TE OGH 2022/3/29 4Ob46/22a

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Veröffentlicht am 29.03.2022
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.-Prof. PD Dr. Rassi und MMag. Matzka sowie die Hofrätin Mag. Istjan, LL.M., als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K* Gesellschaft m.b.H. & Co. KG., *, vertreten durch Gheneff Rami Sommer Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei A. * GmbH, *, vertreten durch Dr. Peter Zöchbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 35.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 30. November 2021, GZ 2 R 101/21v-24, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1]       Die Beklagte ist Medieninhaberin und Veranstalterin des 24-Stunden-TV-Nachrichtensenders o* sowie Medieninhaberin der Website www.*, auf der sie den Mediendienst auf Abruf o* betreibt. Die Klägerin ist Medieninhaberin des periodischen Druckwerks K*. Die Streitteile veröffentlichen entgeltliche Anzeigen in ihren Medien.

[2]            Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren, der Beklagten im geschäftlichen Verkehr die Behauptung zu verbieten, ihr Nachrichtensender sei „die Nr. 1 bei News“, ebenso ab wie das in diesem Zusammenhang erhobene Veröffentlichungsbegehren. Die Klagsabweisung begründeten die Vorinstanzen damit, dass die Klägerin in einem Parallelverfahren gegen die Beklagte mit einer rechtskräftigen einstweiligen Verfügung bereits über einen Exekutionstitel verfüge, der zur Abstellung des gesamten im gegenständlichen Verfahren behaupteten Verhaltens geeignet sei. Damit fehle der Klägerin für die zweite (= gegenständliche) Klage das Rechtsschutzbedürfnis. Daran ändere auch nichts der Umstand, dass im Parallelverfahren über den klägerischen Anspruch auf Urteilsveröffentlichung noch kein rechtskräftiges Urteil vorliege.

[3]            In ihrer dagegen erhobenen außerordentlichen Revision argumentiert die Klägerin damit, dass der im Parallelverfahren verfolgte Unterlassungsanspruch „insgesamt noch nicht rechtskräftig ist“, weil ihr im Parallelverfahren der Anspruch auf Urteilsveröffentlichung noch nicht rechtskräftig zuerkannt worden sei.

[4]            Damit wird keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt.

[5]            1. Die Abweisung des Unterlassungsanspruchs weicht von den Grundsätzen der Judikatur nicht ab.

Rechtliche Beurteilung

[6]            1.1 Besitzt der Kläger schon einen Exekutionstitel, mit dem er auch seinen Anspruch auf Unterlassung auf dem Wege des § 355 EO exekutiv durchsetzen kann, steht dem Erfolg eines neuerlichen Unterlassungsbegehrens das Fehlen des erforderlichen (materiellen) Rechtsschutzbedürfnisses entgegen (vgl RS0002451). Das Fehlen des materiellen Rechtsschutzbedürfnisses führt zur Abweisung einer Klage als unbegründet (vgl RS0037297).

[7]            1.2 Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs reicht auch eine einstweilige Verfügung als vorbestehender Titel aus, um das Rechtsschutzbedürfnis in einem Parallelverfahren wegfallen zu lassen (RS0002451; 4 Ob 107/21w mwN). Zur Vermeidung von Rechtsschutzlücken gilt dies nach der jüngeren Judikatur aber erst ab Rechtskraft der einstweiligen Verfügung (RS0117606; 4 Ob 107/21w).

[8]            1.3 Die angefochtene Entscheidung hält sich im Rahmen dieser Rechtsprechung und bedarf daher keiner Korrektur durch gegenteilige Sachentscheidung. Nach der aufgezeigten Judikatur beseitigt nämlich bereits das Vorliegen einer rechtskräftigen einstweiligen Verfügung, die auch die zu beurteilende (weitere) Verletzungshandlung erfasst, das Rechtsschutzbedürfnis für einen in einem Folgeprozess geltend gemachten Unterlassungsanspruch.

[9]            2. Auch auf die Abweisung des Urteilsveröffentlichungsbegehrens kann die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht gestützt werden. Das Berufungsurteil weicht hier ebenfalls nicht von der Judikatur ab.

[10]           2.1 Der Anspruch auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung ist nur ein vom Unterlassungsbegehren abhängiger Nebenanspruch (RS0079531). Die Berechtigung des Veröffentlichungsbegehrens setzt – als Nebenanspruch – damit einen aufrechten Unterlassungsanspruch voraus (4 Ob 102/18f).

[11]           2.2 Das Interesse an einer Urteilsveröffentlichung kann für sich allein das Rechtsschutzbedürfnis für die Unterlassungsklage grundsätzlich („im Regelfall“) nicht begründen (RS0079401; RS0079531 [T5]). Dass im Anlassfall ein Ausnahmefall wegen Vorliegens eines besonderen Interesses an einer Urteilsveröffentlichung vorliegen soll, bei dem der Einwand des mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses wegen Vorhandenseins eines Unterlassungstitels nicht durchschlägt (RS0079401; 4 Ob 102/18f) wird von der Klägerin im Rechtsmittel ausdrücklich nicht behauptet.

[12]           3. Die Argumentation im Rechtsmittel, dass eine im Hauptverfahren noch nicht rechtskräftige Entscheidung über den Anspruch auf Urteilsveröffentlichung dazu führen soll, dass der Unterlassungsanspruch „insgesamt noch nicht rechtskräftig ist“, blendet aus, dass jener Titel des Parallelverfahrens, der das Rechtsschutzubedürfnis der Klägerin beseitigte, im Provisorialverfahren ergangen ist, in dem über das Veröffentlichungsbegehren gar nicht entschieden werden konnte (RS0005696, RS0042781 [T5]).

[13]     4. Mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Textnummer

E134719

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2022:0040OB00046.22A.0329.000

Im RIS seit

12.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

12.05.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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