TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/2 W192 2246912-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.11.2021
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Entscheidungsdatum

02.11.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch


W192 2246912-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (vormals: XXXX ), geb. XXXX , StA. Serbien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.08.2021, Zahl: 1279206102-210831166, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 10 Abs. 3, 55 AsylG 2005 i.d.g.F., § 9 BFA-VG i.d.g.F., §§ 46, 52, 55 FPG i.d.g.F. als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin, eine serbische Staatsangehörige, stellte am 22.06.2021 bei der belangten Behörde einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK und legte ihrem Antrag Unterlagen bei, aus denen sich ergibt, dass sie am 12.06.2021 vor einem österreichischen Standesamt die Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger geschlossen hat und mit diesem seit 01.06.2021 an einem gemeinsamen Wohnsitz im Bundesgebiet gemeldet ist. In einem handschriftlichen Schreiben wurde ausgeführt, dass Grund der Antragstellung die Ermöglichung eines Zusammenlebens der Eheleute sei. Die Eltern der Beschwerdeführerin würden in Serbien in starker Armut leben.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen diese eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt II.). Weiters wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Serbien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.) und es wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine zweiwöchige Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).

In der Entscheidungsbegründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe bislang nie einen Aufenthaltstitel für Österreich besessen und habe die höchstzulässige Dauer eines visumfreien Aufenthalts überschritten. Diese sei am 25.06.2021 in den Schengenraum eingereist und habe am 12.06.2021 standesamtlich geheiratet. Sie lebe seit 01.06.2021 in einem gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten. Grundsätzlich liege bei Ehepartnern ein schützenswertes Familienleben vor, jedoch sei im gegenständlichen Fall die Eheschließung zwei Wochen nach der Einreise und zu einem Zeitpunkt, als sie sich der Unsicherheit ihres Aufenthalts bewusst sein hätte müssen, erfolgt. Die Beschwerdeführerin habe es unterlassen, den vorgesehenen Weg einer Antragstellung nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz vom Ausland aus einzuschlagen. Dieser sei es möglich und zumutbar, für die Dauer eines solchen Verfahrens vorübergehend in ihr Heimatland zurückzukehren und das erst seit Kurzem bestehende Familienleben mit ihrem Ehegatten vorübergehend örtlich getrennt weiterzuführen. Der Kontakt zwischen den Eheleuten werde über wechselseitige Besuche sowie Telekommunikationsmittel aufrecht erhalten werden können. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels in einem Fall wie dem vorliegenden würde hingegen dazu führen, dass jeder durch eine Einreise in das Bundesgebiet und anschließende Eheschließung die Behörden vor vollendete Tatsachen stellen und die Anwendung der Einwanderungsbestimmungen umgehen könnte. Die Beschwerdeführerin sei bislang keiner Beschäftigung in Österreich nachgegangen und habe unter Berücksichtigung ihrer erst kurzen Aufenthaltsdauer auch sonst keine tiefgreifende Integration im Bundesgebiet erlangt. Demgegenüber würden die nach wie vor bestehenden Bindungen zu ihrem Herkunftsstaat, wo sich ihre Eltern unverändert aufhielten, überwiegen. Demnach sei der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK abzuweisen und die Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden gewesen. Die Beschwerdeführerin habe keine Gründe vorgebracht, welche ihre Abschiebung nach Serbien, einen sicheren Herkunftsstaat, unzulässig erscheinen ließen. Dieser sei es möglich, ihren Lebensunterhalt in Serbien (vorübergehend) durch eigene Erwerbstätigkeit und Unterstützung ihrer Eltern zu sichern. Darüber hinaus wäre es ihrem berufstätigen Ehegatten möglich, diese von Österreich aus finanziell zu unterstützen. Schließlich hätte sie die Möglichkeit, auf Leistungen des serbischen Sozialsystems zurückzugreifen.

3. Gegen diesen, der Beschwerdeführerin am 03.09.2021 zugestellten, Bescheid wurde durch ihre nunmehr bevollmächtigte Rechtsvertretung am 23.09.2021 die gegenständliche Beschwerde eingebracht. In dieser wurde ausgeführt, dass die Behörde ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren durchgeführt habe, zumal sie verabsäumt hätte, die Beschwerdeführerin zwecks Ermittlung der gesamten Situation einzuvernehmen. Andernfalls hätte die Beschwerdeführerin angeben können, dass sie lediglich deshalb nicht ausgereist wäre, um die Entscheidung über ihren Antrag in Serbien abzuwarten, da ihr ausdrücklich gesagt worden wäre, dass sie bis zur Entscheidung über ihren Antrag in Österreich bleiben könne und ihr zu diesem Zweck ihr Reisepass abgenommen worden sei. Auch sei sie nicht zu ihrem Familienleben und ihrer finanziellen Abhängigkeit von ihrem Ehemann befragt worden. Diese sei bei ihrem Ehemann mitversichert und werde von ihm finanziell unterstützt; sobald sie einen Aufenthaltstitel bekomme, werde sie arbeiten, um selbsterhaltungsfähig zu sein. Obwohl die Beschwerdeführerin erst sehr kurze Zeit in Österreich sei, besuche sie einen Deutschkurs, arbeite ehrenamtlich in einem Supermarkt mit und habe ein inniges Verhältnis zur Familie ihres Ehemannes. Zum Beweis werde die Einvernahme des Ehegatten der Beschwerdeführerin als Zeuge beantragt. Da der Ehemann in Österreich fest verankert wäre, sei diesem eine Übersiedlung nach Serbien nicht zumutbar. Soweit die Behörde der Ansicht sei, dass die Beschwerdeführerin einen Aufenthaltstitel für den Zweck „Familienangehöriger“ hätte beantragen und bei Stattgebung legal nach Österreich migrieren hätte können, verkenne sie, dass das Mindestalter für einen solchen Antrag 21 Jahre betrage. Die Beschwerdeführerin habe sohin keine andere Wahl gehabt, als einen Antrag nach § 55 AsylG zu stellen, um bei ihrem Ehemann bleiben zu können. Die 18-jährige Beschwerdeführerin habe sich entgegen der Annahme der Behörde sehr wohl über die Rechtslage und korrekte Vorgangsweise in Kenntnis gesetzt. Die Rückehrentscheidung hätte daher für unzulässig erklärt und der Beschwerdeführerin der beantragte Aufenthaltstitel erteilt werden müssen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die im Jahr 2003 geborene Beschwerdeführerin ist eine volljährige Staatsangehörige Serbiens, welche letztmals am 26.05.2021 unter Mitführung ihres serbischen biometrischen Reisepasses in das Bundesgebiet eingereist ist und am 01.06.2021 einen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet angemeldet hat. Am 12.06.2021 schloss sie vor einem österreichischen Standesamt die Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger.

1.2. Am 22.06.2021 stellte sie einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005, welchen sie mit dem Wunsch eines Zusammenlebens mit ihrem Ehemann in Österreich begründete.

1.3. Die kinderlose Beschwerdeführerin lebt im Bundesgebiet seit 01.06.2021 in einem gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehemann, mit Ausnahme der Beziehung zu ihrem Ehemann und der Schwiegerfamilie hat sie keine engen sozialen Bindungen im Bundesgebiet. Die Beschwerdeführerin ist im Bundesgebiet nie einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen, war bislang nicht selbsterhaltungsfähig und bestreitet ihren Lebensunterhalt mit Unterstützung ihres Ehemanns. Die Beschwerdeführerin ist unbescholten, hat sich bislang keine nachgewiesenen Deutschkenntnisse angeeignet und auch sonst keine Kurse oder Ausbildungen abgeschlossen. Die Beschwerdeführerin besuchte seit 07.06.2021 einen Deutschkurs auf dem Sprachniveau A1. Seit 20.09.2021 ist diese als ehrenamtliche Helferin bei einem Verein zur Unterstützung arbeitsloser und bedürftiger Menschen gemeldet. Eine maßgebliche Integration in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht liegt nicht vor.

Die Beschwerdeführerin hat sämtliche der dargestellten Bindungen während eines vorübergehenden sowie zuletzt unrechtmäßigen Aufenthalts begründet und konnte – ebenso wie ihr Ehemann – zu keinem Zeitpunkt auf die Möglichkeit eines weiteren Aufenthalts im Bundesgebiet vertrauen. Diese hat versucht, die österreichischen Behörden durch ihre Eheschließung und den anschließenden Verbleib im Bundesgebiet hinsichtlich ihres Aufenthalts vor vollendete Tatsachen zu stellen.

Der Kontakt zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann wird künftig durch wechselseitige Besuche sowie telefonisch und über das Internet aufrecht erhalten werden können.

Die Beschwerdeführerin hat den weit überwiegenden Teil ihres bisherigen Lebens, bis Ende Mai 2021, in Serbien gelebt und hat dort durch ihre Eltern nach wie vor enge Bindungen. Sie kann ihren Lebensunterhalt in Serbien durch eigene Teilnahme am Erwerbsleben, finanzielle Unterstützung ihres in Österreich berufstätigen Ehemannes sowie Leistungen des serbischen Sozialsystems bestreiten. Die Beschwerdeführerin ist gesund, beherrscht die serbische Sprache auf muttersprachlichem Niveau und hat in ihrem Elternhaus eine anfängliche Wohnmöglichkeit in Serbien.

1.4. Die Beschwerdeführerin hat nicht vorgebracht, dass ihr in Serbien eine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit droht. Aufgrund ihres Alters und Gesundheitszustandes ist sie zu einer eigenständigen Bestreitung ihres Lebensunterhalts in Serbien in der Lage. Diese liefe nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte sowie unter Pkt. II.1. festgestellte Verfahrensgang ergibt sich aus den unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalten des vorgelegten Verwaltungsakts des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl und des Gerichtsakts des Bundesverwaltungsgerichts.

2.2. Angesichts des in Vorlage gebrachten serbischen Reisepasses, welcher in Kopie im Verwaltungsakt einliegt, steht die Identität und Staatsbürgerschaft der Beschwerdeführerin fest. Ihre Eheschließung mit einem österreichischen Staatsbürger ergibt sich aus der vorgelegten österreichischen Heiratsurkunde, der gemeinsame Wohnsitz ist im Zentralen Melderegister ersichtlich. Die Dauer des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin ergibt sich aus der Aktenlage, ebenso, dass diese nie einen Aufenthaltstitel für Österreich besessen hat.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin ergibt sich aus einer Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

2.3. Die Feststellungen über ihre familiären und privaten Bindungen in Österreich ergeben sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin im Laufe des Verfahrens, welche sowohl dem angefochtenen Bescheid als auch dem gegenständlichen Erkenntnis vollinhaltlich zugrunde gelegt wurden. Die Beschwerde hat zwar bemängelt, dass die Beschwerdeführerin im Verfahren vor dem Bundesamt nicht einvernommen wurde und beantragte zusätzlich die Einvernahme ihres Ehegatten als Zeuge. Es wurde jedoch nicht präzisiert, welche zusätzlichen Aspekte die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann hätten vorbringen wollen, zumal das infolge der Eheschließung entstandene Familienleben ohnedies bereits dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt wurde. Der maßgebliche Umstand, dass das Familienleben zu einem Zeitpunkt begründet wurde, als die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann nicht auf einen längerfristigen Verbleib der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet vertrauen konnten, wurde in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt. Ebensowenig wurden Gründe genannt, welche der im Bescheid aufgezeigten Möglichkeit, das Familienleben vor diesem Hintergrund (vorübergehend) in eingeschränkter Form über wechselseitige Besuche sowie telefonisch und über das Internet aufrechtzuerhalten, entgegenstehen würden bzw. eine solche Ausgestaltung des Familienlebens als unzumutbar erscheinen lassen würden. Die Beschwerde führt zwar eine finanzielle Abhängigkeit der Beschwerdeführerin von ihrem Ehemann ins Treffen, doch ist der Umstand, dass die Beschwerdeführerin ihren Lebensunterhalt derzeit durch Unterstützung ihres Ehemannes finanziert, nicht mit einer Abhängigkeit gleichzusetzen; so führt die Beschwerde selbst aus, dass die Beschwerdeführerin, sobald es ihr rechtlich möglich wäre, eine Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet aufnehmen wolle und zeigt auch sonst keine Umstände auf, weshalb ihr eine eigenständige Erwirtschaftung ihres Lebensunterhalts nicht möglich sein sollte. Zudem könnte sie gleichermaßen in Serbien finanziell durch ihren Ehemann unterstützt werden.

Soweit in der Beschwerde – unbelegt – ausgeführt wurde, dass die Beschwerdeführerin die unzutreffende Information erhalten hätte, dass sie bis zum Ausgang des gegenständlichen Verfahrens in Österreich bleiben dürfe, ist festzuhalten, dass der Frage des (an sich unstrittigen) unrechtmäßigen Verbleibs im Bundesgebiet nach Ablauf der höchstzulässigen visumfreien Aufenthaltsdauer für die Abweisung des vorliegenden Antrages keine maßgebliche Bedeutung zukommt. Im Übrigen führt die Beschwerde auch nicht näher aus, wann und von welcher Stelle eine solche Information erteilt worden wäre.

Ebensowenig steht der in der Beschwerde vorgebrachte Umstand, dass die Beschwerdeführerin sich der Unzulässigkeit eines Antrags nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes aufgrund ihres Alters von unter 21 Jahren bewusst gewesen wäre, weshalb sie den vorliegenden Antrag gewählt hätte, der Annahme einer Umgehung des regulären Einwanderungsverfahrens entgegen.

Auch sonst ist die Beschwerde der Feststellung des angefochtenen Bescheides, dass die Beschwerdeführerin – schon angesichts ihrer erst wenige Monate betragenden Aufenthaltsdauer – über keine maßgebliche Integration in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht im Bundesgebiet verfügt, nicht entgegengetreten und hat keine zusätzlichen in diesem Zusammenhang maßgeblichen Sachverhalte genannt.

2.4. Die Feststellungen zu den familiären Verhältnissen und persönlichen Lebensumständen der Beschwerdeführerin in Serbien, zu ihren dortigen familiären Bezügen, ihrem Gesundheitszustand und ihren Sprachkenntnissen ergeben sich aus dem Akteninhalt und den diesbezüglichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid, denen die Beschwerdeführerin in der Beschwerde nicht entgegengetreten ist.

2.5. Im Hinblick auf die Rückkehrsituation verwies die belangte Behörde überdies zu Recht darauf, dass die volljährige Beschwerdeführerin, welche den Großteil ihres Lebens in Serbien verbracht hat, zu einer eigenständigen Bestreitung ihres Lebensunterhalts im Herkunftsstaat in der Lage sein wird. Da sie den Wunsch äußerte, künftig in Österreich eine Erwerbstätigkeit ausüben zu wollen, ist nicht zu erkennen, weshalb ihr Gleiches nicht auch in ihrem vertrauten Herkunftsstaat möglich sein sollte. Die Beschwerdeführerin ist dieser Feststellung, sowie den Erwägungen der Behörde zu einer (zusätzlichen) finanziellen Unterstützung durch ihren in Österreich berufstätigen Ehemann und ihre in Serbien lebenden Eltern sowie der möglichen Inanspruchnahme von Leistungen des serbischen Sozialsystems nicht entgegengetreten. Es ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin in Serbien zumindest anfänglich neuerlich in ihrem Elternaus wohnen könnte, sodass sie auch nicht von Obdachlosigkeit bedroht ist. Diese hat auch in der Beschwerde keine Befürchtungen im Hinblick auf eine Rückkehr nach Serbien geäußert. Aus den vorliegenden Länderberichten ergibt sich eine ausreichende Grundversorgung in Serbien. Überdies ist zu berücksichtigen, dass es sich bei Serbien um einen Staat handelt, der weder von bürgerkriegsähnlichen Zuständen noch Kampfhandlungen betroffen ist, und auch sonst nicht – etwa im Vergleich zu Krisenregionen wie Afghanistan, Irak, Somalia, Syrien, u.a. – als Staat mit sich rasch ändernder Sicherheitslage auffällig wurde (vgl. dazu etwa VfGH 21.9.2017, E 1323/2017-24, VwGH 13.12.2016, 2016/20/0098). Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass Serbien aufgrund der Ermächtigung nach § 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG laut § 1 Z 6 der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung - HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, als sicherer Herkunftsstaat gilt.

2.6. Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde hat sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im angefochtenen Bescheid ordnungsmäßig mit den seitens der Beschwerdeführerin zur Begründung ihres Antrags nach § 55 AsylG 2005 vorgebrachten Bindungen im Bundesgebiet auseinandergesetzt und diese im Einzelnen inhaltlich gewürdigt. Die Beschwerde zeigt nicht konkret auf, in wie fern die belangte Behörde die Interessensabwägung in rechtswidriger Weise vorgenommenen hätte.

Die Beschwerde enthält lediglich allgemeine Ausführungen in Bezug auf die maßgebliche Berücksichtigung des Familienlebens, setzt diese jedoch in keiner Weise in Relation zum Inhalt des angefochtenen Bescheides, welchen sich die Gründe für die Abweisung des Antrags der Beschwerdeführerin durchaus deutlich und nachvollziehbar entnehmen lassen. Die Beschwerde tritt den zentralen Argumenten für die Nichterteilung des beantragten Aufenthaltstitels – dem Bewusstsein über die fehlende Berechtigung zum längerfristigen Aufenthalt im Bundesgebiet bei Begründung des Familienlebens mit ihrem Ehemann, der erst kurzen Aufenthaltsdauer sowie der mit Ausnahme der Beziehung zu ihrem Ehemann fehlenden Bindungen in sprachlicher, wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht – inhaltlich in keiner Weise entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen (BFA-VG, AsylG 2005, FPG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.2. Zur Abweisung des Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung stellen sich die maßgeblichen Rechtsgrundlagen wie folgt dar:

3.2.1. Das AsylG 2005 regelt in seinem 7. Hauptstück die Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen sowie das Verfahren zur Erteilung derselben. Die darin enthaltenen Bestimmungen lauten auszugsweise:

„Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ‚Aufenthaltsberechtigung plus‘ zu erteilen, wenn

1.       dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2.       der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG) erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine ‚Aufenthaltsberechtigung‘ zu erteilen.

[…]

Antragstellung und amtswegiges Verfahren

§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1.       der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2.       der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3.       einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4.       einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5.       ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

(3) – (8) […]

(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige

1.       sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,

2.       bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder

3.       gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist

soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(11)-(12) […]

(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn

1.       ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und

2.       die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben.

(14) […]

Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen

§ 60. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nicht erteilt werden, wenn

1.       gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht, oder

2.       gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht.

(2) …

(3) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen widerstreitet dem öffentlichen Interesse, wenn

1.       dieser ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass dieser durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt oder

2.       im Falle der §§ 56 und 57 dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde. […]“

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 idgF ist, wenn der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen wird, diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.

Die maßgeblichen Bestimmungen des 7. und 8. Hauptstücks des FPG lauten:

„Abschiebung

§ 46. (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

1.       die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2.       sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3.       auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4.       sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

(2) – (6) [...]

[...]

Verbot der Abschiebung

§ 50. (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

[...]

Rückkehrentscheidung

§ 52. (1) – (2) […]

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) – (8) [...]

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) – (11) […]

[...]

Frist für die freiwillige Ausreise

§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

(4) – (5) […]“

§ 9 BFA-VG lautet wie folgt:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) – (6) [...]“

3.2.2. Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK geboten ist.

3.2.2.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung – nunmehr Rückkehrentscheidung – nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

3.2.2.2. Die Beschwerdeführerin, eine zum visumfreien Aufenthalt von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen berechtigte serbische Staatsbürgerin, reiste am 26.05.2021 in das österreichische Bundesgebiet ein, begründete am 01.06.2021 einen gemeinsamen Wohnsitz mit einem österreichischen Staatsbürger und heiratete diesen am 12.06.2021 vor einem österreichischen Standesamt. Die Beschwerdeführerin lebt zum Entscheidungszeitpunkt weiterhin in einem gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehemann und führt mit diesem ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK, sodass in der Folge zu prüfen ist, ob der durch die Rückkehrentscheidung bewirkte Eingriff in dieses im öffentlichen Interesse gerechtfertigt ist.

Die Beschwerdeführerin hat zunächst nicht vorgebracht, dass sie mit ihrem nunmehrigen Ehemann bereits vor ihrer Einreise nach Österreich Ende Mai 2021 eine Beziehung geführt bzw. mit diesem je in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat. Diese heiratete ihren Ehemann bereits rund zwei Wochen nach ihrer Einreise in das Bundesgebiet und der Begründung eines gemeinsamen Wohnsitzes, wobei sie im Vorfeld keine Vorkehrungen für die Ermöglichung eines längerfristigen Aufenthalts getroffen hatte. Die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann waren sich demnach bei Begründung der Beziehung wie auch der Eheschließung jedenfalls über die fehlende Berechtigung der Beschwerdeführerin zum längerfristigen Aufenthalt im Bundesgebiet bewusst und sie konnten nicht auf die Möglichkeit eines gemeinsamen Familienlebens in Österreich vertrauen. Dies wurde von der Beschwerdeführerin auch zu keinem Zeitpunkt bestritten. Vor diesem Hintergrund kommt der Beziehung zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann in Österreich keine maßgebliche Schutzwürdigkeit zu, zumal sich beide bei Eingehen der Beziehung sowie zum Zeitpunkt der Einreise und Begründung des gemeinsamen Wohnsitzes der Unsicherheit der aufenthaltsrechtlichen Stellung der Beschwerdeführerin bewusst waren und auf die Möglichkeit eines gemeinsamen Aufenthalts im Bundesgebiet demnach nicht vertrauen konnten.

Entscheidend ist in diesem Zusammenhang nämlich, dass das Eingehen der familiären Beziehung ungeachtet der aufenthaltsrechtlich prekären Situation der Beschwerdeführerin, sohin im Bewusstsein der Unsicherheit ihres Aufenthalts iSd § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG, eingegangen wurde und somit zu keiner Zeit auf die Führung eines gemeinsamen Familienlebens in Österreich hätte vertraut werden dürfen. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin durch ihren unrechtmäßigen Verbleib in Österreich nach Ablauf der höchstzulässigen visumfreien Aufenthaltsdauer sowie in Kenntnis des erforderlichen Mindestalters von 21 Jahren für einen Familiennachzug nach dem NAG im Ergebnis versuchte, in Bezug auf ihren Aufenthalt vollendete Tatsachen zu schaffen, widerspricht dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen, dem ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. zu diesem Gesichtspunkt zuletzt etwa VwGH 23.01.2020, Ra 2020/21/0002, Rn. 6, mwN; sowie VwGH 10.04.2020, Ra 2020/21/0011).

Nach der Rechtsprechung des EGMR (EGMR 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie u.a.) stellen die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage in Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dar. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine aufenthaltsbeendende Maßnahme, welche dem öffentlichen Interesse an der effektiven Durchführung der Einwanderungskontrolle dient, nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.09.2007, B 328/07; VwGH 22.01.2013, 2011/18/0012; 18.10.2012, 2010/22/0130).

Im gegebenen Zusammenhang ist auch auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 21.11.2018, Ra 2018/01/0015 bis 0016-6, hinzuweisen, mit welchem die Revision einer Mutter und ihrer minderjährigen Tochter, deren Ehemann und Vater in Österreich aufenthaltsberechtigt war, im Hinblick auf die unter Berücksichtigung der fallbezogenen Aspekte eines Familienlebens entsprechend vorgenommenen Interessenabwägung durch das Bundeverwaltungsgericht zurückgewiesen wurde. Auch im Beschluss vom 14.12.2018, Ra 2017/01/0169, hat der Verwaltungsgerichtshof bestätigt, dass auch eine rechtsgültig eingegangene Ehe mit einer in Österreich aufenthaltsberechtigten Person im Ergebnis eine Abschiebung nach negativer Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz nicht ausschließt.

Soweit die Beschwerdeführerin daher auf ihr familiäres Interesse an einem gemeinsamen Aufenthalt mit ihrem österreichischen Ehemann verwies, ist diese auf das für den von ihr angestrebten Zweck vorgesehene Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zu verweisen, dessen Bestimmungen im Falle einer Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 2005 umgangen würden, wodurch in die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens jedenfalls erheblich eingegriffen würde.

Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen, etwa auch zwecks Familienzusammenführung. Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. Hingegen kann nach der maßgeblichen Rechtsprechung ein allein durch Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber sich rechtstreu verhaltenden Drittstaatsangehörigen führen und ist abzulehnen (EGMR 08.04.2008, 21878/06, Nnyanzi; VfGH 12.06.2010, U 613/10). In solchen Konstellationen wiegt das öffentliche Interesse besonders schwer, zumal von den Beteiligten nicht von einem rechtmäßigen Verbleib in Österreich ausgegangen werden konnte (VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0683 mit Hinweis auf VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0235 mwN; 14.11.2017, Ra 2017/21/0207).

Soweit die Beschwerdeführerin vorbrachte, dass ihr die Erlangung eines Aufenthaltstitels als Familienangehörige nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz aufgrund des hierfür erforderlichen Mindestalters von 21 Jahren nicht möglich wäre und sie daher bewusst den Antrag nach § 55 AsylG 2005 gewählt hätte, so steht dies den getroffenen Erwägungen nicht entgegen. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen (vgl. zuletzt VwGH 03.07.2020, Ra 2020/14/0006), dass die Regelung des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG 2005 - damit wird ein Mindestalter für beide Ehegatten festgelegt, das auch im Fall des Familiennachzugs zu einem anerkannten Flüchtling Anwendung zu finden hat (vgl. dazu VwGH 09.09.2014, 2014/22/0001) - als Schutzmaßnahme für Betroffene vor arrangierten (Kinder-)Ehen dient und dem Phänomen von Zwangsehen entgegenwirken soll (vgl. VwGH 26.06.2012, 2012/22/0081; 06.07.2010, 2010/22/0087). Sie stellt sich aus verfassungsrechtlicher Sicht als nicht bedenklich dar (vgl. VwGH 2012/22/0081, mit Hinweis auf VfGH 17.06.2011, B 711/10) und steht zudem mit den unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2003/86/EG (Familienzusammenführungsrichtlinie) im Einklang (vgl. VwGH 09.09.2014, 2014/22/0001, unter Verweis auf EuGH 17.07.2014, Rs. Noorzia, C-338/13).

Es würde das im NAG vorgesehene Einwanderungssystem und die darin vorgesehenen Schutzvorschriften, deren verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit durch die Höchstgerichte bereits anerkannt wurde, unterlaufen, wenn nun in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem eine Ehe im Bewusstsein über die fehlende Berechtigung zum Aufenthalt und die mangelnde Erfüllung der Mindestalter-Voraussetzungen für einen NAG-Aufenthaltstitel, geschlossen wird, stattdessen jedenfalls ein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK zu erteilen wäre.

Im vorliegenden Verfahren sind auch keine konkreten Gründe ersichtlich gemacht worden, weshalb der Beschwerdeführerin eine Beschreitung des für den von ihr angestrebten Zweck regulär vorgesehenen Verfahrens nach Erreichung des vorgesehenen Mindestalters nicht möglich sein sollte. Es ist insgesamt kein Sachverhalt hervorgekommen, welcher es rechtfertigen würde, die Erteilungsvoraussetzungen für einen Titel nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, zu welchem auch ein Mindestalter von 21 Jahren zählt, im vorliegenden Fall zu umgehen.

Die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann haben die nunmehr bestehende Situation selbst zu verantworten. Das Ehepaar ist zudem kinderlos und es besteht das gemeinsame Familienleben erst seit wenigen Monaten, sodass auch insofern keine besonders berücksichtigungswürdigen Aspekte hervorgekommen sind. Die Beschwerdeführerin ist somit darauf zu verweisen, den Wunsch nach Einwanderung und Familienzusammenführung im Einklang mit den einschlägigen unionsrechtlichen und österreichischen Rechtsvorschriften zu verwirklichen.

Für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahrens kann der Kontakt zwischen den Beschwerdeführern und ihrem Ehemann zwischenzeitlich telefonisch oder über das Internet sowie durch wechselseitige persönliche Besuche aufrechterhalten werden, nachdem gegen die Beschwerdeführerin kein Einreiseverbot erlassen wird. Im vorliegenden Fall ist die Beschwerdeführerin verpflichtet, sich nach Serbien zu begeben, wobei angesichts der geographischen Nähe die Möglichkeit von regelmäßigen Besuchskontakten gegeben ist. Dabei führt auch die gegenwärtige Corona-Pandemie und das allfällige Erfordernis, bei Einreise einen negativen PCR-Test vorzulegen oder sich in Quarantäne zu begeben, zu keiner anderen Beurteilung. Der Beschwerdeführerin ist es möglich, (anfänglich) wieder in ihrem Elternhaus im Herkunftsstaat Wohnsitz zu nehmen. Sie kann dort eine Erwerbstätigkeit aufnehmen und zusätzlich auch im Herkunftsstaat finanzielle Unterstützung durch ihren in Österreich berufstätigen Ehemann empfangen.

Es haben sich im Fall der Beschwerdeführerin somit insgesamt keine Hinweise auf das Vorliegen besonderer Umstände ergeben, welche eine vorübergehende Rückkehr in den Herkunftsstaat und Erlangung eines Aufenthaltstitels im hierfür vorgesehenen Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz unzumutbar erscheinen ließen.

Die Rückkehrentscheidung stellt daher keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Familienleben der Beschwerdeführerin dar.

3.2.2.3.1. Unter dem „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen eines Menschen zu verstehen (vgl. EGMR 15.01.2007, Sisojeva ua. gegen Lettland, Appl. 60654/00). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007, 852 ff). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, als – abseits familiärer Umstände – eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479, davon aus, dass „der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte“. Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055, mwH).

3.2.2.3.2. Im vorliegenden Fall hält sich die Beschwerdeführerin seit ihrer Einreise Ende Mai 2021 erst seit wenigen Monaten im Bundesgebiet auf, wobei ihr Aufenthalt nur während eines Zeitraums von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen rechtmäßig war. Ihr seitheriger Aufenthalt ist – ungeachtet der Gründe für ihren Verbleib im Bundesgebiet – als unrechtmäßig zu qualifizieren, zumal ihr Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 kein Aufenthaltsrecht begründet. Es liegt demnach kein Fall vor, in dem die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der einreise- und fremdenrechtlichen Vorschriften sowie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung angesichts der langen Verfahrensdauer oder der langjährigen Duldung des Aufenthaltes im Inland nicht mehr hinreichendes Gewicht haben, die Rückkehrentscheidung als „in einer demokratischen Gesellschaft notwendig“ erscheinen zu lassen (vgl. VfSlg. 19.752/2013; EGMR 04.12.2012, Butt gegen Norwegen, Appl. 47017/09). Vielmehr erweist sich die rund fünfmonatige Aufenthaltsdauer als vergleichsweise kurz und es sind die in diesem Zeitraum begründeten Bindungen zudem in ihrem Gewicht maßgeblich gemindert, zumal die Beschwerdeführerin auch zu keinem Zeitpunkt auf die Möglichkeit eines weiteren Aufenthalts in Österreich vertrauen konnte.

Die Integration der unbescholtenen Beschwerdeführerin in Österreich ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes ungeachtet dessen unter Berücksichtigung der zur Begründung des gegenständlichen Antrages geltend gemachten Bindungen nicht im hohen Grad ausgeprägt:

Die Beschwerdeführerin war während ihrer gesamten Aufenthaltsdauer nicht selbsterhaltungsfähig, ging nie einer legalen Erwerbstätigkeit nach und bestreitet ihren Aufenthalt durch finanzielle Unterstützung ihres Ehemannes. Mit Ausnahme der bereits erörterten Beziehung zu ihrem Ehemann und ihrer Schwiegerfamilie hat diese keine verwandtschaftlichen oder sonstigen engen sozialen Bezugspunkte im Bundesgebiet. Sie besuchte seit 07.06.2021 einen Deutschkurs auf dem Sprachniveau A1, hat jedoch bislang keinen Nachweis über eine abgelegte Deutschprüfung oder sonstige abgeschlossene Kurse oder Ausbildungen vorgelegt. Sie ist seit 21.09.2021 als ehrenamtliche Helferin bei einem gemeinnützigen Verein registriert, darüber hinaus hat sie keine maßgeblichen Kontakte zur österreichischen Gesellschaft geknüpft.

Mit Ausnahme der Beziehung zu ihrem Ehemann und dessen Familie machte die Beschwerdeführerin demnach keine maßgeblichen Bindungen respektive Aspekte einer Integration in gesellschaftlicher, sozialer oder wirtschaftlicher Hinsicht ersichtlich.

3.2.2.3.3. Auch ein Vergleich der nach wie vor zum Herkunftsstaat bestehenden Bindungen der Beschwerdeführerin zeigt keine Unverhältnismäßigkeit der erlassenen Rückkehrentscheidung auf. Diese verbrachte den Großteil ihres bisherigen in Serbien, wo sie bis zur ihrer Ausreise Ende Mai 2021 im Familienverband lebte, verfügt dort über ein verwandtschaftliches Netz und spricht Serbisch auf muttersprachlichem Niveau. Es wird ihr aufgrund ihres Alters und Gesundheitszustandes nach einer Rückkehr möglich sein, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen und derart ihren Lebensunterhalt eigenständig zu bestreiten, wobei sie anfänglich neuerlich in ihrem Elternhaus Wohnsitz nehmen könnte. Zudem kann sie die derzeit von ihrem Ehegatten erhaltene finanzielle Unterstützung auch in Serbien weiterhin empfangen und sie hätte zudem die Möglichkeit, auf Leistungen des serbischen Sozialsystems zurückzugreifen.

3.2.3.1. Den familiären und privaten Interessen der Beschwerdeführerin an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (zB VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251). Festzuhalten ist nochmals, dass es der Beschwerdeführerin bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des FPG bzw. NAG auch nicht verwehrt ist, wieder in das Bundesgebiet zurückzukehren.

Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylgesetz nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf, wiegen im vorliegenden Fall schwerer als die Interessen der Beschwerdeführerin am Verbleib in Österreich.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet deren persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 sowie eine durch die angeordnete Rückkehrentscheidung erfolgende Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegen. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, wonach im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

3.2.3.2. Die Abweisung ihres Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 erfolgte daher zu Recht. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung des Rechts der Beschwerdeführerin auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar.

3.3. Die Voraussetzungen des § 10 AsylG 2005 liegen vor: Da der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 abgewiesen wurde, ist die Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 3 leg.cit. iVm § 52 Abs. 3 FPG 2005 zu erlassen. Es haben sich keine Hinweise ergeben, dass die Beschwerdeführerin als begünstigte Drittstaatsangehörige gemäß § 2 Abs. 4 Z 11 FPG zu qualifizieren ist.

3.4. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (VwGH 15.9.2016, Ra 2016/21/0234).

Die Beschwerdeführerin hat im gegenständlichen Verfahren kein substantiiertes Vorbringen hinsichtlich einer im Herkunftsstaat befürchteten Verletzung in relevanten Grundrechten (insb. Art. 3 EMRK) erstattet. Bei dieser handelt es sich um eine 18-jährige Frau, die an keinen Erkrankungen leidet, mit den Verhältnissen in ihrem Herkunftsstaat vertraut ist und demnach in ihrer Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt durch Teilnahme am Erwerbsleben zu bestreiten, nicht eingeschränkt ist. Zudem kann sie auf Unterstützung durch ein familiäres Netz (Ehemann, Eltern) zurückgreifen, nach einer Rückkehr anfänglich wieder in ihrem Elternhaus Wohnsitz nehmen und im Bedarfsfall auch in Serbien weiterhin durch ihren in Österreich lebenden Ehemann finanziell unterstützt werden. Allfällige exzeptionelle Umstände im Hinblick auf die zu erwartende Rückkehrsituation der Beschwerdeführerin haben sich demnach auch unter Berücksichtigung der vorgebrachten wirtschaftlich prekären Lebensverhältnisse ihrer Familie im Herkunftsstaat keinesfalls ergeben.

Auch im Hinblick auf die weltweite Ausbreitung des Covid-19-Erregers besteht unter Zugrundelegung der Entwicklungen auch im Herkunftsland keine derartige Situation, die im Hinblick auf eine Gefährdung nach Art. 3 EMRK eine entscheidungsrelevante Lageänderung erkennen lässt. Serbien hat Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Covid-19-Erregers gesetzt (vgl. im Detail: https://www.bmeia.gv.at/reise-services/reiseinformation/land/serbien/) und es ist insgesamt nicht zu erkennen, dass die Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr einem höheren Infektionsrisiko als in Österreich unterliegen würde. Unabhängig davon liegen sowohl im Hinblick auf ihr Alter als auch ihren Gesundheitszustand keine Anhaltspunkte vor, wonach die Beschwerdeführerin bei einer allfälligen Covid-19-Infektion einer Hoch-Risikogruppe für einen schwerwiegenden Verlauf angehören würde. Schließlich besteht die Möglichkeit einer Impfung, welche wirksamen Schutz vor schweren Krankheitsverläufen bietet.

3.5. Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 leg.cit. zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 leg.cit. 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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