TE OGH 2011/5/25 8ObA35/11x

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Veröffentlicht am 25.05.2011
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Rolf Gleißner und Franz Kisling als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei DI *****, vertreten durch Mag. Ralph Kilches, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei F*****, vertreten durch Dr. Robert Galler, Dr. Rudolf Höpflinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Kündigungs- und Entlassungsanfechtung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 9. März 2011, GZ 11 Ra 7/11w-34, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Ob die Voraussetzungen für eine gerechtfertigte vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses vorliegen, insbesondere ob ein Fehlverhalten eines Angestellten bei Anlegung eines objektiven Maßstabs geeignet war, das Vertrauen des Dienstgebers soweit zu erschüttern, dass ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar ist, kann immer nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (RIS-Justiz RS0106298; RS0103201; RS0029733; RS0029547 uva).

Allgemein wird davon ausgegangen, dass sich für den Arbeitnehmer aus dem Arbeitsvertrag die Verpflichtung ergibt, sich im Falle einer Krankheit und einer dadurch ausgelösten Arbeitsunfähigkeit so zu verhalten, dass die Arbeitsfähigkeit möglichst bald wiederhergestellt wird (RIS-Justiz RS0060869; Holzer, AngG-Kommentar § 8 Rz 37 mwN).

Ein Dienstnehmer darf die Gebote allgemein üblicher Verhaltensweisen im Krankenstand nicht betont und offenkundig verletzen. Schon die Eignung des Verhaltens, den Krankheitsverlauf negativ zu beeinflussen und/oder den Heilungsprozess zu verzögern, kann Vertrauensunwürdigkeit begründen (RIS-Justiz RS0029337).

Wesentlich bleibt dabei aber immer, ob das objektiv sorgfaltswidrige Verhalten dem Angestellten auch subjektiv vorwerfbar ist. Dies ist jedenfalls bei Zuwiderhandlungen gegen eine ausdrückliche ärztliche Anordnung (RIS-Justiz RS0029456) der Fall. Ob sich die ärztliche Anordnung allenfalls später als nicht erforderlich erweist, ist nicht entscheidend (vgl 9 ObA 128/10d).

Hier wurde konkret festgestellt, dass der behandelnde Arzt dem Kläger „Ruhe“ während des Krankenstandes wegen „Gastritis und emotionaler Labilität“ verordnet hat. Der Kläger hat hingegen nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen während des Krankenstandes weite Autofahrten über viele hunderte Kilometer unternommen, Vorträge gehalten, an Podiumsdiskussionen teilgenommen und auch andere Arbeiten verrichtet.

Ausgehend davon kann in der Beurteilung des Berufungsgerichts, das die Berechtigung der Entlassung bejaht hat, im Ergebnis kein vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifender grober Rechtsirrtum gesehen werden (RIS-Justiz RS0044088).

Von den vom Kläger herangezogenen Vorentscheidungen zu einer geringfügigen Überschreitung der Ausgehzeiten (8 ObA 149/98i), dem Miterledigen von Bankwegen (8 ObA 206/94), gewissen Tätigkeiten in einer Gastwirtschaft (9 ObA 202/92) oder einem Diskothekenbesuch (9 ObA 298/93), die jeweils vor dem Hintergrund der konkreten Erkrankung zu sehen sind, unterscheidet sich der vorliegende Fall schon durch die festgestellte klare ärztliche Anordnung und durch die Deutlichkeit des Verstoßes des Klägers dagegen.

Den Überlegungen des Klägers zur mangelnden Eignung von wenigen Arbeitsstunden, den Heilungsprozess bei einem Burn-Out Syndroms zu verzögern (vgl dazu im Übrigen zuletzt auch 9 ObA 3/11y) kommt im Hinblick auf die konkreten Feststellungen zu den zusätzlichen viele hunderte Kilometer langen Fahrten, die auch bereits vor den Gesprächen über eine allfällige Dienstfreistellung stattfanden, keine Relevanz zu. Zur behaupteten Aktenwidrigkeit der Feststellungen zu diesen Fahrten ist die Revision nicht näher ausgeführt.

Schlagworte

Arbeitsrecht

Textnummer

E97608

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:008OBA00035.11X.0525.000

Im RIS seit

04.07.2011

Zuletzt aktualisiert am

20.03.2014
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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