TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/12 D8 317056-2/2008

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Veröffentlicht am 12.08.2008
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Spruch

D8 317056-2/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Gollegger als Einzelrichterin über die Beschwerde des J.J., geb. 00.00.2005, Staatsangehörigkeit Tadschikistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 23. Juli 2008, FZ. 08 05.368, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 51/1991, als unbegründet abgewiesen, dass der Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:

 

"Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, wird J.J. aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Slowakei ausgewiesen.".

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. VERFAHRENSGANG UND SACHVERHALT:

 

1. Der minderjährige (nunmehrige) Beschwerdeführer, reiste gemeinsam mit seiner Mutter unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet und brachte durch seine Mutter als gesetzliche Vertreterin am 16. November 2007 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz beim Bundesasylamt ein.

 

Die Mutter des Beschwerdeführers wurde am 23. November 2007 vor der Grenzpolizeiinspektion Hainburg/Donau durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich befragt, behauptete dass der Beschwerdeführer J.J. heiße und am 00.00.2005 geboren und Staatsangehöriger von Tadschikistan sei. Von Beruf sei die Mutter und gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers Krankenschwester und hätte zuletzt in der Hauptstadt Tadschikistans, Duschanbe, gelebt. Zu den Fluchtgründen gab die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers an, dass ihr Mann Journalist sei und als solcher einen Artikel gegen die tadschikische Regierung verfasst hätte. Sie seien überfallen worden und sei ihr Mann auf der Flucht und besuche sie nur kurz. Sie sei von unbekannten Männern überfallen und vergewaltigt worden. Für den Fall ihrer Rückkehr fürchte sie um ihr Leben und das ihres Kindes.

 

Ein EURODAC-Treffer ergab, dass die Mutter und gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers für sich und ihren minderjährigen Sohn bereits in der Slowakei einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Am 30. November 2007 wurde der Mutter des Beschwerdeführers eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG ausgefolgt, wonach beabsichtigt sei, ihren sowie den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da seit 26. November 2007 Konsultationen nach der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist, ABl. L 50 S 1-10 (Dublin II VO), mit der Slowakei geführt werden. Mit Schreiben des slowakischen Innenministeriums vom 07. Dezember 2007 an das Bundesasylamt wurde die Zuständigkeit der Slowakei zur materiellen Prüfung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers - dessen Asylverfahren in der Slowakei noch nicht abgeschlossen ist - nach Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin II VO anerkannt und dem Wiederaufnahmeersuchen zugestimmt.

 

Am 10. Dezember 2007 langte eine gutachterliche Stellungnahme im Zulassungsverfahren gemäß § 30 AsylG beim Bundesasylamt ein, wonach bei der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers keine belastungsabhängige krankheitswertige psychische Störung vorliege. Begründend wurde von der Gutachterin Frau Dr. H. insbesondere ausgeführt, dass die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers gut für ihr Kind sorgen könne, aufmerksam sei und sich liebevoll um das Kind kümmern würde. Sie besitze genügend Selbstfürsorge und Aufmerksamkeit. Dies alles deute auf noch gute Ressourcen hin. Sie habe auch keine vermehrte Schreckhaftigkeit, keine flottierende Angst und keine depressiven Symptome.

 

Am 2. Jänner 2008 wurde die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers von einer Organwalterin des Bundesasylamtes einvernommen. Sie gab zusammengefasst an, in der Slowakei keine Probleme gehabt zu haben. Sie lebe mit niemandem in Familiengemeinschaft oder einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Sie wolle wegen ihrer kranken Mutter, die an hohem Blutdruck leide und sich in Österreich befinde und der sie helfen könne, nicht in die Slowakei zurück.

 

Mit Bescheid vom 05. Jänner 2007 (gemeint: 2008), F 07 10.638-EAST-OST, wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I 100/2005 AsylG idgF, als unzulässig zurück und erklärte die Slowakei für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c der Dublin II VO für zuständig (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Slowakei ausgewiesen (Spruchpunkt II.). Die Behörde traf in ihrem Bescheid aktuelle und hinreichend belegte Feststellungen zum Asylverfahren in der Slowakei, zur Versorgung der Asylwerber sowie zur medizinischen Behandlung von Asylwerbern einschließlich Trauma in der Slowakei. Beweiswürdigend wurde hervorgehoben, dass aus den Angaben der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden seien, dass sie tatsächlich konkreter Gefahr liefe, in der Slowakei Folter oder unmenschlicher Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihr eine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte. Ihren Ausführungen zur schlechten Verpflegung und den hygienischen Missständen in der Slowakei seien Feststellungen entgegengehalten worden und werde das Vorbringen der Antragstellerin, da es nicht genügend substantiiert gewesen sei, nicht für glaubhaft erachtet. Es gäbe keine Hinweise darauf, dass die Slowakei eine Sonderposition vertreten würde und würde ihr Schutz und Zugang zum Asylverfahren auch in der Slowakei offen stehen. Hinsichtlich ihres Gesundheitszustandes sei die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers an eine diensthabende Ärztin verwiesen worden und sei diese zu dem Schluss gekommen, dass keine die Überstellung hinderliche medizinische Gründe vorlägen. Bei einer Überstellung in die Slowakei sei der Beschwerdeführer sowie seine Mutter keiner dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt. Zu Spruchpunkt II wurde ausgeführt, dass die Mutter des Beschwerdeführers sowie der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte zu dauernd Aufenthaltsberechtigten in Österreich aufweisen würden. Das Asylverfahren der Mutter der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers und das ihrer Schwester sei von der Erstbehörde mit Bescheid vom 20. Dezember 2007 negativ entschieden worden. Der in Österreich aufhältige Onkel der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers, namens I.J. (näheres unbekannt), zähle nicht zur Kernfamilie und lasse sich aus dem mangelnden Wissen der Beschwerdeführerin über ihren Onkel schließen, dass sie mit diesem kein gemeinsames Familienleben geführt hätten.

 

Gegen diesen Bescheid brachte die gesetzliche Vertreterin für den Beschwerdeführer fristgerecht Berufung ein, worin insbesondere ausgeführt wurde, dass die gesetzliche Vertreterin an einer höhergradigen post-traumatischen Belastungsstörung leide und auch ein Kurzbericht von E.K. vom 19. Jänner 2008 beigelegt wurde. Aufgrund der bei ihr vorliegenden post-traumatischen Belastungsstörung mit latenter Suizidalität würde eine Abschiebung in die Slowakei eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen. Auch auf eine Verletzung von Art. 8 EMRK wurde hingewiesen. Aufgrund des psychischen Gesundheitszustandes der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers bedürfe diese der Unterstützung durch deren Mutter und Schwester und fühle sie sich alleine nicht in der Lage, ihr Leben zu meistern. Auch sei die Versorgung in der Slowakei schlecht und würde man ihr in der Slowakei ein faires Verfahren verweigern. Überdies wurde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt.

 

Der Unabhängige Bundesasylsenat wies die Berufung mit Bescheid vom 31. Jänner 2008, Z 317.056-1/2E-XIX/62/08, gemäß §§ 5, 10 AsylG 2005, BGBl. I 100/2005 (AsylG 2005) idgF, ab. Mit Bescheid vom selben Tag, Z 317.054-1/2E-XIX/62/08, wies der Unabhängige Bundesasylsenat die Berufung der Mutter des Beschwerdeführers Sohnes ebenfalls ab. Mit Bescheiden jeweils vom 28. Feber 2008, Z 317.054-1/10E-XIX/62/08, und Z 317.056-1/10E-XIX/62/08, wurden die Bescheide vom 31. Jänner 2008, Zlen. 317.056-1/2E-XIX/62/08 und 317.054-1/2E-XIX/62/08, dahingehend berichtigt, dass das Datum der Bescheide des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle Ost, richtig jeweils "05.01.2008" zu lauten habe.

 

Das für die Entscheidung zuständige Mitglied des Unabhängigen Bundesasylsenates führte im Wesentlichen aus, dass die von der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers vorgebrachten Umstände zur Unterbringung und Versorgung von Asylwerbern in der Slowakei nicht die Schwelle des Art. 3 EMRK überschreiten würden. Die Ausführungen zum slowakischen Asylverfahren seien zu wenig konkret, sodass die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG greife. Für die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes wegen des realen Risikos einer Verletzung des Art. 3 EMRK im Falle einer Überstellung in die Slowakei habe daher keine Notwendigkeit bestanden. Von der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers sei weder ein substantiiertes Vorbringen erstattet noch Dokumente vorgelegt worden, wonach das Asylverfahren in der Slowakei EMRK-widrig sei. Zur medizinischen Versorgungslage in der Slowakei führte der Unabhängige Bundesasylsenat in seinem Bescheid aus, dass aus der Diagnose des Psychotherapeuten E.K. kein Abschiebehindernis und damit kein Grund für einen zwingenden Selbsteintritt nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO hervorgehe. Das eingeholte Gutachten im Zulassungsverfahren habe keine belastungsabhängige krankheitswertige psychische Störung ergeben und sei auch von der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers im Verfahren vor dem Bundesasylamt keine Krankheit behauptet worden. Bei der Mutter des Beschwerdeführers liege in Übereinstimmung mit dem eingeholten Sachverständigengutachten und unter Berücksichtigung des vorgelegten Befundberichtes eines Psychotherapeuten keine schwere körperliche oder psychische Störung, die im Falle einer Überstellung in den EU-Mitgliedstaat Slowakei eine unzumutbare Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes erfahren könnte, vor. Im Ergebnis leide die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers an keiner EMRK-relevanten Erkrankung und werde diese in der Slowakei eine ausreichende finanzielle, medizinische und medizinisch-psychologische Basisversorgung erhalten.

 

Zur monierten Verletzung von Art. 8 EMRK wurde ausgeführt, dass kein humanitärer Grund vorliege, vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers sei weder von der Unterstützung bzw. Betreuung durch ihre Mutter abhängig noch sei ihre Mutter von der Pflege durch die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers abhängig. Die Mutter der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers sei gemeinsam mit deren minderjähriger Tochter sowie mit deren Bruder im Feber 2006 aus Tadschikistan aus - und in Österreich eingereist. Die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers sei knapp zwei Jahre später mit dem Beschwerdeführer über die Slowakei nach Österreich gereist. Vor der Ausreise habe daher keine ausreichende Beziehungsintensität zur Mutter der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers und damit kein gemeinsames Familienleben oder Abhängigkeitsverhältnis bestanden. Ebenso wenig bestehe zwischen der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers und ihrem Onkel und ihrer kleinen Schwester ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis, weshalb kein Grund für die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes vorliege. Im Fall der Überstellung des Beschwerdeführers gemeinsam mit seiner Mutter in die Slowakei liege kein Eingriff in das vom Schutzumfang des Art. 8 EMRK erfasste Familienleben vor. Es liege auch kein Eingriff in das geschützte Privatleben der erst seit 16. November 2007 im österreichischen Bundesgebiet aufhältigen gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers und des Beschwerdeführers mangels bereits erfolgter außergewöhnlicher Integration oder besonderer sozialer oder wirtschaftlicher Beziehungen in Österreich bzw. aufgrund der kurzen Aufenthaltsdauer vor. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers ausreichend substantiiert dargelegt hätte, dass ihnen durch eine Verbringung in die Slowakei die - über eine bloße Möglichkeit hinausgehende - Gefahr einer Art. 3 oder Art. 8 EMRK widersprechenden Behandlung drohen würde. Da keine Verletzung von Bestimmungen der EMRK zu befürchten sei, bestünde auch keine Veranlassung der österreichischen Asylbehörden, von dem in Art. 3 Abs. 2 der Dublin II VO vorgesehenen Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen und eine inhaltliche Prüfung des Asylantrags vorzunehmen.

 

2. Die am 19. Februar 2008 geplante Abschiebung in die Slowakei konnte nicht durchgeführt werden, da die Mutter des Beschwerdeführers und der Beschwerdeführer in ihrer Unterkunft nicht angetroffen werden konnten und ihr Aufenthaltsort nicht feststellbar war. Mit Fax vom 20. Feber 2008 erfolgte eine Mitteilung an die Slowakei, dass aufgrund der Abwesenheit der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers und des Beschwerdeführers die Überstellung auf 18 Monate - sohin bis zum 7. Juni 2009 - verlängert wird (Art. 19 Abs. 4 und 20 Abs. 2 Dublin II VO).

 

3. Am 20. Juni 2008 stellte die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers erneut für sich und ihren minderjährigen Sohn einen Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag wurde die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers vor der Polizeiinspektion Traiskirchen EAST einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, in welcher diese zu den Gründen für die Einbringung eines zweiten Antrages befragt zusammengefasst angab, dass sie ihre Fluchtgründe bereits im Jahr 2007 bekannt gegeben habe. Außerdem besuche sie eine christliche Kirche, wovon ihre Verwandten in ihrer Heimat erfahren hätten. Sie befürchte, deshalb getötet zu werden. Seit Erledigung ihres ersten Antrages auf internationalen Schutz hätten sie und der Beschwerdeführer Österreich nicht verlassen. Sie hätten bei Bekannten in Wien und ihrer Mutter in Kärnten gewohnt. Über Nachfrage sagte die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers aus, dass sie gar keine Bekannten habe. Die Adresse ihrer Mutter kenne sie nicht. Diese würde in Schwierigkeiten geraten, sollte sie noch länger bei ihr wohnen. Für den Fall ihrer Rückkehr befürchte sie ihre Ermordung durch ihre Verwandten.

 

Am 25. Juni 2008 wurde der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers eine Mitteilung des Bundesasylamtes gemäß § 29 Abs. 3 AsylG persönlich ausgefolgt.

 

Am 1. Juli 2008 fand in Anwesenheit eines Rechtsberaters eine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesasylamt statt, in welcher die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers zusammengefasst angab, dass ihre Mutter krank sei und deshalb ihre Hilfe benötige. Weil ihre Mutter in Österreich sei, habe sie einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz gestellt. In der Slowakei sei ihr Leben und das des Beschwerdeführers in Gefahr. Sie habe zum evangelischen Glauben gewechselt, weshalb ihre Verwandten ihr nach dem Leben trachten würden. Ein Teil ihrer Verwandten befinde sich auf dem Weg in die Slowakei. Sie sei noch nicht getauft. Ihre Taufe sei für Ende August, Anfang September geplant. Zwei Mal wöchentlich sei sie seit zweieinhalb Monaten von Villach nach Wien zu Versammlungen der "G." gereist. Ihr Onkel, der sich in der Slowakei befinde, habe über einen Anruf eines anderen Onkels, der in Österreich sei, von ihrem Glaubenswechsel erfahren und sie am Telefon mit dem Umbringen bedroht. Sie habe sich bei ihrer Mutter in Villach aufgehalten, sei jedoch aus der Unterkunft ihrer Mutter verwiesen worden. Für ihr Kind (Beschwerdeführer) gelte ihr Vorbringen.

 

Das Bundesasylamt wies diesen (zweiten) Antrag mit Bescheid vom 23. Juli 2008, Z 08 05.368, gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.) und wies den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I 100/2005, aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Slowakei aus (Spruchpunkt II.). Vom Bundesasylamt wurde festgestellt, dass einer Überstellung in die Slowakei keine schwere psychische Störung entgegenstehe, die bei einer Überstellung eine unzumutbare Verschlechterung des Gesundheitszustandes aus ärztlicher Sicht bewirken würde. Weiters wurde festgestellt, dass kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt vorliege. Mit Bescheid vom selben Tag, Z 08 05.367, wurde der (zweite) Antrag auf internationalen Schutz der Mutter des Beschwerdeführers ebenfalls wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und die Mutter des Beschwerdeführers in die Slowakei ausgewiesen.

 

Gegen diesen Bescheid des Bundesasylamtes richtet sich die fristgerecht am 30. Juli 2008 per Telefax eingebrachte Beschwerde, mit der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht und beantragt wird, "1) Eine mündliche Verhandlung durchzuführen 2) Meinen Asylantrag für zulässig zu erklären, an die erste Instanz zu verweisen und ein inhaltliches Verfahren durchzuführen 3) Meinem Antrag sofort die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.". Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass das Vorbringen inhaltlich von dem Vorbringen im ersten Antrag abweiche und neue Gründe, die einer Ausweisung in die Slowakei entgegenstünden, hinzugetreten seien.

 

4. Mit Email vom 6. August 2008 teilte der Asylgerichtshof dem Bundesasylamt mit, dass die Beschwerdevorlage am 5. August 2008 beim Asylgerichtshof eingelangt ist.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1.1 Mit 01. Juli 2008 wurde die ursprünglich zuständige Berufungsbehörde, der Unabhängige Bundesasylsenat, aufgelöst, an seine Stelle trat der neu eingerichtete Asylgerichtshof.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG), Art. 1 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetzes, BGBl. I 4/2008, tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I 100/2005, außer Kraft.

 

Gemäß § 22 Abs. 1 des Art. 2 des Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetzes, BGBl. I 100/2005 in der Fassung BGBl. I 4/2008 (AsylG 2005 idF der AsylG-Nov. 2008), ergehen Entscheidungen des Asylgerichtshofes in der Sache selbst in Form eines Erkenntnisses, alle anderen in Form eines Beschlusses. Die Entscheidungen des Bundesasylamtes und des Asylgerichtshofes haben den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache zu enthalten.

 

Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG 2005 idF der AsylG-Nov. 2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 AsylG 2005 idF der AsylG-Nov. 2008 entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

zurückweisende Bescheide

 

wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;

 

wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5;

 

wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG und

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Im gegenständlichen Fall handelt es sich um ein Beschwerdeverfahren, das gemäß § 61 Abs. 3 lit. c AsylG 2005 idF der AsylG-Nov. 2008 von der nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichterin zu entscheiden ist.

 

1.2 Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl I 100/2005 (AsylG 2005), tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Jänner 2006 in Kraft. Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 1997), BGBl. I. 76/1997 tritt mit Ausnahme des § 42 Abs. 1 mit Ablauf des 31. Dezember 2005 außer Kraft (§ 73 Abs. 2 AsylG 2005). Gemäß § 75 AsylG 2005 idF der AsylG-Nov. 2008 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesezes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Bundesasylamt oder der Asylgerichtshof zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs. 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.

 

Im gegenständlichen Fall wurde der (zweite) Antrag auf internationalen Schutz am 20. Juni 2008 gestellt, weshalb das AsylG 2005 iVm dem AsylG 2005 idF der AsylG-Nov. 2008 zur Anwendung gelangt.

 

1.3 Gemäß § 66 Abs. 4 AVG, BGBl. I 51/1991, hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gemäß § 75 Abs. 4 AsylG 2005 begründen ab- oder zurückweisende Bescheide auf Grund des Asylgesetzes, BGBl. 126/1968, des Asylgesetzes 1991, BGBl. 8/1992, sowie des Asylgesetzes 1997 in derselben Sache in Verfahren nach diesem Bundesgesetz den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§ 68 AVG).

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG, BGBl. I 51/1991, sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

 

2. Ansuchen, die offenbar die Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezwecken, sind auch dann, wenn das Begehren nicht ausdrücklich dahin lautet, wegen "res iudicata" zruückzuweisen. Die Wesentlichkeit einer Sachverhaltsänderung als Kriterium der "res iudicata" ist nicht nach der objektiven Rechtlage, sondern nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen, rechtskräftigen Entscheidung erfahren hat (VwGH E vom 22.05.2001, Z 2001/05/0075).

 

Nach der Rechtsprechung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteienbegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern. Es kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen nach § 28 AsylG 1997 - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH E vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315).

 

Das im erstinstanzlichen Verfahren über den zweiten Asylantrag erstattete Vorbringen zu Tatsachen, die erst nach dem rechtskräftigen Abschluss des Vorverfahrens eingetreten sind, ist in Bezug auf die Frage des Vorliegens einer Sachverhaltsänderung an dem im Vorbescheid angenommenen Sachverhalt (und nicht unbedingt am damaligen Vorbringen) zu messen. Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen gemäß § 28 AsylG - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtliche Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. VwGH E vom 20.03.2003, Z 99/20/0480; 25.10.2000, Z 99/06/0169; 22.05.2001, Z 2001/05/0075).

 

3.1 Für den Asylgerichtshof ist Sache des vorliegenden Verfahrens die Frage, ob das Bundesasylamt mit Recht den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat. Der Asylgerichtshof hat daher zu prüfen, ob sich im vorliegenden Fall der maßgebliche Sachverhalt, der zu einer Verneinung der Zuständigkeit Österreichs und zur Feststellung der Zuständigkeit der Slowakei geführt hat, nach dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens geändert hat.

 

In seinem Erkenntnis vom 07. Mai 2008, Z 2007/19/0466, vertritt der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf die Frage der "entschiedenen Sache" im Zusammenhang mit Zurückweisungsentscheidungen nach § 5 AsylG 2005, BGBl. I 100/2005, auf Grund der Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß Dublin II VO folgende Rechtsauffassung:

 

"Der Gesetzgeber hat in § 75 Abs. 4 AsylG 2005 klar gestellt, dass auch zurückweisenden Bescheiden nach dem AsylG 1997 (wozu auch Bescheide nach § 5 AsylG gehören) Sperrwirkung zukommt und Folgeanträge in derselben Sache wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen sind. Er hat überdies in § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 vorgesehen, dass zurückweisende Bescheide (somit auch solche nach § 68 Abs. 1 AVG) mit einer Ausweisung zu verbinden sind. Die im obgenannten (Anmerkung: Zlen. 2004/20/0010 bis 0013) hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2005 angestellten Überlegungen lassen sich daher auf Fälle im Anwendungsbereich dieser geänderten Rechtslage nicht übertragen. Unter der Voraussetzung, dass in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten Umständen, die zu einer Verneinung der Zuständigkeit Österreichs und zur Feststellung der Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union geführt haben, keine Änderung eingetreten ist, ist daher ein im Bundesgebiet neuerlich gestellter Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen."

 

3.1.1 Die Mutter des Beschwerdeführers brachte im zweiten Antrag auf internationalen Schutz neu vor, dass sie nach Abschluss des ersten Verfahrens zum christlichen Glauben konvertiert sei und deswegen von ihrem Onkel aus der Slowakei telefonisch mit dem Umbringen bedroht worden sei.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die belangte Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens der Mutter des Beschwerdeführers auseinander zu setzen (vgl. VwGH E vom 24.02.2000, Z 99/20/0173; 21.10.1999, Z 98/20/0467; 24.03.1993, Z 92/12/0149).

 

Das Bundesasylamtamt hat sich mit dem neuen Vorbringen, dass die Mutter des Beschwerdeführers nach Abschluss des ersten Verfahrens zum evangelischen Glauben konvertiert sei und dass sie deshalb ein angeblich in der Slowakei aufhältiger Onkel väterlicherseits telefonisch mit dem Umbringen bedroht habe, ausführlich auseinandergesetzt und ist schließlich nach zutreffender Beweiswürdigung zum Ergebnis gekommen, dass das neue Vorbringen nicht nachvollziehbar und unglaubwürdig erscheint und im Ergebnis keinen glaubhaften Kern aufweist. So gab die Mutter des Beschwerdeführers in der Einvernahme am 1. Juli 2008 - im Rahmen des zweiten Antrages auf internationalen Schutz - an, dass sie zum evangelischen Glauben konvertiert sei. Sie habe keinen Beweis, werde aber August/September getauft werden. Ein Onkel von St. Pölten habe nach Tadschikistan telefoniert; Verwandte aus Tadschikistan hätten dann einen in der Slowakei aufhältigen Onkel der Beschwerdeführerin informiert. Die Mutter des Beschwerdeführers wisse nicht, wo sich der Onkel in der Slowakei aufhalte und er hätte auch nicht ihre Telefonnummer, sie habe aber mit ihm telefoniert und ihn gefragt, wie sein Asylverfahren laufe; daraufhin habe der Onkel sie mit dem Umbringen bedroht. Ihr Verwandten, von denen sich ein Teil in der Slowakei aufhalte und ein Teil auf dem Weg dorthin sei, hätten erfahren, dass sie zu einem anderen Glauben gewechselt sei. Sie führte aus "Meine Verwandten haben das erfahren. Sie sind böse und wollen mich umbringen".

 

Die beweiswürdigenden Überlegungen des Bundesasylamtes, warum die von der Mutter des Beschwerdeführers im Verfahren behauptete Konversion zum Christentum als nicht glaubhaft eingestuft wurde, halten einer nachprüfenden Kontrolle durch den Gerichtshof stand, da die Mutter des Beschwerdeführers sogar selbst vorgebracht hat, dass eine Taufe noch nicht erfolgt sei. Sie legte auch keine weiteren Beweise vor und ist aus dem ohne jegliche Substantiierung erstatteten Vorbringen ein tatsächlicher Übertritt zum Christentum nicht glaubwürdig. Da auch sonst von der Mutter des Beschwerdeführers nichts Substantiiertes vorgebracht wurde, dass sie sich innerhalb des sehr kurzen zeitlichen Rahmens von zweieinhalb Monaten (Verwaltungsakt S 87) sehr intensiv mit der christlichen Religionsausübung befasst hat, ist der Behörde im Ergebnis nicht entgegen zu treten, wenn sie zum Schluss kommt, dass das neue Vorbringen keinen glaubhaften Kern aufweist und deshalb aus diesem Grund keinen geänderten Sachverhalt annimmt, der eine Änderung der rechtskräftig festgestellten Zuständigkeit der Slowakei zur materiellen Prüfung des Asylverfahrens bewirkt hätte.

 

3.1.2 Weiters bleibt zu prüfen, ob sich die persönliche Situation des Beschwerdeführers bzw. seiner Mutter oder die Verhältnisse im Zielstaat seit rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahrens relevant geändert haben, weshalb - anders als im Erstverfahren - zum Zeitpunkt der Stellung des zweiten Antrages auf internationalen Schutz die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes nach Art. 3 Abs. Dublin II VO geboten gewesen wäre.

 

Eine extensive Anwendung des Selbsteintrittsrechts (Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO) würde das Zuständigkeitssystem der Dublin II VO unterhöhlen und wäre daher kraft Verletzung des "effet utile-Prinzips" als gemeinschaftsrechtswidrig anzusehen. Andererseits kann es aber Fälle geben, in denen die Durchsetzung einer Zuständigkeit, die nach Dublin II VO feststeht, eine Verletzung der EMRK bedeuten würde, etwa aus besonderen humanitären Gründen (Kehrseite zu Art. 15 Dublin II VO). Wie bereits im Erstverfahren von der Behörde zutreffend ausgeführt wurde, war Art. 15 Dublin II VO nicht anzuwenden. Art. 15 Dublin II VO findet nur auf Ersuchen eines anderen Mitgliedstaates Anwendung. In dieser Bestimmung ist jener Fall angesprochen, in dem sich der Asylwerber in dem für die Prüfung des Asylantrages nach Art. 6 bis 14 zuständigen Staat befindet, humanitäre Erwägungen aber die Führung des Asylverfahrens in einem anderen Staat vorteilhaft erscheinen lassen und daher der Aufenthaltsstaat ein entsprechendes Übernahmeersuchen - im Einvernehmen mit dem Betreffenden - an diesen Staat stellt. Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO regelt hingegen eine Situation, in welcher sich der Asylwerber in einem für die Prüfung des Asylantrages eingentlich unzuständigen Staates befindet, dieser Staat aber das Asylverfahren selbst durchführen will und daher von der Einleitung eines Konsultationsverfahrens nach den zwingenden Bestimmungen der Art. 6-14 absieht (vgl. Filzwieser/Liebminger, Dublin II-Verordnung, K4 zu Art. 15, S 109 f).

 

Bei der Prüfung, ob Österreich von der Ausübung des Selbsteintrittsrechts Gebrauch zu machen hat, erscheint es jedenfalls - mangels konkreter Regelung in Art. 3 Abs. 2 - zweckmäßig, die humanitäre Klausel in Art. 15 analog anzuwenden.

 

Soweit in der Beschwerde (neuerlich) darauf verwiesen wird, dass die Mutter des Beschwerdeführers ihre kranke Mutter pflegen müsse, so ist auszuführen, dass dieses Vorbringen bereits im Rahmen der ersten Antragstellung auf internationalen Schutz vorgebracht wurde und eine rechtskräftige Entscheidung darüber getroffen wurde. Im Bescheid vom 31. Jänner 2008, Z 317.056-1/2E-XIX/62/08, setzte sich das erkennende Mitglied des Unabhängigen Bundesasylsenates unter Verweis auf den Bescheid der Mutter des Beschwerdeführers ausführlich mit der Frage einer möglichen Verletzung von Art. 8 EMRK bzw. damit auseinander, ob besondere humanitäre Gründe gegeben sind, welche Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts Österreichs gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO bieten.

 

So wurde bereits im Vorverfahren rechtskräftig darüber abgesprochen, dass kein humanitärer Grund vorliege, welcher zu einer Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch Österreich führe. Hat die Mutter des Beschwerdeführers in ihrer Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 02. Jänner 2008 noch angegeben, dass ihre Mutter krank sei und an hohem Blutdruck leide und sie sie betreuen möchte, wurde in der Berufung vom 23. Jänner 2008 geltend gemacht, dass die Mutter des Beschwerdeführers selbst von Hilfeleistungen ihrer Mutter abhängig sei, um im Rahmen des zweiten Verfahrens wiederum anzugeben, dass die Mutter der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers hilfsbedürftig sei. Das entscheidende Mitlgied des Unabhängigen Bundesasylsenates führte im Bescheid vom 31. Jänner 2008 aus, dass die Mutter des Beschwerdeführers nicht an einer schweren Krankheit oder Behinderung leide, welche sie von der Pflege ihrer Mutter abhängig mache, noch sei ihre Mutter dringend auf die Pflege der Mutter des Beschwerdeführers angewiesen. Die Mutter der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers habe im gesamten Verfahren keine schwere Krankheit vorgebracht, welche die unerlässliche Betreuung ihrer Tochter erforderlich mache. Im Übrigen wurde darauf verwiesen, dass die Mutter der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers in Österreich nicht allein sei, sondern befinde sich auch noch ihr Bruder und ihre Tochter (Schwester der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers) als Asylwerber in Österreich. Zwischen dem Beschwerdeführer bzw. seiner gesetzlichen Vertreterin und ihrer Mutter, wie auch ihrem Onkel und ihrer kleinen Schwester bestünde kein besonderes Abhängigkeitsverhältnis, etwa in Bezug auf unerlässliche Pflege oder schwere Krankheit und liege deshalb kein Grund für die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes vor. Auch die weitere Voraussetzung - iSd analog angewendeten Art. 15 Dublin II VO -, nämlich das Bestehen des Familienlebens bereits im Herkunftsstaat, liege im Falle des Beschwerdeführers und seiner Mutter nicht vor, da die Mutter der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers mit ihrer minderjährigen Tocher (Schwester der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers) und ihrem Bruder bereits im Feber 2006 ihr Herkunftsland verlassen habe und sohin kein gemeinsamens Familienleben mehr vorgelegen sein könne.

 

Wenn die gesetzliche Vertreterin und Mutter des Beschwerdeführerin somit anlässlich ihres zweiten Antrages auf internationalen Schutz bzw. in der Beschwerde (neuerlich) geltend macht, dass ihre Mutter ihrer Pflege bedürfe, so ist auszuführen, dass dieses Vorbringen bereits im Vorverfahren geltend gemacht und eine rechtskräftige Entscheidung darüber getroffen wurde, wobei sich das zur Entscheidung berufene Mitglied des Unabhängigen Bundesasylsenates ausführlich mit dem Gesundheitszustand der Mutter des Beschwerdeführers, ihrer Aufgabe als Mutter nach Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens auseinandergesetzt hat und nach detailreicher Begründung nicht zu einem besonderen Abhängigkeitsverhältnis zwischen der Mutter des Beschwerdeführers und ihrer Mutter gekommen ist.

 

Wenn nun der Beschwerde eine Bestätigung beigelegt wurde, wonach die Mutter der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers an starken Kopfschmerzen "leidet z.Z. an starken Kofschmerzen(psych.bed.?)", an "Depressio major" und hohem Blutdruck leide, ist dem entgegenzuhalten, dass der Gesundheitszustand der Mutter bereits ausführlich im Vorverfahren gewürdigt und entschieden wurde. Dass eine schwere Erkrankung der Mutter erst nach rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahrens (6. Feber 2008) eingetreten sei bzw. sich der Gesundheitszustand der Mutter in dieser Zeit in relevanter Weise verschlechtert habe und die Mutter - obwohl sich ihre Tochter (Schwester der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers) und ihr Bruder in Österreich befinden - von der Betreuung der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers abhängt, wurde nicht behauptet. Wenn nun in der Beschwerde ins Treffen geführt wird, dass - durchaus nachvollziehbar - der Kontakt zwischen Mutter und (volljährigem) Kind für die Genesung der Mutter förderlich wäre, vermag dies dennoch nicht zu einer anderen Wertung zu führen, zumal jedenfalls nicht hervorgekommen ist, dass die Erkrankung der Mutter der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers erst nach rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens eingetreten ist, sondern dieses Vorbringen bereits im Vorverfahren erstattet wurde und auch nicht substantiiert dargelegt wurde, dass bzw. warum die Mutter gerade von der Pflege der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers - obwohl sich die Tochter und der Bruder bei der Mutter befinden - abhängt. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass sich die Mutter der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers in Österreich befindet und daher ihre medizinische Versorgung gewährleistet ist. Ebenfalls wurde bereits im Erstverfahren rechtskräftig darüber abgesprochen, dass auch die weitere Voraussetzung - iSd analog angewendeten Art. 15 Dublin II VO -, nämlich das Bestehen des Familienlebens bereits im Herkunftsstaat nicht vorliegt, da die Mutter der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers mit ihrer minderjährigen Tocher und ihrem Bruder bereits im Feber 2006 ihr Herkunftsland verlassen habe und sohin kein gemeinsamens Familienleben mehr vorgelegen sein könne.

 

Im Ergebnis ist der Behörde somit nicht entgegenzutreten, wenn sie davon ausgeht, dass sich weder die relevante Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt, der zur einer Verneinung der Zuständigkeit Österreichs und zur Feststellung der Zuständigkeit der Slowakei geführt hat, maßgebend verändert hat und der neuerlich gestellte Antrag auf internationalen Schutz wegen entschieder Sache zurückzuweisen war.

 

4.1 Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn

 

1. der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird;

 

2. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird;

 

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

 

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist (§ 10 Abs. 3 AsylG 2005).

 

Eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, gilt stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen (§ 10 Abs. 4 AsylG 2005).

 

4.2 Der Asylgerichtshof geht in Übereinstimmung mit den österreichischen Höchstgerichten und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte davon aus, dass bei einer Ausweisung Art. 3 und 8 EMRK beachtlich sind (vgl. jüngst EGMR 27.05.2008, Case of N. v. The United Kingdom, Appl. 26565/05; VfGH E vom 06.03.2008, B 2400/07-9, und die darin wiedergegebene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte; VfGH E vom 29.09.2007, B 328/07 und B 1150/07; VfSlg. 13.837/1994, 14.119/1995 und 14.998/1997).

 

Die Mutter des Beschwerdeführers reiste gemeinsam mit dem Beschwerdeführer unter Umgehung der Grenzkontrollen über die Slowakei nach Österreich. Sie stellte für sich und den Beschwerdeführer in der Slowakei einen Antrag auf internationalen Schutz, reiste dann schlepperunterstützt nach Österreich weiter und brachte am 16. November 2007 für sich und für den Beschwerdeführer in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Die Slowakei erklärte sich gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin II VO für zuständig, den Beschwerdeführer und seine Mutter wieder aufzunehmen. Das Verfahren in Österreich wurde in beiden Fällen rechtskräftig entschieden. Am 20. Juni 2008 stellte die Mutter des Beschwerdeführers für sich und ihren Sohn einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz.

 

Die Möglichkeit einer Verletzung von Art. 3 und 8 EMRK wurde bereits im rechtskräftig entschiedenen Vorverfahren in Hinblick auf das in Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO vorgesehene Selbsteintrittsrecht geprüft und verneint.

 

Seit rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahrens haben keine relevanten Ereignisse stattgefunden, die eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung des Beschwerdeführers und seiner Mutter in der Slowakei hätten befürchten lassen.

 

Auch die Beschwerdebehauptungen zum Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers und seiner Mutter überzeugen nicht. Die Mutter des Beschwerdeführers gab im Verfahren betreffend den ersten Antrag auf internationalen Schutz an, verheiratet zu sein und erklärte im Rahmen der Erstbefragung betreffend den zweiten Antrag auf internationalen Schutz am 20. Juni 2008, geschieden zu sein. Die Mutter des Beschwerdeführers hält sich mit dem Beschwerdeführer seit ihrer Einreise in das Bundesgebiet im November 2007 in Österreich auf. Die Mutter der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers, deren Schwester und Onkel sind bereits im Februar 2006 aus Tadschikistan ausgereist und sie haben am 7. Feber 2006 in Österreich je einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher jeweils in erster Instanz abgewiesen wurden, gestellt. Die Verfahren befinden sich derzeit im Berufungsstadium. Die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers lebte somit schon rund zwei Jahre im Heimatland von ihnen örtlich getrennt. Nach ihrer Einreise im November 2007 befand sie sich mit ihrem Sohn in der Grundversorgung. In der Einvernahme am 1. Juli 2008 gab die Mutter des Beschwerdeführers auf die Frage, wo sie sich nach rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens aufgehalten habe, an, dass sie bei ihrer Mutter in Villach in einer Pension gewesen sei, die Sozialhilfe ihrer Mutter sie dort jedoch "rausgeschmissen" hätte. Die Mutter des Beschwerdeführers lebt nach ihren eigenen Angaben auch in keiner Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Der Beschwerdeführer und seine Mutter sind seit 00. März 2008 in Wien, gemeldet.

 

Wenn in der Beschwerde vorgebracht wird, dass ein aktuelles Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt nicht erforderlich sei, um ein Familienleben iSd Art. 8 EMRK zu begründen, ist dem zu entgegnen, dass nach der (restriktiven) Rechtsprechung der Strassburger Instanzen und der nationalen Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts bei Beziehungen zwischen volljährigen Kindern und Eltern die Existenz weitergehender Bindungsfaktoren, die über die normalen emotionalen Bindungen von erwachsenen Verwandten hinausgehen und eine gewissen Intensität aufweisen, gefordert ist. Die Beantwortung der Frage hängt dabei von den konkreten Umständen ab, wobei für die Prüfung einer hinreichend stark ausgeprägten persönlichen Nahebeziehung gegebenenfalls die Intensität und Dauer des Zusammenlebens von Bedeutung sind (vgl. VwGH 21.01.2006, Z 2002/20/0423, EGMR 13.06.1979, Marckx gegen Belgien; EGMR 12.07.2001, K. und T. gegen Finnland; VfGH E vom 01.03.2005, B 1242/04). Bereits im Vorverfahren wurde rechtskräftig entschieden, dass keine ausreichende Beziehungsintensität zwischen der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers und ihrer Mutter vorliege, weshalb kein "Familienleben" iSd Art. 8 EMRK gegeben sei.

 

Die im Sinne der Rechtsprechung des EGMR beim so genannten "erweiterten Familienleben" im Verhältnis von Eltern zu ihren volljährigen Kindern oder zu ihrer Schwester oder ihrem Onkel notwendige Intensität der Beziehungen liegt nicht vor und ist im Rahmen einer ganzheitlichen Betrachtung nicht von der Existenz weitergehender Bindungsfaktoren, die über die normalen Bindungen von erwachsenen Verwandten hinausgehen, wie beispielsweise einer "Abhängigkeit" - wie bereits ausgeführt - auszugehen. Auch wurde durch die - kurzfristige - Wohnungsnahme des Beschwerdeführers und seiner gesetzlichen Vertreterin bei deren Mutter in Kärnten allein keine ausreichend intensive Beziehungsintensität wieder hergestellt. Da auch keine "Abhängigkeit" der Mutter von der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers festgestellt werden konnte, ist bei einer gesamtheitlichen Betrachtung nicht von einem "Familienleben" iSd Art. 8 EMRK auszugehen.

 

Ebenso wenig erreicht die Beziehung zwischen der Mutter des Beschwerdeführers und ihrer Schwester oder ihrem Onkel - wie bereits im Vorverfahren ausführlich begründet - ein Ausmaß, das einen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK bedeuten würde (vgl. dazu VwGH E vom 25.04.2008, Z 2007/20/0720 mwN). Ein Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers und seiner Mutter kann daher im Falle einer Überstellung in die Slowakei nicht festgestellt werden, weshalb es einer Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht bedarf.

 

Im Falle des erst Mitte November 2007 mit seiner Mutter in Österreich eingereisten Beschwerdeführers hat das bisherige Verfahren auch keine Anhaltspunkte für die Annahme besonderer sozialer oder wirtschaftlicher Beziehungen oder kultureller Bindung während der letzten neuen Monate in Österreich ergeben oder wurden solche von der Mutter des Beschwerdeführers auch nicht behauptet. Auch ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers und seiner Mutter kann im Falle einer Überstellung in die Slowakei nicht festgestellt werden, weshalb es auch hier einer Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht bedarf.

 

4.3 Die Mutter des Beschwerdeführers hat im Rahmen ihres zweiten Antrages auf internationalen Schutz kein Vorbringen zu ihrem Gesundheitszustand erstattet bzw. keinen geänderten Sachverhalt substantiiert dargetan, was eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung des Beschwerdeführers oder seiner Mutter in der Slowakei befürchten lassen bzw. einer Überschreitung der normierten Schwelle des Art. 3 EMRK bei Überstellung in die Slowakei ergeben würde.

 

Soweit in der Beschwerde Ausführungen hinsichtlich der Slowakei als sicherer Dublin-Staat bzw. der Frage, inwieweit eine Überprüfung, ob der betroffene Dublin-Staat tatsächlich ein sicherer Drittstaat ist, getätigt werden, ist darauf hinzuweisen, dass darüber bereits im Vorverfahren sehr ausführlich und rechtskräftig abgesprochen wurde. Es haben sich in der Zwischenzeit keine diesbezüglich relevanten Änderungen ergeben.

 

5. Die Fremdenpolizeibehörde hat jedenfalls zu beurteilen, in wie weit eine Abschiebung nach durchsetzbarer zurückweisender Entscheidung samt verbundener Ausweisung rechtlich möglich ist, oder sich, etwa auf Grund einer schweren Krankheit, durch die eine Abschiebung eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde, verbietet.

 

6. Zusammenfassend sieht der Asylgerichtshof im Einklang mit der diesbezüglichen Sichtweise des Bundesasylamtes keine Änderung der für die Beurteilung des Parteienbegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten Umstände, die zu einer Verneinung der Zuständigkeit Österreichs geführt haben und sieht daher keinen Anlass, dass Österreich zwingend zur Anwendung Art. 3 Abs. 2 Dublin

II VO infolge drohender Verletzung von Art. 3 oder 8 EMRK zu verpflichten wäre. In der Beschwerde werden keinerlei überzeugende Einzelheiten genannt, aus denen schlüssig hervorgehen würde, dass das Bundesasylamt in der gesetzlich geforderten Interessensabwägung gefehlt hätte. Derartiges konnte auch nicht von Amts wegen festgestellt werden, weshalb Spruchpunkt I. und II. der erstinstanzlichen Entscheidung sohin bei Übernahme der Beweisergebnisse und rechtlichen Würdigung der Erstbehörde mit obiger näherer Begründung sowie mit der Maßgabe, dass in Spruchpunkt II. "§ 10 Absatz 1 AsylG 2005" durch "§ 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005" ersetzt wird, zu bestätigen waren. Es sind auch keine Hinweise hervorgekommen, die eine Aussetzung der Überstellung in die Slowakei in Vollzug der Ausweisung aus Österreich erforderlich erscheinen ließen. Diese erweist sich daher als zulässig. Die Überstellung hat jedenfalls gemeinsam mit der Mutter zu erfolgen.

 

7. Wird gegen einen mit einer zurückweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundene Ausweisung Beschwerde ergriffen, hat der Asylgerichtshof dieser binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die Ausweisung lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (§ 37 Abs. 1 AsylG 2005 idF der AsylG-Nov. 2008).

 

Gegenständliche Beschwerde langte am 5. August 2008 beim Asylgerichtshof ein. Da der Asylgerichtshof noch vor Ablauf der in § 37 Abs. 1 AsylG 2005 idF der AsylG-Nov. 2008 genannten Frist spruchgemäß entschied, konnte ein Abspruch über die aufschiebende Wirkung entfallen.

 

Das Bundesasylamt hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und eine schlüssige Beweiswürdigung vorgenommen. Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 7 AsylG 2005 idF der AsylG-Nov. 2008 unterbleiben.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Familienverfahren
Zuletzt aktualisiert am
28.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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