TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/19 96/19/1035

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Veröffentlicht am 19.09.1996
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
KFG 1967;
MRK Art8 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des M in R, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Februar 1996, Zl. 118.328/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Februar 1996 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 Fremdengesetz (FrG) abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, daß der Beschwerdeführer wegen folgender Delikte rechtskräftig bestraft worden sei:

"1.

VerkR-96/1748/1991, vom 11.6.1991, wegen § 64 Abs. 1 KFG, zu einer Geldstrafe von öS 800,--, im NEF 48 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe.

2.

VerkR-96/1748/1991, vom 11.6.1991, wegen § 4 Abs. 1 lit. a StVO, zu einer Geldstrafe von öS 1.000,--, im NEF 60 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe.

3.

VerkR-96/1748/1991, vom 11.6.1991, wegen § 4 Abs. 5

              1.              Satz StVO, zu einer Geldstrafe von öS 1.000,--, im NEF 60 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe.

4.

VerkR-96/3918/1991, vom 2.12.1991, wegen § 99 Abs. 1 lit. a iVm § 5 Abs. 1 StVO, zu einer Geldstrafe von öS 9.000,--, im NEF 14 Tage Ersatzfreiheitsstrafe.

5.

VerkR-96/3918/1991, vom 2.12.1991, wegen § 99 Abs. 3 lit.a iVm § 7 Abs. 1 StVO, zu einer Geldstrafe von öS 500,--, im NEF 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe.

6.

VerkR-96/3918/1991, vom 2.12.1991, wegen § 99 Abs. 2 lit. e iVm § 31 Abs. 1 StVO, zu einer Geldstrafe von öS 500,--, im NEF 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe.

7.

VerkR-96/3918/1991, vom 2.12.1991, wegen § 99 Abs. 2 lit. a iVm § 4 Abs. 1 lit. a StVO, zu einer Geldstrafe von öS 500,--, im NEF 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe.

8.

VerkR-96/3918/1991, vom 2.12.1991, wegen § 99 Abs. 3 lit. b iVm § 4 Abs. 5 StVO, zu einer Geldstrafe von öS 500,--, im NEF 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe.

9.

VerkR-96/1759/1993, vom 7.7.1993, wegen § 102 Abs. 1

              1.              Satz KFG, zu einer Geldstrafe von öS 400,--, im NEF 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe.

10.

VerkR-96/1759/1993, vom 7.7.1993, wegen § 102 Abs. 2

              2.              Satz KFG, zu einer Geldstrafe von öS 100,--, im NEF 6 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe.

11.

VerkR-96/1759/1993, vom 7.7.1993, wegen § 102 Abs. 10 KFG, zu einer Geldstrafe von öS 200,--, im NEF 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe.

12.

VerkR-96/1759/1993, vom 7.7.1993, wegen § 102 Abs. 10 KFG, zu einer Geldstrafe von öS 200,--, im NEF 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe.

13.

VerkR-96-2768-1994, vom 27.9.1994, wegen § 102 Abs. 1

              1.              Satz KFG, zu einer Geldstrafe von öS 300,--, im NEF 9 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe.

14.

VerkR-96-2768-1994, vom 27.9.1994, wegen § 102 Abs. 4

              1.              Halbsatz KFG, zu einer Geldstrafe von öS 200,--, im NEF 6 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe.

15.

VerkR-96-630-1995, vom 7.3.1995, wegen § 5 Abs. 1 StVO, zu einer Geldstrafe von öS 15.000,--, im NEF 14 Tage Ersatzfreiheitsstrafe."

Weiters sei dem Beschwerdeführer bereits zweimal der Führerschein - einmal für die Dauer von sechs Monaten und einmal für die Dauer von zehn Monaten - entzogen worden.

Schließlich sei der Beschwerdeführer am 28. Juli 1995, Zl. U n/95, wegen §§ 83 Abs. 1, 125 StGB vom Bezirksgericht Rohrbach zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je S 50,-- rechtskräftig verurteilt worden.

§ 5 AufG schließe die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung aus, wenn ein Sichtvermerksversagungsgrund im Sinne des FrG vorliege. Nach § 10 Abs. 1 Z. 4 dieses Gesetzes liege ein solcher insbesondere dann vor, wenn der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährde. Auf Grund des oben angeführten Sachverhaltes sei eindeutig zu erkennen, daß der Beschwerdeführer nicht gewillt sei, sich entsprechend der im Bundesgebiet geltenden Rechtsvorschriften gemäß zu verhalten. Durch dieses Verhalten habe der Beschwerdeführer den Sichtvermerksversagungsgrund nach § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG verwirklicht.

Hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers sei festzuhalten, daß keinerlei nennenswerte private und familiäre Beziehungen zu Österreich bestünden. Bei Abwägung der öffentlichen Interessen mit den privaten Interessen des Beschwerdeführers im Rahmen des Art. 8 MRK sei auf Grund des angeführten Sachverhaltes den öffentlichen Interessen Priorität einzuräumen gewesen.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß er rechtskräftig wegen der oben angeführten Delikte bestraft worden sei.

Der Hinweis des Beschwerdeführers, aus unter anderem § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG sei eindeutig ablesbar, daß "nur schwerste strafrechtlich geahndete Verhaltensweisen unter den Begriff der Ordnungs- und Sicherheitsstörung des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG zu subsumieren sei, nicht aber eine als geringfügig anzusehende Geldstrafe", geht schon deshalb fehl, weil die im § 18 Abs. 2 Z. 1 (unter anderem) genannte Voraussetzung einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten ausschließlich für die Frage der Zulässigkeit eines Aufenthaltsverbotes von Bedeutung ist. Für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ist hingegen nicht das Vorliegen einer rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilung wesentlich, sondern, ob das gesamte Verhalten des Fremden die in der genannten Bestimmung umschriebene Annahme rechtfertigt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 29. September 1994, Zl. 94/18/0232). Daher geht auch das Vorbringen des Beschwerdeführers ins Leere, daß bei zwei Verwaltungsübertretungen nicht berücksichtigt worden sei, daß sie mehr als drei Jahre zurückliegen.

Der Zeitraum seit der letzten Tatbegehung, die zur Bestrafung vom 7. März 1995 führte, ist im Hinblick auf die zahlreichen von ihm begangenen Delikte zu kurz, um einen verläßlichen Schluß daraus ziehen zu können, daß der Beschwerdeführer in Zukunft infolge des Strafübels von der Begehung weiterer Delikte Abstand nehmen werde.

Hinsichtlich des Vorbringens des Beschwerdeführers, es seien Bestimmungen des § 4 Abs. 2 AufG außer acht gelassen worden, "welche die Begründung eines inländischen Wohnsitzes des Ausländers bereits nach sechs Monaten Aufenthalt normierten", verkennt der Beschwerdeführer den Inhalt der genannten Bestimmung, da § 4 Abs. 2 AufG die zeitliche Geltungsdauer von Aufenthaltsbewilligungen regelt, hingegen aber nichts über die "Begründung eines inländischen Wohnsitzes" aussagt.

Der belangten Behörde kann somit nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, denn das sich in zahlreichen, über viele Jahre erstreckenden Gesetzesverstößen manifestierende Fehlverhalten des Beschwerdeführers rechtfertigt in seiner Gesamtheit durchaus die Annahme, daß der Aufenthalt des Fremden in Österreich die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. September 1994, Zl. 94/18/0234).

Unter der Vielzahl von Verwaltungsübertretungen würden sogar - im Hinblick auf die von alkoholisierten Lenkern ausgehenden großen Gefahren für die Allgemeinheit - die zwei Bestrafungen wegen Verwaltungsübertretungen nach § 5 Abs. 1 StVO bereits ausreichen, damit die Behörde zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 29. September 1994, Zl. 94/18/0593, und vom 23. Februar 1995, Zlen. 94/18/0764, 0815).

Hinzukommt, daß die letzte Bestrafung des Beschwerdeführers auf Grund gerichtlich strafbarer Handlungen - wegen Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB und Sachbeschädigung gemäß § 125 StGB - erfolgte.

Die belangte Behörde hat bei Anwendung des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG auf die privaten und familiären Interessen des Fremden Bedacht zu nehmen, und zwar derart, daß sie zu prüfen hat, ob ein Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit derart gefährden würde, daß die im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen einen Eingriff in sein Privat- und Familienleben rechtfertigen (vgl. aus der insoweit übereinstimmenden Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. Juni 1993, B 302/93, und das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. August 1995, Zl. 95/19/0326).

Der Beschwerdeführer bringt hinsichtlich der Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 MRK bloß vor, daß die Dauer seines Aufenthaltes in Österreich (länger als fünf Jahre), das Ausmaß seiner Integration und seine beruflichen Bindungen nicht berücksichtigt worden seien.

Angesichts des Umstandes, daß der Beschwerdeführer damit keinerlei familiäre Beziehungen zu Österreich geltend macht, und wegen der Vielzahl von Gesetzesverstößen ist die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, daß die Bindungen des Beschwerdeführers zu Österreich nicht "nennenswert" im Sinne einer Abwägung der privaten und familiären Verhältnisse gegen die öffentlichen Interessen seien. Die sich in den den rechtskräftigen Bestrafungen des Beschwerdeführers zugrunde liegenden strafbaren Handlungen manifestierende Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen ist von solchem Gewicht, daß zur Wahrung der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Rechte anderer (Art. 8 Abs. 2 MRK), die durch die Abweisung des Antrages auf Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz tangierten privaten Interessen zurückzustehen haben.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

Verhältnis zu anderen Normen und Materien

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996191035.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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