TE UVS Burgenland 2006/06/23 166/10/06028

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.06.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Mag Eder über die am 08 05 2006 bei der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg eingelangte Beschwerde vom 08 05 2006 nach § 82 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl I Nr 100/2005 idF BGBl I Nr 157/2005, des Herrn ***, geboren am ***, georgischer Staatsangehöriger, ***, wegen behaupteter Rechtswidrigkeit der Verhängung der Schubhaft am 03 04 2006 und der Anhaltung in Schubhaft von 03 04 2006 bis 21 04 2006 über Anordnung der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 83 Abs 2 FPG iVm § 67c Abs 3 AVG wird die gesamte Beschwerde abgewiesen.

 

Gemäß § 79a AVG hat der Beschwerdeführer dem Bund (Bundesministerin für Inneres) Kosten für Vorlageaufwand von 51,50 Euro und Schriftsatzaufwand von 220,30 Euro, insgesamt 271,80 Euro, zu ersetzen.

Text

Aufgrund des Fremdenpolizeiaktes der belangten Behörde zur Zahl *** sowie des Beschwerdevorbringens ergibt sich folgender Sachverhalt:

 

Der Beschwerdeführer gibt an, *** zu heißen, am *** geboren worden und georgischer Staatsangehöriger zu sein. Seine Identität und Staatsangehörigkeit stehen nicht zweifelsfrei fest. Er verfügt über keinen Reisepass oder ein sonstiges Identitätsdokument. Seinen eigenen Angaben zufolge war er noch nie im Besitz eines Reisedokumentes. Der Beschwerdeführer verfügt lediglich über die von der Republik Ungarn anlässlich seines in Ungarn geführten Asylverfahrens ausgestellte Aufenthaltsberechtigungskarte Nr HR *** (ausgestellt am 08 03 2006), deren Daten aber ebenfalls auf seinen Angaben beruhten.

 

Im Februar 2006 verließ der Beschwerdeführer seinen Heimatort Tblisi (Tiflis, Georgien) und fuhr mit einem LKW in Richtung Europa. Er durchquerte die Länder Türkei und Rumänien bis Ungarn. Die Ausreise aus Georgien sowie die Einreisen in übrigen Ländern erfolgten unrechtmäßig. Über Visa für diese Länder verfügte der Beschwerdeführer nicht. Am 25 02 2006 reiste er unrechtmäßig in Ungarn ein, wo er von Soldaten des ungarischen Bundesheeres angehalten und nach Györ ins Gefängnis gebracht wurde.

 

In Györ verbrachte der Beschwerdeführer etwa einen Monat in Haft. Nach etwa einem Monat Haft stellte der Beschwerdeführer in Ungarn einen Asylantrag. Am 29 03 2006 wurde er ins Flüchtlingslager "Debrecen" gebracht. Bereits am 30 03 2006 verließ er dieses Flüchtlingslager und fuhr mit dem Zug in Richtung Österreich. Der Beschwerdeführer wollte nicht in Ungarn bleiben, weil seiner Ansicht nach die Flüchtlingsversorgung in Ungarn mangelhaft sei; er habe in Ungarn fast kein Essen bekommen. Darüber hinaus gestand der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Einvernahme zu, dass sein ursprüngliches Reiseziel bereits zu Beginn seiner Reise Österreich gewesen war. Weiters gab er an, dass er den Asylantrag in Ungarn nur deswegen nach bereits einmonatiger Anhaltung in Haft gestellt hatte, um nicht von den ungarischen Behörden abgeschoben zu werden. Unmittelbar nach seiner infolge der Asylantragstellung erfolgten Haftentlassung teilte er einem ungarischen Beamten mit, dass er in Österreich einen Asylantrag stellen wolle.

 

Der Beschwerdeführer fuhr mit dem Zug bis zur ungarisch-österreichischen Staatsgrenze. Nachdem er aus dem Zug ausgestiegen war, ging er zu Fuß weiter und überschritt um 07 15 Uhr des 02 04 2006 im Gemeindegebiet von Herrentisch bei Grenzstein B27 außerhalb einer Grenzkontrollstelle zu Fuß unrechtmäßig die ungarisch-österreichische Staatsgrenze in Richtung Österreich. Dabei wurde er von Soldaten des Österreichischen Bundesheeres beobachtet. Um 07 16 Uhr des 02 04 2006 wurde er von diesen angehalten und festgenommen.

 

Der Beschwerdeführer verfügte im Zeitpunkt  seiner Einreise nach Österreich weder über einen Aufenthalts- oder Einreisetitel oder eine sonstige Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich noch über ein Reisedokument. An Barmittel führte er Euro 104,- mit sich.

Weiters

hatte er außer der bereits angeführten ungarischen Aufenthaltsberechtigungskarte eine ungarische Zugfahrkarte (Nr ***, Fahrziel: Sopron, ausgestellt am 30 03 2006) bei sich.

 

Am 02 04 2006 um 10 00 Uhr stellte der Beschwerdeführer gegenüber Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Auf Grund dieses Antrages wurde der Beschwerdeführer von Polizeibeamten der Polizeiinspektion Sieggraben erkennungsdienstlich behandelt sowie von Polizeibeamten eine EDV-unterstützte Anfrage an das Eurodac-System gestellt. Da die von der Polizeiinspektion Sieggraben durchgeführte Abnahme der Fingerabdrücke mangelhaft erfolgte und die Fingerabdrücke nicht verwertbar waren, unterblieb allerdings am 02 04 2006 der Abgleich im Eurodac-System, was die Polizeiinspektion Sieggraben aber erst am 03 04 2006 durch Rückfrage beim Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, erfuhr, wobei vom Bundesasylamt auch angegeben wurde, dass die Eurodac-Anfrage im Zuge des Asylverfahrens nachgeholt werden wird.

Nach Durchführung der Ersteinvernahme im Asylverfahren wurde vom Polizeibeamten der Polizeiinspektion Sieggraben GrI *** am 02 04 2006 telefonisch Rücksprache mit dem beim Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, Journaldienst versehenden Beamten ADir *** gehalten. Dieser gab, nachdem ihm der bisherige Erhebungsstand geschildert wurde an, dass eine Entscheidung nach § 5 AsylG 2005, sohin die Zurückweisung des vom Beschwerdeführer gestellten Antrages, wahrscheinlich sei, und dass der Beschwerdeführer der Fremdenpolizeibehörde vorgeführt werden solle. Eine Vorführung vor das Bundesasylamt unterblieb daher.

 

Nach Durchführung einer Einvernahme des Beschwerdeführers am 03 04 2006 ordnete die Bezirkshauptmannschaft Mattersburg mit Bescheid vom 03 04 2006, Zl ***, gegen den Beschwerdeführer zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 sowie - ab deren Durchsetzbarkeit - zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft an. Im Wesentlichen begründete dies die Bezirkshauptmannschaft Mattersburg damit, dass aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers sowie des Ergebnisses der bisherigen Erhebungen unter Berücksichtigung der bei ihm vorgefundenen Urkunden davon auszugehen sei, dass sein in Österreich gestellter Antrag auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Führung des Asylverfahrens zurückgewiesen werden wird. Die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung des Ausweisungsverfahrens nach § 10 AsylG 2005 sowie die Abstandnahme von der Anwendung eines gelinderen Mittels sei notwendig, weil zu befürchten sei, dass sich der Beschwerdeführer dem weiteren Verfahren bzw Maßnahmen zu entziehen trachten werde, weil er in Österreich nicht integriert sei und bereits einmal, nämlich in Ungarn trotz des ihm dort gewährten Aufenthaltes, den Ausgang des Asylverfahrens nicht abgewartet habe, was den Verdacht hervorrufe, dass er sich einem Ausweisungsverfahren mit dem Zweck der Rückkehr nach Ungarn nicht beteiligen werde. Der Bescheid vom 03 04 2006 wurde dem Beschwerdeführer am 03 04 2006, 08 52 Uhr, durch persönliche Übergabe zugestellt, anlässlich der Zustellung in eine ihm verständliche, nämlich die russische, Sprache übersetzt und sogleich in Vollzug gesetzt. Der Beschwerdeführer wurde seit dieser Zeit in Schubhaft angehalten.

 

Der Beschwerdeführer verfügte weder im Zeitpunkt seiner Einreise in das Bundesgebiet noch verfügt er gegenwärtig über ausreichende Barmittel (im Zeitpunkt der Einreise 104 Euro) zur Bestreitung seines Unterhalts oder über eine Unterkunft im Bundesgebiet.

 

Den Angaben des Beschwerdeführers zufolge, die er am 02 04 2006 tätigte, hält sich kein Verwandter von ihm in Österreich auf. In der Beschwerde bringt er erstmals vor, dass sich sein Bruder als anerkannter Flüchtling in Österreich aufhalten würde. Nähere Angaben zu diesem Bruder wurden vom Beschwerdeführer nicht gemacht. Es konnte nicht festgestellt werden, dass sich ein Bruder des Beschwerdeführers im Bundesgebiet aufhalten würde. Jedenfalls führte der Beschwerdeführer vor Einbringung der gegenständlichen Beschwerde nie an, dass sich sein Bruder in Österreich aufhalten würde. In sonstigen EU-Staaten lebt keiner der Verwandten des Beschwerdeführers.

 

Aufgrund des vom Beschwerdeführer eingebrachten Antrages auf internationalen Schutz leitete das Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, am 06 04 2006 sog "Dublin-Konsultationen", somit einen Schriftverkehr zur endgültigen Feststellung der Zuständigkeit zur Führung des Asylverfahrens innerhalb der Europäischen Union, mit Ungarn ein. Dies wurde vom Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, mit Schreiben vom 07 04 2006 sowohl dem Beschwerdeführer als auch der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg mitgeteilt. Diese Mitteilung enthielt auch die Ausführungen, dass das Bundesasylamt beabsichtigte, den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zurückzuweisen. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass damit von Gesetzes wegen ein Ausweisungsverfahren auch formell eingeleitet ist.

 

Am 17 04 2006 begann der Beschwerdeführer während seiner Anhaltung in Schubhaft einen Hungerstreik. Da er bis zum 21 04 2006 einen Gewichtsverlust von 8 kg aufwies und von einem Amtarzt der (die Anhaltung durchführenden) Bundespolizeidirektion Wien ein schlechter Allgemeinzustand des Beschwerdeführers festgestellt wurde, kam der Amtsarzt aus medizinischer Sicht zum Schluss, dass am 21 04 2006 die Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers eintrat. Infolge dessen wurde er am 21 04 2006 von der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg aus der Schubhaft entlassen.

Am 03 05 2006 langte beim Bundesasylamt die Zustimmung Ungarns zur Rückübernahme des Beschwerdeführers ein.

 

In der gegenständlichen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft mit folgender Begründung behauptet:

 

Der Beschwerdeführer bringt vor, dass die Anhaltung in Schubhaft unverhältnismäßig sei, weil bloß allgemeine Annahmen und Erfahrungswerte nicht ausreichend seien, um die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer Freiheitsentziehung im Einzelfall zu begründen, er aber ohne "jede weitere dahingehende Begründung in Schubhaft genommen" worden sei. Darüber hinaus machte der Beschwerdeführer geltend, dass § 76 Abs  2 Z 4 FPG verfassungswidrig sei und verwies zur Begründung auf das zu § 34b Abs 1 Z 3 AsylG 1997 idF der Asylgesetz-Novelle 2003 ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15 10 2004, Zl G-237/03 ua Die Anordnung des § 76 Abs 2 Z 4 FPG sei der früheren (aufgehobenen) Bestimmung des § 34b Abs 1 Z 3 AsylG 1997 hinsichtlich den vom VfGH geäußerten Argumenten gleichzuhalten. Auch verstoße diese Bestimmung gegen das Recht auf eine wirksame Beschwerde, weil sich infolge der Anhaltung in Schubhaft die Kontaktaufnahme "nach außen" als faktisch unmöglich erweise, Asylwerber aber für die ordnungsgemäße Verfolgung ihrer Interessen eines Rechtsbeistandes bedürfen würden. Darüber hinaus liege durch § 76 Abs 2 Z 4 FPG ein Verstoß gegen das Verbot von Kollektivausweisungen (Art 4 4 ZPMRK) vor. Weiters gehe aus Art 7 der Verordnung (EG) Nr 1560/2003 hervor, dass die dort genannten Überstellungsmodalitäten eine Rangordnung aufweisen würden. Somit sei einer freiwilligen Ausreise eines Asylwerbers in den zuständigen Mitgliedstaat Vorrang zu geben. Außerdem liege ein Widerspruch zur UNHCR-Richtlinie vom Februar 1999 über anwendbare Kriterien und Standards betreffend die Haft von Asylsuchenden vor. Weiters macht der Beschwerdeführer geltend, dass der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen habe, dass die schubhaftverhängende Behörde die Anwendung eines gelinderen Mittels zu prüfen habe. Dies sei in seinem Fall unterlassen worden. Es wäre möglich gewesen, ein gelinderes Mittel anzuwenden, weil sich sein Bruder im Bundesgebiet aufhalten würde und er bei diesem Unterkunft nehmen könnte. Darüber hinaus sei der Beschwerdef

ührer auch traumatisiert. Durch die Haft bestehe die Gefahr einer Retraumatisierung.

 

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Schubhaft verteidigt und die Abweisung der Beschwerde samt Zuspruch von Kosten beantragt. Der Beschwerdeführer hat sich zu dieser (ihm übermittelten) Gegenschrift nicht weiter geäußert.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat erwogen:

 

§ 31 Abs 1, § 39 Abs 1 Z 1 und Abs 2 Z 2, § 76 Abs 2 Z 4, Abs 3 und Abs 7, § 77 Abs 1 § 82 Abs 1, § 83 FPG sowie § 5, § 10 Abs 1 Z 1 und Abs 2 bis Abs 4, § 27 Abs 1 Z 1 und § 29 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 Z 4 AsylG 2005 lauten:

 

§ 31 FPG:

"(1) Fremde halten sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz  oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes  nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;

5. soweit sie nicht auf Grund eines Rückübernahmeabkommens (§ 19 Abs 4) oder internationaler Gepflogenheiten rückgenommen werden mussten oder nicht auf Grund einer Durchbeförderungserklärung, sonstiger zwischenstaatlicher Abkommen oder auf Ersuchen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union um Durchbeförderung (§ 48 Abs 1) oder aufgrund einer Durchlieferungsbewilligung gemäß § 67 ARHG eingereist sind;

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

(2) [...]."

§ 39 FPG:

"(1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, einen Fremden zum Zwecke einer für die Sicherung des Verfahrens unerlässlichen Vorführung vor die Behörde festzunehmen, wenn

1. sie ihn bei Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 120 auf frischer Tat betreten oder

2. [...].

(2) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, einen Fremden festzunehmen,

1.

[...];

2.

der innerhalb von sieben Tagen nach der Einreise bei nicht rechtmäßigem Aufenthalt betreten wird oder

 3. [...].

(3) [...]."

 

§ 76 FPG

"(1) [...].

(2) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde kann über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1.

[...],

4.

auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

(3) Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(4) ...].

(7) Die Anordnung der Schubhaft kann mit Beschwerde gemäß § 82 angefochten werden."

 

§ 77 FPG:

"(1) Die Behörde kann von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.

(2) [...]."

 

§ 82 FPG:

"(1) Der Fremde hat das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.

wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.

wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder

 3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

(2) [...]."

 

§ 83 FPG:

"(1) Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde.

(2) Über die Beschwerde entscheidet der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder. Im übrigen gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass

1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und

2. die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

(3) Hat der unabhängige Verwaltungssenat dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist des Abs 2 Z 2 bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(4) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden."

 

§ 5 AsylG 2005:

"(1) Ein nicht gemäß § 4 erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.

(2) Gemäß Abs 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder bei der Behörde offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs 1 Schutz vor Verfolgung findet."

 

§ 10 AsylG 2005

"(1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn

1.

der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird;

2.

[...].

(2) Ausweisungen nach Abs 1 sind unzulässig, wenn

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder

2. diese eine Verletzung von Art 8 EMRK darstellen würden.

(3) Wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

(4) Eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs 1 Z 1 verbunden ist, gilt stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen."

 

§ 27 AsylG 2005:

"(1) Ein Ausweisungsverfahren nach diesem Bundesgesetz gilt als eingeleitet, wenn

1. im Zulassungsverfahren eine Bekanntgabe nach § 29 Abs 3 Z 4 oder 5 erfolgt und

2. [...]."

 

§ 29 AsylG 2005:

"(1) Zulassungsverfahren sind mit Einbringen von Anträgen auf internationalen Schutz zu beginnen und in einer Erstaufnahmestelle des Bundesasylamtes zu führen, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt. § 17 Abs 3 und 6 gilt. Unverzüglich nach Einbringung des Antrages ist dem Asylwerber eine Orientierungsinformation und eine Erstinformation über das Asylverfahren in einer ihm verständlichen Sprache zu geben.

(2) Nach Einbringung des Antrags auf internationalen Schutz hat binnen 48 - längstens jedoch nach 72 - Stunden eine Befragung des Asylwerbers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (§ 19 Abs 1) zu erfolgen, soweit eine solche Befragung im ausreichenden Umfang nicht bereits im Rahmen der Vorführung erfolgt ist. Samstage, Sonntage und gesetzliche Feiertage hemmen die Frist gemäß Satz 1.

(3) Nach Durchführung der notwendigen Ermittlungen hat die Behörde je nach Stand des Ermittlungsverfahrens

1.

[...]

4.

dem Asylwerber mit Verfahrensanordnung (§ 63 Abs 2 AVG) mitzuteilen, dass beabsichtigt ist, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen (§§ 4, 5 und § 68 Abs 1 AVG) oder

 5. [...]."

 

Gemäß § 83 Abs 2 zweiter Satz FPG gelten die §§ 67c bis 67g sowie § 79a AVG mit der Maßgabe, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Dies war im Anlassfall gegeben, weshalb keine Verhandlung anberaumt wurde.

 

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergab sich im Wesentlichen aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers. Die sonstigen Feststellungen beruhten auf den unbedenklichen im Fremdenakt der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg erliegenden Urkunden, wobei es sich dabei vorwiegend um die Wiedergabe der bisherigen Verfahrensgänge im fremdenpolizeilichen und asylrechtlichen Verfahren handelte, deren Inhalte vom Beschwerdeführer im Rahmen der Beschwerdeerhebung und des weiteren Beschwerdeverfahrens nicht bestritten wurden.

 

Nicht abschließend erhoben wurde letztlich, ob tatsächlich ein Bruder des Beschwerdeführers in Österreich als anerkannter Flüchtling lebt. Wenngleich es mehr Hinweise für die Unrichtigkeit als die Richtigkeit dieser Behauptung gab, war dieser Umstand im hier anhängigen Verfahren letztlich nicht verfahrensentscheidend (sh näheres dazu bei der rechtlichen Beurteilung).

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat die behauptete Rechtswidrigkeit der Schubhaft für die Vergangenheit nur unter jenem Blickwinkel (im Rahmen jener Gründe) zu prüfen, aus welchem dies geltend gemacht wird (§ 83 Abs 4 letzter Satz FPG).

 

Im Falle der andauernden Haft hat der Verwaltungssenat jedenfalls (also unabhängig vom Beschwerdevorbringen) auszusprechen (festzustellen), ob die Voraussetzungen für die Fortdauer der Haft im Zeitpunkt seiner Entscheidung vorliegen (§ 83 Abs 4 erster Satz FPG), wobei diese Entscheidung grundsätzlich völlig unabhängig davon, ob zu einem früheren Zeitpunkt eine Rechtswidrigkeit vorgelegen ist, zu erfolgen hat (vgl Erl Bem zur RV zu § 83 FPG, 952 dB, XXII GP). Da die gegenständliche Beschwerde vom Beschwerdeführer erst nach seiner Haftentlassung eingebracht wurde, war mangels andauernder Anhaltung in Haft weder die Wochenfrist nach § 83 Abs 2 Z 2 FPG beachtlich noch im Entscheidungszeitpunkt über die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft abzusprechen.

 

Wie aus den Feststellungen hervorgeht, beruhte die beschwerdegegenständliche Haft auf einem vollstreckbaren Schubhaftbescheid (Mandatsbescheid gemäß § 76 Abs 3 FPG) der belangten Behörde. Damit war ein formell gültiger Rechtstitel für die Anhaltung gegeben. Dieser Bescheid wurde vom Beschwerdeführer in formeller Hinsicht auch nicht bemängelt. Die formellen Schubhaftvoraussetzungen waren also vorhanden. Es lag eine Anhaltung in Schubhaft vor, die mit gegenständlicher Beschwerde zulässigerweise angefochten werden konnte.

 

Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde (unter anderem) auch Rechtswidrigkeit der Anhaltung infolge Rechtswidrigkeit seiner Festnahme geltend. Eine nähere Begründung dafür führte er nicht an. Aufgrund des gesamten Beschwerdevorbringens war aber klar, dass die vor Schubhaftverhängung erfolgte Festnahme nicht selbst Gegenstand einer (eigenen) Maßnahmenbeschwerde war, sondern nur der Vollstreckungsakt des Schubhaftbescheides gemeint war. Dieser wird aber durch den Beschwerdegegenstand Verhängung der Schubhaft sowie gesamte Anhaltung in Schubhaft zur Gänze abgedeckt, weshalb darüber nicht gesondert abzusprechen war.

 

Zur Vollständigkeit wird ausgeführt, dass beim Unabhängigen Verwaltungssenat Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der vor Schubhaftverhängung erfolgten Festnahme nicht entstanden sind. Der Beschwerdeführer hatte unmittelbar vor seiner Festnahme die Staatsgrenze außerhalb einer Grenzkontrollstelle überschritten. Dabei wurde er von Soldaten des Österreichischen Bundesheeres beobachtet. Er war weder im Besitz eines Aufenthalts- oder eines Einreisetitels noch einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung, die ihm den Aufenthalt im Bundesgebiet gestattet hätte und auch nicht im Besitz eines Reisedokumentes. Als georgischer Staatsangehöriger unterlag er aber der Pass- und Sichtvermerkspflicht. Da kein Fall des § 31 Abs 1 FPG für die Rechtmäßigkeit seines Aufenthaltes erfüllt war, wurde der Beschwerdeführer am 02 04 2006 von Soldaten des Militärkommandos Burgenland bei einer Übertretung nach § 120 Abs 1 Z 2 FPG (unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet) auf frischer Tat betreten. Er verfügte im Bundesgebiet über keine Unterkunft und keinerlei soziale Integration, weshalb sich die Festnahme des Beschwerdeführers nach § 39 Abs 1 Z 1 FPG zur Sicherung des (Verwaltungsstraf)Verfahrens als unbedenklich erwies. Auch der Festnahmegrund des § 39 Abs 2 Z 2 FPG lag vor, weil der Beschwerdeführer unmittelbar nach seiner Einreise, somit innerhalb von sieben Tagen nach der Einreise, bei nicht rechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet betreten wurde.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland teilt die Ansicht des Beschwerdeführers nicht, dass § 76 Abs 2 Z 4 FPG verfassungswidrig sei. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist die Bestimmung des vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen § 34b Abs 1 Z 3 AsylG 1997 nicht mit der Bestimmung des § 76 Abs 2 Z 4 FPG vergleichbar. Der Verfassungsgerichtshof hat zur aufgehobenen Bestimmung nach dem AsylG 1997 - wie vom Beschwerdeführer richtig wiedergegeben - in seinem Erkenntnis vom 15 10 2004, G 237/03 ua, ausgesprochen, dass der (damalige) Gesetzgeber selbst habe erkennen lassen, dass er davon ausgehe, dass Folgeanträge bei Änderungen der Sach- oder Rechtslage erfolgreich sein können. § 34b Abs 1 Z 3 AsylG 1997 habe hingegen nicht zwischen evident unzulässigen Folgeanträgen und solchen, die ein Asylwerber auf Grund der Änderung der Sach- oder Rechtslage mit Erfolgsaussichten stelle, bei denen also die Antragstellung nicht erkennen lasse, dass der Asylwerber beabsichtige, sich nicht rechtstreu zu verhalten, unterschieden. Dennoch habe ein Antragsteller in Schubhaft kommen können. Das berechtigte Anliegen des Gesetzgebers, Missbräuchen in Form wiederholter Antragstellung bei gleicher Sach- und Rechtslage entgegen zu wirken, sei somit überschießend ausgestaltet und daher verfassungswidrig gewesen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland vermag sich nun der Argumentation des Beschwerdeführers, dass dies ebenso auf § 76 Abs 2 Z 4 FPG zutreffe, nicht anzuschließen. Gemäß § 76 Abs 2 Z 4 FPG kann die Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zur Verfahrenssicherung (bzw Abschiebung) anordnen, wenn auf Grund des Ergebnisses der Befragung der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Zwar ist nun der Ansicht des Beschwerdeführers zuzustimmen, dass nicht automatisch bei jedem sog "Eurodac-Treffer" das Verfahren zur Prüfung der Zuständigkeit mit einer Unzuständigkeit Österreichs enden muss. Damit ist aber für den Beschwerdeführer nichts gewonnen, weil nicht jedes positive Ergebnis der erkennungsdienstlichen Behandlung automatisch zu einer Schubhaft nach § 76 Abs 2 Z 4 FPG führen darf. Nach dieser Bestimmung ist nämlich nicht allein auf das Ergebnis der erkennungsdienstlichen Behandlung abzustellen, sondern auch auf das Ergebnis der Befragung und der Durchsuchung des Fremden. Auf Grund der durch Befragung, Durchsuchung und erkennungsdienstlichen Behandlung gewonnenen Erkenntnisse muss letztlich die Annahme gerechtfertigt sein, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird und die Schubhaft zur Sicherung eines Ausweisungsverfahrens erforderlich ist. Daraus ergibt sich aber nun, dass - was der Beschwerdeführer ohnedies selbst erkennt (vgl die Ausführungen unter Pkt 1 auf Seite 2 der Beschwerde) - nicht automatisch jeder "Eurodac-Treffer" zu einer Schubhaft führen darf, sondern  nur  dann die Schubhaft zulässig ist, wenn die oben angeführte Annahme auf Grund des Ergebnisses der Befragung, Durchsuchung und erkennungsdienstlichen Behandlung gerechtfertigt ist. Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, dass diese Überprüfung im Einzelfall nicht (immer) vorgenommen werde, sondern Fremde allein deswegen in Schubhaft genommen werden würden, weil ein sog "Eurodac-Treffer" vorliegen würde, so vermag eine allfällige (möglicherweise auch krass) rechtswidrige Handhabung einer gesetzlichen Bestimmung durch diverse Fremdenpolizeibehörden keine Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung herbeizuführen.

 

Dadurch, dass der Gesetzgeber in § 76 Abs 2 Z 4 FPG nicht bloß allein auf das positive Ergebnis einer erkennungsdienstlichen Behandlung abstellt, sondern vielmehr von der Fremdenpolizeibehörde eine Prognoseentscheidung unter Bedachtnahme auf diverse weitere durch Befragung und allenfalls Durchsuchung hervorgekommene Umstände zu treffen ist, ist nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland ausreichend gesetzlich dafür Vorsorge getroffen worden, dass bei Vorliegen von Umständen, nach denen das sog "Selbsteintrittsrecht Österreichs" (zur Wahrnehmung der eigenen Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung eines Antrages auf internationalen Schutz) zum Tragen kommen wird, von der Verhängung der Schubhaft Abstand zu nehmen ist. Eine überschießende Regelung - so wie sie in § 34b Abs 1 Z 3 AsylG 1997 normiert war - liegt somit im Falle des § 76 Abs 2 Z 4 FPG nicht vor.

 

Gerade im vorliegenden Fall wird dies daran deutlich, dass infolge fehlerhafter Abnahme der Fingerabdrücke des Beschwerdeführers gar kein Ergebnis der erkennungsdienstlichen Behandlung und somit auch kein "Eurodac-Treffer" vorlag. Die oa Prognoseentscheidung wurde daher (zulässigerweise) anhand der Angaben des Beschwerdeführers sowie der sonst vorliegenden Erhebungsergebnisse getroffen.

 

Auch kann gerade deswegen, weil § 76 Abs 2 Z 4 FPG vorsieht, dass zur Beurteilung der Zulässigkeit einer Schubhaftverhängung zahlreiche Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind, keinesfalls von einer Befugnis zu einer kollektiv wirkenden Maßnahme gesprochen werden. Auch wird einem auf Grundlage dieser Bestimmung Angehaltenen nicht das Recht genommen, seine individuellen Gründe, die gegen die Zulässigkeit seiner Ausweisung sprechen, darzulegen und geltend zu machen.

 

Ebenso sieht der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland keinen Verstoß durch § 76 Abs 2 Z 4 FPG gegen das Recht auf wirksame Beschwerde, weil - würde man der Argumentation des Beschwerdeführers folgen - jegliche Art einer Anhaltung in Haft zur Verfahrenssicherung (ob es sich nun um eine Schubhaft oder strafgerichtliche Untersuchungshaft oder sonst vergleichbare Anhaltungen handeln würde) unzulässig sein würde, was aber nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (und auch des Obersten Gerichtshofes) nicht der Fall ist. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Bestimmungen der Anhalteordnung (AnhO) zu verweisen. Gemäß § 19 Abs 1a AnhO ist Schubhäftlingen, soweit dies keinen organisatorisch unvertretbaren Aufwand verursacht, den vorgesehenen Tagesablauf nicht stört und sofern in der AnhO nicht anderes vorgesehen ist, das Führen von Telefongesprächen auf eigene Kosten grundsätzlich ohne Aufsicht zu ermöglichen. Dazu können auch eigene Mobiltelefone für die Dauer eines erforderlichen Telefongespräches ausgehändigt werden. Die Einschränkung dieses Rechtes ist nur gemäß § 24 AnhO (als Sanktion nach Ordnungswidrigkeiten) zulässig. Gemäß Abs 2 des § 19 AnhO ist mittellosen Häftlingen das Führen von Telefongesprächen zur Aufnahme des Kontaktes mit Angehörigen, Rechtsvertretern, Behörden, diplomatischen und konsularischen Vertretungen sowie in begründeten Einzelfällen mit Vertretern der Schubhaftbetreuung so bald wie möglich unentgeltlich zu gestatten. Weiters ist nach § 21 Abs 2a AnhO für den Schubhaftvollzug grundsätzlich danach zu trachten, die Frequenz und Dauer der Besuchsmöglichkeiten im Interesse der Aufrechterhaltung familiärer und sonstiger persönlicher Bindungen, soweit dies organisatorisch möglich ist, zu erhöhen und auch den Rahmen des Besuchsraums und die Abwicklung der Besuche dementsprechend zu gestalten. Bei den diesbezüglichen Anordnungen sollte auch auf die voraussichtliche Dauer der Schubhaft Rücksicht genommen werden. Auf eine Überwachung solcher Besuche kann, soweit Sicherhe

itserwägungen dem nicht entgegenstehen, verzichtet werden. Nach Abs 3 des § 21 AnhO dürfen Besuche von Rechtsvertretern, Vertretern inländischer Behörden, diplomatischer oder konsularischer Vertretungen des Heimatstaates sowie von Organen, die durch für Österreich verbindliche internationale Übereinkommen zum Schutz der Menschenrechte eingerichtet sind, oder Besuche, deren Bedeutung für die Regelung wichtiger persönlicher Angelegenheiten glaubhaft gemacht werden, jederzeit im erforderlichen Ausmaß empfangen werden; nach Möglichkeit sind sie während der Amtsstunden abzuwickeln. Besuche von Vertretern der Schubhaftbetreuung sind während der Amtsstunden, darüber hinaus in Absprache mit dem Kommandanten abzuwickeln. Auch unterliegt der Briefverkehr eines Schubhäftlings keinen Beschränkungen, wobei bei Bedarf dem Häftling Papier und Schreibzeug unentgeltlich zur Verfügung zu stellen ist sowie bei mittellosen Häftlingen die Postgebühren im notwendigen Ausmaß von der Behörde vorzustrecken sind; zur Aufnahme des Kontaktes mit Angehörigen, Rechtsvertretern, Vertretern der Schubhaftbetreuung, Behörden sowie diplomatischen und konsularischen Vertretungen sind sie in diesem Fall von der Behörde zu tragen (§ 20 AnhO). Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers stehen ihm zahlreiche Möglichkeiten ungehindert offen, mit einem Rechtsbeistand zur Wahrung seiner Interessen Kontakt aufzunehmen.

 

Somit liegen nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland die vom Beschwerdeführer behaupteten Verfassungswidrigkeiten nicht vor.

 

Ein Widerspruch des § 76 Abs 2 Z 4 FPG zu Art 7 Verordnung (EG) Nr 1560/2003 wird vom Unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland nicht gesehen. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist Art 7 dieser Verordnung eine Rangfolge der dort angeführten Modalitäten der Überstellung eines Fremden in einen zuständigen Mitgliedstaat nicht zu entnehmen.

 

Für den Unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland ist ferner nicht ersichtlich, auf Grund welcher die Behörden bindenden Rechtsquelle die UNHCR-Richtlinie vom Februar 1999 rechtsverbindlich wäre, weshalb es sich erübrigt, auf die diesbezüglichen inhaltlichen Ausführungen einzugehen.

 

Dass das Ergebnis der bisherigen Erhebungen im hier vorliegenden Fall nicht die wahrscheinliche Annahme rechtfertigen würde, der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz werde zurückgewiesen und die damit zu verbindende Ausweisung erlassen werden, wurde vom Beschwerdeführer letztlich nicht erfolgreich dargetan. Die Angaben des Beschwerdeführers, wonach er sich vor Einreise nach Österreich für etwa ein Monat in Ungarn in Haft befand, er kurz vor seiner Einreise in das Bundesgebiet einen Asylantrag in Ungarn gestellt hatte, und er darüber hinaus eine von Ungarn ausgestellte Aufenthaltskarte sowie eine am 30 03 2006 ausgestellte Zugfahrkarte mit Reiseziel Sopron bei sich hatte, sowie dass er beim Grenzübertritt von Ungarn kommend von österreichischen Soldaten beobachtet wurde, machten es sehr wahrscheinlich, dass Österreich zur Prüfung seines Asylantrages innerhalb der Europäischen Union nicht zuständig sein wird und sein Antrag aus diesem Grund zurückzuweisen sein wird, sowie dass gegen ihn ein Ausweisungsverfahren zu führen sein wird. Hinweise dafür, dass das sog. "Selbsteintrittsrecht" Österreichs zum Tragen kommen werden würde, waren weder im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung noch während des Zeitraumes der Anhaltung in Schubhaft vorhanden. Auf die dem Beschwerdeführer im Zuge der Erstbefragung im Asylverfahren am 02 04 2006 ausdrücklich gestellte Frage nach Familienangehörigen in Österreich oder einem anderen EU-Staat, führte er nicht an, dass solche in Österreich (oder einem anderen EU-Staat) aufhältig wären. Auch später machte er während seiner Anhaltung in Schubhaft keine diesbezüglichen Ausführungen. Erstmals in der gegenständlichen Behörde behauptet der Beschwerdeführer, dass sein Bruder als anerkannter Flüchtling in Österreich leben würde. Angesichts des Umstandes, dass dies der Beschwerdeführer wohl bereits am 02 04 2006 angeführt hätte, wenn dies der Wahrheit entsprechen würde (es ist kein Grund ersichtlich, weshalb er dies hätte verheimlichen sollen, wenn er doch bei diesem Unterkunft z

u nehmen beabsichtigt hätte), erwiesen sich seine Angaben als viel eher unglaubwürdig (der Beschwerdeführer hat nicht einmal in der Beschwerde nähere einer Überprüfung zugängliche Angaben zum angeblich in Österreich aufhältigen Bruder gemacht). Ob nun tatsächlich der Bruder des Beschwerdeführers im Bundesgebiet aufhältig ist, war aber schon insofern für das gegenständliche Verfahren nicht weiter entscheidungsrelevant, weil sowohl im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung als auch während der Anhaltung in Schubhaft die Bezirkshauptmannschaft Mattersburg infolge der früheren entgegengesetzten Angaben des Beschwerdeführers mit gutem Grund davon ausgehen durfte, dass sich eben keiner seiner Verwandten in Österreich aufhält. Im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung und während der Anhaltung in Schubhaft kam überhaupt kein Hinweis dafür hervor, dass das Selbsteintrittsrecht Österreichs zum Tragen kommen könnte. Die belangte Behörde war auch im Hinblick auf die eigenen Angaben des Beschwerdeführers, wonach in Österreich keine seiner Verwandten leben würden, mangels Vorliegen anderslautender Hinweise auch nicht verpflichtet, Erhebungen dahingehend durchzuführen, ob nicht vielleicht doch (entgegen den Angaben des Beschwerdeführers) Verwandte von ihm in Österreich leben würden.

 

Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, dass die Bezirkshauptmannschaft Mattersburg es unterlassen hätte, die Anwendung eines gelinderen Mittels zu prüfen, ist ihm entgegenzuhalten, dass im Bescheid vom 03 04 2006, womit die Schubhaft angeordnet wurde, ausdrücklich in der Bescheidbegründung angeführt wurde, dass die Befürchtung der Bezirkshauptmannschaft bestand, dass sich der Beschwerdeführer dem weiteren Ausweisungsverfahren (bzw anschließenden fremdenpolizeilichen Maßnahmen) zu entziehen trachten werde und daher von der Anwendung eines gelinderen Mittels Abstand genommen wurde sowie die dafür maßgeblichen Erwägungen dargelegt wurden. Somit ist bereits dem Bescheid vom 03 04 2006 zu entnehmen, dass sich die Bezirkshauptmannschaft Mattersburg mit dieser Problematik auseinander setzte, jedoch die Verhängung der Schubhaft als erforderlich erachtete, um den Sicherungszweck zu erreichen.

 

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes wird vom Unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland der Auffassung der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg, die Anwendung eines gelinderen Mittels wäre zur Zweckerreichung nicht ausreichend gewesen, beigepflichtet. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass er bei seinem Bruder hätte im Rahmen eines gelinderen Mittels Unterkunft nehmen können. Dazu reicht es bereits darauf hinzuweisen, dass - wie oben dargelegt - der Beschwerdeführer bis zur Beschwerdeerhebung, die erst nach Haftentlassung erfolgte, nie angab, dass sein Bruder im Bundesgebiet aufhältig sei und die Bezirkshauptmannschaft Mattersburg infolge seiner damaligen Angaben zu gegenteiligen Erhebungen keinen Anlass und keinen Hinweis hatte.

 

Der Beschwerdeführer weist zwar zutreffend darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl VfGH 28 09 2004, B 292/04) bloß allgemeine Annahmen oder "Erfahrungswerte" nicht genügen, um die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer Freiheitsentziehung im Einzelfall zu begründen, und dass der Umstand, dass ein Asylwerber bereits in einem anderen Land die Gewährung von Asyl beantragt hat, für sich genommen noch nicht den Schluss rechtfertigt, dass er sich dem Verfahren entziehen werde. Gerade im hier zu beurteilenden Fall lagen aber konkrete den Beschwerdeführer betreffende Gründe vor, die im hier zu beurteilenden Fall über eine bloß "allgemeinen Annahme" oder Erfahrungswerte hinaus gingen.

 

Der Beschwerdeführer gestand in seinen Einvernahmen vom 02 04 2006 und 03 04 2006, die noch vor Schubhaftverhängung erfolgten, selbst zu, dass er in Ungarn um Gewährung von Asyl angesucht hatte und dies nur deshalb getan hatte, um nicht von Ungarn abgeschoben zu werden, er aber an der Erledigung seines in Ungarn gestellten Asylantrages nicht interessiert war, weil sein ursprüngliches Reiseziel Österreich gewesen sei. Darüber hinaus konnte festgestellt werden, dass er trotz des ihm zumindest für die Dauer des Asylverfahrens in Ungarn erteilten Aufenthaltsrechtes auch deshalb nach Österreich wollte, weil er sich in Ungarn materiell nicht ausreichend versorgt fühlte. Diese Angaben des Beschwerdeführers stellten ausreichend Grund zur Annahme dar, dass es wahrscheinlich ist, dass er sich einem Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung sowie der darauf folgenden fremdenpolizeilichen Maßnahme (Abschiebung) zu entziehen trachten wird. Der Beschwerdeführer hat nämlich bereits in einem Mitgliedstaat der EU (Ungarn) einen Asylantrag gestellt, wobei er an der (positiven) Erledigung dieses Antrages nicht weiter interessiert war. Da er sich in Ungarn nicht ausreichend versorgt erachtete, aus materiellen Gründen dort nicht bleiben wollte und bereits zu Beginn seiner Reise vor hatte, nach Österreich (unrechtmäßig) einzureisen, ergab sich nun berechtigterweise der dringende Verdacht, dass sich der Beschwerdeführer an einem Ausweisungsverfahren, das dem Zweck dienen soll, den Beschwerdeführer nach Ungarn zurückzubringen, nicht beteiligen sowie seiner allenfalls nach erfolgter Ausweisung bestehenden Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird.

 

Somit kam hervor, dass die Befürchtung der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg, der Beschwerdeführer würde sich dem aufenthaltsbeendigenden Verfahren sowie allfälligen daran anschließenden fremdenpolizeilichen Maßnahmen entziehen, falls er sich auf freiem Fuß befinden würde, nicht als rechtswidrig erkannt werden konnte. Somit war es entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers eben deswegen auch nicht ausreichend, ein gelinderes Mittel nach § 77 Abs 1 FPG zur Anwendung zu bringen, weshalb auch ein allfälliger Aufenthalt seines Bruders der Beschwerde nicht zum Erfolg verholfen hätte, wobei - wie bereits oben dargelegt - für die Bezirkshauptmannschaft Mattersburg weder im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung noch während der bis 21 04 2006 dauernden Anhaltung ein Hinweis dafür vorhanden war, dass sich der Bruder des Beschwerdeführers als anerkannter Flüchtling im Bundesgebiet aufhalten könnte.

 

Weiters gab es keine konkreten Hinweise dafür, dass der Beschwerdeführer (derart) traumatisiert gewesen wäre, dass seine Haftunfähigkeit vorgelegen wäre. Vielmehr wurde der Beschwerdeführer schon wegen seines Hungerstreikes wiederholt amtsärztlich untersucht und letztlich auch die - allerdings infolge der Auswirkungen des Hungerstreikes - eingetretene Haftunfähigkeit auch aus medizinischer Sicht umgehend aufgezeigt und der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg mitgeteilt, die daraufhin die Haftentlassung anordnete. Für das Bestehen anderer Gründe, die eine Haftunfähigkeit bereits früher herbeigeführt hätten, gab es letztlich keine ausreichend konkreten Hinweise. Im Protokoll, das ein entsprechendes Feld zur Ergänzung aufwies, über die Untersuchung des Beschwerdeführers zu Beginn seines Hungerstreikes wurde vom untersuchenden Amtsarzt auch nicht vermerkt, dass aus medizinischer Sicht eine psychiatrische Begutachtung erforderlich gewesen wäre.

 

Da somit die behaupteten Rechtswidrigkeiten nicht vorlagen, war die Beschwerde abzuweisen.

 

Gemäß § 79a AVG steht der Partei, die in Fällen einer Beschwerde obsiegt, der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu. Die §§ 52 bis 54 VwGG gelten auch für diesen Aufwandersatz. Die Entscheidung betreffend die Zuerkennung der Kosten für Vorlage- und Schriftsatzaufwand gründet sich auf den diesbezüglichen Antrag der obsiegenden Partei, auf die angeführte Gesetzesstelle sowie auf die Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl II Nr 334/2003.

Schlagworte
Schubhaft, Eurodac, Eurodac-Treffer, Dublin II Verordnung, Selbsteintrittseinrecht Österreichs, keine Verfassungswidrigkeit, Kollektivausweisung, Schubhaft zur Verfahrenssicherung, Recht auf wirksame Beschwerde, Überstellungsmodalitäten, Rechtsverbindlichkeit, bindende Rechtsquelle
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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