Fall - der Kreditbesicherung dient, ist sie Sicherungszession, für deren Gültigkeit die Einhaltung der Publizitätserfordernisse notwendig ist, wie sie nach § 452 ABGB für die Pfandbestellung verlangt werden. Potenzielle Gläubiger des Zedenten sollen das Ausscheiden der sicherungsweise abgetretenen Forderung aus dem möglichen Haftungsfonds leicht erkennen können (Lukas in Klete?ka/Schauer ABGB-ON 1.00 § 1392 Rz 15; Ertl in Rummel³ § 1392 Rz 3; Neumayr in KBB³ § 1392 Rz 7; 4 Ob 100/04s = ÖBA 2004, 867 [Koziol]; 6 Ob 116/05k; RIS-Justiz RS0115472). Bei nicht verbrieften Forderungen kommt ein Anbringen von Zeichen (§ 452 iVm § 427 ABGB) nur in einem übertragenen Sinn in Betracht.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in seiner Entscheidung 5 Ob 2155/96i (= SZ 70/228 = ecolex 1998, 22 [Michor - Wilhelm] = ÖBA 1998/706 [Karollus] = JBl 1998, 105 [Michor]) festgehalten, dass bei einer sicherungsweisen Abtretung von Buchforderungen im Fall einer mittels elektronischer Datenverarbeitung abgewickelten Buchführung dem in § 452 ABGB zum Ausdruck gebrachten Publizitätsgedanken Rechnung getragen wird, wenn der bei den einzelnen Kundenkonten über die Zession gesetzte Buchvermerk auch in der Offenen-Posten-Liste (OP-Liste) betreffend die offenen Kundenforderungen aufscheint, was durch die jeweilige Buchhaltungsorganisation sicherzustellen ist. An diesem Erfordernis hat die nachfolgende Judikatur festgehalten (zB 6 Ob 256/99m; 6 Ob 174/00g = SZ 73/132; 1 Ob 290/00d = SZ 74/112; RIS-Justiz RS0108639 ua). Auch die Lehre anerkennt die auf König (Buchvermerk und EDV-Buchhaltung, RdW 1993, 34) zurückgehende Forderung, den Buchvermerk auch auf der OP-Liste zu setzen, weil nur diese für potenzielle Kreditgeber leicht zugreifbar und aussagekräftig ist, wodurch dem Publizitätszweck am besten Rechnung getragen wird (Lukas aaO Rz 17; Heidinger in Schwimann, ABGB³ § 1392 Rz 28; Riedler, „Babylonische“ Verwirrung um den Publizitätsakt bei Sicherungszession?, ÖBA 2003, 415, 424).

2. Die Sicherungszession verschafft dem Zessionar nur dann eine insolvenzfeste Position, wenn der erforderliche Publizitätsakt vor Eröffnung der Insolvenz gesetzt wurde. Auch für die Beurteilung von Anfechtungsansprüchen ist auf diesen Zeitpunkt abzustellen, weil erst mit Eintritt der rechtlichen Wirksamkeit der Haftungsfonds der Gläubiger tatsächlich beeinträchtigt ist (Lukas aaO Rz 27; Rebernig in Konecny/Schubert, KO § 31 Rz 17; Neumayr in KBB³ § 1392 Rz 7; Zehetner, Zessionsrecht [2007], 99; 6 Ob 280/00w = SZ 73/197; 3 Ob 116/08t ua).

3. Der Kläger ficht unter anderem die in den letzten 6 Monaten vor Konkurseröffnung gesetzten Verfügungsakte und damit auch die im Juli 2004 erfolgten Drittschuldnerverständigungen als mögliche Publizitätsakte an, was unter anderem dann relevant wird, wenn außerhalb des kritischen Zeitraums des § 31 KO gesetzte Buchvermerke als Publizitätsakte unwirksam sein sollten. Mit den Vorinstanzen ist das rechtliche Interesse des Klägers an der von ihm begehrten Feststellung daher zu bejahen. Dies ist im Übrigen unstrittig.

4. Eine zu Sicherungszwecken vereinbarte Zession ist gegenüber den Gläubigern des Zedenten unwirksam, wenn die Publizitätserfordernisse verletzt wurden (Heidinger aaO § 1392 Rz 33; Neumayr aaO; RIS-Justiz RS0011386). Dazu ist auch bei Buchforderungen auf die Bestimmungen für den Pfandrechtserwerb bei körperlichen Sachen abzustellen. Ist die körperliche Übergabe nicht möglich oder nicht tunlich, verlangt § 452 ABGB zur Begründung von Pfandrechten die Verwendung von Zeichen, aus denen jedermann die Verpfändung leicht erfahren kann. Unter „jedermann“ ist jede Person zu verstehen, die sich für die Sache interessiert. Für diese muss das angebrachte Zeichen bei gewöhnlicher, auf den Pfandgegenstand gerichteter Aufmerksamkeit leicht erkennbar sein, also eine Offenkundigkeit vorliegen. Darüber hinaus wird gefordert, dass das Zeichen mit der Sache in dauernder Verbindung stehen muss. Bei Fahrnissen genügt die deutliche und haltbare Anbringung von Pfandzetteln.

5. Zu den Rechtsfolgen einer nachträglichen Entfernung der Zeichen werden verschiedene Meinungen vertreten:

Die nachträgliche, absichtliche oder durch Zufall geschehene Entfernung der Zeichen soll die Verpfändung ebenso wirkungslos machen wie die Unterlassung ihrer Anbringung (Hinteregger aaO Rz 5 zu § 452 mwN).

Wie sich aus § 467 letzter Teilsatz ABGB ergibt, führt die (vorbehaltlose) Rückstellung der Pfandsache zum Erlöschen des Pfandrechts. Damit trifft das Gesetz für den Grundmodus der Verpfändung von Fahrnissen eine ausdrückliche Regelung dafür, was es bedeutet, wenn der für die Gültigkeit der Verpfändung erforderliche Publiziätsakt nachträglich wegfällt. Dem liegt implizit zu Grunde, dass die Wirksamkeit der Verpfändung keinen von vornherein unumkehrbaren Publizitätsakt erfordert. Nicht anders ist die Rechtslage, wenn die zunächst ordnungsgemäß zur Begründung des Pfandrechts angebrachten Zeichen iSd § 452 ABGB entfernt werden. Auch das Weiterbestehen des Pfandrechts erfordert „eine gewisse Publizität“ (3 Ob 2403/96w = SZ 70/118 mwN; SZ 57/100). Jedenfalls die im Einvernehmen zwischen Pfandgläubiger- und Pfandbesteller vorgenommene Entfernung des Zeichens ist - symbolisch - der Rückstellung der Pfandsache gleich zu halten (Sailer, Aktuelle Rechtsprobleme des Mobilarpfandes, ÖBA 2001, 211 ff; generell auch ohne Zustimmung des Gläubigers: Hinteregger aaO § 467 Rz 8 mwN; ähnlich Hofmann aaO § 467 Rz 4, der aber unrechtmäßiges Schuldnerverhalten, zB durch nachträgliches Entfernen oder Fälschen eines Buchvermerks, für unschädlich erachtet). Die Forderung nach einer dauernden Verbindung des Zeichens mit der Pfandsache ist damit nicht im Sinn einer irreversiblen Verbindung (die technisch in den meisten Fällen gar nicht herstellbar wäre) zu verstehen. Der Umstand allein, dass die publizitätswirksame Zeichensetzung rückgängig gemacht werden kann und damit manipulierbar ist, führt also nicht zur anfänglichen Wirkungslosigkeit der Verpfändung. Nichts anderes kann für die nachträgliche Streichung (Änderung) eines Buchvermerks gelten, dessen Publizitätserfordernisse sich von den Bestimmungen über die dinglichen Sicherungsrechte ableiten. Die bloße Möglichkeit der nachträglichen Veränderung hindert also für sich genommen nicht die Wirksamkeit der Verpfändung, ist der Buchvermerk erst einmal gesetzt.

Erst die tatsächliche nachträgliche Manipulation könnte die Unwirksamkeit der Verpfändung (so auch Riedler, ÖBA 2003, 415, 417; derselbe, Gedankensplitter zur aktuellen Judikatur rund um Sicherungszessionen, ÖBA 2000, 583, 586) nach sich ziehen, dies jedenfalls aber nur mit Wirkung ex nunc. Als Zwischenresümee ist daher festzuhalten, dass allein die Möglichkeit einer nachträglichen Veränderung des Buchvermerks nicht bedeutet, das Sicherungsrecht wäre erst gar nicht entstanden.

III. An dieser Beurteilung ändern die Buchführungsvorschriften (§ 190 UGB) nichts:

1. Die Führung einer elektronischen Buchhaltung ist nicht nur praktisch weit verbreitet, sondern auch gesetzlich anerkannt (§ 190 Abs 5 UGB). Auch für die elektronische Buchhaltung gilt grundsätzlich das Gebot des § 190 Abs 4 UGB (vormals § 190 Abs 3 HGB), wonach eine Eintragung oder eine Aufzeichnung nicht in einer Weise verändert werden darf, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Auch darf durch eine Veränderung keine Ungewissheit darüber entstehen, ob eine Eintragung oder Aufzeichnung ursprünglich oder zu einem späteren Zeitpunkt gemacht wurde. Ob aber eine derart beschaffene Buchhaltung Voraussetzung für die Wirksamkeit einer sicherungsweisen Abtretung einer Buchforderung im Falle einer EDV-Buchhaltung ist, wurde bislang in der Judikatur nicht eindeutig beantwortet.

In der Entscheidung 5 Ob 2155/96i (= SZ 70/228 = ecolex 1998, 22 [Michor - Wilhelm] = ÖBA 1998/706 [Karollus]) hat sich der Oberste Gerichtshof unter ausführlicher Wiedergabe des Meinungsstands in der Lehre mit den Anforderungen an eine Speicherbuchhaltung auseinandergesetzt und ausgeführt, dass auch für diese das Gebot des § 190 Abs 3 HGB gelte. Demnach seien bei der EDV-Buchhaltung besondere Vorkehrungen bei der Programmgestaltung zu treffen. Es seien eindeutige nachprüfbare Sicherungsmaßnahmen einzubauen, die eine nicht mehr feststellbare Veränderung des ursprünglichen Inhalts verhinderten. Eine ordnungsgemäße Speicherbuchhaltung sah der Oberste Gerichtshof in diesem Fall für nicht gegeben an, weil nicht gewährleistet war, dass der Buchvermerk auch auf der OP-Liste aufschien. Das Fehlen der Buchvermerke auf der OP-Liste hinderte die Wirksamkeit der Globalzession. Dass auch bei Aufscheinen des Vermerks auf der OP-Liste die an eine ordnungsgemäße Speicherbuchführung gestellten Anforderungen, also Sicherungseinrichtungen gegen nachträgliche Veränderungen, notwendige Voraussetzung für einen wirksamen Publizitätsakt wären, war nicht entscheidungswesentlich und wurde in dieser Entscheidung nicht ausdrücklich ausgesprochen.

Nachfolgende zum Thema eines Buchvermerks im Fall einer EDV-Buchhaltung ergangene Entscheidungen (etwa SZ 74/112) trafen dazu keine inhaltlichen Aussagen.

2. Im Schrifttum wird dazu Folgendes vertreten:

Lukas (aaO Rz 17) fordert unter Verweis auf § 190 Abs 4 UGB taugliche Sicherungsmaßnahmen gegen eine Veränderung des ursprünglichen Inhalts, soll der Zessionsvermerk in einer EDV-Buchhaltung angebracht werden. Er beruft sich dabei ohne eigene Begründung auf die zit E 5 Ob 2155/96i und Meinungen von Heidinger und Teloni.

Heidinger (in Schwimann ABGB³ § 1392 Rz 28) führt ebenfalls ohne eigene Begründung aus, in der Speicherbuchführung verschaffe der Zessionsvermerk grundsätzlich die geforderte Publizität, soweit in dem Programm Vorkehrungen getroffen seien, die Veränderungen an den einzelnen Eintragungen auch in zeitlicher Hinsicht nachvollziehbar machen. Die von ihm als Belegstellen genannten Entscheidungen SZ 70/228, SZ 73/132, SZ 74/112 und ÖBA 2000, 1020 (= 6 Ob 256/99m) stützen diese Ansicht aber nicht. Zudem beruft er sich ebenfalls auf Teloni, der allerdings gegenteiliger Ansicht ist:

Teloni (Buchvermerk und Zessionsprüfung in der Bankpraxis, ÖBA 1999, 335 ff) wendet sich gegen eine aus der E 5 Ob 2155/96i zu gewinnende Schlussfolgerung, der Buchvermerk sei de facto als Bestandteil der Buchungsdaten anzusehen und führt aus, allfällige Zusatzinformationen, wie eben der Buchvermerk, seien nicht als buchungspflichtige Geschäftsfälle anzusehen, sodass der Zessionsvermerk nicht als Teil der Buchung vom Veränderungsverbot nach § 190 Abs 3 HGB erfasst werde (aaO 340).

3. Die handelsrechtliche Buchführungspflicht wird als öffentlich-rechtliche Pflicht angesehen. Das öffentliche Interesse liegt in der Dokumentation der Geschäftsvorfälle, im Gläubigerschutz durch Selbstkontrolle des Kaufmanns und im Schutz der Allgemeinheit vor unsolider Geschäftsgebarung. Wertmäßige Veränderungen des Vermögens und des Kapitals sind zu dokumentieren. Zu verbuchen sind die in der Folge der Geschäfte eintretenden Vermögensveränderungen. Darüber hinaus ist die Buchhaltung Grundlage für Sonderrechnungen, die der Kontroll- und Dispositionsfunktion dienen und hat Informationsfunktion zu Gunsten aller am Unternehmen Interessierten (H. Torggler/U. Torggler in Straube, HGB RLG II² Vor § 189 Rz 4, 7 f).

4. Im Gegensatz zu vollzedierten Forderungen, die aus den Kundenkonten und OP-Listen nach buchhalterischen Grundsätzen ausgebucht werden müssen, bleiben die lediglich zur Sicherung abgetretenen Forderungen in der Buchhaltung des Zedenten erhalten (Riedler, ÖBA 2000, 583, 586). Zweck des Buchvermerks ist, anderen Gläubigern des Zedenten offen zu legen, dass die Forderung nicht mehr als Haftungsfonds in Betracht kommt (Riedler, ÖBA 2003 aaO, 426; ders JBl 2002, 194 ff). Der Vermerk dient damit primär dem Informationsinteresse und hat Warnfunktion. Diesen Zweck erfüllt der Publizitätsakt aber, solange er in der Buchhaltung aufscheint, unabhängig davon, ob allfällige - gerechtfertigt oder unrechtmäßigerweise vorgenommene - Änderungen aufgrund von technischen Möglichkeiten in der EDV-Buchhaltung nachvollzogen werden können. Für den interessierten Dritten kommt es ausschließlich darauf an, ob der Buchvermerk bei dem Kundenkonto des debitor zessus und auf der OP-Liste aufscheint. Das ist für einen möglichen weiteren Kreditgeber des Zedenten durch die Einsichtnahme in die Bücher feststellbar. Auch wenn allfällige in der Vergangenheit vorgenommene Veränderungen der Buchhaltung gespeichert werden, kann im Sinne des Publizitätsgedankens für den Einsicht nehmenden potenziellen Kreditgeber nur das für ihn aus der Buchhaltung aktuell Erkennbare ausschlaggebend sein. Unter dem Gesichtspunkt der Publizität besteht nach Ansicht des erkennenden Senats daher keine Notwendigkeit, die Wirksamkeit der Zession von der Unveränderbarkeit des Buchhaltungsprogramms oder vom Vorhandensein von technischen Kontroll- und Sicherungsvorkehrungen, die Änderungen in EDV-Buchführungssystemen nachprüfbar gestalten, abhängig zu machen. Programmfunktionen, die die Tatsache einer nachträglichen Änderung und den Inhalt der ursprünglichen Eintragung erkennbar machen, erleichtern zwar - etwa bei Mehrfachzessionen - die Beweisbarkeit, sind aber keine zwingende Notwendigkeit für die Wirksamkeit des Publizitätsakts.

IV. Es ist nun zu untersuchen, ob das Interesse an der leichten Beweisbarkeit des Zeitpunkts der Wirksamkeit der Zession es rechtfertigen kann, die Anführung des Datums der Setzung des Buchvermerks als Wirksamkeitsvoraussetzung zu verlangen. Die Frage ist zu verneinen:

1. Zurückgehend auf das Gutachten des Obersten Gerichtshofs, Plenarbeschluss aus dem Jahr 1929, SZ 11/15, fordert die Entscheidung 5 Ob 2155/96i (= SZ 70/228), dass anhand des Buchvermerks ohne weiteres leicht erkennbar sein müsse, „wann und an wen die Übertragung geschah und auch auf welche Forderung sich der Vermerk bezieht“. Daran anknüpfend hat der Oberste Gerichtshof für den Buchvermerk, soll er einen wirksamen Publizitätsakt darstellen, in der E 6 Ob 174/00g (= SZ 73/132 = ÖBA 2001/997) gefordert, dass er den Globalzessionsvertrag mit Datum und den Zessionar anführt. Die Forderung, dass der Buchvermerk insbesondere das Datum des Zessionsvertrags (dieses scheint auf den vorliegenden Vermerken auf) zu nennen habe, wurde in der Literatur mit dem Hinweis kritisch aufgenommen, dass die Wirksamkeit des Publizitätsakts als Modus nicht vom Datum des Titelgeschäfts abhänge (für viele: Riedler, JBl 2002, 197; Karollus, ÖBA 2001, 914). Diese Kritik war zutreffend. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Setzung des Buchvermerks (3 Ob 116/08t; RIS-Justiz RS0032643). Zu fragen ist also, ob dieser Zeitpunkt auf dem Vermerk aufscheinen muss. In der E 1 Ob 290/00d (= SZ 74/112) betonte der Oberste Gerichtshof zwar, dass zur Feststellung der Priorität bei Mehrfachzessionen der Zeitpunkt des Publiziätsakts maßgeblich sei, hielt aber auch fest, dass für den künftigen potenziellen Gläubiger des Sicherungszedenten bei Einsichtnahme in die Buchhaltung allein das noch verfügbare Sicherungsvolumen von Interesse sein kann, die von einem Buchvermerk betroffene Forderung somit, gleichviel, ob der Vermerk datiert sei oder nicht, für eine allfällige Kreditbesicherung nicht mehr in Frage komme. Davon ausgehend hat es der Oberste Gerichtshof für die Wirksamkeit des Buchvermerks als ausreichend angesehen, wenn in der EDV-Debitorenbuchhaltung der kürzelhafte Hinweis auf die erfolgte Zession auf eine Subseite verweist, in der der Zessionar genannt und das Datum der Zession (der Beurteilung lag eine Mantelzession zugrunde) angegeben ist.

Unter Betonung des Zwecks der Publizität führte der Oberste Gerichtshof in der E 1 Ob 66/05w (= ÖBA 2006, 457 [Riedler]) aus, das Datum des Publizitätsakts könne zwar über den Rang konkurrierender Zessionsabreden Aufschluss geben, dies sei für den künftigen potenziellen Gläubiger des Sicherungszedenten indes nur wenig bedeutsam, weil für ihn das verfügbare Sicherungsvolumen ausschlaggebend sei. Sofern sich die Frage einer Mehrfachzession nicht stelle, reiche auch unter Bedachtnahme auf die einschlägigen pfandrechtlichen Publizitätsvorschriften des ABGB ein Zessionsvermerk mit der Formulierung „sämtliche Rechnungen mit Rechnungsdatum zediert an ...“ aus.

2. Im Schrifttum wird zur Frage der Datierung Folgendes vertreten:

Riedler merkt in seiner Besprechung der E 1 Ob 290/00d (JBl 2002, 194) unter Berufung auf den Zweck des Publizitätsgedankens an, dass die bloße Anmerkung der Tatsache der Zession an sich genüge, wenngleich es sinnvoll erscheine mit der Judikatur zumindest auch die Angabe des Zessionars zu fordern. Die Einbeziehung des Datums des Rechtsübergangs als Mindestinhalt des Buchvermerks entspreche aus Gründen der Beweisbarkeit einem Bedürfnis des Wirtschaftsverkehrs.

König, Buchvermerk und EDV-Buchhaltung, RdW 1993, 34, fordert unter Berufung auf das Gutachten SZ 11/15, dass sich aus dem Buchvermerk, soll er eine rechtsgültige Sicherungsabtretung bewirken, der Zeitpunkt der Sicherungsabtretung und der Zessionar ergeben muss.

Hingegen erachtet Wiesinger, Kreditsicherung durch Forderungsabtretung (2010), 60, unter Berufung auf den Zweck des Publizitätserfordernisses die Angabe eines Datums für entbehrlich. Zweck des Publizitätserfordernisses sei nicht Beweisschwierigkeiten in Widerspruchsstreitigkeiten, Konkurs und Ausgleich zu vermeiden. Auch Kajaba, EDV-Buchhaltung und Sicherungszession, ecolex 2001, 734, vertritt einen ähnlichen Standpunkt.

Nach Koziol/Welser13, Bürgerliches Recht I, 382, fehlt es überhaupt an einer gesetzlichen Grundlage für die Aufnahme eines Datums in den Buchvermerk.

3. Letzteres trifft nach Ansicht des erkennenden Senats zu:

Wegen des schon erläuterten gleichen wirtschaftlichen Zwecks von Verpfändung und Sicherungszession gilt auch bei letzterer die Publizitätsvorschrift des § 452 ABGB (RIS-Justiz RS0011386). Man hat sich also „solcher Zeichen zu bedienen, woraus jedermann die Verpfändung leicht erfahren kann“. Bei der Verpfändung körperlicher, beweglicher Sachen, bei denen die Übergabe an den Gläubiger (Faustpfand gemäß § 451 ABGB) untunlich ist, ist die Anbringung eines gut sichtbaren Pfandzettels ein taugliches Zeichen. Für die schriftliche Abtretung von Buchforderungen hat der Oberste Gerichtshof in seinem Gutachten über den Eskompte offener Buchforderungen im Plenarbeschluss vom 15. Jänner 1929 (SZ 11/15) zur Anordnung des § 452 ABGB ausgeführt, dass die Verpfändung leicht und sicher festgestellt werden müsse und dass dazu auch gehöre, dass in den Büchern vermerkt werde, wann die Übergabe erfolgt ist. Der Buchvermerk bei den einzelnen übertragenen Forderungen müsste „so angebracht werden, dass daraus der Zeitpunkt des Rechtsübergangs ersichtlich ist“. Nach dieser Ansicht müssen also auch bei der Verpfändung eines Warenlagers auf den an den einzelnen Waren angebrachten Pfandzetteln deren Anbringungsdaten aufscheinen. Am Erfordernis einer solchen Wirksamkeitsvoraussetzung hegt der erkennende Senat allerdings Zweifel, weil jedenfalls für jeden Betrachter eines Pfandzettels oder eines Buchvermerks, auch wenn diese nicht datiert sind, ohne jeden Zweifel hervorgeht, dass eine Verpfändung bzw eine Zession vorliegt, wenngleich offen bleibt, wann der Rechtsübergang wirksam geworden ist. Dies entspricht allerdings dem Fall des Faustpfands (§ 451 ABGB), bei dem ein Dritter nur aufgrund der Innehabung des Pfandnehmers die Tatsache der Verpfändung zur Kenntnis nehmen kann und ebenfalls nicht weiß, wann die Verpfändung erfolgte. Dies ist für den Dritten - vom Fall der Mehrfachverpfändungen abgesehen - auch ohne jede Bedeutung. Für die Wirksamkeit der Publizität nach § 452 ABGB eine zusätzliche Wirksamkeitsvoraussetzung zu verlangen, kann nur rechtsfortbildend mit Zweckmäßigkeitserwägungen, wie sie im erwähnten Gutachten des Obersten Gerichtshofs auch angeführt werden, begründet werden. Danach soll also die Frage der Priorität liquid beweisbar sein. Für eine planwidrige Gesetzeslücke und eine vergleichbare gesetzliche Regelung fehlen nach Ansicht des erkennenden Senats aber ausreichende Anhaltspunkte. Mögliche Beweisschwierigkeiten allein reichen nicht aus, dass die Rechtsprechung wie ein Gesetzgeber besondere Formerfordernisse, hier also die Notwendigkeit der Datierung eines Pfandzettels bzw die Datierung der Setzung des Buchvermerks festlegt. Auch ohne Datierung ist jedenfalls mit dem gesetzten Zeichen die Tatsache der Verpfändung (der Sicherungszession) für jeden Dritten ersichtlich gemacht, also der aus dem Wortlaut und der systematischen Interpretation (im Vergleich zu § 451 ABGB) sich ergebende Gesetzeszweck erfüllt. Ein weitergehender Gesetzeszweck ist nicht ersichtlich. Der Sinn der Publizitätsvorschrift liegt in der Aufklärung eines präsumtiven Gläubigers, der Kredit gewähren will, über die Werthaltigkeit des Vermögens seines künftigen Schuldners. Sein Informationsinteresse geht über die Tatsache der Verpfändung bzw der Sicherungzession nicht hinaus. Wann die Verpfändung oder Zession erfolgte, ist für ihn nicht von Interesse (in diesem Sinne offenbar schon 1 Ob 290/00d und 1 Ob 66/05w). Der erkennende Senat erachtet daher bei der Sicherungszession (hier eine Globalzession) die Anführung des Datums der Setzung des Buchvermerks als Zeitpunkt des Rechtsübergangs nicht als Wirksamkeitserfordernis. Beweisschwierigkeiten unter Prioritätsaspekten sind für ein solches Formerfordernis nicht ausreichend. Für eine Verschärfung gesetzlicher Formerfordernisse (beispielsweise statt einer vom Gesetz geforderten Schriftlichkeit eine notarielle Beurkundung zu verlangen) müssten gewichtigere Gründe vorliegen.

V. Zur Frage der vom klagenden Masseverwalter nachträglich vorgenommenen Veränderung des Buchvermerks:

Die offensichtlich zu Demonstrationszwecken vorgenommene Manipulation zeigt lediglich auf, dass das von der Gemeinschuldnerin verwendete Buchhaltungsprogramm nachträgliche Veränderungen zulässt. Dazu wurde bereits Stellung genommen. Der Umstand der Möglichkeit zur Manipulation bewirkte keine (anfängliche) Unwirksamkeit des für die sachenrechtliche Wirksamkeit erforderlichen Publizitätsakts. Allenfalls die nachträgliche Entfernung des Buchvermerks kann eine Sicherungsabtretung unwirksam machen (für die Verpfändung: SZ 57/100; SZ 70/118; Sailer aaO; Heidinger aaO Rz 34; Riedler, ÖBA 2003, 415, 417). Dies kann aber nur für danach erfolgte Zahlungen Bedeutung haben:

Die Änderung des Buchvermerks (nach dem Klagevorbringen auf „zediert an Asterix“) durch den Masseverwalter erfolgte hier erst nach Zahlung der Drittschuldner, also nach vollständiger Beendigung des dreipersonalen Schuldverhältnisses zwischen den Beteiligten (Zedentin, Zessionarin und Drittschuldner). Eine nochmalige Zession der gleichen, hier von den abgetretenen Schuldnern auch schon schuldbefreiend bezahlten Forderungen könnte einem weiteren Zessionar keine Rechte an den bereits einmal gültig abgetretenen Forderungen verschaffen (RIS-Justiz RS0032531), weil es keinen gutgläubigen Erwerb von Forderungen gibt (so schon 6 Ob 604/81 = SZ 54/104) und der Zedent nach der ersten Abtretung nicht mehr Inhaber der Forderung ist (7 Ob 83/03m); hier ab dem Zeitpunkt der Zahlungen, zu dem die nicht mehr offenen Forderungen auszubuchen waren.

VI. Die jeweiligen für den Buchvermerk gewählten Formulierungen lassen nach den Feststellungen der Tatsacheninstanz keinen Zweifel darüber aufkommen, dass es sich um eine Generalzession iS einer Globalzession handelt (arg: alle Forderungen, also auch künftige). Zudem wurde bereits in der E 1 Ob 66/05w klargestellt, dass grundsätzlich jeder Zessionsvermerk als Hinweis auf eine Sicherungsabrede zu verstehen ist, weil im Falle einer Vollzession die abgetretene Forderung in den Büchern nicht mehr aufscheint. Da alle gewählten Forumulierungen ihrem Inhalt nach unzweifelhaft zu erkennen geben, welche Forderungen (nämlich alle) an wen abgetreten wurden, erfüllen sie den Zweck eines wirksamen Publizitätsakts.

VII. Der Senat gelangt zusammenfassend zu folgenden Rechtssätzen:

1. Die bloße Möglichkeit einer nachträglichen Veränderung eines Zessionsvermerks (Buchvermerks) in einer EDV-Buchhaltung unter Löschung der ursprünglichen (historischen) Daten führt trotz der Buchführungsvorschrift des § 190 Abs 5 UGB nicht zur Unwirksamkeit der Sicherungszession.

2. Erst eine tatsächlich durchgeführte Veränderung könnte die Wirksamkeit des Publizitätsakts dies aber nur mit Wirkung ex nunc beseitigen.

3. Die Datierung der Setzung eines Buchvermerks auf demselben ist zwar zum Nachweis des Zeitpunkts des Rechtsübergangs zweckmäßig, aber kein Erfordernis für die Wirksamkeit der Sicherungszession (Abkehr von SZ 11/15).

Aus den dargelegten Gründen wurde der Zwischenfeststellungsantrag des Klägers zu Recht abgewiesen. Seiner Revision ist ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.

Schlagworte

Anfechtungsrecht

Textnummer

E96597

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0030OB00155.10F.0223.000

Im RIS seit

24.03.2011

Zuletzt aktualisiert am

17.09.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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